Buchillustration
englisch: Book illustration; französisch: Illustration de livres; italienisch: Illustrazione di libro.
Wilhelm H. Lange (1947)
RDK II, 1384–1420
I. Begriff und Ziel
Die illustrative oder ornamentale Schmückung des Wortes, die von den frühesten Hss. an ständig begegnet, entsprach einmal dem Trieb, die Gleichförmigkeit der Textkolumne zu unterbrechen und sie dadurch dekorativ zu heben, zum andern sollte dem Leseunkundigen durch das Bild etwas vom Inhaltlichen vermittelt werden. Man kann also von illustrativdekorativen und didaktischen Aufgaben sprechen – wie es ähnlich von Wandgemälden und Kirchenportalen gilt –, die sich vielfach, vor allem im Norden, zu einer vollkommenen Einheit verschmelzen. Die naive Freude an der bildhaften Versinnlichung des Textes wurde aber häufig durch kirchliche Eingriffe durchkreuzt: von Kaiser Leo III. und dem Ikonoklastenkonzil von 815 an bis zu Calvin und den Bilderstürmern der Reformationszeit (vgl. Bilderfrage, Sp. 561ff.), wie auch von wissenschaftlicher Seite, weil unter der Schmückung die Würde des Wortes litte. Doch hat sich die B. in der Hss.-Zeit wie im Buchdruck immer wieder durchgesetzt. Die mehr unsinnliche Veranlagung des nordisch-germanischen Menschen, dem das optisch richtige Sehen der Dinge nicht so wichtig ist wie ihr wahres „Sein“, der also weniger die Anschauung als die Vorstellung erstrebt, macht ihn besonders fähig zur Buchkunst, die als Dienerin des Wortes mit allen Mitteln eine Ausdruckssteigerung anstrebt und weniger den Eindruck einer Gegebenheit optisch-sinnlich vermitteln will.
Ohne Kenntnis der Hss.-Illustration der hohen und späten Gotik ist die Inkunabel-Xylographie ebensowenig zu beurteilen wie die Arbeit der Briefmaler und Formschneider in Einzelblatt und Blockbuch. Da die Illustrierung kirchlicher Erbauungsschriften wie der ständig wachsenden Popularliteratur mit dem 15. Jh. immer mehr fabrikmäßig erfolgte, bildeten sich gewisse Schemata aus (vgl. Diebold Lauber in Hagenau). Die flüchtige Umrißzeichnung hielt sich bei dem festgelegten Thema meist an überlieferte Typen und unterschied sich nur nach dem künstlerischen Temperament des Entwerfers. Die Kolorierung diente zur Steigerung des Vorstellungsvermögens. Die technische Weiterführung zur Beschleunigung und Verbilligung durch Übertragung der Umrißzeichnung auf den Model lag nahe (Zeugdruck, Spielkarten, Heiligenbilder). So ist der frühe Holzschnitt, wie er uns in der Erzeugung der Brief- und Kartenmaler (Sp. 1172ff.), im Blockbuch (Sp. 916ff.) und in den Inkunabeln bis in die 1480er Jahre begegnet, die geradlinige Fortsetzung der Hss.-Illustration, und zwar in künstlerisch-formaler Hinsicht wie nach Themen und Motiven. In der Bibel, in liturgischen und anderen Drucken wurde anfangs, wie früher vom Schreiber, der Raum für die Initiale ausgespart, um dem Rubrikator und Illuminator überlassen zu werden. Für die Erbauungs- und Volksliteratur wurde aber nach dem Vorbilde der Blockbücher sofort der Holzschnitt herangezogen. Er hatte zunächst mehr didaktische als dekorative Ziele. In der Ars moriendi heißt es bereits: Sed ut omnibus ista materia sit fructuosa, tam literis tantum literato deservientibus quam ymaginibus laico et literato simul deservientibus cunctorum oculis obicitur. Noch 1498 schreibt Sebastian Brant in „De revelatione facta ab angelo beato Methodio in Carcere detento“: Imperitis pro lectione pictura est. Diese Gesichtspunkte sind zur sinnvollen sachlichen und künstlerischen Einordnung der Inkunabel-Illustration von entscheidender Bedeutung.
II. Geschichte
A. 15. u. 16. Jh.
Von den annähernd 40 000 Druckwerken des 15. Jh., die in ungefähr 1100 Offizinen in 260 europäischen Städten hergestellt wurden, ist rund ein Drittel illustriert, wobei Deutschland zeitlich und mengenmäßig vorangeht. Die wissenschaftliche Literatur in Theologie, Jurisprudenz, teilweise Medizin, den Klassikern usw. bedurfte des Bildes nicht oder nur wenig, um so mehr alle Bücher, die sich an die breiten Massen wandten. Schon der erste Druckerverleger dieser Art, Albrecht Pfister in Bamberg, bemühte sich um die Holzschnitt-Bebilderung. Technisch war der Übergang vom Reiber- zum Pressendruck nicht einfach, zumal da zum gleichzeitigen Druck von Schrift und Bild die gleiche Höhe notwendig war. Daher sind in der 1. Aufl. von Boners Edelstein von 1461 (Faks.-Ausg. Graph. Ges. 19082) die Holzschnitte nachträglich eingedruckt. Zehn Jahre später noch druckte Günther Zainer in Augsburg bei dem Heiligenleben des Jakob von Voragine 1471 (Abb. 1) zuerst die Holzschnitte und dann den Text. Bald setzte sich aber der Grundsatz durch, die Model auf Schrifthöhe zu bringen. Da es aber keine verbindliche Schrifthöhe gab, mußten die Holzstöcke bei Entleihung oder Ankauf durch Abhobelung oder Unterlegen auf die richtige Höhe gebracht werden. Aus dieser Schwierigkeit erklärt sich oft das mangelhafte Ausdrucken der Bilder.
