Flugblatt

Aus RDK Labor
Version vom 5. Februar 2015, 13:00 Uhr von Jw (Diskussion | Beiträge) (fixup: author dot)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

englisch: Broadsheet; französisch: Feuille volante; italienisch: Foglio volante.


William A. Coupe (2003)

RDK IX, 1436–1447


RDK IX, 1437, Abb. 1. Basel (Johann Bergmann von Olpe) 1497.
RDK IX, 1437, Abb. 2. Monogrammist BP (Bastian Palme?), um 1538 (?).
RDK IX, 1439, Abb. 3. Lucas Mayer, 1605.
RDK IX, 1441, Abb. 4. Um 1620.
RDK IX, 1441, Abb. 5. Johann Martin Will, um 1758.
RDK IX, 1443, Abb. 6. Johann Martin Volz (zugeschr.), um 1813/1814.
RDK IX, 1443, Abb. 7. 1849.
RDK IX, 1445, Abb. 8. Nürnberg, 19. Jh.

I. Definition und Wort

Als F. wird im allgemeinen ein gewöhnlich einseitig bedrucktes und für den Verkauf bestimmtes einzelnes Blatt Papier bezeichnet, in dem entweder eine besondere Nachricht verbreitet oder durch dessen Inhalt der Leser beeinflußt werden soll. Als F. werden im vorliegenden Art. nur Bll. mit informierendem oder politisierendem oder belehrendem (auch moralisierendem) Inhalt behandelt, nicht jedoch Einzelblätter erinnernden oder dokumentarischen Inhalts. Im Folgenden kommen nur solche F. vor, bei denen das Mitgeteilte in Bild und deutlich davon abgesetztem Text besteht. Zu Kalenderblättern s. Kalender.

In der Lit. herrscht keine Einigkeit über den Inhalt des Begriffs. Mehrfach wurde F. unter „Bilderbogen“ subsumiert (so von Adolf Spamer, Art. Bilderbogen, RDK II 540-561, bes. Sp. 553f.: „Flugblattverleger“, „Flugblattware“, das Wort F. selbst kommt im Art. nicht vor, jedoch „Bildblatt“; vgl. aber: Hellmut Rosenfeld, Art. „Bilderbogen“, in: Lex. des gesamten Buchwesens, Bd. 1, Stg. 21987, Sp. 435; als Unterschied zwischen F. und Bilderbogen gilt dort, daß beim F. der Text größere Bedeutung habe als das Bild). Nach Karl Schottenloher ist „Mitteilung“ Kennzeichen des „echten F.“, wobei jenes Gebete, Satiren auf das Eheleben, Klagen über Falschmünzer und Beschreibungen der Verkehrten Welt einschloß (Flugblatt und Zeitung, Bln. 1922 [Bibl. für K.- und Antiquitätensammler, 21], S. 21). Gisela Ecker verwies auf die für den Gesamtkat. der Wiegendrucke gültige Terminologie, zog „Einblattdruck“ statt „F.“ vor und beschränkte den Gebrauch dieses Terminus auf propagandistische Druckerzeugnisse der Reformationszeit (Einblattdrucke von den Anfängen bis 1555, Göppingen 1981 [Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 143], Bd. 1 S. 46-53). Anderen Definitionen von F. zufolge sollte der Begriff, angewandt auf seine Verwendung im 20. Jh., ebenfalls auf propagandistische Funktion eingeschränkt bleiben: Gert Hagelweide, Art. „Flugblatt, Flugschrift“, in: Hdb. der Publizistik, hg. von Emil Dovifat, Bd. 3, Bln. 1969, S. 43). Im Gegensatz dazu war anderen Autoren die Form maßgebend, nicht der Inhalt, wesentliches Merkmal sei „ein ausgewogenes Verhältnis von Text und Bild“, wobei der Text aus gebundener oder ungebundener Rede unterschiedlichen Umfangs bestehen und die Größe des Bildes variieren könne [6, S. 3]. In den Titeln moderner Editionen bezeichnet das Wort F. alle einseitig bedruckten und ill. Erzeugnisse zu Tagesfragen der Neuzeit ([7]; [1]; [4]; [5]), ist demnach Sonderform von *Einblattdruck (so auch: RDK IV 972; Wolfgang Brückner, Art. „Einblattdrucke“, in: Lex. des MA, Bd. 3, Mchn. und Zh. 1986, Sp. 1732).

