Bauernhaus
englisch: Farmhouse, farm; französisch: Maison de paysan, ferme; italienisch: Casa di contadini, cascina, podere.
Hans Vogts (1938)
RDK II, 6–23
I. Begriff. Römische Vorbilder. Bezeichnung, Entstehung und Alter der Haupttypen
Von einer besonderen Entwicklung des B. aus den Urformen des Wohnhauses kann erst von einer Kulturstufe ab gesprochen werden, in der mit dem Entstehen der Städte zwischen Bürgerhaus und B. und mit sozialer Trennung zwischen Burgen oder Edelsitzen und B. unterschieden werden kann. Diese Kulturstufe wurde in Deutschland zum Teil zur Zeit der römischen Herrschaft und, soweit diese keinen Einfluß hatte, zur Zeit der Sachsen- und Salierkaiser erreicht. Daß römische Vorbilder die Bauart der Germanen beeinflußten, geht aus der Nachricht des Ammianus Marcellinus XVII 11, 1 hervor, daß zu seiner Zeit (um 355 n. Chr.) in der Rhein-Main-Gegend „accuratius ritu romano“ gebaut würde als früher. Worauf sich das ritu romano bezog, ist fraglich, vielleicht vornehmlich auf Verbesserungen der Zimmer- und Maurertechnik und auf die Einführung eines Kamins statt des bisherigen ungezwungenen Abzuges des Herdrauches; wenigstens lassen darauf die wichtigsten lateinischen, auf Haus und Bauwesen bezüglichen Lehnwörter schließen.
Die Gutshöfe aus der Römerzeit auf deutschem Boden zeigen fast übereinstimmend verschiedene Gebäude innerhalb eines eingefriedigten Hofraumes. Das Hauptgebäude scheint ursprünglich aus einer Halle mit Pfostenstellungen (die auf einen Einbau von Sitz- und Lagerplätzen, vielleicht auch von Viehständen deuten lassen) und dem Herdplatz und einer vorgelagerten Laube bestanden zu haben. Diese ursprüngliche Anlage wurde dann durch Abtrennung von Wohnräumen und Anbau von Baderäumen, gern auch durch pavillonartige Anbauten an den Ecken bereichert (Abb. 1), so daß sie bei einem Gutshof in Köln-Müngersdorf 29 Räume umfaßte; aber auch hier tritt der ursprüngliche einfache Grundriß bei einem Leutehaus auf. Später hat Karl d. Gr. Einfluß auf die Entwicklung gewonnen, wahrscheinlich wieder durch den Hinweis auf Vorbilder der antiken Kulturwelt (Hausgrundrisse des Klosterplans von St. Gallen, ähnliche Grundrisse bei einem späteren Schweizer Haustyp).
In nachrömischer Zeit kann man folgende deutsche B.typen als Hauptgruppen unterscheiden,: 1. das ostdeutsche, 2. das niedersächsische, 3. das friesische, 4. das fränkische, 5. das alemannische, 6. das bayrische Haus. Meitzen [3] faßt 2 mit 3 und 5 mit 6 zusammen und bezeichnet die vier so entfliehenden Gruppen als die ostdeutsche der Vandilier, die niederdeutsche der Ingväonen, die mitteldeutsche der Istväonen und die oberdeutsche der Alemannen, während Rhamm [5] noch außerdem einige räumlich beschränkte Gruppen im Norden und Südosten anführt. Es ist umstritten, wie weit die deutschen Stämme diese Typen selbständig entwickelt oder Grundformen bei Besiedlung ihrer späteren Wohnsitze vorgefunden haben (z. B. solche keltischer Urbevölkerung im Westen, wie A. Meitzen dies für die altsächsische längsentwickelte, C. Schäfer für die oberdeutsche querentwickelte Hausform annimmt, oder slawischer im Osten). Auf die Ausbildung der Typen waren Klima und Geländeart, Siedlungsform und zur Verfügung stehende Baustoffe in Wechselwirkung von maßgebendem Einfluß; bezeichnend sind Lage und Anordnung der Tenne, Bansen und Ställe in ihrem Verhältnis zur Wohnung und für diese die Wahl und Anordnung der Feuerstätte.