Die frühe B. ist technisch wie stilistisch abhängig von den Briefmalerwerkstätten (Sp. 1172ff.), die meist unmittelbar Formschneider beschäftigten und sich so zu einer Art Reproduktionsanstalt entwickelten. Manche Buchdrucker sind auch aus diesen Gewerben hervorgegangen, vor allem in Augsburg. Die unmittelbare Benutzung von Hss.-Illustrationen als Vorlage für die Inkunabel-Xylographie läßt sich für Augsburger, Nürnberger, Straßburger und andere Drucke nachweisen. Personen und Vorgänge wurden aus dem Text herausgegriffen, um dem Beschauer durch möglichste Verknappung, unter Beiseitelassung alles illustrativen Beiwerks eine Vorstellung des wesentlichen Inhaltes zu vermitteln. Gewiß sind diese Bilder in ihrer Illusionslosigkeit und handwerklichen Primitivität manches Mal nüchtern, ärmlich oder gar roh. Im Grunde aber bilden sie einen vollkommenen Illustrationsstil in ihrer bewußten Unterordnung unter das Wort. Die schwach akzentuierende Andeutung von charakterlichen Veranlagungen, von Gefühlsäußerungen oder Handlungseffekten in Gestus, Mimik, Haltung kommt bei der sonstigen formalen Gleichmäßigkeit besonders eindrücklich zur Wirkung, zumal wenn der Formschneider über Geschmack und technisches Vermögen verfügt oder gute Vorlagen besitzt. Gesteigert wurde die Wirkung durch die rein flächenhafte Umrißzeichnung, die jede modellierende Plastizität vermied und sich auf geringe Schraffierungen beschränken konnte im Hinblick auf die nachfolgende Kolorierung. Wie auch bei den Blockbüchern neben Arbeiten von gleichgültiger Ungekonntheit sich Schnitte von überragender Größe finden (z. B. in frühen Ausgaben des Canticum canticorum und der Ars moriendi; RDK I, Sp. 1121ff. – letztere nach dem Meister E. S. – die in anderen Blockbüchern und in typographischen Drucken häufig kopiert und vielfach verschandelt wurden), so auch bei den Druckwerken, für die in den 60er, 70er und 80er Jahren die gleichen Werkstätten arbeiteten. Der für Pfister tätige Formschneider gehört zum Typ des Handwerkers ohne künstlerische Neuschöpfung, aber wie vollendet schmiegt sich der kräftige Schnitt in das typographische Seitenbild mit der Missaltype von B36 ein! Vielfach richtete sich die B. nach der kapitalmäßigen Fähigkeit und Willigkeit der Drucker. So hat Günther Zainer für seinen „Spiegel des menschlichen Lebens“ von 1477 die Model nicht bei einer der vielen Augsburger Werkstätten bestellt, sondern in Ulm; die Bilder gehören zu den besten der Zeit. Die B. stellte überhaupt hohe materielle Anforderungen. Daraus mag die ungleichmäßige Bebilderung mancher Inkunabeln zu erklären sein. So hat die Lirersche Chronik Dinckmuths (Ulm 1486) auf den ersten 56 Seiten 18 Bilder, auf den folgenden 78 nur 3. Ähnliches ist auch bei anderen Büchern zu beobachten. Entweder hatte der Formschneider den Drucker im Stich gelassen, oder, was wahrscheinlicher ist, die Kosten für die Model und den größeren Buchumfang belasteten das Unternehmen zu sehr. Aus der chronischen Geldnot ist auch das Verleihen oder Veräußern gebrauchter Formschnitte zu erklären, die oft jahrzehntelang wanderten und trotz ihren weich gewordenen Konturen und ihren abgequetschten Linien weiter benutzt wurden. Beispiel: die von Grimm und Wirsung in Augsburg 1520 für den Schwarzenbergschen Cicero bestellten Schnitte kamen wegen des Zusammenbruchs der Besteller erst 1531 in einem Drucke Heinrich Steyners zur Verwendung, der sie nach mehrfacher Wiederholung an Egenolph in Frankfurt verkaufte; von diesem wanderten sie nach gehöriger Ausnutzung weiter an Feyerabend, der später die arg mitgenommenen Model nach Ulm an Vincenz Steinmeyer abgab, wo wir ihnen noch 1605 begegnen. Vielfach ließen die Drucker auch hochwertige Bilder von billig arbeitenden Formschneidern kopieren, um das Reißer-Honorar zu sparen. Das Wandern der Originale wie das ständige Kopieren erschweren die Lokalisierung bestimmter Meister oder Werkstätten sehr.
Die häufige Verwendung des gleichen Models für verschiedene Darstellungen (vor allem bei Städtebildern, bei denen nur die Wappen ausgewechselt wurden, bei Porträts usw.) erklärt sich einmal aus der Bedürfnislosigkeit des Lesers, dem die thematische Vorstellung voll genügte und der keinen Anspruch auf naturwahre Anschauung machte, zum andern aus Ersparnisgründen. So werden die 133 Illustrationen in Dinckmuths Seelenwurzgarten (Ulm 1483) von nur 17 Stöcken bestritten, wobei z. B. die Marter der Verdammten allein 37mal wiederholt wird. In Schedels Weltchronik (Koberger, Nürnberg 1493) finden wir für 1809 Bilder nur 645 Holzstöcke; 596 Bilder von Kaisern, Päpsten und anderen Persönlichkeiten werden von 72 Modeln wiedergegeben. Besonders bemühte sich Grüninger in Straßburg, seine großen Modelbestände geschäftlich zu nutzen, indem er die gleichen Stöcke in einem Buche mehrfach verwendete (so in Brunswigs Buch der Chirurgia von 1498, in dem 18 Model für 48 Abb. dienen) oder durch Zusammenstellung von Schnitten verschiedener älterer Werke in einem neuen, wobei die Verbindung von Text und Bild oft recht gewaltsam ist (vgl. den Medicinarius von 1505, in dem sich Stöcke aus neun anderen Grüningerschen Werken finden).
