Basilika

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englisch: Basilica; französisch: Basilique; italienisch: Basilica.


Josef Hecht (1937)

RDK I, 1480–1488


I. Begriff

Basilika, griech. und lat. ursprünglich schlechthin für das ältere ecclesia, domus Dei gebraucht, bezeichnet im architektonischen Sinn jenen monumentalen Typus des christlichen Kirchengebäudes, der schon in konstantinischer Zeit zur Feier des offiziellen Pfarrgottesdienstes großer Gemeinden ausgebildet vorliegt, sich im Lauf der Jahrhunderte in der gesamten christlichen Welt eingebürgert und bis heute lebendig erhalten hat.

II. Die frühchristliche B.

Die frühchristliche B. zeigt auf römischem Boden in ihrer einfachsten Form als Gemeindehaus eine drei- oder mehrschiffige, oblonge, in Stein aufgeführte Säulenhalle; das mit einem Satteldach gedeckte Mittelschiff ist breiter und höher als die mit Pultdächern angeschlossenen Nebenschiffe und erhält aus der überhöhten Fensterzone direktes Licht. Die einzelnen Schiffe sind mit Holzdecken überspannt oder gehen offen ins Dachwerk über. Auf der einen Schmalseite führen Portale in das das Langhaus in derselben Breite fortsetzende Atrium. Auf der Gegenseite öffnet sich das Mittelschiff in das apsidial geschlossene Altarhaus, in die als Presbyterium dienende und den einzigen Altar enthaltende Exedra oder Concha, unter der sich eine Krypta erstrecken kann. – In der aufwändigeren Form der zömiterialen Prachtbasilika schiebt sich seit dem 4. Jh. zwischen Langhaus und Concha ein Querhaus ein, in das das Mittelschiff durch den Triumphbogen, die Nebenschiffe durch Scheidbogen münden. Begünstigt wurde die Aufnahme dieses neuen Elements durch die Bereicherung des Platz heischenden Zeremoniells der Meßliturgie, festgelegt in den Ordines des 7. und 8. Jh. Mit dem Wachstum der Gemeinden ergab sich die Notwendigkeit, zur raschen und bequemen Durchführung des gemeinschaftlichen Opfergangs (Offertorium) und der gemeinschaftlichen Kommunion der Gläubigen zu beiden Seiten des eucharistischen Altars Gabentische aufzustellen, Nebenaltäre, die sich am besten in den Flügeln eines Querhauses unterbringen ließen. – In diesen beiden Formen hat sich die römische B. hellenistischer Prägung in den östlichen und westlichen Gebieten des zerfallenden Imperiums schnell verbreitet und zwar, der individuellen Begabung und den besonderen Bedürfnissen der einzelnen Bauprovinzen entsprechend, in überraschend vielen Modifikationen. Immer aber blieb sie in den wesentlichen Merkmalen unangetastet; immer erwies sie sich mit ihrem feierlichen Raum, ihrer prunkenden Ausstattung als ein straffes, höchst zweckvolles System, als ein Gotteshaus von triumphalem Glanz und hieratischer Größe, das in dem einzigen eucharistischen Altar, vom Nischenbogen der Apsis und nochmals vom Triumphbogen nimbusartig umzogen, seinen eigentlichen Mittel- und Zielpunkt hat.

