Bibel
englisch: Bible; französisch: Bible; italienisch: Bibbia.
Wilhelm Neuß (1939)
RDK II, 475–478
B. (von griech. βίβλος = Buch) nennt man die Hl. Schrift des Alten u. Neuen Testamentes, Kanon der B. die authentische Liste der zur Hl. Schrift zu zählenden Bücher. Da vom A.T. mehrere Bücher und einzelne Abschnitte anderer nur in der im 3. Jh. v. Chr. begonnenen griechischen Übersetzung und Fortführung der Hl. Schrift, der Septuaginta (LXX = Übersetzung der 70 Männer), stehen, ist für diese die Bezeichnung deuterokanonisch (im 2. Kanon stehend) aufgekommen, für die des hebräischen (masorethischen) Textes die Bezeichnung proto-kanonisch (im 1. Kanon stehend), eine Benennung, die dann auf das N.T. übertragen worden ist, um hier die schon in alter Zeit gelegentlich angezweifelten Bücher als deuterokanonisch von den unumstrittenen zu unterscheiden. Luther hat für die deuterokanonischen Bestandteile des A.T. die Bezeichnung Apokryphen eingeführt. Die kath. Bibelwissenschaft nennt Apokryphen nur solche Bücher, die fälschlich den Anspruch erhoben haben, aus der Feder apostolischer Schriftsteller oder solcher des A.T. zu stammen; dasselbe, was die prot. Bibelwissenschaft mit Pseudepigraphen (Bücher mit falscher Überschrift) bezeichnet.
Die für das Mittelalter und für die kath. Kirche bis heute maßgebend gewordene lateinische Übersetzung geht auf die Tätigkeit des hl. Hieronymus (seit 383) zurück und heißt Vulgata (die verbreitete). Von den älteren lat. Übersetzungen (Prävulgata) hat man im Anschluß an eine Äußerung des hl. Augustinus früher gewöhnlich als Itala gesprochen.
Nach der Vulgata bestimmt sich sowohl die Benennung als auch die Reihenfolge der biblischen Bücher für das ganze Mittelalter und im allgemeinen auch heute noch für die kath. Übersetzungen, während für die prot. deutschen Übersetzungen die enger an das Hebräische sich anschließenden Benennungen Luthers und hinsichtlich der Gruppierung und Reihenfolge seine Sonderaufzählung der „Bücher, so man apokryph nennt“, maßgebend geworden sind. Allgemein dagegen hat man aus der Vulgata übernommen die aus dem Anfang des 13. Jh. stammende Kapiteleinteilung und aus dem Vulgata-Druck von Robert Estienne (R. Stephanus) vom Jahr 1555 die Verseinteilung. Von den früheren Kapitel-Einteilungen, die im allgemeinen zahlreichere, kleinere Kapitel vorsahen, ist für die Kunstgeschichte besonders wichtig die von Bischof Eusebius von Caesarea († 339 oder 340) zur übersichtlichen Vergleichung des Inhaltes der 4 Evangelien vorgenommene in 355, 233, 342, 232 Abschnitte. Die Kapitelzahlen stellte er unter Bögen auf 10 Seiten tabellarisch (Kanonbögen) so zusammen, daß sich eine Übersicht (Synopse) des gemeinsamen und des Einzelinhaltes ergab, wobei natürlich die 3 ersten Evangelien das meiste gemeinsame Gut aufweisen (synoptische Evangelien).
Im folgenden sei die Reihenfolge der biblischen Bücher des A.T. nach der Vulgata angegeben, sowie ihre Bezeichnung im Deutschen und die gebräuchliche lat. Abkürzung nach der Vulgata, dazu in Klammern die Form der Bibelübersetzung Luthers, soweit sie von der Vulgata abweicht.
1. Genesis, Gen. (1. Buch Mos.)
2. Exodus, Ex. (2. Buch Mos.)
3. Leviticus, Lev. (3. Buch Mos.)
4. Numeri, Num. (4. Buch Mos.)
5. Deuteronomium, Deut. (5. Buch Mos.)
1–5 zusammen werden auch als Pentateuch bezeichnet
6. Josue, Jos. (Josua)
7. Richter, Jud.
8. Ruth
1–8 werden zusammen auch als Oktateuch bezeichnet
9.– 12. 1.–4. Buch der Könige, 1.–4. Reg. 9. u. 10. = 1. u. 2. Buch Samuelis 11. u. 12. = 1. u. 2. Buch von den Königen
13. u. 14. 1. u. 2. Buch Paralipomenon, 1. u. 2. Par. (1. u. 2. Buch der Chronika)
15. 1. Buch Esdras, 1. Esd. (Buch Esra)
16. 2. Buch Esdras oder auch Buch Nehemias, 2. Esd. (Buch Nehemia)