Es mag einige B. geben, die noch ins 15. Jh. zurückreichen, einige wenige sind inschriftlich aus dem 16. Jh., einige mehr aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege; die meisten Landstriche haben nur noch Beispiele aus dem 18. Jh. aufzuweisen. Doch ist deren Bauweise oft die aus früheren Jahrhunderten überlieferte; andererseits haben die Urtypen in deren Lauf zahlreiche Wandlungen erfahren, zu deren wichtigsten die von Rhamm für das 14. Jh. angenommene Einführung der Ofenstube statt der Herd- oder Rauchstube gehört. Auch hat die Wohnung vielfach auf den Platz ehemaliger Wirtschaftsräume übergegriffen und diese zurückgedrängt, während in anderen Gegenden wieder ursprünglich abgetrennte Hofteile in das Wohnhaus eingegliedert wurden.
II. Ostdeutsches Haus
Die ursprüngliche Form dürfte das ostdeutsche B. darstellen, dessen Urtyp (ähnlich dem römischen B. auf deutschem Boden) aus einem Raume mit dem Herd und einer davor gelagerten Laube besteht (Abb. 2). Die Bauweise ist der Blockbau; die Laubenarchitektur ist z. T. zu einer reizvollen Schmuckform entwickelt. Anordnung und Bauweise sind auch die des ursprünglichen skandinavischen Hauses (woraus man wohl mit Unrecht ihren germanischen Charakter ableitet, finden sie sich doch auch im keltischen Irland). Von anderen werden sie auf Grund der ähnlichen Anlage des altgriechischen Hauses für eine gemeinsame arische Urform gehalten. Sie verbinden sich im Norden mit einer Gehöftanlage, bei der Wohn- und Wirtschaftsräume getrennt sind. Auch in Ost- und Westpreußen wie in den östlicheren slawischen Ländern ist die Gehöftanlage häufig. In Preußen liegen dann die Wirtschaftsräume in Hufeisenform oder auch als ein besonderes umschlossenes „Carrée“ hinter dem Wohnhaus; doch stammen diese Anlagen fast ausschließlich erst aus dem 18. und 19. Jh. Das Üblichere ist heute in Ostdeutschland (wie bei den alten B. Jütlands), daß sich Stall und Scheune unter demselben Dach an die Wohnung anschließen (Abb. 3). Der ursprüngliche Hausgrundriß ist im deutschen Osten vielleicht infolge mitteldeutscher Kolonisation fast verdrängt von der französischen Hauseinteilung mit seitlichem oder straßenseitigem Eingang oder der niedersächsischen mit zwei- oder dreischiffiger Hallenkonstruktion. Ein Grundriß wie der fränkische ist auch den anstoßenden slawischen Ländern eigen, sei es als ursprüngliche, sei es als durch das deutsche Vorbild dort eingeführte Bauart. Auch die Häuser mit fränkischem oder niedersächsischem Grundriß behalten aber die Laube bei, die an der Giebelseite, an der Hausecke (Abb. 4) oder vor dem Eingang gelegen ist. Die Stützenstellung der Laube wird in manchen Gegenden als „Umgebinde“ rings um die Außenwände fortgesetzt; die Pfosten tragen dann das Dach, das oft auf einem Kniestock aufsitzt, und entlasten so die Blockwände. Diese Bauart ist besonders im Sudetenhaus üblich, setzt sich aber bis nach Sachsen-Altenburg fort. Herdanlagen ohne Rauchabzug sind nur noch selten zu finden, an ihre Stelle ist die mit massivem Mauerwerk umgebene „schwarze Küche“ mit Rauchschlot getreten, die auch für die slawischen Länder charakteristisch ist. Die Giebel erhalten in Ostpreußen und der früheren Provinz Posen Verbretterungen in wechselnder Musterung; in Südposen und Schlesien wird der düstere Eindruck des Blockbaues gern durch einen weißen breiten Mörtelverstrich der Blockfugen gemildert. Blockbau ist auch im Spreewald üblich; für die wendischen Gehöfte ist das gesonderte Torhaus bezeichnend.