Das Wort F. ist eine Neuschöpfung wohl des 19. Jh. (vgl. „Wahre Abbildung einer sonderbaren Naturerscheinung ... Nach einem 1631 erschienenen Flugblatt copirt ...“, um 1813: Luitpold Dussler, Die Incunabeln der dt. Lithographie [1796-1821], Bln. 1925, S. 275 Nr. 5). Seit M. 19. Jh. wurde auch die ältere, zuvor für die mehrseitigen, meist gehefteten Flugschriften gebrauchte Benennung „fliegende Blätter“ auf F. angewandt (J. Scheible, Die fliegenden Bll. des XVI. und XVII. Jh. ..., Stg. 1850 [Ndr. Hdhm. und New York 1972]).

Die Bezeichnung „fliegendes Blatt“ (vgl. Des Knaben Wunderhorn, Bln. 1805-1808, Bd. 1-3) war möglicherweise Übers. der seit dem 18. Jh. belegten franz. Bezeichnung „feuille volante“ (Dict. de l’Acad. française, Paris 51798, Bd. 1 S. 581; als Übers. des franz. Wortes jedoch zuvor im 18. Jh. schon „Flugschrift“ gebraucht, so von Christian Daniel Friedrich Schubart: Meyers enz. Lex., Bd. 9, Mannheim usw. 1973, S. 91f.).

Seit dem 15. Jh. ist für aktuelle Nachrichten der Begriff „Neue Zeitung“ (Abb. 3) belegt, der seit A. 16. Jh. auch auf gedruckte Mitteilungen übertragen wurde (Grimm Bd. 15 Sp. 593) und seit 2.H. 16. Jh. auch bebilderte F. einschloß. Dies gilt auch für Bezeichnungen wie „Av(v)iso“ (Newe Jahr Avisen ..., o. O. 1632: [1] S. 2f. Nr. 1).

II. Herstellung, Vertrieb, Verbreitung

Anfänglich wurden F., wie alle Einblattdrucke, vom Formschneider hergestellt, der den Holzschnitt lieferte, und vom Briefmaler (RDK II 1172-1178), der ihn kolorierte. Seit E. 15. Jh. war die Berufsbezeichnung beider oftmals gleichbedeutend mit der des Verlegers oder des Unternehmers, der den Illustrator und den Textverfasser sowie - wenn er selbst keine Druckerei besaß - den Drucker mit der Herstellung des F. beauftragte. Vom späten 16. Jh. an wurde der Kupferstich und die Radierung gegenüber dem Holzschnitt immer mehr bevorzugt und häufig auf Bemalung verzichtet, die Texte sind meist im Buchdruck gesetzt. Im 19. Jh. wurde die Lithographie in zunehmendem Umfang für F. gebräuchlich. - Zentren der Herstellung waren Nürnberg, Augsburg, Köln, Frankfurt, Heidelberg, Straßburg, Basel, Leipzig, Pirna, Freiberg und Dresden ([5]; [7]).

Name und Adresse des Verlegers erscheint auf F. im Impressum (Folge des seit dem Reichsabschied von Augsburg i.J. 1530 gesetzlichen Verbots anonymen Publizierens, zugleich Werbung für den Hersteller; s. allgemein Adresse: RDK I 199-202), ausgenommen bei polemisierenden F. vor 1848, bei denen fast immer auch der Name des Illustrators (Zeichners) fehlt. Der Name des Textverfassers wurde im 16. Jh. des öfteren genannt, vor allem dann, wenn dies Gewinn versprach oder dem Text größeres Gewicht verlieh, z. B. bei Sebastian Brant (Abb. 1), Martin Luther, Hans Sachs, Johannes Fischart; manchmal nannte man nur dessen Initialen oder teilte ihn in den letzten Zeilen gleichsam verschlüsselt mit [6, S. 13]. Später wurden viele F. anonym veröffentlicht (möglicherweise wegen der Zensur: vgl. ebd.).

In der Regel waren F., gleich welchen Inhalts, zum Verkauf bestimmt.

