Escarpin

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englisch: Slippers; französisch: Escarpins; italienisch: Scarpini.


Günter Gall (1967)

RDK V, 1453–1456


RDK V, 1453, Abb. 1. J. A. D. Ingres, 1804, Lüttich.
RDK V, 1455, Abb. 2. Schönenwerd Kt. Solothurn, um 1890.

E. ist die frz. und auch spanische Bezeichnung für den leichten Halbschuh für Damen und Herren, der aus Leder, Samt oder Seide hergestellt und mit dünner Sohle versehen wurde; im 19. Jh. wurde die Bezeichnung auf den Schnallenschuh der Hoftracht – nur im inoffiziellen Sprachgebrauch – übertragen.

Das Wort E., frz. auch eshapin, eschapin (altfrz. escafin, escafignon), ist etymologisch eher von arabisch ascaf als von ital. scarpa, scarpino herzuleiten (Émile Littré, Dict. de la langue franç., Paris 1956, Bd. 3 S. 1016). Es wird in Frankreich schon im A. 12. Jh. gebraucht (Versroman Partenopeus de Blois, ed. Georges-A. Crapelet, Paris 1834, Vers 10607; zur Datierung s. aber „Oxford Companion to French Lit.“, Oxford 1961, S. 540), in Spanien 1358 (Carmen Bernis, Indumentaria Espagnola ..., Madrid 1962, S. 88), und bezeichnet generell den leichten Halbschuh (als Gegensatz zum Stiefel). Dieser Schuhtypus unterlag dem ständigen Modewechsel; seit dem späten 16. Jh. konnte er mit und ohne Absatz gearbeitet werden (Beschreibungen von E.:

Rabelais, Œuvres, ed. Charles Marty-Laveaux, Paris 1868–1903, Bd. 2 S. 12; Brantôme [Pierre de Bourdeille], Œuvres complètes, ed. Ludovic Lalanne, Paris 1864–82, Bd. 4 S. 243; s. a. Edmonde Huguet, Dict. de la langue franç. du 16me s., Paris 1933, Bd. 3 S. 597).

Im Jahre 1767 unterscheidet Fr.-A.-P. de Garsault [1, S. 530ff.] drei Arten E.: E. retourné (1), E. non retourné (2) und E. de bottes (3). In der 1769 erschienenen dt. Ausgabe dieses Werkes [2, S. 24f. und 43ff.] ist der im damaligen dt. Sprachgebrauch nicht übliche Ausdruck E. nicht übernommen; die drei Arten E. sind wie folgt definiert und beschrieben: 1) „der umgewendete oder Tanzschuh ist von einer sehr leichten Beschaffenheit und hat daher den Namen, weil er von der Unrechten Seite gemacht, und nachher, wenn er bis zu einem gewissen Puncte fertig geworden, wie ein Handschuh umgewendet wird: ...“ [2, S. 43]; 2) E. dieser Art, ,dreymalgenehete Schuhe’, sind leichte Schuhe ohne Rahmen [2, S. 45f.]; 3) „Stiefelschuhe“ werden in den „steifen oder gebrannten Stiefeln angezogen“ [2, S. 46], es sind Schuhe, die nur eine Sohle, aber keinen Absatz haben und besonders für die Stangenreiter- und Postillionsstiefel gefertigt wurden (R. E. J. Weber, Postillionsstiefel, Waffen- und Kostümkde. 1964, 20).

Im 19. Jh. bezeichnet E. inoffiziell den Ballschuh der Damen und Herren und den Schuh der Hoftracht ([3] S. 89 und 110; Max von Boehn, Die Mode, Bd. 7: Zeit von 1843–1878, Mchn. 19632, S. 118). In den Kleiderordnungen heißen diese Schuhe beim Petit Costume Napoleon I. „souliers de velours blanc de satin“, später „souliers à boucles“ ([4] S. 46 und 155; Abb. 1). Das „Ceremonial-Buch für den Kgl. Preuß. Hof“, Bln. 1877, bringt in Erinnerung, daß „bei Bällen ... noch vor 50 Jahren auch am Preussischen Hofe“ wie an vielen dt. Höfen „selbst von den Offizieren (mit alleiniger Ausnahme der Husaren-Offiziere) E. getragen“ wurden (Heft 1, S. 8). In der Verordnung zur dt. Hoftracht vom 1. Mai 1890 [5, S. 52ff.] werden für die große Gala „Schuhe mit schwarzen Schnallen“, bei Hoftrauer „Schuhe mit blanken Schnallen“ vorgeschrieben. Diese Schuhe wurden aus schwarzem Lackleder gefertigt (Abb. 2). Zu dieser Hoftracht gehörten in jedem Falle Kniehosen aus schwarzem Kasimir (diese Hose ist aus der Culotte entwickelt, s. RDK III 877–79). Die Bezeichnung „à la E.“ bezog sich auf die Hof- und Gesellschaftskleidung. Im heutigen dt. Sprachgebrauch wird E. nicht benutzt (dieser leichte Schuhtyp wird Pumps genannt); in Frankreich bezeichnet E. heute einen sehr leichten Damenschuh.

Zu den Abbildungen

1. Jean Auguste Dominique Ingres, Bildnis Napoleons I. Gem. a. Lwd., 2,26 × 1,44 m. Lüttich, Mus. des B.-A. Sign. und dat. „Ingres an XII“ (= 1804). Fot. A. C. L. Brüssel.

2. Schönenwerd Kt. Solothurn, Bally-Museums-Stiftung, Schuhmus. Bally, E. Schwarzes Lackleder mit Schleife aus Satin. Um 1890. Fot. Mus. (Neg. Nr. 2261).

Literatur

1. François-Alexandre-Pierre de Garsault, Art du Cordonnier, Paris 1767. – 2. [F.-A.-P.] Von Garsault, Der Schuster, in: Dan. Gottfr. Schreiber (Übersetzer und Hrsg.), Schauplatz der Künste und Handwerke ... Bd. 9, Königsberg und Lpz. 1769, S. 3–84.

3. Jean-Bapt. Yernaux, La chaussure à travers les âges, Brüssel 1929. – 4. Henri Defontaine, Du costume civil officiel et de l’uniforme militaire des Officiers à la Cour ou auprès des Chefs d’État franç, depuis 1804 jusqu’à nos jours, Paris 1908. – 5. „Die Dt. Reichs- und Kgl. preuß. Staats- und Hofbeamten-Uniformen“, 1. Abt., Dresden und Bln. 1897.

Verweise