III. Die mittelalterliche B.

A. Entstehung

Im Mittelalter gewinnt die B. als eigene Bauform neues Leben nicht in Rom selbst – hier stagniert die Entwicklung ein ganzes Jahrtausend – sondern in den von den jungen germanischen Völkern besetzten Gebieten westlich und nördlich der Alpen. Auf diesem Boden, der ein Teil des römischen Weltreiches gewesen war, konnte sie überall an die frühchristliche B. anknüpfen, die als Bischofs- oder auch als Pfarrkirche in vielen größeren und kleineren Städten vor aller Augen stand. Dabei bediente man sich, wenn es sich nicht – wie z. B. bei Neugründungen – um Interimsbauten handelte, des repräsentativen südlichen Steinwerks. Die da und dort noch stehenden Reste römischer Profanbauten mögen in technischen Fragen zu Rate gezogen worden sein; daß sich aber diesseits der Alpen der auch für das Abendland endgültig vollzogene Entwicklungsprozeß immer wiederholt hätte, so daß man etwa den mittelalterlichen deutschen Kirchenbau von bestimmten Modellen römisch-deutscher Markt- und Heeresbasiliken ableiten könnte, ist unwahrscheinlich. Auch suchten die Bauenden die Formelemente ihrer neuen Kirchen keinesfalls aus den primitiven Oratorien der Einsiedler- und Missionszellen oder gar aus den nordischen Göttertempeln und Königshallen zusammen, sie sahen vielmehr ihr fertiges Vorbild im Schema der gegebenen frühchristlichen B., das sie mit ihren Mitteln ihren neuen Zwecken anzupassen suchten. Neben den Bischöfen, und allmählich bedeutsamer als diese, förderten die Entwicklung die Klöster, die namentlich den germanischen Stämmen des späteren Deutschland die Kultur der christlichen Spätantike vermittelten und hier das beginnende kirchliche Leben organisierten. Dabei standen diese Benediktiner seit dem 8. Jh. in engster Beziehung zur Hierarchie (seit Bonifazius Bischöfe meist aus Klöstern; Kanonikate und vielleicht auch echte Monasterien schon vor Chrodegang an den Kathedralen). Neben die Bischofskirche tritt so als nicht minder bedeutsamer Träger des mittelalterlichen Sakralbaus die Klosterkirche. – Den Grund zur Ausgestaltung der mittelalterlichen B. legt schon die karolingische Zeit. In der romanischen Periode tragen vorwiegend vier Faktoren zur wechselvollen Ausgestaltung des neuen Typus bei: Bedürfnisse der Liturgie (Stundengebet, Heiligenkult, Prozessionswesen), Bedürfnisse der Seelsorge und der Ordensdisziplin (Wachstum der Konvente, steigende Zahl der Presbyter, Verbrüderungen, Absonderung des Pfarrgottesdienstes), Bedürfnisse der lokalen Sicherheit (Lage im Neuland, Schutz vor Überfall), endlich die zweckmäßige und schöne architektonische Durchbildung des Baukörpers in bezug auf sich selbst wie auf die Gesamtanlage. Diese Motive assoziieren sich und wirken sich in den verschiedenen Zeiten und Gegenden verschieden aus. In der Spätromanik haben sich die ersten drei Kräfte nahezu erschöpft. In Laien-Bauhütten werden die neuen Formgesetze der Gotik gemeistert. Wohl führt im 12. und im 13. Jh. die aufblühende Städtekultur neben der klassischen Gotik noch zu Sonderformen (Pfarrkirche, Predigtkirche), der Entwicklungsgang der mittelalterlichen B. hat seinen ersten Abschluß erreicht in derselben Zeit, da der historische Verlauf des Mittelalters durch die Reformation abgeschnitten wird.

B. Grundriß

Die funktionelle Umgestaltung des Grundrisses ergriff den meist im Osten gelegenen Hauptabschluß, den westwärts gerichteten Nebenabschluß und das Langhaus. – Die Differenzierung des Hauptschlusses führte zu zwei Haupttypen.

a) Hauptabschluß (ohne und mit Querschnitt)

Die querschifflose B. tritt zunächst in ihrer schlichtesten Form auf: dreischiffiges Langhaus, Mittelapsis über Krypta, gerader Abschluß der Abseiten (Fulda 750, bald darauf Hersfeld). Zur Dreiapsidenanlage erweitert, hat sie in der Frühzeit eine überraschend große Verbreitung gefunden (Spanien, Südfrankreich, Burgund. Thunersee; Lombardei, Graubünden, Oberrhein). Ihr Langhaus ist meist kurz; die Apsiden sind bald in normalen Halbkreisen gezogen, bald sind sie gestelzt oder hufeisenförmig; sie haben bald dieselbe Weite und Höhe, bald ist die mittlere durch ihre Größe als Hauptapsis betont. Mitunter deuten die Apsiden die Dreiteilung des Langhauses nur an. –