Auf einem F. auf die Austreibung der Lutheraner aus Böhmen nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 ist handschriftlich (?) eingetragen: „Am Tag Martinj, Ist dergleichen Küpferstückh oder Gemäldt, zu Wien, dem Kayser offerirt, Vnd zugleich verkauft worden, Da ein solcheß Kauffen gewesen, Daß zeitlich Exemplaria gemangelt“ [3, Bd. 1 S. 188]. Wo in Nürnberger Ratsprotokollen des 16. Jh. der Vertrieb von F. erwähnt ist, heißt es immer, sie seien „feilgeboten“ worden (Beisp. bei [8]).

Die Auflagenhöhe, modernen Schätzungen zufolge zwischen 1000 und 2000 Stück (Rolf Wilhelm Brednich, Art. „Flugblatt, Flugschrift“, in: Enz. des Märchens, Bd. 4, Bln. und New York 1984, Sp. 1344), ist auf F. nie angegeben, der Preis höchst selten.

Für das 1584 in Augsburg erschienen F. „Neue zeytung auß Lyffland“ ist die Höhe der Auflage mit 1500 bekannt [6, S. 25]. Diese Zahl wird im großen Ganzen durch Aussagen von Flugblattverkäufern bestätigt, die sich vor den Augsburger Zensurbehörden verantworten mußten. Es wurden Auflagenhöhen genannt zwischen einem und drei „Ryß“ (nhd. Ries = 500 Bogen; vgl. zum Wort: Grimm Bd. 2 Sp. 468, s. v. „Buch, 7.“). Unter solchen Umständen war die Neigung, die angegebenen Zahlen so niedrig wie möglich zu halten, wohl sehr stark, wobei man sich jedoch innerhalb der Grenzen des Wahrscheinlichen halten mußte [6, S. 38, 364 und 379].

In Nürnberg kostete im 17. Jh. ein F. je nach Größe wohl zwischen zwei und vier Kreuzern, was etwa dem Stundenlohn eines gelernten Maurers entsprach [6, S. 40]. Auf einem „Steckbrief“ auf Napoleon I. von 1815 ist der Preis von „8 Schilling“ aufgedruckt, ohne daß angegeben ist, um welche Landeswährung es sich handelte [2, S. 185 Nr. 131].

Wohl irrig ist die Annahme, vor dem 20. Jh. seien F. zum Zweck politischer Propaganda von Gruppen oder Parteien finanziert und kostenlos verteilt worden.

Als Abnehmer von F. kamen in erster Linie wohl Angehörige der gewerbetreibenden Mittelschicht in Frage sowie jene Angehörigen der Unterschichten, die über ein geregeltes Einkommen verfügten (Handwerksgesellen, Gesinde) und damit in der Lage waren, F. zu erwerben (so [6] S. 41).

Die meisten F. sind mit volkssprachlichen Texten, einzelne zweisprachig, wenige in Latein abgefaßt, so daß die Autoren und Hersteller F. wohl in erster Linie für einen Abnehmerkreis von lesefähigen nichtakademischen Käufern herstellten, die in der Lage waren, die Texte mit oft gelehrten Floskeln und Anspielungen auf das politische Tagesgeschehen zu verstehen (ebd. S. 42f.).

Nicht selten nahm man an, das F. hätte der heutigen Boulevardzeitung entsprochen. Die Ansicht, F. seien sowohl von Lesekundigen als auch von Analphabeten aufgrund der Verbindung von Text und Bild verstanden worden, ist jedoch korrekturbedürftig. In vielen Illustrationen sind zwar „volkstümliche“ Motive aufgegriffen worden, doch sind diese meist in komplizierte allegorische Zusammenhänge gebracht und oft nur mit Hilfe des Textes verständlich (ebd.).

Druckwerke unterlagen seit dem frühen 16. Jh. der Zensur, auch F. durften ohne Bewilligung der Obrigkeit nicht gedruckt werden, sofern es sich um Texte und/oder Bilder handelte, die man als Schmähungen oder als Störung der öffentlichen Ordnung empfand (Vorzensur). Verstöße gegen das Druckverbot wurden geahndet, „streffliche red“ und das Konfiszieren von Druckplatte und unverkauften Exemplaren war die übliche Folge [3, Bd. 1 S. 18], auch das Verbrennen von „brief und form“ [8, Bd. 1 S. 200 Nr. 1446, zum Jahr 1524]; weitere Strafmaßnahmen konnten hinzukommen [3, Bd. 1 S. 19].

