Bathseba

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englisch: Bathsheba; französisch: Bethsabée; italienisch: Betsabea.


Fritz Haeberlein (1937)

RDK I, 1512–1520


RDK I, 1513, Abb. 1. Psalter Karls des Kahlen, um 870. Paris.
RDK I, 1515, Abb. 2. Bibel von Ripoll, 11. Jh.
RDK I, 1515, Abb. 3. Bible moralisée, 13. Jh. Oxford.
RDK I, 1517, Abb. 4. Hans Memling, um 1485. Stuttgart.
RDK I, 1519, Abb. 5. Hans Burgkmair.
RDK I, 1519, Abb. 6. Armenbibel, 1471. Gotha.

Bathseba, hebräisch Bath-Seba (2. Sam.–Reg. 11, 3) „Tochter des Schwurs“ oder Bath-Sua (1. Chron.–Par. 3, 5) „Tochter der Begütertheit“, des „Vollkommenen“. Septuaginta und Vulgata schreiben Bersabee, der Cod. Alexandrinus Bethsabee.

I. Geschichte der B.

B., Geliebte, später Gattin Davids (2. Sam.; I. Kön. = 3. Reg.; I. Chron. 3, 5), als Mutter Salomos auch zum Stammbaum Christi gehörend (Matth. I, 6) [1] ist Tochter des Eliam (2. Sam. 11, 3) oder Ammiel (1. Chron. 3, 5) und Weib des Hethiters Urias. Sie erregt das Wohlgefallen Davids, der sie vom Dache seines Palastes aus beim Bade erblickt und zu sich kommen läßt (2. Sam. 11, 2 und 4). Nach dem von David veranlaßten Tod des Urias gebiert B. ein Kind, dessen frühes Sterben als Sühne für das Vergehen angesehen wird. Nun nimmt David B. als Weib zu sich; sie wird die Mutter Salomos (2. Sam. 12, 24). Mit der Geschichte Davids ist sie ferner durch die Strafpredigt Nathans (2. Sam. 12, 1–14) und den Bußpsalm 50 (Luther 51), den David über seine Sünden anstimmt, verflochten. Später erreicht sie durch ihren Einfluß beim König unter Übergehung der Ansprüche des Adonias die Nachfolge ihres Sohnes Salomo (1. Kön. 1, 11–31). In dessen Leben erscheint sie noch einmal durch ihre Fürsprache für Adonias (1. Kön. 2, 13–18). Die Ehrung, die Salomo bei dieser Gelegenheit seiner Mutter zuteil werden läßt (1. Kön. 2, 19), gibt Veranlassung, B. in das Programm der mittelalterlichen Typologie aufzunehmen.

II. Darstellung der B. in der bild. Kunst

Die Darstellung der B. ist eng mit der Illustration der oben genannten Textstellen verbunden. Aus ihrer Geschichte haben sich bestimmte Bildmotive herausentwickelt, die die dramatischen Höhepunkte ihres Lebens bevorzugen: die Badende von David erblickt – die auf ihr Vergehen mit David bezügliche Bußpredigt Nathans – ihre Bitte um die Thronfolge Salomos – dessen Krönung und B.s spätere Ehrung durch Salomo.

a) als historische Figur

Sieht man von der unsicheren Deutung eines koptischen Architekturbruchstückes ab, wo eine männliche Gestalt (David?) eine weibliche (B.?) liebkost (Kairo, Mus., Kat. Strzvgowski, 1904, 7286), so tritt B. zuerst und für lange Zeit am häufigsten in der Szene der Bußpredigt Nathans an David und zwar als Illustration zu Psalm 50 bildhaft auf. Psalterillustrationen abendländischer wie östlicher Provenienz vergegenwärtigen diese Szene seit dem 9. Jh. Das früheste Beispiel, der Utrechtpsalter (um 830), zeigt B. lauschend hinter einem Vorhang, während der Prophet zürnend David entgegentritt; vor ihnen liegt der tote Urias; darunter verdeutlicht das Gleichnis vom armen und vom reichen Mann. Den gleichen Vorgang schildert ein Elfenbeinrelief vom Psalter Karls d. K. in Paris (Abb. 1). Östliche Buchmalereien wie der Prachtkodex der Homilien Gregors von Nazianz aus dem 9. Jh. in Paris (Bibl. Nat., ms. gr. 510) zeigt B., die vom Fenster des Palastes aus den vor Nathan knieenden König betrachtet; die allegorische Figur der Metanoia erläutert seine Haltung. Sehr ähnlich der Pariser Psalter Ms. gr. 139 [7], einfacher der Moskauer Chludoffpsalter, wo B. hinter dem Thron Davids der Bußpredigt beiwohnt, und die verwandte Psaltergruppe [8]. Als Illustration zum biblischen Bericht 2. Sam. 12 wird die Szene seltener herangezogen; erst die Bible moralisée des 13. Jh. greift sie verschiedentlich auf und legt sie in persönlicher Weise aus, wenn Nathan die vereinigten Hände des Liebespaares zu trennen sucht [9]. Die mittelalterliche Architekturplastik übernimmt das Thema nur selten: Kapitelle in Vézelay und Ripoll, 12. Jh.; vgl. aber die ausführlichere Darstellung vom E. 13. Jh. am rechten Westportal der Kathedrale von Auxerre (Les Richesses d’Art de la France, La Bourgogne, Sculpture II, Paris 1930, Taf. 53). Eine große Darstellung von Nathans Predigt und Davids Reue findet sich auf einem der Sigmaringer Teppiche um 1520 (s. u.); das gleiche Thema zusammen mit der Gleichnisillustration auf dem von H. S. Beham 1534 für Albrecht von Brandenburg gemalten Tisch im Louvre.