III. Niedersächsisches Haus
Für das niedersächsische B. ist die schon von Tacitus den Germanen als charakteristisch zugeschriebene Einzellage neben der dorfmäßigen Siedlung typisch. Der Hauptraum ist die Diele, die von der Giebelseite aus zugänglich ist und beiderseits von Stall und Wohnräumen begleitet wird, so daß eine dreischiffige Konstruktion entsteht, und zwar entweder so, daß zwei Ständerreihen das hohe Dach tragen und die Seitenschiffe (Kübbungen) mit niedrigeren Außenwänden und Schleppdächern angelehnt werden, oder in stattlicherer Ausbildung (Westfalen) mit drei gleich hohen Schiffen, den dortigen Hallenkirchen vergleichbar. Eine dritte, besonders im Osten übliche Form hat drei gleiche Ständerreihen, dazwischen also zwei gleich hohe Schiffe und ein niedrigeres mit einem Schleppdach bedecktes Seitenschiff, das meist zu Stallungen dient und sich an der Wetterseite befindet (Abb. 5). Oft sind die Seitenschiffe vor das Einfahrtstor vorgezogen; sie nehmen dort meist die Schweineställe auf und bilden dazwischen einen Vorplatz, die sogenannte Vorscheuer (Abb. 6). Über den Seitenschiffen liegt der offene Bansenraum. Am Ende der Diele war ursprünglich der Herdplatz mit dem darüber befindlichen Herdrähm; hier ist der Wohnteil, der im Kern des Niedersachsenlandes als Querschiff ausgebildet wird („Flet“). Bei weiterem Bedürfnis nach Wohnraum wurde an seiner Rückseite eine Wohnflucht, meist mit drei Räumen, angebaut. Einer dieser Wohnräume wird oft unterkellert und liegt dann als Upkammer einige Stufen höher als die übrigen Räume. Wo das Flet fehlt, rückt der Herdplatz mit den Wohnräumen an die eine Seite, so besonders im südlichen Westfalen und nördlichen Hessen, in Schauenburg, im südlichen Holstein, in den Vierlanden, in Mecklenburg und Pommern. Am Niederrhein erscheint die Wohnung an der Vorderseite, Stall und Scheune an der Rückseite. Ein besonderer Typ ist das durch stärkeres Wohnraumbedürfnis im 17. Jh. im alten Herzogtum Kleve entstandene B., wo der Wohnteil breiter als der Wirtschaftsteil, quer vorgelagert und zweigeschossig wird, so daß eine T-förmige Dachgruppierung entsteht. In der Mark Brandenburg wird eine zwei- oder dreischiffige Hauskonstruktion für den Wohnteil angewandt und der Stall mit der Scheune in Querlage hinten zugefügt; ähnlich ist das Pyritzer Weizackerhaus; es mischen sich dabei Einflüsse des fränkischen und des ostdeutschen Typs mit dem niedersächsischen – auf das ostdeutsche B. weisen die vorgelagerten Lauben hin, die beim niedersächsischen Hause fehlen. Die Herstellung erfolgt durchweg nicht wie die des ostdeutschen und oberdeutschen B. im Blockbau, sondern in Fachwerk (Abb. 7), früher mit Lehmstakung, jetzt fast überall mit Ziegelausmauerung der Gefache (im Münsterland und am Niederrhein kommen auch massive Ausführungen vor). Für das Dach ist die Strohdeckung typisch. Die Giebelseite wird in manchen Gegenden gern nach vorn in halber Höhe abgewalmt; über dem Walm erscheint das Rauchabzugsloch (Uhlenlook) mit dem Giebelzeichen in Form gekreuzter Latten mit Pferdeköpfen oder eines senkrechten Brettes. Seine schönste Ausbildung hat das niedersächsische B. in den Vierlanden und in den reichen Marschen gefunden, sowohl in der Außenerscheinung wie in der reichen Durchbildung der Innenräume, der Herdwand, der Bettnischen (Butzen) und des Getäfels und der Kacheln der Wohnstube (Pesel).
Nach Peßlers [20] genauer Untersuchung beherrscht das nieder- oder altsächsische B. den Norden der Rheinprovinz, Westfalen mit Ausschluß der Kreise Siegen und Wittgenstein, Hessen und Braunschweig nördlich einer Linie Warburg – Corbach – Hannoversch-Münden – Hildesheim – Einbeck – Braunschweig, Hannover (ohne den äußersten Süden und den größten Teil des Regierungsbezirks Aurich), Oldenburg, Holstein, Schleswig südlich der Schlei, Mecklenburg, Vorpommern mit Rügen, die nördlichsten Grenzstriche der Neumark, Altmark, Priegnitz und Uckermark und den Küstenstrich von Hinterpommern. Dazu kommen die holländischen Provinzen Geldern, Overyssel und Drenthe. Da das Verbreitungsgebiet Länder umfaßt, die nicht von Niedersachsen besiedelt waren, ist es wahrscheinlich, daß die Hausform nicht auf diese, sondern eine vorher dort ansässige Rasse zurückführt.