b) Nebenabschluß

Der repräsentativere Typus ist auch jetzt wieder die B. mit Querschiff. Sie erscheint in zwei Formen. Als T-förmige B. folgt sie dem Schema der römischen Zömiterialbasilika. Auf deutschem Boden weit seltener begehrt (erstmals von Ratger in Fulda um 800) als in Westfranken, wird diese T-Form zu A. 11. Jh. ganz aufgegeben. Man hat sie einzig mit Nebenapsiden bereichert, wie etwa in Hersfeld (831–59). – Zur liturgischen Normalform der abendländischen Kirche wird die Kreuz-B., die als neues Glied zwischen Querhaus und Concha das Sanktuarium (Sp. 495) einschiebt. Da dieses in der Bauachse liegt und die Breite des Mittelschiffs empfängt, erscheint es im Grundriß als die durch das Querhaus unterbrochene Fortsetzung des Mittelschiffs; die beiden Hauptschiffe durchschneiden sich in der Vierung. Die alte T-Form (crux commissa) wird zum lat. Kreuz (crux immissa). Im Aufbau wird die Durchschneidung der Schiffe in dem die Verkreuzung ihrer Wandflächen andeutenden Bogensystem sichtbar; die ideelle Vierung wird zur reellen ausgeschieden. Diese Ausscheidung erfolgt bisweilen durch kulissenartige Wandstücke (abgeschnürte Vierung), oder es entspringen die Längsbogen direkt der Wand und die Querbogen fußen auf Konsolen; im klassischen romanischen System ruhen die Vierungsbogen auf eigenen Pfeilern. Das Querhaus hat die Breite des Mittelschiffs. So ergibt die Kreuzungsfläche ein Quadrat, das zum Maß des Risses wird. Schon in karolingischer Zeit wirkt sich dieser quadratische Schematismus auch im Aufbau aus (Werden 804). Die Romanik verbindet mit ihm den Gedanken des Raummaßes. Nach außen steigt das anfänglich noch etwas niedriger gehaltene Kreuzhaupt zur Firsthöhe des Mittelschiffs und kommt nun auch mit dem Querhaus zum Schnitt, der durch den architektonisch so bedeutsamen Vierungsturm markiert wird. Sehr wahrscheinlich haben gewisse liturgische Forderungen Anstoß zu der Anlage des Sanktuariums und des Vierungschors gegeben. Als früheste Kreuz-B. gelten Centula (799), Reichenau (816), Deas (819), St. Gallen (820).

