Chenille

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englisch: Chenille; französisch: Chenille; italienisch: Ciniglia.


Dorothee Klein († 2. 12. 1951) (1952)

RDK III, 427–428


RDK III, 427, Mörnsheim, 2. H. 18. Jh.

Französisches Wort für Raupe. Das Wort wird in übertragener Bedeutung benutzt, um eine besondere Form von Seidenfäden zu bezeichnen, die nach Art des Sammets einen pelzartigen Flor tragen. Dadurch entsteht ein Gebilde, das den behaarten Raupen ähnlich sieht.

Je nach der Webweise unterscheidet man Flach- und Façon-C. Flachchenille benutzt als Flor Kettfäden, die vom Schuß bündelweise abgebunden sind und in Schußrichtung zerschnitten werden. Um dem Kernfaden seine Haarhülle zu geben, müssen sie nachträglich durch Brennen V-förmig hochgebogen werden. – Façonchenille wird aus einem doppelten sog. Seelenfaden und mehreren Polfäden wie Sammet gewebt. Nach Aufschneiden der Polfäden bilden sie einen Flor, der rund um den Seelenfaden steht. Zuweilen wird C. auch unaufgeschnitten, mit geschlossenen Schlingen, als Flor belassen.

C. wird auf besonders konstruierten mechanischen Webstühlen hergestellt, die auch Schneide- und, wenn nötig, Brennvorrichtung haben.

Geschichtlich erscheint C. zuerst im 18. Jh., als Stickereifaden, bei Handarbeiten verwendet, die die Effekte der komplizierten französischen gewebten Sammetbrokate auf Atlasgrund nachahmen (s. Abb.). Noch im Biedermeier wird C. gern als besonders fülliger, Relief bildender Faden zum Sticken benutzt. Im 19. Jh. und später wird Seiden-C. als Schußfaden in Stoffen verwebt, die sehr viel weicher und griffiger sind als ebenso dicke Sammete. Man arbeitet daraus Mützen, Schultertücher, Decken, Dekorationen usw. Die englischen Axminsterteppiche benutzen derbe wollene C.fäden mit vorgedrucktem Muster als Gewebeschuß und erzeugen so eine Ware, die die Dichte orientalischer Knüpfteppiche zu erreichen sucht.

Je nach Material, Dicke, Dichte, Färbung usw. sind C.fäden im Laufe der Zeit auf die mannigfaltigste Weise variiert worden. Im 19. Jh. gestaltete man daraus selbständige Posamente, die als Schmuck auf Männer- und Frauenkleidung angebracht wurden. Die Geschmacksdekadenz um die Jahrhundertwende degradierte C. zu einem beliebten Ersatzmaterial, aus dem die seltsamsten „Imitationen“ wie künstliche Blumen, Stofftiere usw. gearbeitet werden konnten.

Zur Abbildung

Mörnsheim, BA. Eichstätt, Mfr., Pfarrkirche. Kasel 2. H. 18. Jh. Blumen in Chenillestickerei, Borten in Goldstickerei, Atlasgrund. Phot. Bayer. Landesamt f. Dkmpfl., München.

Literatur

Hugo Glafey, Textil-Lexikon, Stuttgart 1937, S. 119ff.

Verweise