Die dritte der oben angeführten Episoden aus dem Leben der B., ihr Bittgang zu David, um die Thronfolge Salomos zu erwirken, ist weniger häufig illustriert. Um so mehr verdient die Wiedergabe der bittenden B. aus der Ripollbibel (11. Jh.) erwähnt zu werden, wo sie David knieend gemeinsam mit Nathan an seinen „Schwur“ erinnert (Abb. 2 [10]). In den Fassungen des 14. Jh. steht B. allein dem König gegenüber [11]; mit den zahlreichen Bilderbibeln aus dem 15. Jh. vermehrt sich die Zahl der Beispiele (Holzschnitt der Kölner Bibel von 1479). Auch in die Architekturplastik scheint das Motiv Eingang gefunden zu haben (Kapitell in Vézelay, nicht sicher gedeutet). Ebenso findet sie sich auf der B.-Teppichfolge des Peter van Aelst (Sigmaringen; vgl. Pantheon 17, 1936, Abb. S. 195).

Ausnahmsweise wird die aus dem 1. Buch der Könige herausgegriffene Situation dargestellt, da B. und David gealtert der Krönung Salomos beiwohnen; in einem griech. Cod. des 10. Jh. schaut B. als Matrone aus dem Palastfenster der Zeremonie zu (Vat. Reg. gr. 1); vgl. auch den Teppich mit dem Einzug Salomos in Gihon der B.-Teppichfolge des Peter van Aelst. – B. am Sterbebette Davids ist nur in einem Blatt der Rembrandtschule bekannt (Graphische Künste N. F. II, 1937, S. 103, Abb. 9).

Die am meisten dargestellte Szene aus dem Leben der B., die ihre Schönheit als die Ursache ihrer Verführung hinstellt, taucht erst verhältnismäßig spät in der mittelalterlichen Kunst auf. Sie ist auch die einzige, die allgemein als Vorwurf in Tafelmalerei und Graphik eingegangen ist. – Als Illustration erscheint das Thema zum erstenmal in einem Psalter vom Jahre 1059 im Vatikan (Nr. 752) als Randmalerei zu Psalm 50: B. wird nackt in einer Bütte stehend von zwei Frauen bedient [8, Abb. 133]. Später vergegenwärtigt eine unübersehbare Folge von künstlerischen Gestaltungen diese Erzählung in Bibelillustrationen (Kölner Bibel von 1479, Lübecker von 1551, Behaimbibel von 1576, Schnorr von Carolsfeld 1850, J. von Führich 1875) und Stundenbüchern, hier den sieben Bußpsalmen vorangestellt, aber auch in der Profanliteratur (Ritter von Thurn 1493). Während noch die Bible moralisée liebevoll in verschiedenen Bildern alle Texteinzelheiten schildert (Abb. 3) und damit realistische Bilder vom zeitgenössischen bürgerlichen und höfischen Badeleben gibt, bildet sich im 15. Jh. ein bestimmter Typus heraus: David erscheint im Hintergrund auf Balkon oder Terrasse seines Palastes, während im Vordergrund B. nicht badet, sondern vielmehr dem Bibeltext entsprechend sich wächst, B. wird daher auch nicht mehr nackt dargestellt, sondern höfisch gekleidet und sich die Füße waschend, wobei sie von Frauen bedient wird: Kölner Bibel von 1479, Bild Cranachs von 1526 in Berlin, im Holzschnitt Hans Brosamers (B 3) mit der Brunnenfigur des auf den auf dem Balkon harfespielenden David zielenden Amor, Teppichfolge des Peter von Aelst um 1520, ebenso in fränkischen und elsässischen Bildteppichen vom E. 15. Jh., vgl. [15], sehr häufig auf solchen des 16. und frühen 17. Jh., auch auf Kissenblättern usw. [18]. Bei diesen Darstellungen findet das „Bad“ der B. im Freien statt. – Möglicherweise haben bei diesem höfisch verbrämten Typus Einflüsse des zeitgenössischen Schauspiels eine Rolle gespielt, worauf die gereimten Sprüche auf Bildteppichen hindeuten könnten:

Spruchband Davids:

„duo bersuwe minē wille offē bor
sag ir vōn myr min meinong gar"

Spruchband des Boten:

„so holt wart wybes bild nye kein man
als uch min her er wil uch han"

Spruchband der B.:

„sag dim Herē was er an mich begert
das sol er sin gewert"

nach B. Kurth [15]. – Die „bürgerliche“ Baddarstellung Memlings (Abb. 4) ist durchaus als Ausnahme zu bezeichnen.

Die Malerei und Graphik der Renaissance formuliert das Thema als Darstellung eines Frauenaktes in der Landschaft, wobei auch hier zunächst das Motiv des Fußbades noch vorherrscht (Tisch von H. S. Beham mit der Geschichte Davids im Louvre, s. oben; Holzschnitt von Hans Burgkmair, Abb. 5; Stich von G. Pencz [B 21], vgl. auch die schöne stichartige Zinnplatte des Meisters A. S. von 1529 im Ulmer Mus.; ferner den schönen bemalten. Glashumpen der Slg. Oppenheimer [Verst. Kat. J. Boehler, München 1936, Nr. 698, Taf. 44] und eine Siegburger Schnelle [Bossert, Gesch. d. Kgw. VI, S. 72 c]). Jedoch tritt diese Auffassung immer mehr zurück zugunsten eines neuen Bildtypus, der am besten (entsprechend der Toilette der Venus) als Badetoilette der B. zu bezeichnen ist (vgl. die B.-Bilder von Scorel, Jacob Bing, Nik. M. Deutsch, besonders Rubens, Dresden 1635); die in Italien geläufigere Darstellung (Raffael, Loggien; Paris Bordone) der B. in ihrem Hause tritt in der deutschen Kunst selten auf (vgl. aber Hans Mielichs Miniatur von 1564, Röttger S. 39). Eine neue Darstellungsform der B. im Bade findet dann Elsheimer, der B. im Freien badend und von einer Frau bedient zeigt, David auf dem Schloß fehlt ganz (Berlin, Kk.). Ohne David auch die Zeichnung der B. am Brunnen des David Vinckeboons im Berliner Künstlerstammbuch von 1616. Rembrandt, der ursprünglich auch B. in einer orientalischen Badeszene gibt (Rennes 1632, Haag 1643; die Bezeichnung B. fraglich bei den so benannten Gemälden in Wien, Liechtenstein 1632, Haag 1634, Leningrad um 1638), schließt sich in dem Gemälde im Louvre (1654) dann dem Typus Elsheimers an. – Im allgemeinen lassen sich in dieser und der folgenden Zeit keine festen Typen mehr feststellen (vgl. das Gemälde von Pieter Lastmann, ehemals in Leningrad; das B. benannte Bild des Hans von Aachen im Münchner Residenzmuseum dürfte kaum als solches zu bezeichnen sein).

B.-Darstellungen in Bronze-, Elfenbein- und Steinarbeiten der Renaissance und des Barock entsprechen meist den von der Graphik geprägten Typen, so das Bronzerelief des Peter Flötner in Berlin (Kat. Vöge, S. 234) dem Bildtypus von Burgkmair.