c) Langhaus

In Westfranken vollzog sich um die Jahrtausendwende die weitere Umgestaltung des lat. Kreuzes durch die Cluniazenser. Das Streben, für die Privatandacht der Mönche im abgeschränkten Klaufurbereich des Sanktuariums separate Kapellen anzulegen, dem Ordo gemäß hier eine größere Anzahl von Altären zu konzentrieren, vielleicht auch das Verlangen, in der Nähe des Lokalheiligen Grabstätten für hohe Freunde und Gönner des Klosters zu gewinnen, dies und anderes führte bei der gesuchten Erweiterung des Kreuzrisses zu zwei Lösungen. Die eine, ausgehend von dem Neubau von St. Martin in Tours (997), legte um das in Arkaden aufgelockerte Sanktuarium einen Umgang (Deambulatorium, s. Chorumgang) und gliederte diesem 3 oder 5 isolierte, radiante Kapellen an. Die zweite reihte die Nebenkapellen parallel dem Sanktuarium auf. Sie geht auf Cluny selbst zurück. Diesem Cluny II (981) entsprach etwa die Anlage von Bernay (1013), nur waren die Nebenkapellen vom Sanktuarium noch durch Mauern geschieden. Beide Systeme gehen in stetem Wettbewerb nebeneinander her; es kommt 1089 in Cluny III zu einer imposanten Kombination; schließlich aber siegt der turonische Kapellenchor und erreicht in den Monumentalbauten der Gotik nahezu die Alleinherrschaft. In Deutschland wird der cluniazensische Gedanke erst gegen Ende des 11. Jh. heimisch und zeugt im Schoße der Hirsauer Kongregation und ihrer Bauschule Werke von ebenbürtiger Kraft und Schönheit. Zu Beginn des 12. Jh. reaktivierten die Mönche von Cîteaux noch einmal die erlahmende Burgundische Reform, und auch die deutschen Cisterzienser geben in der Zeit der Spätromanik und der Gotik der Cluniazenser-B. ein höchst eigenartiges Gepräge. – Wie das römische Vorbild legte die mittelalterliche B. die Zugänge anfänglich in die dem Atrium zugekehrte, meist nach Westen gerichtete Schauseite. Neue (klösterliche) Bedürfnisse führten aber bald zur Differenzierung der schlichten Form auch dieses Nebenabschlusses. Zunächst wurde das Mittelportal durch eine Apsis ersetzt (Fulda ca. 800, St. Gallen 820). Das Motiv fand sich im lat. Nordafrika (Orléansville in Algerien) schon in frühchristlicher Zeit. Der gewohnte Prozessionsweg war damit versperrt. Dafür entstand liturgisch ein zweites Altarhaus mit eigenem Psallierchor. Mag da und dort wie in Fulda die Erhaltung eines älteren Heiligtums mit im Spiel gewesen sein, der Hauptgrund für die Anlage eines derartigen Gegenchors war die würdige Hinterlegung besonders geschätzter Reliquien, die Verehrung eines zweiten Patrons. Auch die Frage der Laienseelsorge sprach mit. Wohl schon in karolingischer Zeit wurde dieser Gegenchor durch ein eigenes Querhaus erweitert, meist mit einem eigenen Vierungsturm, und diese Lösung scheint gerade auf deutschem Gebiet bis ins 12. Jh. in besonderer Gunst gestanden zu haben (Hildesheim, St. Michael 1033; Reichenau-Mittelzell). Architektonisch wird der Fassadenbegriff durch die Gegenapsis entwertet; dafür wird das neue Thema durch die Beigabe von Flankentürmen mannigfach und reizvoll variiert. – Bauten, bei denen das zweite Altarhaus in einen massigen Mittelturm eingezogen ist, lenken den Blick auf eine andere Art des Nebenabschlusses, die wir als Westwerk bezeichnen. Ein mehrgeschossiger, turmartig hoher und darum meist von Treppentürmen flankierter Emporenbau wird von außen her vor das wieder geöffnete Mittelportal gestellt (Centula, Corvey). Auch nach den Karolingern hat sich das Westwerk neben dem Gegenchor in großartigen Schöpfungen behauptet. Ein dritter, in der äußeren Erscheinung dem Westwerk vielfach verwandter Typus, die zweitürmige Front – vorgebildet an den frühchristlichen Emporenbasiliken Syriens (Dêr Termānin) und Roms (S. Agnese), im Abendland sicher nachweisbar seit der karolingischen Zeit (Hersfeld) – hat der B. für alle Zeiten die klassische Fassadenform gegeben. – Cluny hat mit Rücksicht auf das dort wieder besonders gepflegte Prozessionswesen auch diese komplizierteste Art des Westabschlusses von neuem umgestaltet und vor das Mittelportal ein ungedecktes, mit Ecktürmen begabtes Paradies, eine sog. Galiläa (Cluny II) oder eine zweigeschossige Vorkirche gestellt (Tournus). Beide Formen wurden von den Hirsauern übernommen (Sp. 1197). Die Cisterzienser übersetzten das Motiv sodann mit Verzicht auf die Türme in die knappe Sprache ihrer Gotik. – c) Zu einer weitgehenden Umgestaltung des Langhauses der römischen B. bot die mönchische Liturgie und Disziplin nur wenig Anlaß. Bei der Aussonderung der Laien und der Abgrenzung der nun auch in die Schiffe gestellten Altäre begnügte man sich in alter Weise mit dem Einbau von Schranken. Nur die Hirsauer deuteten für ihre Konserven den Abschluß des chorus minor durch eine architektonische Zäsur an, einen parallelen Transversalbogen (Hirsau, St. Peter u. Paul) oder wenigstens durch eine Differenzierung des betr. Stützenpaares (Schaffhausen II); aber schon die Cisterzienser schieden wiederum Mönche und Konserven durch eine Querschranke (Lettner). – Die Rhythmisierung des Risses nach Maßgabe des Vierungsquadrats ist wenigstens im Hauptschiff schon in Centula und in St. Gallen versucht worden. Sicher nachgewiesen ist sie erstmals in Werden (804), und zwar, was höchst bedeutungsvoll ist, mit Stützenwechsel. Es mag sein, daß die Übernahme des germanischen Sparrendaches auf die B. und die bei der Verlängerung ihres Firstbalkens sich ergebende Unterscheidung von Voll- und Leergesparre mitbestimmend gewesen sei und die Verwendung des Stützenwechsels gefördert hat; doch muß daran festgehalten werden, daß der Stützenwechsel im Kirchenbau mindestens seit justinianischer Zeit im Osten bekannt war (Konstantinopel, Atrium der Sophienkirche, Saloniki, St. Demetrios). Zur Norm wurde die Rhythmisierung des gesamten Risses, auch der Abseiten, mit dem Gedanken der Romanik, die Schiffe mit Kreuzgewölben einzudecken. Die Gotik schritt weiter zu ihrem Rippengewölbe und begünstigte damit die Aufteilung des Risses in schmale Rechtecke, die zum Vierungsquadrat in keinem festen Verhältnis mehr stehen. Dazu kam das Streben, die in den Schiffen meist sehr ungünstig aufgestellten Altäre in Nebenkapellen zu versetzen, die sich, aufgereiht an den aufgerufenen Abseiten, durch Einziehen der Strebepfeiler ergaben. Das bedeutete zusammen mit Veränderungen des Chors eine Abkehr von dem romanischen Schema, so daß nun die Sondergotik auch im Monumentalbau ohne Bedenken Querhaus und Vierung eliminierte.