Wie System und Technik der Bebilderung von den Buch- und Briefmalern übernommen wurden, so ist auch der hierfür in Frage kommende Bücherkreis zum wesentlichen Teile der gleiche. Zunächst wurden die meistgelesenen und beliebtesten Bücher der Hss.-Zeit übernommen. An religiösen und erbaulichen Werken sind zu nennen: Speculum humanae salvationis, deutsch: Spiegel menschlicher Behaltnis (Heilsspiegel), zu dessen mehr als 350 überkommenen Hss.-Ausgaben zahlreiche Drucke treten (als erster der von Zainer-Augsburg von 1473 mit 192 Schnitten; die schönste Ausgabe ist die von Peter Drach-Speyer 1478 mit Bildern in der Art des Hausbuchmeisters), der Belial des Jakobus von Theramo (Erstausgabe ebenfalls Günther Zainer 1477 mit 36 Holzschnitten), die Plenarien oder Evangelibücher (Erstdruck wiederum Zainer 1473 mit 55 Bildern, schöne spätere Ausgaben von Fyner in Urach 1481, von Anshelm in Straßburg 1488 in besonders üppiger Ausstattung und von Mathäus Brandis in Lübeck für den Verleger Ghetelen 1492), die Horologien (vor allem in Köln und Basel), das Seelengärtlein, Hortulus animae, Zeitglöcklein, Seelenwurzgarten, Unser lieben Frauen Zeiten usw., ein sehr beliebtes und viel gedrucktes Gebetbuch, die Imitatio Christi, die wie in der Hss.-Zeit auch als gedrucktes Buch zu den meistveröffentlichten gehört, die Legenda aurea oder das Leben der Heiligen (Zainer-Augsburg 1471 mit 258 Schnitten als erstes illustriertes Werk der Stadt; Kobergers Ausgabe von 1488 ist mit den schönen Bildern eines der Ulmer Schule nahestehenden Künstlers die reichstausgestattete), das Buch von den sieben Todsünden und den sieben Tugenden (Bämler 1474), die Verzückungen des Tondalus, die Passio Christi (Sorg 1480), die Totentanzbücher im Zusammenhang mit dem Ackermann aus Böhmen und der Ars moriendi (nach früheren Blockbüchern die bedeutendsten Ausgaben von Knoblochtzer-Heidelberg 1488, Abb. 2, von Ghetelen-Lübeck 1489 und die Holbeinsche Reihe, Trechsel-Lyon 1538) und viele andere. Dazu natürlich die Bibel (erste illustrierte Ausgaben von 1475 in Augsburg von Pflanzmann und von Zainer). Beliebt und begehrt waren weiter Historienbücher, Fabeln, Sagen, Heldengeschichten, z. B. Alexander d. Gr. nach Pseudokallisthenes in der Verdeutschung des Dr. Hartlieb, des Verf. der vielgelesenen Chiromantie (Bämler 1473), der Äsop (Erstausgabe mit 194 berühmten, viel nachgeahmten Holzschnitten in der Übersetzung Dr. Steinhöwels von Joh. Zainer-Ulm 1477), der Bidpai, das Buch der Alten Weisen oder der Beispiele der Alten Weisen, lat. Directorium humanae vitae (schönste deutsche Ausgabe von Lienhard Holle-Ulm 1483 mit 126 Schnitten), die Geschichte des Apollonius von Tyrus (Bämler 1476), die Historie von der Zerstörung Trojas (Zainer-Augsburg 1473), die Historie von St. Brandon, das Buch des Landfahrers Marcho Polo, die Reise Moundevilles ins heilige Land (alle bei Sorg-Augsburg 1480/81). Aus Augsburg und Ulm stammen auch viele der später so genannten und in zahllosen illustrierten Ausgaben erschienenen Deutschen Volksbücher, oft italienischen oder französischen Novellen nachgebildet, wie die Griseldis nach Petrarcas „De obedientia et fide uxoris, dt. ain epistel von großer stätigkeit einer frawen Grisel geheißen“ (Zainer-Ulm 1473), die Melusine (Bämler 1474), die Sigismunda (Zainer-Ulm 1477), der Herzog Ernst (Sorg-Augsburg o. J.) usw. Von Geschichtswerken sind zu nennen: Werner Rolevincks Fasciculus temporum, von dem es allein aus den 70er Jahren sieben Kölner Ausgaben und mehrere Nachdrucke, alle mit ziemlich stereotypen Illustrationen, gibt, dt. Übersetzung: Bürdlin der Zeit bei Richel-Basel 1481, das Rudimentum novitiorum (Lucas Brandis-Lübeck 1475 mit zahlreichen, teilweise hervorragenden Holzschnitten), Schedels Weltchronik mit der höchsten Zahl der Abb. aller Inkunabeln, die Chroniken wie Lirers Schwabenchronik (Dinckmuth-Ulm, c. 1485), Bothos Sachsenchronik (Schöffer-Mainz 1492), Könighovens Chronik von allen Königen und Kaisern (Bämlers Erstdruck von 1476 gehört zu den besten Illustrationswerken Augsburgs). Von medizinischen und naturwissenschaftlichen Werken erscheinen frühzeitig: Das Buch der Natur des Conrad von Megenberg (Bämler 1475), Regimen sanitatis (Zainer-Ulm 1473), Hortus sanitatis (Schöffer-Mainz 1485), von Brunswig das Buch der Chirurgie und Rechte Kunst zu destillieren die eintzigen Ding (beide Grüninger 1497 und 1500). Von geographischen Werken, Reisebeschreibungen usw. kommen in Frage: Ptolemäus, an dessen Karten bereits Sweinheim in Rom drei Jahre arbeitete (1. dt. Ausg. von Lienhard Holle-Ulm 1482 mit 32 Holzschnitten des Joh. Schnitzer), die Chronica Hungarorum (Erstausgabe Ratdolt-Augsburg) und vor allem Breydenbachs Reise ins Heilige Land mit den berühmten Bildern Reuwichs (Mainz 1486, Abb. 4). Einer der beliebtesten Unterhaltungsschriftsteller war Boccaccio, besonders De claris mulieribus (Erstdruck Zainer-Ulm 1473). Große Verbreitung fand Brants Narrenschiff (Erstausgabe Bergmann von Olpe-Basel 1494; Abb. 6). Umfangreich ist die pädagogische Literatur: Donate mit den Magister-cum-discipulis-Bildern (RDK I, Sp. 111, Abb. 1), der Lucidarius des Honorius Augustodunensis (Augsburg s. l. e. a.), die Ars memorativa (Erstdruck wohl von Sorg). Dazu kamen andere beliebte Themen wie der Schachzabel, das Buch der Sitten und der ambt der edlen (Zainer-Augsburg 1477), das Büchlein der Lehre des Haushaltens (Augsburg 1494), Kalender (Erstausgabe, deren Anordnung typisch wurde, Augsburg s. l. e. a.) und anderes. Augsburg steht also in der B. des 15. Jh. an der Spitze, es hat auch vielfach durch die editio princeps nach Zahl, Auswahl und Anlage der Bildthemen das Vorbild aufgestellt. Die Augsburger B. wurde früher wenig günstig beurteilt, sie galt als kleinbürgerlich, künstlerisch unentwickelt oder gar roh. Gewiß fehlen dort im 15. Jh. bedeutende Meister, wie sie in Ulm, Lübeck, Nürnberg, Mainz, Heidelberg auftauchen. Die Augsburger Illustrationswerkstätten der 70er und 80er Jahre arbeiteten noch durchaus im Briefmalerstil, aber ohne