Brosche

Aus RDK Labor
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englisch: Brooch; französisch: Broche (bijou); italienisch: Broche, spilla, fermaglio.


Elisabeth Moses (1944)

RDK II, 1217–1219


RDK II, 1217, Abb. 1. David Baumann, 1695.
RDK II, 1217, Abb. 2. Franz Kramer, M. 19. Jh.

B. ist eine späte Abart der antiken Fibel und des m.a. Fürspans. Sie bedeutet eine am Frauenkleid getragene, kunstvoll ausgebildete oder mit einem Schmuckstück versehene Nadel, die in erster Linie als Zierrat dient, aber auch, wie die Agraffe (RDK I, Sp. 216ff.), die Funktion des Zusammenhaltens leichter Gewandstücke (Kragen, Fichus) haben kann. Das Wort B., von frz. broche (Spieß, Nadel) und zunächst auch im Deutschen so geschrieben, kommt erst um die M. 19. Jh. in Deutschland auf (J. A. C. Heyse, Allg. Fremdwörterbuch, 185912). Gleichzeitig beginnt die Blütezeit der B., die bis zur Jahrhundertwende dauert. Vgl. Ziernadel.

In der Renaissance tritt die B. fast ganz zugunsten des Anhängers (RDK I, Sp. 699ff.) zurück, dem sie sich in Gestalt und Ornamentik vollständig anpaßt. In manchen Fällen wird sie ziemlich tief unter dem Ausschnitt getragen, hat dann außer der Nadel zwei Ösen zum Durchziehen einer Kette.

Mit dem Erscheinen des Kragens im 17. Jh. tritt die B. häufiger auf. Während sie bei der hochgeschlossenen Taille die Aufgabe hat, den Kragen zusammenzuhalten, ist sie beim Decolleté, am Rand des Ausschnitts angebracht, nur Schmuckstück. Der Juwelier hat inzwischen den Goldschmied verdrängt. In der 1. H. des Jh. überwiegen noch Rubine, Saphire und Smaragde, später siegt der geschliffene Diamant. Daniel Mignot (1593–96 in Augsburg; Das Schwäbische Museum 1930, S. 33ff.) versucht bereits, seine Kompositionen aus den Linien knapp gefaßter, aneinandergereihter Steine zu entwickeln. Die Vorliebe für „Schleifen“, mit denen man die Kleider übersät, drückt sich auch in der Form der B. aus. Frankreich war – wie für die gesamte Mode – auch für den Schmuck tonangebend. Die Schleifen und Blumensträuße, wie sie im 17. Jh. der Goldschmied Gilles L’Égaré, im 18. der Goldschmied Maria und der Ornamentzeichner P. E. Babel entwarfen und veröffentlichten, wurden schnell in Deutschland imitiert. Morisson zeigt in seinen Vorlagen (Augsburg 1697) große dekorative Stücke: Laubwerk – in jedem Blatt ein Edelstein – mit hängenden Perlen. In David Baumanns „Buch von allerhand Gold-Arbeit“ (Augsburg 1695; Abb. 1) sieht man neben Kronen, Laubwerk und Schleifen B. mit sinnigen Darstellungen: ineinandergelegte Hände (Symbol der Freundschaft und Treue) oder zwei Herzen, durch ein Schließschloß verbunden. Hier tritt auch bereits ein großer Brustschmuck mit anhängenden Traubenmotiven auf, der seine Fortsetzung im „Stecker“ des 18. Jh. finden sollte, den Schmuckeinsätzen auf der Corsage.

Die Epoche Ludwigs XIV. zeigt kaum neue Motive. Eine wesentliche Änderung für die Gestaltung der B. bringt erst die Periode des Rokoko. Blattwerk, kleine Sträuße und Muschelwerk stehen im Vordergrund der Ornamentik, die durch Eleganz und Zierlichkeit ausgezeichnet ist. Das Schmuckstück, aus mehreren Teilen zusammengesetzt, kann beliebig verwandt werden. Silber und Diamanten sind als Material von den Begüterten bevorzugt; die Massenproduktion begnügt sich mit dem Diamantsplitter in Silberfassung und billigen Imitationen: dem 1758 erfundenen – nach seinem Erfinder benannten – Straß, einer Quarz-Imitation des Diamanten, oder römischen Wachsperlen. – Mit der Epoche Ludwigs XVI. wird die „Schleife“ wieder Mode. Pflanzenmotive werden durch Federn und Bänder verdrängt. Als Neuheit treten B. mit Miniaturporträts und allegorischen Darstellungen in Emailmalerei auf, gern von kleinen Perlen umrahmt.

Der Empirestil schenkt der B. wieder die geschlossene Form von Kreis, Oval und Raute. Kameen, die große Mode, Reliefs aus Wedgwoodporzellan und Halbedelsteine, vor allem Topaie, mit zierlicher Umrandung in der üblichen Ornamentik des Eierstabes oder der einfach aneinandergereihten Perlen werden an Halsausschnitt und Ärmeln des antikischen Gewandes befestigt. Wie bei den anderen Schmuckarten spielt auch hier der Eisenschmuck aus den Hütten von Berlin und Gleiwitz mit und ohne Silberfassung eine große Rolle.

Mit der Biedermeiermode beginnt „die große Zeit“ der B., die unentbehrlich wird zum Zusammenhalten der vielen Krägelchen, Fichus und Schals. Die gesteigerte Nachfrage hat eine Massenproduktion zur Folge, die gemeinsam mit den Tendenzen der Romantik, dem beginnenden Historizismus, der handwerklichen Qualität ebenso zum Schaden gerät wie der Ornamentik. Neben erfreulichen Motiven wie Weintrauben, Fuchsien, Efeu (Abb. 2) sieht man Nachbildungen von Riemenwerk, Bandverschlingungen und Quasten. Pomphafte Kompositionen „im Renaissancestil“, die übrigens in der Darstellung des Figürlichen wieder hohe Anforderungen an den Goldschmied stellen, werden abgelöst von Muschelwerk und Schäferpaaren des deuxième Rokoko, ägyptischen Motiven, orientalischen Inschriften. – Schaumgold ist Material der bürgerlichen B.; schwarzes Email, Korallen und Granaten beleben die Flächen. Silber und Gold mit Brillanten und Perlen bleiben als Material für die hochwertige B. bestehen.

Zu den Abbildungen

1. David Baumann († vor 1703), Entwürfe für Schmuckstücke. Nach Baumann, Ein neues Buch von allerhand Goldarbeit, Augsburg 1695.

2. Franz Kramer aus Köln, Hofgoldschmied Napoleons III., Entwürfe für Broschen. Köln, Kunstgewerbe-Mus. Phot. Mus.

Literatur

1. Katalog der Ornamentstichsammlung Berlin, Leipzig 1894. 2. Rud. Rücklin, Das Schmuckbuch, Leipzig 1901. 3. Ernst Bassermann-Jordan, Der Schmuck, Leipzig 1909. 4. Max von Boehn, Das Beiwerk der Mode, München 1928.