17. Tobias, Tob.
18. Judith
19. Esther, Esth.
20. Job (Hiob)
21. Psalmen, Ps. (Psalter)
22. Sprüche, Proverbien, Prov. (Sprüche Salomonis)
23. Ecclesiastes, Koheleth, Eccles. (Prediger Salomonis)
24. Das Hohelied, Canticum, Cant. (Hoheslied Salomonis)
25. Buch der Weisheit, Sap. (Weisheit Salomonis)
26. Ecclesiasticus, Weisheit Jesu Sirach, Ecclus. (Buch Jesu Sirach)
27. Isaias, Is. (Jesaia)
28. Jeremias, Jer. und Klagelieder, Threni (Jeremia)
29. Baruch, Bar.
30. Ezechiel, Ez. (Hesekiel)
31. Daniel, Dan.
32. Oseas, Os. (Hosea)
33. Joel
34. Amos, Am.
35. Abdias, Abd. (Obadja)
36. Jonas, Jon.
37. Michäas, Mich. (Micha)
38. Nahum, Nah.
39. Habakuk, Hab.
40. Sophonias, Soph. (Zephanja)
41. Aggäus, Ag. (Haggai)
42. Zacharias, Zach. (Sacharja)
43. Malachias, Mal. (Maleachi)
44. u. 45. 1. u. 2. Buch Makkabäer, 1. u. 2. Mach.
Judith, Weish. Salomonis, Tobias, B. Jesu Sirach, Baruch, 1. u. 2. Makkabäer, sowie Stücke aus Esther (10, 4-16), aus Daniel (Gesch. von der Susanna u. Daniel. Dan. 13, Gesch. von Bel u. dem Drachen, Dan. 14, das Gebet des Azarias (Asarja) und der Lobgesang der 3 Jünglinge, Dan. 3, 24-90, sowie das Gebet des Manasse, das nicht in der Vulgata steht, sind die von Luther den 33 ‚kanonischen‘ Schriften des A.T. unter eigener Zählung angefügten 14 ‚Apokryphen‘. In der Zählung der Psalmen folgte Luther auch dem hebr. Text, der infolge anderer Zusammenziehung und Teilung von Ps. 9-147 eine Nummer der Zählweise der Septuaginta und Vulgata vorausgeht.
Im Neuen Testamente hat Luther dem Briefe an die Hebräer, dem Jakobusbriefe, dem Judasbriefe und der Geheimen Offenbarung (Apokalypse) nicht den gleichen Rang zuerkannt wie den übrigen Schriften und sie deshalb zusammen an das Ende seiner Übersetzung gestellt. Durch diese Änderungen in der Reihenfolge und die Beibehaltung der altertümlichen Benennungen unterscheiden sich die Lutherbibeln von der Vulgata und den kath. Übersetzungen. Die nt. Schriften sind:
1. Evangelium nach Matthäus, Mt. (Ev. St. Matthäi)
2. Ev. nach Markus, Mc. (Ev. St. Marci)
3. Ev. nach Lukas, Lc. (Ev. St. Lucä)
4. Ev. nach Johannes, Jo. (Ev. St. Johannis)
5. Apostelgeschichte, Act. (Der Apostel Geschichte)
6. Römerbrief, Rom. (Die Epistel St. Pauli an die Römer)
7. u. 8. 1. u. 2. Korintherbrief, 1. u. 2. Cor. (Die erste-zweite-Ep. St. Pauli an die Corinther)
9. Galaterbrief, Gal. (entspr.)
10.Epheserbrief, Eph. (entspr.)
11. Philipperbrief, Phil. (entspr.)
12. Kolosserbrief, Col. (entspr.)
13. u. 14. 1. u. 2. Thessalonicherbrief, 1. u. 2. Tess. (entspr.)
15. u. 16. 1. u. 2. Timotheusbrief, 1. u. 2. Tim. (Die erste-zweite-Ep. St. Pauli an Timotheum)
17. Titusbrief, Tit. (entspr.)
18. Philemonbrief, Philem. (entspr.)
19. Hebräerbrief, Hebr. (24. Die Ep. St. P. an d. Ebräer)
20. Jakobusbrief, Jac. (25. Die Ep. St. Jacobi)
21. u. 22. 1. u. 2. Petrusbrief, 1. u. 2. Petr. (19. u. 20. Die erste-zweite-Ep. St. Petri)
23.– 25. 1.–3. Johannesbrief. 1.–3. Jo. (21.–23. Die erste-dritte Ep. St. Johannis)
26. Judasbrief, Jud. (Die Ep. St. Judä)
27. Geheime Offenbarung, Apoc. (Die Offenbarung St. Johannis)
Über neutest. ‚Apokryphen‘ s. RDK I, Sp. 781ff.
Verweise
Empfohlene Zitierweise: Neuß, Wilhelm , Bibel, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. II (1939), Sp. 475–478; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=92350> [05.04.2022]
Dieser Text wird veröffentlicht gemäß der "Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz". Eine Nachnutzung ist für nichtkommerzielle Zwecke in unveränderter Form unter Angabe des Autors bzw. der Autorin und der Quelle gemäß dem obigen Zitationsvermerk zulässig. Bitte beachten Sie dazu die detaillierten Angaben unter http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/.