Der Rat der Stadt Nürnberg ließ beispielsweise „den malern verbieten, die neu wunder gepurdt so zu lüneburg soll gefallen sein, nit mer feyl zu haben“ [8, Bd. 1 S. 211 Nr. 1383, zum J. 1522]; 1569 wurde das Drucken eines F. mit einer Mordgeschichte abgelehnt (ebd. S. 611 Nr. 4243), 1590 die Darstellung einer Himmelserscheinung, die mit Pfeilen vermischt war, „deren doch kainer gesehen worden“ (ebd. Bd. 2 S. 180 Nr. 1030). Die Ablehnung eines F. über ein Erdbeben wurde nicht einmal begründet - wahrscheinlich befürchtete man, daß eine solche Nachricht die Bevölkerung beunruhigen würde (ebd. S. 188 Nr. 1069). Nach dem Sieg der Protestanten bei Breitenfeld 1631 rief der Rat die Briefmaler der Stadt zusammen und mahnte, sie sollten hinsichtlich der Behandlung der kaiserlichen Niederlage „behutsam gehen“, Spottbilder auf die geschlagene katholische Partei wurden als „sehr odios“ bezeichnet und konfisziert [3, Bd. 1 S. 19]. - In Berlin weigerte sich 1813 der Chef der Polizei Le Coq, die Druckgenehmigung für ein F. zu erteilen, weil die Gesichtszüge der alliierten Herrscher, die Napoleon I. eine Roßkur angedeihen ließen, zu genau wiedergegeben waren (William A. Coupe, German Political Satires from the Reformation to the Second World War, T.I, New York 1993, Textbd. S. 271f. Nr. I 258; vgl. [2] S. 182 Nr. 128).

Den Vertrieb der F. besorgte der Verleger selbst, oder die F. wurden von einem Buchführer (Kolporteur) oder einem fliegenden Händler übernommen ([8] Bd. 1 S. 211 Nr. 1384; [3] Bd. 1 S. 17f.; [6] S. 26-39]. Im 17.-18. Jh. gehörten F. auch zum Angebot des mit Graphik handelnden „Kunsthändlers“.

Der Nürnberger Verleger und Buchführer Hans Guidemund († 1560) vertrieb sowohl eigene als auch fremde F. [8, Bd. 1 S. 327 Nr. 2339]; als einer der rührigsten Nürnberger Kunsthändler des 17. Jh. gilt Paul Fürst (1608-1666), vgl. Theodor Hampe, Mitt. des Germ. Nat.-Mus. 1914-1915, S. 1-127; [3] Bd. 1 S. 14; zu Johann Philipp Steudner (1632-1732): [6] S. 21; zu Augsburg ferner Michael Schilling, Der Augsburger Einblattdruck, in: Augsburger Buchdruck und Verlagswesen, hg. von Johannes Janota und Helmut Gier, Wiesb. 1997, S. 381-404.

Gelegentlich ist auf dem F. das Ladenlokal angegeben, wo der Druck erworben werden konnte [3, Bd. 1, S. 16].

III. Geschichte

1. 15. Jh.

Unter den Einblattholzschnitten gibt es erst nach M. 15. Jh. Blätter moralisierenden oder belehrenden Inhalts mit Bild und davon deutlich getrenntem, in den Holzstock geschnittenem oder in Lettern gesetztem Text.

Vielfältige Themen sind belegt: Tischzucht (Schreiber, Nachdruck, Bd. 4, S. 39f. Nr. 1454, dat. 1490); Medizin (ebd. S. 82f. Nr. 1926; dat. 1496); Warnung vor Zauberei (ebd. Bd. 11, S. 45 Nr. 1870, Abb. 110); „Amor carnalis“ (ebd. S. 44 Nr. 1869, Abb. 107); Hand mit dem Heilsspiegel (ebd. Nr. 1895 II, Abb. 206). Für mehrere F., vor allem aus der Bergmannschen Offizin in Basel aus den Jahren 1492-1502, schuf Sebastian Brant den Text; Themen sind Naturereignisse, historische Begebenheiten (Abb. 1), monströse Geburten bei Mensch und Tier, eine Sternenkonstellation (Paul Heitz [Hg.], F. des Sebastian Brant, Strbg. 1915 [Jahresgabe der Ges. für elsässische Lit., 3]; vgl. Ewa Chojecka, in: Veröffn. des Staatl. Mathematisch-Physikalischen Salons... Dresden, Bd. 4, Bln. 1967, S. 52-70).

