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Aus RDK Labor
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englisch: Letters; französisch: Adresse; italienisch: Note tipografiche.


Franz Schubert (1933)

RDK I, 199–202


Als A. bezeichnet man auf druckgraphischen Blättern die Angabe des Verlegernamens, eventuell unter Hinzufügung seines Wohnortes. Hierbei wird diesen Angaben das Wort „excudit“ oder „excudebat“, auch abgekürzt „exc.“ oder „excud.“ angefügt, gelegentlich, vor allem in Italien, dafür „Formis“, „ex formis“ oder „ex typis“ gesetzt. Nach dem Fehlen der A. auf frühen oder der Veränderung auf späten Drucken unterscheidet man auch danach verschiedene Zustände als „vor der A.“, „mit der A.“ oder „mit veränderter A.“, doch sind diese Bezeichnungen nicht identisch mit den Ausdrücken „avant la lettre“ und „après la lettre“ (s. u. Druckgraphik), die sich auf die gesamte Schrift eines druckgraphischen Blattes beziehen.

Die A. kommt auf, als der Verleger den Vertrieb und damit meist auch den Druck druckgraphischer Blätter übernimmt, die nun verlagsrechtlich geschützt werden. Gebräuchlich wird das vor allem durch die Einführung des reproduzierenden Kupferstiches, der vom Berufsverleger bei einem Stecher bestellt, dann im Verlag gedruckt und herausgegeben wird. Noch Dürer hatte den Verkauf seiner Werke teils selbst besorgt, teils damit seine Frau oder einen Angestellten beauftragt (vgl. Oscar Hase, Die Koberger, Leipzig 18852, S. 125: Nürnberg, Stadtarchiv, Gerichtsbuch Conservator 6, Fol. 53 b, „Sexta post Sebaldi 21. Aug. 1500“). Denn obwohl schon 1459 in Lübeck ein Verleger nachweisbar ist (vgl. W. L. Schreiber, Die Meister der Metallschneidekunst = Stud. z. deutschen Kg. 241, Straßburg 1926, S. 12—14), vertreiben die alten Meister ihre Originalgraphik selbst; auch späterhin sind originale Blätter meist nicht mit A. verschen. Es kommt aber vor, daß Kupferplatten erst später in den Besitz von Verlegern gelangen, dann aufgestochen, retuschiert und mit der A. verschen werden, so daß der Verleger durch einen späteren Auflagedruck die Platte kaufmännisch ausbeutet. Ein frühes Beispiel dieser Art ist eine Kopie des 15. Jh. nach dem Meister W http://rdk.zikg.net/rdkdaten/Grafiken/Meister_W.gif (L. VII, S. 81 Nr. 53 a), die im 3. Zustand die A. des Kölner Verlegers Gerhard Altzenbach aus dem 17. Jh. trägt. Zuweilen sind auch die Stecher ihre eigenen Verleger, so daß hinter dem Stechernamen die Angabe „fecit et excudit“ oder bei Originalgraphik sogar „invenit, fecit et excudit“ steht. Hierbei erfolgt die Angabe des „excudit“, also der A., im Sinne eines Privilegs zur Wahrung des Verlagsrechtes zum Schutze gegen Nachdruck, das für das Aufkommen von Berufsverlegern und die Angabe der A. sehr mitbestimmend gewesen ist, späterhin meist noch gesondert in der Form „cum privilegio ...“ auf den Stichen angegeben wird. Ein Urheberrecht im heutigen Sinne ist bis ins 18. Jh. hinein noch nicht bekannt, so daß alle Druckprivilegien nur den Verleger oder Drucker, aber nie den Autor und lein Werk an sich schützen.

