Brusttuch

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englisch: Jabot, frill; französisch: Fichu; italienisch: Fazzoletto da collo.


Helene Dihle († am 13.2. 1945) (1947)

RDK II, 1326–1329


RDK II, 1327, Abb. 1. 1522. Braunschweig.
RDK II, 1327, Abb. 2. 1535. Frankfurt a. M.
RDK II, 1327, Abb. 3. Journal des Luxus und der Moden, 1793.

B. (Brüstchen, Brustfleck, Brustlatz, Brustlatztuch) ist eine in der Form wechselnde Bekleidung der Brust, zuweilen auch der Brust und des Rückens, für Männer und vorzugsweise Frauen. – Tuch bedeutet in dieser Zusammensetzung ursprünglich weder ein in bestimmter eckiger Form gewebtes Stück Zeug, noch speziell einen Wollstoff, sondern ein Gewebe im allgemeinen. – In der 2. H. 15. Jh. wurde es Mode, die sehr engen und kurzen Männerröcke über der Brust aufzuschneiden und die Öffnung mit einem steifen, andersfarbigen Stück Stoff, dem B., auszufüllen, das man oft durch eine darüber geleitete Verschnürung festhielt. Ebenso wurde der sehr tiefe Ausschnitt der Frauenkleider mit einem B. ausgefüllt. Dieses pflegte bei beiden Geschlechtern reich mit Seide ausgenäht und mit Gold, Silber und Perlen bestickt zu werden. Schon 1482 verbot eine Kleiderordnung den Leipziger Studenten solche kostbaren B. (Ernst Kroker, Leipziger Kleiderordnungen, Mitt. d. Ges. f. Erforschung vaterländischer Sprache u. Altertümer 10, 1912, H. 5, S. 40). Sie hielten sich in der Männertracht bis etwa 1530 (Abb. 1), in der Frauentracht das ganze 16. Jh. hindurch, veränderten hier aber ihren Charakter. Die Frauen trugen in der 2. H. des 16. Jh. vielfach ein weites, vorn offenes Oberkleid, unter welchem das sichtbare Unterkleid oben durch das latzartige B. gebildet wurde (Abb. 2). In fürstlichen Mitgiftverzeichnissen aus dieser Zeit findet sich stets eine beachtliche Zahl kostbarer B. (Anz. f. Kunde d. dt. Vorzeit 11, 1864, Sp. 215). Als selbständige männliche Unterbekleidung, praktischen Zwecken dienend, ist das B. gegen M. 17. Jh. nachzuweisen. Das früheste noch vorhandene Schnittmuster von 1720 aus Oberbayern zeigt ein glattes, unten gerundetes Vorderteil, das sich nach hinten teils in Achseiträgern, teils in einem gürtelartigen, im Kreuz verschnürten Teil fortsetzt. – Ein in drei- oder viereckiger Form gewebtes oder zugeschnittenes Stück leichtes Zeug war das B., welches seit M. 18. Jh. die Frauen um Schultern und Brust über den tiefen Kleiderausschnitt banden und oft durch untergelegte Drahtgestelle zu grotesker Höhe aufbauschten (Abb. 3).

Zu den Abbildungen

1. Braunschweig, Herzog Anton-Ulrich-Mus., Trachtenbuch des Matthäus Schwarz: Matth. Schwarz mit gefaltetem Brusttuch vor dem Hemd. 1522. Phot. Mus.

2. Barth. Bruyn, Bildnis einer Frau, um 1535. Frankfurt a. M.. Städelsches Kunstinstitut. Phot. Mus.

3. Journal des Luxus und der Moden, Weimar, Jg. 8, 1793. Modekupfer.

Literatur

1. Jacob von Falke, Kostümgeschichte der Kulturvölker, Stuttgart 1880, S. 418. 2. Eva Nienholdt, Die deutsche Tracht im Wandel der Jahrhunderte, Berlin u. Leipzig 1938, S. 64 u. 68.

Verweise