ihre technische und formale Vorarbeit hätte die deutsche Holzschnitt-Illustration der nächsten Jahrzehnte sich schwerlich so bedeutend entwickelt. Daher sind die Verdienste der drei Hauptverleger: Günther Zainer, Johannes Bämler und Anton Sorg um die Herausgabe und die Bebilderung deutscher Volksliteratur sehr groß. Die meist hart und streng konturierten, wenig und derb schraffierten Schnitte dürfen durchaus nicht als primitiv abgelehnt werden. Die Verknappung der thematischen Ausnutzung wie der künstlerischen Formgebung ist nicht immer auf Mangel an Phantasie und Können zurückzuführen, sondern erfolgte oft bewußt, um ein geschlossenes Zusammengehen von Bild und Schrift und damit eine vollkommene künstlerische Einheit zu erzielen. Die Illustrations-Überlieferung war noch so lebendig, daß es keiner Regeln bedurfte. Dem eigenartigen Zauber dieser Bildkunst, die alles Wesentliche der Handlung und der handelnden Menschen mit erstaunlich geringen Mitteln eindringlich kündet, kann sich kein Empfindlicher entziehen. Alle drei Verleger entstammen Berufen der Schreiber oder Briefmaler. Der gegenseitige Austausch der Model wie der Nachschnitt begegnen in kaum einer anderen Stadt so häufig. Es ist aber nicht immer eine bewußte Nachahmung, sondern eine Nutzung des überlieferten Illustrations-Schemas oder auch der Klischee-Bestände, wie es bei den Briefmalern von jeher üblich war. Schönsperger hat allerdings später mit ziemlicher Gewissenlosigkeit jedes Buch, von dem er sich geschäftlichen Erfolg versprach, samt den Illustrationen nachgedruckt, wobei die Nachschnitte manchmal vortrefflich sind. Sehr Gutes leistete Erhard Ratdolt vor allem im liturgischen Druck. Auch Ulm besaß eine alte Überlieferung in der Herstellung von Heiligenbildern und Spielkarten – die ersten dortigen Drucker: Johann Zainer, Konrad Dinckmuth und Lienhard Holle standen diesen Gewerben nahe. Aber hier findet sich eine künstlerische Persönlichkeit, die eine Reihe hervorragender B. geschaffen und damit auf viele andere Illustratoren in Erfindung und Stil nachhaltig eingewirkt hat, der sog. Boccacciomeister (RDK I, Sp. 901, Abb. 1). Eines seiner berühmtesten Werke ist der Äsop, den Zainer 1477 zusammen mit der Sigismunda herausbrachte (RDK I, Sp. 1143 u. 1145, Abb. 1 u. 3). Von den Verlagswerken Dinckmuths ist außer den bereits erwähnten zu nennen die „Comedia Eunuchus des Poet Therencius“ von 1486 (Abb. 3), deren 28 Holzschnitte zu den besten Leistungen des 15. Jh. gehören. Die ausgezeichneten Bilder zur Cosmographie des Ptolemäus und zum Bidpai des Lienhard Holle stammen von Johann Schnitzer, über den wir nichts wissen. Trotz ihren hervorragenden und allgemein anerkannten Leistungen brachen alle drei Verleger geschäftlich zusammen; ihre Nachfolger haben die Überlieferung nicht aufrechterhalten können – nur von Johann Reger sind das Gebetbuch von 1491 und vor allem die beiden Caoursin-Bände (Stabilimenta Rhodiorum militum und Opera ad historiam Rhodiorum spectantia) von 1496 mit ungewöhnlich lebenswahren Bildern zu erwähnen. Dann versank die Ulmer B. in provinzielle Bedeutungslosigkeit.
Der Kölner Wiegendruck hat trotz seinen vielen Offizinen in der B. weit weniger geleistet als andere Städte. Um so überraschender wirkt das Erscheinen der Quentellschen Bibel von 1479 mit einer Fülle hervorragender Schnitte, deren Vorbilder in Hss. zu suchen sind. Nach Themenauswahl und künstlerischer Erfindung wirkten sie lange Jahre entscheidend auf die Bibelillustration (RDK I, Sp. 771/2, Abb. 18). Daneben wäre höchstens noch Koelhofs Kölner Chronik mit ihren tüchtigen, aber doch etwas schematischen Schnitten zu nennen. Auch Mainz hat auf rein illustrativem Gebiete bis 1480 wenig geleistet, abgesehen von den guten, aber meist sehr schlecht ausgedruckten Metallschnitten in Numeisters Meditationen des Turrecremata von 1479. Erst in den 80er Jahren begann Schöffer mit der Herausgabe illustrierter Bücher: der Herbarius, der Hortus sanitatis und die Sachsenchronik, alle reich bebildert. Das berühmteste Mainzer illustrierte Buch sind Breydenbachs Reisebeschreibungen nach Jerusalem, deren Holzschnitte, offenbar nach den Originalzeichnungen Erhard Reuwichs, vortrefflich gearbeitet sind (Abb. 4). Der Künstler hat als einer der ersten naturwahre Illustrationen von Landschaften, Städten, Menschen und Geschehnissen gegeben, die auch künstlerisch hervorragend sind. 12 Nachdrucke bis 1500, weitere 22 im 16. Jh. beweisen die Bedeutung des Werkes. In der Offizin von Meydenbach in Mainz tauchen in den 90er Jahren vortreffliche Holzschnitte auf, die er aber z. T. von Knoblochtzer erworben hatte. Dieser war 1485 von Straßburg nach Heidelberg übergesiedelt und kam dort in Verbindung mit einem der besten Reißer des 15. Jh., in dem eine gar zu zuweisungsfreudige Kunsthistoriker-Generation den Hausbuchmeister erblickte, während die strengere neuere Forschung diesem alle Holzschnitte abspricht. Der Totentanz, den Knoblochtzer 1488 herausbrachte (Abb. 2), enthält Bilder des Meisters, die an erschütternder Größe von kaum einem Künstler des 15. Jh. übertroffen werden. Der gleiche Meister hat auch für Peter Drach in Speyer gearbeitet.
Ein anderer großer Anonymus begegnet uns im Norden. In Lübeck haben die ersten Drucker in den 70er Jahren bereits tüchtige Formschneider vorgefunden, da schon die frühesten Drucke, wie die Rudimenta novitiorum, anschauliche und flott gezeichnete Bilder bringen. Bartholomäus Gothan hat aber offenbar zuerst den Künstler beschäftigt, dem wir einige der herrlichsten illustrierten Inkunabeln verdanken. Seine bedeutendste Leistung ist die Lübecker Bibel des Stefan Arndes von 1494, deren Bilder (an denen allerdings zwei Hände festzustellen sind) in ihrer realistischen Kraft und ihrer kühnen Linienführung die starre Gesetzmäßigkeit der Bibelillustration durchbrechen (RDK I, Sp. 21/2, Abb. 6, Sp. 145/6, Abb. 16, II, Sp. 741/2, Abb. 1). Neben anderen Arbeiten sind vor allem die Illustrationen des Meisters zu „Des Dodes dantz“ (Hans von Ghetelen 1489) zu erwähnen.