IV. Friesisches Haus
Beim friesischen Hause (in Nord-, West- und Ost-Friesland, Südholland bis nach Limburg hinein, Schleswig, Eiderstedt und Norderdithmarschen) ist die Außenerscheinung ähnlich: ein großes Strohdach überdeckt die Wohn- und Wirtschaftsräume, aber die gesamte Konstruktion ist eine andere (Abb. 8). Statt der das Haus in der Längsachse durchschneidenden Diele gibt es einen als Tenne dienenden, von der Längsseite oder von einer Ecke aus durch das breite Tor zugänglichen und dreiseitig von Ställen umbauten Mittelraum (Berg oder Hauberg, Abb. 9) und zwanglos davor gelagert eine Wohnflucht, die häufig von geringerer Tiefe ist und im wesentlichen aus dem Eingangsraum (dänisch Fremmers, gleich der englischen und nordischen Halle, lat. vestibulum) mit dem Herd und dem Pesel besteht. Wahrscheinlich geht dieser Wohnbau auf die nordische (einräumige) Urform zurück. Oder es werden Wohnung, Ställe und Scheune als getrennte Baukörper in derselben Richtung nebeneinander gestellt oder als Flügel aneinandergefügt (Angeln und Jütland). Der Eindruck des B. ist weniger übersichtlich als der des niedersächsischen; es ist bei dem Seeklima noch mehr auf Wetterschutz eingestellt, noch gedrungener, außen in der Regel überaus schlicht, statt des Fachwerks vielfach in massivem Ziegelbau ausgeführt.
V. Fränkisches Haus
Das fränkische B. beherrscht das ganze mitteldeutsche Gebirgsland von den südlichen Niederlanden, Elsaß-Lothringen, der Pfalz (im alten Sinne) und dem größten Teil der Rheinprovinz durch Nassau, Hessen, Franken, Thüringen und Sachsen bis Böhmen und Schlesien und tritt vorwiegend in geschlossenen Ortschaften auf. Bei ihm ist zu unterscheiden zwischen der Form des Eindachhauses, in dem an die Wohnung Stall und Scheune unter demselben Dach angereiht sind, und der Gehöftanlage, bei der ein neben dem Wohnhaus gelegener Hof mehr oder weniger von Gebäuden umgeben ist (Abb. 11). Die erstere Form findet sich hauptsächlich in Lothringen und in den rheinischen Gebirgen, die zweite in den oben angeführten südlich und östlich davon gelegenen Gebieten, im rheinischen Maifeld und im alten Herzogtum Jülich. Die Wohnung besteht in beiden Fällen ursprünglich aus dem Eintrittsraum, der bezeichnenderweise einfach das Haus genannt wird (sonst auch Vorhaus, Eren, Flur, süddeutsch Flötz) und vom Hof aus, meist also von der Langseite des Hauses, zugänglich ist, und der zur Straße hin gelegenen, meist an zwei Seiten mit Fenstern versehenen Stube. Der Eintrittsraum enthält Kamin und Treppe. Von ihm wird dann wohl später hinten eine Küche, von der Stube ein Alkoven (Bettschrank) oder eine Kammer abgetrennt; auch an der anderen Seite des „Eren“ sind oft Kammern angebaut. Einer Sondergruppe in der Hocheifel ist als Wetterschutz ein tiefherabgezogenes Dach., eine ringsum gezogene Buchenhecke, ja sogar die Errichtung an einem abgegrabenen Abhang eigen, die noch an die ältere, vorgeschichtliche Form von Hütten mit eingegrabenem Boden erinnert. Beim mehr reihenweise aneinandergebauten Winzer-, Handwerker- und Häuslerhaus der Dörfer, bei dem seitlich ein Hof fehlt, wird der Eingang von der Straße aus üblich, im übrigen aber der fränkische Grundriß im wesentlichen beibehalten. In dem südlichen Verbreitungsgebiet ist Zweigeschossigkeit die Regel, ja mitunter werden die Wohnräume sämtlich ins Obergeschoß verlegt, das dann meist von außen über eine Freitreppe zugänglich ist, und das Erdgeschoß zu einem die Ställe und Kelter- und den