C. Querschnitt

Wirkt sich so in der fast überreichen Modifizierung des überlieferten römischen Grundrisses der mittelalterlichen B. die raumschaffende Kraft einer neuen Zwecken dienenden Architektur aus, so offenbart sich in der verschiedenen Durchbildung des Querschnitts der die technischen Probleme allmählich meisternde Wille zum Ausdruck des eigenen künstlerischen Erlebnisses. Die nordische Gefühlseinstellung veranlaßt die abweichende Proportionierung des Mittelschiffraums. Die frühchristlichen Bauten waren horizontal ausgerichtet. Ihr Hauptschiff ist nur wenig höher als breit. Schon in den karolingischen Werken ist der Drang zur Höhe spürbar (Höchst). Die romanische B. erstrebt das Idealverhältnis 1 : 2, und in der Gotik übersteigt die Höhe das Breitenmaß um das drei- bis vierfache. Sobald das flache romanische Pfettendach durch das steile germanische Rafter- oder Sparrendach verdrängt wird, akzentuiert sich die Bewegung nach oben auch im Äußern. Hand in Hand damit geht eine Auflösung und Durchgliederung der großen, ruhigen Flächen der Hochwände des Mittelschiffs. Zwischen dem Arkadenzug der Scheidbogen und der Fensterreihe des oberen Lichtgadens schiebt sich als Mittelglied eine Empore ein, die sich mit Zwillingsbogen ins Hauptschiff öffnet, ein vom frühchristlichen Osten aus dem assyrischen Palast- und Tempelbau entlehntes Motiv, das sich auch in Rom und im lat. Westen eingebürgert hatte. Ist auf die Anlage eigentlicher Emporen verzichtet, so übernehmen sog. Triforien oder wenigstens Blendarkaden die Funktion der horizontalen und vertikalen Rhythmisierung der Wand. Am konsequentesten ist dieses System an normannischen B. durchgeführt, in denen wie in Saint-Etienne in Caen auch die Fenster des Hochschiffs in Bogenstellungen hinter Laufgängen angeordnet sind. Hier straffen sich denn auch zur Steigerung des Bewegungsimpulses zum erstenmal dienstähnliche Glieder empor, die den Stützen gegen das Mittelschiff hin vorgesetzt sind. Stark beeinflußt wird das Querprofil der B. sodann von der Art der Abdeckung der Schiffe. Bis weit ins 11. Jh. hinein hält Frankreich mit Vorliebe am offenen Dachstuhl fest, der in Italien mit einer Versteifung des Hochschiffs durch Querbögen auch in der Hochromanik und Gotik noch in Übung bleibt. Auf deutschem Boden jedoch gibt man der Flachdecke den Vorzug, von der man sich im konservativen, den Fachwerkbau pflegenden Süden, selbst in der Gotik nicht ganz zu trennen vermag. Erst um die Mitte des 11. Jh. wagt man sich in den Kernländern der Romanik, in Frankreich und Deutschland, an das Wölbungsproblem. Das südliche Frankreich mit seinen antiken Bauresten entwickelt das schwere Tonnensystem, das notgedrungen den basilikalen Querschnitt verdrängt und einen Typus schafft, in dem sich B. und Saalkirche vermählen. Erst die Aufnahme der Kreuzgewölbe in das Mittelschiff, zunächst mit scharfen Graten, dann mit plastischen Rippen, bringt die befriedigende Lösung. Schließlich ersetzt der Nordwesten Frankreichs auch die klare, ruhige Dynamik der romanischen Gewölbe-B. durch das konstruktive System der gotischen Gewölbe und des gotischen Strebenwerks. Aber auch da kommt es nochmals zur Überschneidung von B. und Halle. Die technischen Schwierigkeiten bei der Einwölbung dreier gleichweiter Hallenschiffe und bei deren gemeinsamen Verdachung verleitet im deutschen Süden, besonders in Schwaben, dazu, Gewölbe und Dach basilikal zu staffeln; mitunter versucht man dabei, die dämmrige Gewölbezone des Mittelschiffs durch eigene aus der Schildwand gebrochene Fenster indirekt von den Dachböden her aufzuhellen (Marbach) oder man läßt den oberen Lichtgaden von außen sichtbar, öffnet die Fenster aber in den Dachraum des Mittelschiffs (Rottweil).