Verhältnismäßig spät erst entwickelte sich die B. in den beiden großen süddeutschen Druckstädten Straßburg und Basel trotz dem dort blühenden Buch- und Briefmaler-Gewerbe. Bis in die 80er Jahre war die Straßburg er B. durchaus konventionell oder beschränkte sich auf Kopistenarbeit. Erst allmählich entwickelte sich der eigene Straßburger Illustrationsstil, etwas derb und unpersönlich, aber durch geschickte Verteilung der dunklen und lichten Partien graphisch sehr ansprechend, z. B. in den Plenarien Martin Schotts von 1483 und in manchen Büchern Knoblochtzers. Die eigentliche Blüte setzte ein, als Grüninger mit seiner vielseitigen Erzeugung begann. Die Werkstatt, die für ihn arbeitete, suchte unter Schongauers Einfluß die feineren graphischen Werte des Kupferstichs für den Holzschnitt zu nutzen. Grüningers Klassiker-Ausgaben, wie der Terenz von 1496 oder der Vergil von 1502, sind treffliche Beispiele dieser flott und technisch ausgezeichnet gearbeiteten, wenn auch in Motiv und Gestaltung recht naiven Illustration, die überall Aufsehen erregte, aber auch Widerspruch bei Gelehrten und Bücherfreunden fand. Bedeutende Leistungen sind die Bilder zur Chirurgia Brunswigs und zu Boëthius (De consolatione philosophica) von 1501 (Sp. 974, Abb. 3). Wenige Verleger der Frühzeit haben so viele und so reich ausgestattete Werke herausgebracht wie Grüninger, wenn er sich auch später manchmal die Arbeit durch Zusammenfügen auseinandergesägter Einzelstücke zu einem neuen Bildganzen erleichterte. In Basel setzte die B. noch später ein. Bis 1490 begnügten sich die dortigen Verleger mit der Übernahme von Modeln aus anderen Offizinen oder mit meist schwächlichen Kopien.
Um so überraschender wirkt das Erscheinen einer hervorragenden Persönlichkeit, die u. a. die Bilder für den Ritter von Thurn des Michael Furter von 1493 und ein Jahr später die große Bilderreihe für Brants Narrenschiff bei Bergmann von Olpe schuf (Abb. 6). In Beobachtung, Anschauung, kühner Deutung, in ebenso humorvoller wie lebenskluger Auslegung des geistigen Gehaltes ist er einer der fähigsten Illustratoren des 15. Jh. Man hat immer wieder versucht, hinter diesen Anonymus zu kommen, und der Streit, ob man diese großartigen Arbeiten dem jungen Dürer zuweisen soll, ist trotz allen scharfsinnigen Untersuchungen für und wider noch nicht entschieden. Als drittes Werk des gleichen Meisters kommen die auf den Stock vorgezeichneten, aber nur zum kleinen Teile geschnittenen Illustrationen zu einer Terenz-Ausgabe hinzu, die das Baseler Museum aufbewahrt.
Die ersten Drucker Nürnbergs, Sensenschmidt und Creußner, haben ihre Drucke mit handwerklich sauberen, aber nicht über Briefmalerart hinausgehenden Schnitten geschmückt, abgesehen von den schönen Bildern zu Creußners Zeitglöcklein von 1489. Erst der größte Drucker-Verleger der Inkunabelzeit, Koberger, rief eine blühende B. in Nürnberg ins Leben, indem er beste künstlerische Kräfte heranzog, nachdem er für seinen Bibeldruck von 1483 noch die von Quentell entliehenen Stöcke verwendete. Seine bedeutendsten illustrierten Werke sind das erwähnte Heiligenleben von 1488, der Schatzbehalter von 1491 (RDK I, Sp. 718, Abb. 2) und die Weltchronik von 1493 (Abb. 5); für alle drei ließ er nicht weniger als 1008 verschiedene Model fertigen. Als Künstler werden ausdrücklich Wolgemut und Pleydenwurff genannt. Die Illustrationen zeichnen sich bei aller Verhaftung in die anspruchslose Vorstellungswelt des späten MA aus durch ihre liebevolle und sorgfältige Versenkung in Details, durch oft vortreffliche Naturbeobachtung und durch meist saubere und feine Zeichnung, die diesen Bildern besonders den Stempel deutscher Wesensart schenken. An Reichhaltigkeit der Bebilderung kann es mit der Weltchronik Kobergers nur das Psalterium novum Beatae Mariae Virginis aufnehmen, das, von Maximilian gefördert, mit mehr als 500 Stöcken 1493 in der Druckerei der Zisterzienser in Zinna erschien.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß die Inkunabel-Xylographie im wesentlichen Werkstattarbeit ist. Wenn auch die Zahl tüchtiger und selbständig arbeitender Handwerker größer ist, als im allgemeinen anerkannt wird, so gibt es unter ihnen doch nur wenige künstlerische Persönlichkeiten von Rang: der Boccacciomeister, der mit dem Hausbuchmeister identifizierte Süddeutsche, die Meister der Kölner und der Lübecker Bibel, Reuwich, die Meister der Bergmannschen Offizin und der Grüninger-Werkstatt, Wolgemut und Pleydenwurff. Sie alle dürften nur als Reißer anzusprechen sein, während die Bearbeitung des Models den Formschneidern überlassen blieb, die manches Mal den künstlerischen Entwurf gröblich entstellten. Bei Reuwich und dem Straßburger Meister sehen wir die ersten Anzeichen graphischer Verselbständigung, die nach den Eigenwerten der Schwarz-Weiß-Zeichnung strebt. Aber der Illustrationsholzschnitt gelangte erst zur vollen Blüte, als er über seine Zweckhaftigkeit als angewandte Kunst zur graphischen Selbstbetätigung kam. Das erreichte als erster nach der großartigen Vorarbeit Schongauers mit souveräner Sicherheit, mit einer fast stürmischen Überwindung aller Überlieferungshemmungen der junge Dürer. In Wolgemuts Werkstatt hatte er schon als Knabe die technisch-handwerkliche Voraussetzung erworben und vielleicht bei Arbeiten für Koberger erfüllt, diese auf seinen Reisen gefestigt, sich selbst aber durch Versenkung in die Natur, die er mit der unerbittlichen Schärfe seines beobachtenden Auges und durch die in unermüdlichem Fleiße zum blinden Gehorsam gezwungene formschaffende Hand nachbildete, in wenigen Jahren zum anerkannten Führer seiner Zeit gemacht. Aus den frühen Reisejahren ist nur je ein Buch-Holzschnitt in Basel (Nickel Keßler 1492) und Straßburg (Grüninger 1493) mit Sicherheit ihm zuzuschreiben, wenn auch manches für seine Beteiligung an anderen Werken Basels spricht. 1498 erschien die Apokalypse (RDK I, Sp. 773 u. 774, Abb. 19 u. 20), von Koberger gedruckt, das unbestrittene xylographische Meisterwerk des 15. Jh. Im übrigen ist seine unmittelbare Tätigkeit für die B. auf einige Beiträge für Drucke Kobergers beschränkt, der Sodalitas Celtica, Höltzels und Peypus’; die großen Folgen von 1511 sind mehr als Bildertafelwerke anzusehen.
