Bogenschütze als Symbol
englisch: Archer; französisch: Archer, sagittaire; italienisch: Arciere.
Hans Feldbusch (1942)
RDK II, 1028
B., die auf Tiere oder Menschen schießen, versinnbildlichen in der christl. Kunst die Verfolgung des Menschen durch den Teufel. Der Psalmist fühlt sich ständig durch die Pfeile der Bösen bedroht. B. finden sich daher immer wieder in der Psalterillustration, 10 auch im Hildesheimer Albanipsalter [1, S. 56ff.]. Im Hortus deliciarum der Herrad (ed. A. Straub und G. Keller, 1901, Taf. 56) verfolgten Teufel mit Pfeil und Bogen die auf der Tugendleiter emporsteigenden Vertreter der menschlichen Stände (Demones sagittis suis scandentes ad alta impugnant). Am Westportal der Pfarrkirche zu Biburg (2. H. 12. Jh.; Inv. Bayern IV, 7, S. 97, Abb. 75) zielt der B. auf Vögel, die in einem Weinstock sitzen; die Vögel symbolisieren hierbei die „beati“ und der Weinstock Christus. Im Tympanon der Stiftskirche zu Andlau (um 1150; Abb.) schießt der B. seinen Pfeil auf einen in einem Baum sitzenden Vogel; zugleich mit dem Schleuderer im anderen Tympanonzwickel darf er als Symbol des bösen Widersachers schlechthin gelten, der die Seele im Paradies (Vogel im Baum) zu vernichten trachtet.
Häufig finden sich auch B. in Gestalt von Kentauren, auf Löwen oder andere Tiere schießend: Kanonblatt des Lotharevangeliars (um 850, Paris, N.B.), Bronzetür in Augsburg (um 1065), Kapitelle am Mainzer Dom (um 1100; Inv. Hessen, Kr. Mainz II, 1, Taf. 29) und in Ilbenstadt (M. 12. Jh.; Inv. Hessen, Kr. Friedberg, S. 143, Abb. 88). Die Gleichsetzung von menschlicher Seele und Hirsch, bzw. Hindin vorausgesetzt (Psalm 41, 1), kann in den Darstellungen des Lotharevangeliars und der Kapitelle die Verfolgung der Seele durch den Teufel gesehen werden. Zweifelhaft bleibt die Verfolgung des Löwen durch den Kentauren (Ad. Goldschmidt, Die früh-m.a. Bronzetüren, Bd. 1, Marburg 1926, S. 30).
In symbolischen Darstellungen der nach-m.a. Kunst können B. in Menschen- oder Tiergestalt ganz allgemein Leidenschaften und Laster verkörpern (Stich von Hieronymus Wierix; Knipping, Iconografìe 1, S. 35, Abb. 20). – Über das Sternbild des Schützen (sagittarius) vgl. Tierkreis.
Zur Abbildung
Andlau (Unterelsaß), Stiftskirche, Bogenfeld des Westportals, um 1150 (Ausschnitt). Photo K. Freyermuth, Straßburg.
Literatur
1. Ad. Goldschmidt, Der Albanipsalter in Hildesheim und seine Beziehung zur symbolischen Kirchenskulptur des 12. Jh., Berlin 1895. – 2. E. P. Evans, Animal symbolism in ecclesiastical architecture, London 1906. – 3. Sauer, S. 419. – 4. Molsdorf, S. 243. – 5. van Marle, Iconographie 2.
Empfohlene Zitierweise: Feldbusch, Hans , Bogenschütze als Symbol, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. II (1942), Sp. 1028; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=88886> [07.04.2022]
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