Das Berufsverlegerwesen und die A. entwickeln sich vom Buchdruck her, dessen Verleger schon früh Graphik als Buchschmuck verwenden. Als Vorform der A. kann man die Angabe des Druckernamens auf zahlreichen Einblattholzschnitten der 1. H. 16. Jh. ansehen, in der Form „gedruckt zu ... durch ...“ oder „impressum“. Auch die Signatur des Formschneiders kann in diesem Sinne gedeutet werden. Aufschlußreich für die Geschichte des Verlegerberufes erscheint die Angabe „Nicolaus Meldeman Brieffmaler“ auf Einblattholzschnitten des Georg Pencz (Geisberg Nr. 1006, 1012). Hier steht innerhalb der Darstellung das Monogramm als Formschneidersignatur und unter dem Text nochmals der ausgeschriebene Name mit Berufsbezeichnung und Wohnort als Druckerangabe. Am frühesten scheint sich das Verlegerwesen für Graphik und die Angabe der A. in den Niederlanden entwickelt zu haben. Zu einer Folge von Holzschnitten des Jacob Cornelisz van Oostsaanen gehört ein gesondertes Blatt mit der A. des Druckers Doen Pietersz und dem Datum 1520: „Cum ghttp://rdk.zikg.net/rdkdaten/Grafiken/ra_mit_Welle.gif et privilegio Kar V Reg Amstelredamo ... Dodo petrus typographus excudebat anno dm̅ 1520 kalendas Aprilis“ (E. W. Moes, De Amsterdamsche Boekdrukkers en Uitgevers in de zestiende Eeuw I, Amsterdam 1900, S. 39, Nr. 31, 14). Auf dem wenig später hinzugefügten Rahmen zum „Abendmahl“ aus der 1511 bis 1514 datierten Holzschnittpassion des Jacob Cornelisz van Oostsaanen (P. III, 25, 1) erscheint die A. „... Dodo Petrus Typographus excudebat.“ Ebenso enthält cm von N. Beets in „Oud Holland“ XLIX, 1932, S. 182ff. publizierter Holzschnittfries, der ins 3. Jahrzehnt des 16. Jh. zu setzen ist, auf dem Exemplar der Ausgabe mit Vulgatatext im Staatl. Kupferstichkabinett Dresden die gedruckte vollständige A.: „Antuerp. industria Guilhelmi Liefrinck, in vico lombard.“ Mit dem Aufkommen des reproduzierenden Stiches wird die A. in den Niederlanden ab M. 16. Jh. allgemein gebräuchlich, z. B. bei den zahlreichen Stichen nach Heemskerk, deren A. etwa 1553ff. datiert sind. In Italien kommt die A. schon auf späteren Drucken von Platten das Marcanton und auf Stichen von dessen Schule vor (B. XV, 19, 9: „Ant. Salamanca excudebat MDXXXVI“). In Deutschland, das im 16. Jh. noch eine große Blüte des Originalstiches erlebt, erscheint die A. wohl am spätesten. Die A.: „Steffan Herman excu“ auf dem Titelblatt einer Stichfolge berühmter Frauen des A.T. (B. IX, 352, 1, 1) von Jost Amman dürfte sicher zu den frühen Beispielen gehören. Erst seit dem Ausgang des 16. und dem Beginn des 17. Jh., bei Stechern wie Paul Flindt, Sebastian Furck und Matthaeus Greuter, wird die A. auch in Deutschland gebräuchlicher.

Mit der Verbreitung der reproduzierenden Druckgraphik wird die A. allgemein üblich. Man trifft späterhin vielfach Drucke, auf denen alle Signaturen getilgt sind und nur noch die A. steht. Auf Lithographien wird im 19. Jh. meistens die Angabe „Verlag ...“ gemacht.

Literatur

Eine eigentliche Literatur über die A. gibt es bis heute noch nicht. Nur in wenigen Handbüchern wird der Begriff der A. kurz erwähnt und erklärt.

1. Friedrich Lippmann, Der Kupferstich, Hdb. d. Staatl. Museen zu Berlin, Berlin 1919 5, S. 15. 2. Hans Wolfg. Singer, Hdb. f. Kupferstichsammler, Hiersemanns Handbücher, Bd. IX, Leipzig 19233, S. 23. 3. Hans Wolfg. Singer, Die Fachausdrücke der Graphik, Hiersemanns Handbücher, Bd. XIII, Leipzig 1933, S. 3. 4. Otto Hirschmann, Hendrick Goltzius, Meister der Graphik, Bd. VII, Leipzig o. J. (1920), S. 20. 5. Josef Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht, Stuttgart 1907. 6. Albert Osterrieth, Die Geschichte des Urheberrechts in England, Leipzig 1895. 7. Josef Kohler, Kunstwerkrecht, Stuttgart 1908.

Verweise