Die grundsätzliche Wandlung der Illustrations-Xylographie durch die Apokalypse wirkte sich sehr schnell auf das ganze Gewerbe aus. Die Forderung nach einer eigenschöpferischen Gestaltung des Buchbildes, die natürlich Übernahmen und Beeinflussungen durch große Meisterleistungen nicht ausschloß, führte in kurzer Frist zur Entthronung der Briefmaler-Werkstattarbeit und damit zur Lockerung lokaler Werkstattstile. Die führenden Verleger bestellten nun die Entwürfe bei den ihnen geeignet erscheinenden Künstlern, um sie von lokalen Formschneidern bearbeiten zu lassen.
Die an sich schon hochbedeutsame deutsche B. nahm mit dem 16. Jh. eine große Entwicklung. Nürnberg und Augsburg sind die Städte, in denen und für die zunächst die besten Künstler arbeiteten. Vor allem durch die großartige Förderung der Künste, die von Maximilian ausging, erfuhr die B. eine starke Belebung, die sich über die eigenen Aufträge des Kaisers auf die gesamte Erzeugung beispielhaft auswirkte. Die hohe Anerkennung, die vornehmlich Hans Burgkmair d. Ä. (1473–1531) fand, können wir heute nicht uneingeschränkt teilen. Die Berührung mit der Welt der Renaissance, der er sich als einer der ersten voll erschloß, verführte ihn manchmal zu einer fast virtuosenhaften Übersteigerung und zu einer bildmäßigen Überlastung, die der illustrativen Zweckordnung und der künstlerischen Bindung von Bild und Schrift abträglich waren. Neben zahlreichen Arbeiten für die Otmarsche Offizin in Augsburg, z. B. das Buch Granatapfel 1510, Murners Schelmenzunft 1513 (Faks.-Ausg. Filser-Augsburg 1926), Maëns Leiden Christi (zusammen mit Schäufelein und Breu, Schönsperger 1515; Faks.-Ausg. Zwickauer Faks.-Drucke Nr. 5), haben ihn vor allem die Beiträge für die Maximilian-Drucke berühmt gemacht. Die 13 Bilder zum Theuerdank zeigen seine Eigenart am besten, weniger eindrucksvoll sind die Holzschnitte zum Weißkunig. Spätere Arbeiten, wie die Bibelbilder, von 1523, sind schwächer. Gleich geschätzt war Hans Leonhard Schäufelein (c. 1480–c. 1538), dessen umfangreiches Werk recht ungleichmäßig ist. Wohl ist er nüchterner und weniger enthusiastisch als Burgkmair, aber gerade seine mehr sachlich-realistische Betrachtungsweise führt oft zu reizvollen und buchgemäßen Lösungen. Das beweisen schon seine frühen Beiträge für die Sodalitas Celtica (Beschlossen Gart des rosencrantz Marie, 1505) wie die prächtigen Bilder zur Passio Christi Pinders von 1517. Bis zu diesen Jahren hat er vor allem für Augsburg gearbeitet und für Maximilian, dann für Basel, Hagenau und Nördlingen, schließlich wieder für Schönsperger, Steyner und Weißenhorn in Augsburg (vgl. besonders Plutarch 1534 und die 41 Bilder zum Apulejus von 1538, Abb. 7, mit denen er die trefflichen Schnitte des Monogrammisten NK. von 1520 ergänzte). Ebenfalls vorwiegend für Augsburg tätig war Leonhard Beck (c. 1480–1542), der am stärksten an den Maximilian-Drucken beteiligt war, ohne daß er sich mit Burgkmair und Schäufelein an künstlerischer Erfindung messen konnte. Sachlicher Ernst, saubere handwerkliche Arbeit und gesunde Naturbeobachtung zeichnen das umfangreiche Werk des Augsburgers Jörg Breu d. Ä. (c. 1480–1537) aus, der in seiner Frühzeit schöne Blätter für liturgische Drucke Ratdolts, Otmars und Schönspergers lieferte, um in späteren Jahren zusammen mit seinem Sohne Jörg Breu d. J. (c. 1511–1547) vornehmlich für Steyner zu arbeiten (z. B. Thukydides 1533; viel Beachtung und Nachahmung fanden seine Bilder zur Erstausgabe der Emblematik Alciatis 1531). Große graphische Begabung beweist das nicht sehr umfangreiche Werk Daniel Hopfers (c. 1470–1536), der vielfach weiß auf schwarz arbeitete und auch als Erfinder der Radierung gelten darf; prachtvoll sind manche seiner Titelblätter. Alle Genannten aber übertrifft der Petrarca-Meister (so genannt nach: Petrarcha, Von der Artzney beyder Glück, der guten und widerwertigen, Steyner 1532; RDK I, Sp. 1312, Abb. 4, II, Sp. 591/2, Abb. 7). Über seine Identifizierung mit dem Straßburger Hans Weiditz und die entsprechende Zuweisung eines übergroßen Werkes ist sehr viel geschrieben worden, was mit Recht stark angefochten wird. Jedenfalls stehen die Augsburger Arbeiten des Anonymus, die bei aller Versenkung in zahllose Einzelheiten nie eine große Gesamtschau vermissen lassen, ungewöhnlich hoch, weit höher als die Straßburger Weiditz-Arbeiten, und gehören zu den besten Illustrationsleistungen des 16. Jh.
Mittelbar oder unmittelbar zum Dürer-Kreise oder zur Dürer-Werkstatt zählen drei treffliche Meister in Nürnberg: Erhard Schön, Hans Springinklee und Wolf Traut. Die beiden ersten haben herrliche Beiträge zu den Stundenbüchern geliefert, die Koberger bei Saçon und Klein in Lyon drucken ließ, und zu manchen Maximilian-Drucken. Schön hat auch volkstümlich-derbe Holzschnitte für Schriften des Hans Sachs u. a. entworfen. Seine Bibelillustrationen, die er zusammen mit Springinklee geschaffen hat, werden mit Recht geschätzt (Sp. 501, Abb. 14). Auch Traut wurde von Maximilian herangezogen; seine besten Arbeiten, die sich durch ungeschminkte Darstellung des natürlichen Lebens und durch sichere Liniengebung auszeichnen, hat er für Nürnberger und Bamberger Drucke geliefert (z. B. Bonaventuras Franciscus, Höltzel 1512; die Bamberger Halsgerichtsordnung, Pfeil-Bamberg 1517; das Heiligtum des Bamberger Domes von 1520 mit 234 Holzschnitten, zu denen Lucas Cranach d. Ä. weitere 44 schuf).
Zu den schönsten Werken der B. aller Zeiten und Völker gehört das Diurnale, das Gebetbuch Maximilians (Abb. 8), das in einer neugeschnittenen Type von Schönsperger in zehn Pergamentstücken gedruckt wurde. Ob es sich bei den originalen Randzeichnungen, die Dürer, Cranach, Burgkmair, Baldung und Breu schufen, um die Schmückung eines Handexemplares des Kaisers handelte oder um Vorzeichnungen für den Schnitt, ist umstritten. Gewiß sind nicht alle Seiten gleichwertig, aber die meisten sind von einem unnachahmlichen Reiz erfüllt. Selten haben sich die spielerisch über die Fläche gleitende Zeichenfeder und die gedruckte Letter zu so geschlossenen und künstlerisch vollkommenen Seitenbildern vereinigt wie hier. Stofflich bieten die Leisten manches Rätsel – die mittelalterlichen Drolerien leben ebenso wieder auf, wie sich die junge Wissenschaft der Hieroglyphik und Emblematik kundtut.