Wirtschaftsraum enthaltenden Sockelgeschoß; ein äußeres Zeichen dieser Bevorzugung des Obergeschosses sind die an ihm in einigen rheinischen Gegenden gern angebrachten Erker und Fenstergruppen. In manchen Landschaften (im Grabfeld und in Böhmen) lehnen sich an die Hauswände bald ein-, bald zweigeschossige Lauben oder Vordächer an, in anderen (z. B. am Niederrhein) sind sie wenigstens von früher her bezeugt. Auch die Gehöftbildung ist nach Landschaften verschieden, teils hufeisenförmig, teils ganz umschlossen, besonders stattlich in Thüringen, das Einfahrtstor bald unter einem Schopf, bald in einer straßenseitigen Einfriedigung, bald (im Egerland) an einer Ecke gelegen, in Lothringen, Hunsrück, Westeifel und im Bergischen der Hof nach der Straße zu meist offen. – Die Errichtung der Häuser erfolgte vornehmlich in Fachwerk mit Lehmstakung und, besonders in der gebirgigen Gegend, auf massivem Sockel. Das Fachwerk wird an den Wetterseiten oft durch Bretter- oder Schindelverkleidung (so in Hessen) oder Verschieferung (so in Nassau, Hunsrück, bergischem Land) geschützt. Am Niederrhein tritt auch Ziegelausmauerung des Fachwerks auf, teilweise in Ziegelmustern. In Gegenden mit Natursteingewinnung ist das Fachwerk durch Massivbau verdrängt (in Südostsachsen, Österreich, Franken, Lothringen, bei Saarbrücken, bei Trier, bei Mayen), am Niederrhein durch den Ziegelbau. Die Dachdeckung erfolgte ursprünglich mit Stroh, in Nordfranken mit Schindeln, später meist mit Schiefer oder Ziegeln, je nach dem von der Natur des Landes dargebotenen Baustoff. – Der fränkische Haus- und Hoftyp hat sich weit über die Grenzen des fränkischen Stammes hinaus verbreitet, teils durch Kolonisation, teils als der fortgeschrittenste Wohn- und Wirtschaftstyp und ist also auch in dem Geltungsbereich anderer B.-Typen zu finden.
VI. Oberdeutsches (alemannisches und bayrisches) Haus
Der alemannische Haustyp weicht im Wesen des Grundrisses kaum von dem fränkischen ab. Das Schwarzwaldhaus und das Haus der Nordschweiz (Abb. 12) entsprechen dem fränkischen Eindachhaus mit der durch die Berglage bedingten Besonderheit, daß sich Tenne und Scheune über den Ställen und dem an sie hinten angrenzenden „Schopf“ in Dachhöhe befinden und durch ein Scheunentor von der Rückseite des Hauses her (beim Hotzenlandhaus, das ein Walmdach und keine Giebel an der Vorder- und Rückseite besitzt, von einer Langseite aus) über eine Brücke befahrbar sind (Abb. 13). Eine solche Obertenne kennt auch das Achensee- und Zillertalhaus in Tirol. Das Haus der Mittelschweiz trennt die Wohnung, die über einem die Ställe oder Webekeller enthaltenden Sockelgeschoß liegt, von den Wirtschaftsbauten in gehöftartiger, offener Anordnung (vgl. Abb. 14). Die Ausführung erfolgt in Schwarzwald und Schweiz im Blockbau, die Dachdeckung im Schwarzwald bei steilem, für Tenne und Bansenraum ausgenützten Dach mit Stroh, in der Mittelschweiz, soweit der besondere Scheunenbau den großen Dachspeicher unnötig macht, bei flachem Dach mit Schindeln. Es finden sich dort aber auch steile Giebelhäuser, wie sich denn überhaupt in der mehrsprachigen Schweiz viele (in Graubünden städtische) Einflüsse im Hausbau kreuzen. Die Obergeschosse umziehen offene Galerien, die auch durch Treppen von außen zugänglich sind. Der Innenraum der getäfelten Stube wird bestimmt durch den Kachelofen mit der Ofenbank einerseits, dem Fenstersitzplatz (Herrgottswinkel) anderseits, der dem der fränkischen Stube fast gleichartig ist.