2. 16. - E. 18. Jh.

Neben anspruchsvollen F., entworfen von bekannten Künstlern (Albrecht Dürer, Lucas Cranach d. Ä. und d. J., Hans Baldung Grien u.a.), gab es oft einfachere F. mit schlichten Ill. und einem volkssprachlichen Text, die für einen breiteren Käuferkreis bestimmt gewesen sein dürften (Abb. 2; vgl. ferner Franz-Heinrich Beyer, Eigenart und Wirkung des reformatonsch-polemischen F. im Zusammenhang der Publizistik der Reformationszeit, Ffm. usw. 1994 [Mikrokosmos, Bd. 39]). Als Sonderformen sind im 17. Jh. F. zu nennen, deren Text als Rebus (vgl. Dirk Kampmann, Das Rebusflugblatt, Köln usw. 1993 Der Name des Attributs „[Sache“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. et Poesis, Bd. 5]) oder als Schreibmeisterblatt gestaltet ist (ein Beispiel bei [1] S. 216f. Nr. 105). Im 16. und 17. Jh. überwogen F. auf politische Ereignisse (Kriege, Schlachten und Belagerungen: Abb. 4), Morde und Hinrichtungen, Naturereignisse (Mißgeburten, Himmelserscheinungen: Abb. 3) sowie moralisierende Erörterungen (Verkehrte Welt; Cebestafel: RDK III 383-390; Schlaraffenland; ungleiche Liebe; Streit um die Männerhose; Baum der Jungfrauen; Jungmühle u.a.; Beispiele: Geisberg-Strauß; Elmer Adolph Beller, Caricatures of the ‚Winter King‘ of Bohemia, Ld. 1928; ders., Propaganda in Germany during the Thirty Year War, Princeton, N.J. 1940; [7]; [3]; [4]; [5]; John Roger Paas, The German Political Broadsheet 1600-1700, Bd. 1ff., Wiesb. 1985ff.

Im 18. Jh. nahm wegen der aufgekommenen Zeitungen und Journale die Zahl der F. merklich ab. Meist wurden politische Ereignisse in satirischer Weise behandelt (Abb. 5; vgl. F. auf Ludwig XIV., 1702: [2] S. 102 Nr. 62, Abb. 66) oder über diese informiert (F. auf den Frieden von Dresden, 1746, oder jenen von Hubertusburg, 1763: Ausst.kat. „Friedrich II. und die K.“, Potsdam 1986, T. 1 S. 29 und 31); moralisierende und andere F. kamen nur noch selten vor. Oft sind F. in dieser Zeit von Künstler und Verleger signiert und mit Genehmigung der Obrigkeit hergestellt.

3. E. 18.- 19. Jh.

Eine Vielzahl von F. spiegelte gegen E. 18. Jh. die Ereignisse vor, während und nach der Französischen Revolution (Beispiele in: Ausst.kat. „Europa 1789“, Hamburg 1989, S. 277-322). Der wachsende Widerstand gegen Napoleon in Deutschland ist vielen F. (u.a. entworfen von Johann Gottfried Schadow oder Johann Michael Volz: Abb. 6) ablesbar. Wenige Jahre später veröffentlichte man satirische Blätter auf den geschlagenen „korsischen Tyrannen“ (vgl. Friedrich Eggers, Christian Daniel Rauch, Bd. 1, Bln. 1873, S. 141). Der Text auf diesen F. besteht oft nur mehr aus wenigen Zeilen, manchmal nur aus einer Zeile anstelle umfänglicher Texte.