Ein anderes Zentrum der B. bildete der Raum Basel-Straßburg. Selbständige frische Begabung und gute Erfindung beweist der Solothurner Urs Graf (c. 1485–1527), der wesentlich für Straßburger, Züricher und Baseler Verleger arbeitete. Besonders seine Beiträge für Petri, Amerbach und Hupfuff sind nach Wert und Umfang bedeutsam. Stark unter dem Einfluß Dürers stehen die vornehmlich für Straßburg tätigen Hans Baldung Grien (1476–1545) und Hans Wechtlin, der dort von 1506 bis 1526 lebte. Frühe Arbeiten Baldungs finden sich zusammen mit Schäufelein im Beschlossen Gart des rosencrantz Marie 1505. Seine sehr charakteristische, feinsinnige, immer geschmackvolle Zeichnung, die meist das Thema durchaus selbständig umschreibt, hat den Straßburger Drucken vom A. 16. Jh. besonderen Adel verliehen (Abb. 9). Manche früher Wechtlin zugeschriebene Arbeit wird heute in Baldungs Werk eingereiht. Wechtlin ist weniger selbständig, doch beweist er vor allem in seinen oft benutzten Passionsbildern (zuerst Knoblouch-Straßburg 1508) gute graphische und illustrative Begabung. Unter den süddeutschen Monogrammisten sind vornehmlich die Meister DS und GZ zu nennen, die hervorragende Beiträge zu liturgischen Drucken für Basel, Hagenau und Straßburg lieferten. Zu Basel ist auch Conrad Schnitt zu rechnen, der dort von 1520 bis 1541 genannt wird. Alle Zeitgenossen aber übertrifft Hans Holbein, der bereits in seiner ersten Baseler Zeit von 1515 bis 1517 für Froben und andere herrliche Titelblätter entwarf. Seine wesentliche Arbeit für die B. fällt in die Jahre von 1519 bis 1526: Bilder zur Bibel, verschiedene Alphabete, zahlreiche Titelblätter, der Totentanz usw. Wenn Holbein sich in den Illustrationen zum A.T. und N.T. auch meist an frühere Vorlagen (Malermi-Bibel) hält, so beweist die sachliche und formale Gliederung der Komposition ein künstlerisches Vermögen wie bei kaum einem Illustrator vor ihm und nach ihm (Sp. 502, Abb. 15). Das gilt besonders auch von den Totentanzbildern (Abb. 10), die zu den größten deutschen Kunstdenkmalen aller Zeiten gehören. Sie sind wie die Bilder zum A.T. erst viele Jahre später von Trechsel in Lyon in Buchform herausgebracht worden. Sein Bruder Ambrosius hat in seiner kurzen Schaffenszeit ebenfalls für Basel schöne Illustrationen und buchornamentale Beiträge geleistet.
Aus der Fülle der Illustratoren des weiteren 16. Jh. sind als die wesentlichsten zu nennen: Hans Rudolf Manuel-Deutsch (1525 bis 1571), vor allem mit seinen prächtigen Städtebildern zu Münsters Kosmographie (Basel 1550), Erhart Altdorfer (c. 1486–1561), der in Norddeutschland arbeitete und dessen Bibelbilder (Dietz-Lübeck 1534; Sp. 503, Abb. 16) hohe Anerkennung verdienen, Anton Woensam, der von 1523 bis 1541 in Köln vornehmlich für Eucharius Hirtzhorn und Quentell tätig war und mit seinen sauberen und sorgfältigen Arbeiten zu den besten Illustratoren des Nordens gehört. Durch die Reformation gewann Wittenberg als Buchstadt und damit auch für die B. große Bedeutung, wesentlich durch Lucas Cranach d. Ä. (1472–1555) und d. J. (1515–1586), deren illustrative Beiträge sehr umfangreich, aber ungleichwertig sind, für die protestantische Bibelillustration jedoch vielfach maßgeblich wurden (RDK I, Sp. 773 u. 774, Abb. 21 u. 22). Das gilt auch von dem trefflichen Georg Lemberger (c. 1495–1540), der zahlreiche Bibelausgaben schmückte (Schmidt-Leipzig 1523, Lotter-Wittenberg 1523, Emsers N.T. 1527, Lotter-Magdeburg 1536 u. a.). Eine der wichtigsten Städte für die B. in der 2. H. 16. Jh. wurde Frankfurt durch Christian Egenolph und Sigmund Feyerabend, die bedeutenden Verleger, die für ihre reich und geschmackvoll ausgestatteten Bücher die beliebtesten Illustratoren heranzogen, wie: Hans Sebald Beham (1500–50; Abb. 12 u. RDK I, Sp. 743, Abb. 1, II, Sp. 1135/6, Abb. 1), frisch, gesund und volksnahe, vor allem in seinen sehr geschätzten Bibelbildern, Jost Amman (1539 bis 1591), der zahlreiche Titelblätter schuf und viele Bücher mit anschaulichen, geschickt, wenn auch manchmal etwas überladen gefertigten Bildern schmückte (z. B. Kriegsbuch 1566; Ständebuch 1568, Abb. 11 u. Sp. 1174, Abb. 1; Kunst-, Lehr-, Trachtenbücher, Sp. 1129, Abb. 3; Bibel u. a.), Virgil Solis (1514–62), der heute mit Recht künstlerisch höher gewertet wird als früher (bedeutend seine frühen Nürnberger Arbeiten zum Rivius und zum Vitruv, die Bibel-, Klassiker-, Fabel-Illustrationen für Feyerabend; Abb. 13 u. RDK I, Sp. 195 u. 196, Abb. 1 u. 2), und Tobias Stimmer (1539–84), auch für Jobin in Straßburg tätig, einer der fruchtbarsten Illustratoren für Werke verschiedensten Inhalts. Trotz großer künstlerischer und technischer Begabung leidet das illustrative Werk aller dieser Künstler durch zu starke dekorative Beigaben – ein deutlicher Beweis für den Abilieg der Illustrations-Xylographie, die mehr und mehr dem flüssigeren und eleganteren Kupferstich weichen mußte.