IV. Die nachmittelalterliche B.

Wenn es die Renaissance versuchte, den im Laufe des Mittelalters „entarteten“ Baukörper der B. zur Wahrheit und Schönheit klassischer Form zurückzuführen, so konnte ihr das nur in Italien selbst gelingen. In der Tat, hier wird der frühchristliche Typus nach Raum und Proportion vom Genius der Kunst bewußt erfaßt und neu belebt. Diesseits der Alpen läßt sich das architektonische Denken nicht aus den alten Bahnen drängen. In Renaissance schwelgt wohl die Dekoration, der Bau jedoch erfreut sich am überlieferten Gerüst der Spätgotik. – Die Zeit der Gegenreformation stellte dem Kirchenbau neue Aufgaben. Wohl sind neben den Jesuiten wiederum die alten Orden die Träger der Bautätigkeit; aber anders als bei der Ausgestaltung der mittelalterlichen B. verschiebt sich das Problem vom Klaustralen ins Laikale; erste Forderung ist das Schaffen eines weiten Raums, der die in neu entfachter Frömmigkeit zuströmenden Scharen zu einer enggeschlossenen Einheit zusammenfaßt und ihren Blick ungehemmt den Vorgängen auf der Altarbühne zulenkt; in Sonderfällen bedarf es zur Aufstellung der Wallfahrtsaltäre der Anlage eines Zentralraums zwischen Langhaus und Sanktuarium. So mußte der neue Stil allein schon aus seiner realen Zielsetzung heraus das Schema der mittelalterlichen Basilika sprengen. Wo noch dem Beobachter in einzelnen Bauten des Hochbarock (Stiftskirche in Kempten, Dome in Passau, Salzburg und Fulda) in der Beibehaltung eines Querhauses mit Vierung und eines von Abseiten begleiteten Mittelschiffs basilikale Erinnerungen vor die Seele treten, da werden sie im Aufbau durch die geschmeidigen und doch kraftvollen Formen des selbstherrlichen Barock zum Schweigen gebracht.

Literatur

1. Zusammenstellung der älteren Literatur bei P. Frankl, Die frühmittelalterliche und romanische Baukunst, Hdb. d. Kw. 1926, S. 63 ff, 137, 227, 263. 2. J. Strzygowski – E. Kiebel – F. Wimmer, Der Norden in der bildenden Kunst Westeuropas, Wien 1926. 3. R. Schultze, Dis Basilika, Untersuchungen zur antiken und frühmittelalterlichen Baukunst, Röm.-German. Forschungen Bd. 2, Berlin 1928. 4. Kurt Liesenberg, Der Einfluß der Liturgie auf die frühchristliche Basilika, Diss. Freiburg 1928. 5. E. Schmidt, Kirchliche Bauten des frühen Mittelalters, Mainz 1932. 6. E. Weigand, Ist die frühchristliche Kirchenanlage hellenistisch oder römisch?, Forschungen und Fortschritte IX, 1933, S. 458. 7. G. v. Bezold, Zur Gesch. d. roman. Baukunst, Marburger Jb. f. Kw. 8/9, 1936. 8. J. Gantner, Kunstgeschichte der Schweiz, Frauenfeld 1937. 9. W. Weisbach, Geschichtl. Voraussetzungen der Entstehung einer christlichen Kunst, Basel 1937.

Abb. s. bei den mit * gekennzeichneten Stichworten.

Verweise