Im 1. V. 19. Jh. wurden politisch-satirische F. kaum zugelassen, so daß Verleger wie Friedrich Campe in Nürnberg sich auf Herstellung und Verbreitung moralisierender F. beschränken mußten (vgl. Abb. 8). Erst um M. 19. Jh. nahm man auf zeitgenössische politische Verhältnisse in F. wieder Bezug (vgl. die F. auf Ludwig I. von Bayern und die Tänzerin Lola Montez, München, 1847, oder zahlreiche 1848 und 1849 bei mehr als sechzig Verlegern erschienene F.: Abb. 7; Margrit Arnscheidt, Politische Druckgraphik der Revolution 1848/1849, Mannheim 1978; Sylvia Wolf, Politische Karikaturen in Dtld. 1848-1849, Mittenwald 1982). Die seit den dreißiger Jahren aufkommenden, periodisch erscheinenden satirischen Zeitschriften ersetzten nach und nach die bebilderten F., von denen es aus der 2. H. 19. Jh. nur mehr vereinzelte Beispiele gibt.

Zu den Abbildungen

1. „An den großmechtigsten aller durchluchtigsten herren Maximilianum Romischen Kunig: von dem Fuchshatz ein gediecht Sebastiani Brant.“ Holzschnitt und Typendruck, 30,0 × 19,9 cm. Basel (Johann Bergmann von Olpe) 1497. Nach P. Heitz a. a. O. (Sp. 1442) Abb. 18.

2. Monogrammist BP (Bastian Palm?), Das päpstliche Wappen. Holzschnitt und Typendruck, 27,7 × 32,2 cm. Um 1538 (?). Foto St.bibl. PK, Berlin.

3. Lucas Mayer, „Newe Zeitung/Von einem erschröcklichen Wunderzeichen“. Kolorierter Holzschnitt und Typendruck, 32,0 × 28,5 cm. Dat. 1605. Foto Germ. Nat.mus., Nürnberg.

4. „Abrieß deß Böhmischen Löwens, langwiriger harter Betrangnüssen Qual vnd Trübsal“. Radierung, Holzschnitt und Typendruck, 33,3 × 28,5 cm. Um 1620. Foto Kurpfälzisches Mus., Heidelberg.

5. Johann Martin Will, „Der voreilige Pantoffel Courier“. Radierung, 29,0 × 19,0 cm. Um 1758. Foto Germ. Nat.mus., Nürnberg.

6. Johann Martin Volz (zugeschr.), „Wahre Abb. des Eroberers“. Radierung, 13,0 × 15,5 cm. Um 1813/1814. Foto Reiss-Mus., Mannheim.

7. „Je nachdem der Vogel singt, er die Gunst des Herrn erringt“. Lithographie, 29,5 × 23,4 cm (Blattmaß). 1849. Foto Germ. Nat.mus., Nürnberg.

8. „Neue Wunder=Mühle“. Kupferstich, 31,6 × 42,7 cm. (Blattmaß). Nürnberg, G. N. Renner & Schuster, 19. Jh. Foto Germ. Nat.mus., Nürnberg.

Literatur

1. Ausst.kat. „Hl. Flugbll. aus den Jhh. der Reformation und der Glaubenskämpfe“, Coburg 1983 (Kat. der K.slgn. der Veste Coburg). - 2. Ausst.kat. „Mittel und Motive der Karikatur in fünf Jhh.“, Hannover usw. 1984-1985. - 3. William A. Coupe, The German illustrated Broadsheet in the Seventeenth C., Bd. 1-2, Baden-Baden 1966-1967 (Bibl. bibliographica Aureliana, Bd. 17 und 20). - 4. Wolfgang Harms, Ill. Flugbll. des Barock, Tüb. 1983 (Dt. Nachdrucke, R. Barock, 30). - 5. Ders. u.a., Dt. ill. Flugbll. des 16. und 17. Jh., Bd. 1ff., Tüb. 1985ff.- 6. Michael Schilling, Bildpublizistik der frühen Neuzeit, Tüb. 1990 (Stud. und Texte zur Sozialgesch. der Lit., Bd. 29). - 7. Hermann Wäscher, Das dt. ill. Flugblatt, Bd. 1 -2, Dresden 1955-1956. - 8. Theodor Hampe, Nürnberger Ratsverlässe über K. und Künstler ..., Bd. 1-2, Wien und Lpz. 1904 (Quellenschr. Wien, N.F. Bd. 11f.).

Verweise