Eisenhut

Aus RDK Labor
Version vom 28. Juli 2015, 15:35 Uhr von Zi (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

englisch: Chapawe, iron hat; französisch: Chapel-de-fer, casque; italienisch: Capello di ferro.


Alexander von Reitzenstein (1957)

RDK IV, 1138–1140


RDK IV, 1137, Abb. 1. Regensburg, um 1440
RDK IV, 1139, Abb. 2. Ehem. Berlin, Ende 15. Jh.

Der E. (chapel-de-fer, chapel d’armes, chapeline, hanepier; war hat, chapawe) ist ein leichter Helm in Hutform, charakterisiert durch eine umlaufende, schräg oder horizontal gerichtete, meist breite Krempe an mehr oder minder steiler, doch meist verhältnismäßig flacher, konischer oder kugeliger Glocke. Hutartige Formen des Helmes sind schon aus Vorgeschichte und Antike bekannt, doch fehlt die den E. charakterisierende stärkere Ausladung der Krempe.

Der mittelalterliche E. entwickelte sich im Widerspruch zur wachsenden Schwere des Helmes, der eines leichteren Vertreters bei wendig beweglicher Kampfart bedurfte. Die mhd. Dichtung kennt und nennt ihn und setzt ihn unterscheidend vom Helm ab: „Wan Cristen man nie ûfgbant / weder den helm noch den îsenhuot“ (Reinbot v. Dorn, St. Georg; nach [1] S. 61). Aus dem französischen Schrifttum sei eine aufschlußreiche Stelle des Joinville zitiert: „Je li (sc. St. Louis) fis oster son hyaume et li baillé mon chapel de fer pour avoir le vent“ (Gay I, S. 323). Ein guter bildlicher Beleg des 13. Jh. ist eine Zeichnung im Hüttenbuch des Villard (Hans R. Hahnloser, Villard de Honnecourt, Wien 1935, Taf. 3); sie zeigt schon die durch Kantungen, später auch Kehlungen bestimmte Form, die bis Ausgang der Gotik die herrschende blieb. Zubehör der reiterlich-ritterlichen Schutzbewaffnung wie der des knechtischen Fußvolkes, kennzeichnet der E. doch vor allem diese, die schon aus taktischen Gründen den schweren Helm ausschließen mußte. In der bildlichen Darstellung des ritterlichen Kriegers tritt der E. weit hinter den Helm zurück, während er die des Knechtes charakterisiert. Dafür ein gutes Beispiel: die beiden Stadtsöldner am Portal des Regensburger Rathauses, um 1440 (Abb. 1). Siehe auch die Wächter in den Darstellungen des hl. Grabes; frühes Beispiel an der Grabkapelle des Konstanzer Münsters, um 1280. Indes blieb der Gebrauch des E. stets ein allgemeiner, der Herr, bis zu König und Kaiser hinauf, trug ihn, neben dem höher geachteten Helm, doch je und je. Auf einer der Bildtafeln des Albrechtsaltars von 1439 in Klosterneuburg tragen ihn Maria und die vier Potestates (RDK III 1106, Abb 16). Das zeugt für seine Geltung, die durch das Aufkommen der Söldnerheere ja nur wachsen konnte. Auch das Waffeninventar des Königs von Frankreich, 1411, notiert „2 chappeaux de fer“, reich geschmückte allerdings, „dorez, hachiez à fleurs de liz“ (Gay I, S. 324). Einer der Wiener Harnische König Maximilians I. (A 60) ist, neben der Schallern, mit einem Eisenhut ausgestattet; ebenso der Madrider Philipps des Schönen (A 11), der von Maximilian 1488 geschenkt wurde. Die birettartige Form der Madrider „caperuzza“ deutet auf verstärkten Einfluß der die Formung des E. stets bestimmenden Mode.

Die erhaltenen Originale reichen kaum über das 15. Jh. zurück. Ein verhältnismäßig frühes Beispiel, Mitte 15. Jh., ist der in der Schweiz (Murten) gefundene E., jetzt im Metropol. Mus. in New York. Etwas später ist der ehemals in der Slg. Hefner-Alteneck befindliche E., jetzt in der Slg. Viscount Astor, Hever-Castle. Im Berliner Zeughaus befand sich bis 1945 ein gut erhaltener E. vom Ende 15. Jh. (Abb. 2). Aus dem frühen 16. Jh. stammt der des Zwingli im S.L.M. in Zürich. Beispiele des 17. Jh.: der E. König Karls I. von England (Warwick) und der des Großen Kurfürsten (früher Berlin, Schloß Monbijou); sie kopieren die zeiteigene Hutform. –

Ein Abkömmling des E. ist vermutlich die Schallern. Die französische Form des gotischen E., der „chapel de Montauban“, ein E. mit Visierspalte, könnte geradenwegs auf die „salade“ zugeführt haben. Auch die leichten Helmhauben des 16. und 17. Jh., Morion und Schützenhaube, sind vom E. abzuleiten, dessen Dauer mit dem 12. Jh. oben, dem 17. Jh. unten zu begrenzen ist.

In der Heraldik ist „Eisenhut“ der Ausdruck für das blauweiße Pelzwerk, das von der heraldischen Farbregel ausgenommen ist. Die einzelnen Stücke sehen dem E. tatsächlich ähnlich (Mitt. Dr. O. Neubecker; s. auch Heraldik).

Zu den Abbildungen

1. Regensburg, Rathaus, Relief mit zwei Gewappneten über dem Portal zum Reichssaalbau. Um 1440. Fot. Verf.

2. Ehem. Berlin, Zeughaus, Eisenhut (seit 1945 verschollen). Ende 15. Jh. Fot. Mus. f. Dt. Geschichte, Berlin, Abt. Zeughaus.

Literatur

1. San-Marte (Albert Schulz), Zur Waffenkunde des älteren dt. MA, Quedlinburg u. Lpz. 1867, S. 60. – 2. Violett-le-Duc, Mobilier 5, S. 265–72 (chapel). – 3. Gay I, S. 323f. (chapel d’armes ou de Montauban). – 4. Böheim S. 36ff. – 5. A. Demmin, Die Kriegswaffen in ihren gesch. Entwickelungen usw., Lpz. 18934, S. 520ff. – 6. Aug. von Essenwein, Die Helme aus der Zeit vom 12. bis zum Beginne des 16. Jh. im G.N.M., Nürnberg 1892, S. 22. – 7. F. von Schubert-Soldern, Der ma. Helm und seine Entwicklung, Z. h. W. K. 5, 1909/11, 37. – 8. Guy F. Laking, A Record of European Armour and Arms through Seven Centuries Bd. 2, London 1920, S. 57–66.

Verweise