b) typologisch

Die mittelalterliche Typologie nimmt seit dem 14. Jh. die B. in ihr Programm auf und stellt der Krönung Mariä Salomo gegenüber, der seiner Mutter königliche Ehrung zuteil werden läßt. In verschiedenster Fassung findet sich diese Szene in der Armenbibel (Abb. 6) und im Kap. 36 des Heilsspiegels. Ein Wandteppich des 15. Jh. in Sens vereinigt die Krönungen der B., der Maria und der Esther, vgl. Pantheon Bd. 9, 1932, S. 81; vgl. auch die Erhöhung B.s auf einem Brieger Teppich vom E. 16. Jh. [18, S. 71], vgl. auch Sp. 1273. Vereinzelt erscheint B. in den Erbauungsbüchern als Vorbild zur büßenden Maria Magdalena gemeinsam mit dem reuigen David. In der Concordantia Caritatis des Ulrich von Lilienfeld wird die fürbittende B. in Beziehung gesetzt zu Kap. 16, 24 des Johannes-Evangeliums: Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sei. Weitere typologische Darstellungen in der Bible moralisée werden durch die Beischrift „B. significat sanctam ecclesiam“ gedeutet, vgl. Frey [19, S. 506]; im Codex Gisle (Osnabrück) geht B. mit David und Salomo dem auferstehenden Christus entgegen, im Breviarum Grimani (Venedig) tritt sie an die Seite Davids, der vorausschauend die Geburt Christi besingt (Psalm 7, 2). Entsprechend ist wohl das dem Salomo und der Königin von Saba gegenüberstehende Paar an der Freiburger Goldenen Pforte David und B. [19, S. 507]. – Typologisch gemeint ist auch die Darstellung des Tympanons in Trebnitz (Schlesien) mit der schönen Szene des vor B. Harfe spielenden Davids [19]; das gleiche gilt für die „Bersabe“ am Ulmer Chorgestühl (R. Pfleiderer, Das Münster zu Ulm, Stuttgart o. T., Taf. 24).

c) allegorisch

Die Geschichte der B. dient endlich noch als Beitrag zu dem Thema Weibermacht; vgl. etwa Dürers Wandentwurf von 1521 (Lippmann IV, 407); ferner als Allegorie für den Ehebruch (s. Ehe Abb. 5).

Zu den Abbildungen

1. Paris, Bibl. Nat. lat. 1152, Psalter Karls des Kahlen, um 870. Nach Ad. Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen I, Taf. 19.

2. Bibel von Ripoll, 11. Jh. Phot. Prof. Dr. W. Neuß, Bonn.

3. Oxford, Bodl. 270 b, fol. 152, Bible moralisée, 13. Jh. Nach A. de Laborde [9], Taf. 152.

4. Hans Memling, um 1485. Stuttgart, G. G. Phot. Mus.

5. Hans Burgkmair (1473–1531), Holzschnitt B. 5. Phot. Verf.

6. Gotha, Armenbibel, 1471. Nach R. Ehwald, Biblia pauperum, deutsche Ausg. von 1471, Weimar 1906.

Literatur

1. Buchberger, Bd. II, Sp. 259. 2. Vigouroux, Dict. de la Bible, Paris 1895. 3. Exegetisches Hdb. zum A.T.: S. Landersdorfer, Die Bücher der Könige, Bonn 1927. 4. A. Schulz, Die Bücher Samuel, Münster 1920. 5. Handkommentar zum A.T.: Imman. Benzinger, Die Bücher der Könige, Freiburg 1899. 6. Aug. Köhler, Lehrbuch der Biblischen Geschichte des A.T., Erlangen 1884. 7. H. Omont, Facsim. des Miniatures des Ms. gr. de la Bibl. Nat., Paris 1902. 8. J. J. Tikkanen, Die Psalterillustration im Mittelalter, Helsingfors 1895. 9. A. de Laborde, Bible Moralisée Illustrée, Paris 1911-27, Tome I. 10. W. Neuß, Die Katalanische Bibelillustration, Bonn 1922. 11. Warner, Queen Marys Psalter, London 1912. 12. J. Guiffrey, Histoire générale des arts appliqués à l’industrie, Paris 1911. 13. J. Lutz und P. Perdrizet, Speculum humanae salvationis, Leipzig 1907. 14. W. Molsdorf, Führer durch den symbolischen und typologischen Bilderkreis der christl. K. des Mittelalters, Leipzig 1920. 15. B. Kurth, Die deutschen Bildteppiche des Mittelalters, Wien 1926. 16. R. Koechlin, Les ivoires gothiques français, Paris 1924, Taf. 188, S. 242, Taf. 154, 254. 17. R. Berliner, Die Bildwerke d. Bayer. Nat.-Mus. München, Bd. IV, Nr. 87, 221. 18. H. Göbel, Wandteppiche III, 1, S. 187; III 2, S. 7, 27, 57, 111/12, 122, 136, 245, 283. 19. D. Frey, Ein neu entdecktes romanisches Tympanonrelief, Zs. d. dt. Vereins f. Kw. 2, 1935, S. 496. 20. O. Gillen, Christus und die Sponsa, Die Christliche Kunst 33, 1937, S. 202.

Verweise