Acis

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englisch: Acis; französisch: Acis; italienisch: Aci.


Lothar Freund (1933)

RDK I, 124–126


RDK I, 125, Abb. 1. Joh. Wilh. Baur, 1639.
RDK I, 125, Abb. 2. Joh. Wilh. Baur, 1639.
RDK I, 125, Abb. 3. J. H. Tischbein d. Ä., 1758.

1. In der antiken Sage ist A. ein Schäfer, Sohn des Pan und der Nymphe Symaithis, der von der Nymphe Galathea geliebt wird. Polyphem, den Galathea abgewiesen hat, stellt ihr eifersüchtig nach, und als er sie einmal mit A. überrascht, bedroht und verfolgt er die beiden und zerschmettert A. mit einem Felsblock, während es Galathea gelingt zu entfliehen. A. wird von den Göttern in einen Fluß gleichen Namens verwandelt. (Ovid, Metam. XIII, 750ff.) [1, 2].

2. Die Erzählung wird in der deutschen Kunst erstmalig im Kreis der Ovid-Illustrationen dargestellt, und zwar in der Frankfurter lat. Metamorphosen-Ausgabe von 1563 mit den Holzschnitten des Virgil Solis (Kopien nach Bernard Salomons Holzschnitten in der Lyoner Ovid-Ausgabe von 1557) [3]. 2 Szenen gelangen zur Darstellung: a) Eine Felsenbucht mit Nymphen; auf einem Felshügel Polyphem mit seinen Schafen, auf der Syrinx blasend; am Fuße des Hügels sitzen, sich umarmend, A. und Galathea. b) Polyphem im Begriff, den Felsblock zu schleudern; am Bildrand die fliehende Galathea (ohne A.). Weiter entwickelt im Sinne bildhafter Konzentration, Zurückdrängen des Erzählerisch-Episodischen, leidenschaftlicher Verlebendigung des Geschehens sind die beiden Virgil Solisschen bzw. Salomonschen Kompositionen bei Johann Wilhelm Baur (in der Folge seiner Radierungen zu Ovids Metamorphosen von 1639; erschienen Wien 1641) [3, S. 128ff.]. In der ersten Szene (Abb. 1) sind die Nymphen in Fortfall geraten; Polyphem sitzt auf einem Berggipfel vor einer weiten Seelandschaft, während A. und Galathea sich in einer Felsenhöhle im Vordergrund umschlungen halten. In der 2. Szene (Abb. 2) entflieht A. mit vor Schreck gebreiteten Armen vor der mächtigen, zum Wurf ausholenden Gestalt des Zyklopen uferwärts, indessen Galathea, weit voraus, bereits in die rettenden Fluten taucht. In einem Bilde J. H. Tischbeins d. Ä. von 1758 (Kassel, Gemäldegal. Nr. 656, Abb. 3) gelangen A. und Galathea zu kompositorischer und inhaltlicher Eigenbedeutung. Der illustrative Charakter früherer Darstellungen ist abgestreift. Es ist das Schäferidyll eines verliebten Paares im antikischen Geschmack des 18. Jh., das jedoch von Polyphem her, der hinter Bäumen und Buschwerk versteckt die beiden belauert, einen Zug dramatisch gespannter Erwartung erhält. Die Komposition von J. H. Tischbein d. Ä. geht auf eine in einem Stich des Jac. de Gheyn erhaltene Darstellung des Corneliß Cornelissen von Haarlem zurück, auf der A. und Galathea sich im Innern einer Felsenhöhle befinden, durch deren Öffnung der Ausblick auf ein Vorgebirge mit dem an einem Abhang sitzenden, syrinxblasenden Polyphem gegeben ist (Herm. Bahlmann, J. H. Tischbein d. Ä., Stud. z. dt. Kg. 142, Straßburg 1911; Kat. B 2).

Zu den Abbildungen

1. und 2. Joh. Wilh. Baur, Radierungen zu Ovids Metamorphosen 1639, Wien 1641. Wien Nat.-Bibl. Phot. Paul Frankenstein, Wien.

3. J. H. Tischbein d. Ä., Kassel, Gemäldegalerie, 1758. Phot. Mus.

Literatur

1. Roscher I, 210. 2. Pauly-Wissowa I, 1170/71. 3. M. D. Henkel, Illustr. Ausgaben von Ovids Metamorphosen im 15., 16. u. 17. Jh., Vortr. d. Bibl. Warburg 1926/27, Leipzig 1930, S. 88ff. 4. E. W. Bredt, Der Götter Verwandlungen, Bd. 3, München (1920).

Verweise