Das bayerische Haus (Abb. 15) gleicht dem Schweizerhaus darin, daß es Blockbau, flaches Dach mit Schindeldeckung und Galerien verwendet, dem Schwarzwaldhaus darin, daß es Wohnung und Wirtschaft unter einem Dach vereinigt, unterscheidet sich von beiden wie vom fränkischen Hause aber oft durch einen anderen Grundriß. Es ist in der Regel vorn dreischiffig; in der Mitte liegt ein Hausflur (Flötz), an einer Seite davon Stube und Küche, oft auch noch eine Kammer (das „Gade“ oder die Schlafkammer) oder die Altsitzerstube, an der anderen Seite der Stall oder auch als wahrscheinlich spätere Form Küche und Altsitzerwohnung. Dieser Flur stößt meist auf eine seitlich befahrbare, das Haus durchquerende Tenne an die sich dann hinten Ställe und Bansenraum anreihen (Abb. 16). Zuweilen bildet diese seitlich zugängliche Tenne auch den Hauseingang. Oft ist das Erdgeschoß oder sind doch die Zwischenmauern des Flurs und der Küche massiv, ja diese Räume mitunter wie in süddeutschen Bürgerhäusern überwölbt. Dem bayrischen entsprechen ein Ostschweizer, Allgäuer, Tiroler und Salzburger Haustyp. Fast immer ist das Haus zweistöckig, so daß sich eine große Zahl von Räumen in einem solchen breiten Bayern- oder Tirolerhaus befinden. Die Galerien sind meist in den Baukörper einbezogen, zuweilen aber auch seitlich mit Schleppdächern angehängt. Im Allgäu, in Vorarlberg und Tirol ist der seitliche Eingang nach Schweizer und Schwarzwälder Sitte gebräuchlich, die Giebelseite und das Dach dann entsprechend weniger breit. Die B. der östlichen Alpenländer, von Steiermark und Kärnten, haben regelmäßiger diesen Grundriß, zuweilen auch noch die alte „Rauchstube“, ein steiles, abgewalmtes Dach gleich dem Schwarzwälder Haus und sind einfacher und kleiner als die Bayerns und Tirols; es fehlen oft die Galerien, oft auch der Oberstock. Im Donautal und in Niederbayern verbindet sich bei ausgeprägterem Getreidebau mit einem breitgelagerten Wohnhaus der vorbeschriebenen Art die Anlage eines umbauten Hofes (der „Vierkant“ mit ihn völlig umschließenden Wirtschaftsbauten, nach Rhamm Rest einer ostgermanischen Hausanlage).
VII. Bäuerliche Baukunst im Allgemeinen
Bei fast allen B.-Typen sind Doppelhäuser häufig, sei es, daß die Doppelanlage planmäßig und ursprünglich, sei es, daß sie durch An- oder Ausbau erzielt wurde. Abgesehen von den durch die Bauaufgabe und die Bauweise selbst bedingten Bauteilen, wozu Fachwerk und Blockverband, Hof- und Scheunentor, Laube und Galerien, Feuerstätte und Tennenboden zählen, sind Schmuck und Durchbildung der Innenräume von städtischer Kunst bedingt; Beispiele dafür sind z. B. die Freskobemalungen in Oberbayern und Tirol, der Sgraffitoschmuck in Österreich oder die Hausteinformen der Tore, Erker und Giebel in Franken und die überall beliebte, sorgfältige Durchbildung der Haustüren. Jedoch bleiben die Formen der B. länger lebendig, wodurch ihnen altertümliche Schmuck- und Mischformen eigen sind.
Zu den Abbildungen
1. Römische Villa rustica, Bollendorf in der Eifel. Nach Inv. Rheinprovinz XII, 1.
2. Haus in Koslinka (Westpreußen) mit Laube und schwarzer Küche. Nach [15].
3. Bauernhaus in Kleefeld (Ermland). Nach [15].
4. Bauernhaus in Sonnenborn (Ostpreußen, Oberland). Nach [15].
5. Typische niedersächsische Bauernhausquerschnitte. A Westfalen, B Hannover und Niederrhein, C Mecklenburg und Pommern.
6. Haus in Langlingen (Hannover), 1580. Nach [8].
7. Haus in Bödexen (Kr. Höxter). Nach [8].
8. Bauernhaus in Wymeer (Ostfriesland), 1690. Nach [8].
9. Friesisches Bauernhaus (Hauberg) bei Enkhuizen (Holland). Nach O. Lasius, Das friesische Bauernhaus, Straßburg 1885.
10. Bettwand in Stuckshof (Eiderstedt). Nach [8].
11. Hofanlage in Büsweiler (Unter-Elsaß), Wohnhaus von 1599. Nach [8].
12. Haus in Regensdorf (Kanton Zürich). Nach J. Hunziker, Das Schweizerhaus, Aarau 1901/02.
13. u. 14. Einbach im Schwarzwald. Nach [8].
15. Bauernhaus in der Au bei Tegernsee. Nach [8].
16. Bauernhaus in Aurach (Oberbayern), 1765. Nach F. Zell, Bauernhäuser im bayr. Hochland, Frankfurt 1900.
Literatur
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Eine umfassende Darstellung des deutschen Bauernhauses von Professor G. Wolf (Deutsche Gesellschaft für Bauwesen) befindet sich in Vorbereitung.
Verweise
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