B. 17. u. 18. Jh.
Das 17. Jh. bietet trotz einer übergroßen Materialfülle für die B. künstlerisch geringe Ausbeute. Neben der Schmückung des Buchs durch Frontispiz und Vignette diente der Kupferstich, der sich technisch geradezu virtuosenhaft entwickelte, im wesentlichen als Bildbeigabe zu unterrichtenden oder Anschauungszwecken, weniger als künstlerische Illustration. Bedeutsam und reizvoll sind vor allem die Städtebücher, für die bereits im 16. Jh. Franz Hogenberg (1544–90) in Köln durch seine Stiche zu Brauns Civitates orbis terrarum (1572) glänzende Vorarbeit geleistet hatte. Die bedeutendste Erzeugung, die in ganz Europa Bewunderung fand und noch auf Goethe starken Einfluß übte, stammt von den Illustratoren-Familien de Bry (Stammvater Theodor d. B., 1528–98) und Merian (Stammvater Matthäus M. d. A., 1593–1650; Sp. 509/10, Abb. 20), die neben Illustrationen zu Festlichkeitenbüchern und emblematischen Werken vor allem Städtekupfer lieferten (Abb. 14). Gewiß sind manche Bilder schablonenhaft, viele aber sind reizvoll gemacht und durch genaue Beobachtung von dokumentarischem Werte, vor allem in Merians Theatrum Europaeum, das von seinen Söhnen bis 1738 auf 21 Großfoliobände erweitert wurde. Mit Recht geschätzt wird neuerdings Maria Sibylla Merian (1647–1717) mit ihren schönen Pflanzen- und Tierbildern. Die Kupfer in den vielen medizinischen, naturwissenschaftlichen, Geschichts- und Porträtwerken haben weniger illustrativen Wert, da sie nur der Anschauung dienen wollen. Bedeutende Leistungen sind Joachim von Sandrart (1606–1688) und seinem Neffen Jakob v. S. (1630–1708) zu danken. Augsburgs stolze Überlieferung als Illustratoren-Stadt wurde von der Familie Custos-Kilian (Stammvater Domenikus Custos, c. 1560–1612) in hervorragender Technik, wenn auch künstlerisch nicht immer selbständig bis weit in das 18. Jh. fortgesetzt. Als eigenschöpferische Persönlichkeiten sind vornehmlich Wenzel Hollar (1607 bis 1677; Sp. 1245/6, Abb. 12) mit seinen feinen Landschaftsradierungen, Johann Wilhelm Baur (c. 1600–1642; RDK I, Sp. 125/6, Abb. 1 u. 2, Sp. 902, Abb. 2) mit seinen urwüchsigen Stichen, z. B. zum Ovid, und der fruchtbare Melchior Küssel (1622–1683) zu nennen.
Erst das 18. Jh. bringt mit dem Erwachen der deutschen Nationalliteratur eine nach Umfang und Leistung bedeutsame deutsche B., die trotz steigender Beliebtheit wissenschaftlich noch wenig erfaßt und auch für die kunstgeschichtliche Entwicklung nicht genügend gewürdigt worden ist [34ff.]. Sie wurde und wird noch immer von der französischen B. überstrahlt, deren Einfluß, dem allgemeinen Zeitgeschmack entsprechend, gewiß groß ist. Die politische Aufspaltung Deutschlands ermöglichte aber eine Reihe von Sammelpunkten buchkünstlerischer Pflege, die eine weit stärkere Entfaltung persönlicher Werte erlaubte als in Frankreich. Die besten deutschen Künstler und Stecher vermochten gerade aus der bürgerlichen Enge ihres umschlossenen Daseins der illustrativen Darstellung eine Wirklichkeitsnähe zu leihen, wie wir sie in anderen Ländern nicht finden. Der akademische Eklektizismus und der nüchterne Klassizismus werden üppig überwuchert von einem liebenswürdigen Realismus, der sich des sachlichen Vorwurfs ebenso hingebend annimmt, wie er ihn zierlich und voll dekorativen Charmes zu umschreiben weiß. Wichtigste Mittelpunkte der B. sind: Leipzig-Dresden, Berlin, Mannheim, Hannover, die Schweiz. Die wahren Qualitäten leiden allerdings oft unter dem mangelhaften Druck, den dürftigen Papieren und der Abplattung der Kupfer bei hohen Auflagen. In Leipzig ist neben den schwer auseinanderzuhaltenden Brüdern Johann Martin und Johann Benedikt Bernigeroth und den Brüdern Gottlieb und Carl Leberecht Crusius, den Roßmäßlers u. a. vornehmlich Adam Friedrich Oeser (1717–1799; Abb. 15) zu nennen, der die heroisch-klassische Linie mit gleicher Könnerschaft beherrscht wie die vignettenhafte Delikatesse des Rokokos, immer aber Würde und Anmut beweist. Sein bedeutendster Schüler Chr. Gottlieb Geyser (1742–1803), der fruchtbarste und meisterlichste Stecher des 18. Jh., fand in Jakob Wilhelm Mechau (1745–1808) den kongenialen Künstler, mit dem zusammen er eines der glanzvollsten deutschen Illustrationswerke schuf. Der Hofkupferstecher am preußischen Hofe, Friedrich Schmidt (1712–1775), ist künstlerisch wohl der reifste deutsche Illustrator des 18. Jh., dessen Bilder und köstliche Vignetten durchaus nicht so abhängig von französischen Einflüssen sind, wie meist gesagt wird. An Volkstümlichkeit und nationaler Bedeutung wird er weit übertroffen von Daniel Nik. Chodowiecki (1726–1801; Abb. 16), dessen gewaltiges buchgraphisches Werk ein einzigartiges Spiegelbild der bürgerlichen und geistigen Kultur des Jh. bietet. Die zarte Eleganz seiner Linie kommt besonders eindrucksvoll in seinen kleinformatigen Almanach- und Taschenbuch-Illustrationen zum Ausdruck. Neben ihm vermochte sich Johann Wilhelm Meil (1733–1805), ein sehr ernst zu nehmender, phantasievoll schaffender Künstler, wohl zu behaupten. Kurz verwiesen sei auf die Mannheimer Kobell und Maler Müller, auf Johann Heinrich Ramberg in Hannover, der weit in das 19. Jh. hinein wirkte, auf den Schweizer Salomon Geßner, bei dem sich Klassizismus und bürgerliche Idylle reizvoll mischen, wie auf seinen Landsmann, den ausgezeichneten Schellenberg. Die großen und technisch sehr leistungsfähigen Werkstätten in Nürnberg und Augsburg haben künstlerisch wenig Bedeutendes geschaffen.
C. 19. Jh.
Der Holzschnitt beschränkte sich im 18. Jh. im wesentlichen auf Vignette, Leiste und dekorativen Schmuck, unter dem Einfluß Papillons etwas stereotyp, aber sich dem typographischen Stile vielfach glücklich einschmiegend. Erst durch die Holzstichtechnik Bewicks mit ihren reichen malerischen Möglichkeiten kam er im 19. Jh. zu einer neuen Blüte [40ff.]. Anfangs stand er im Wettbewerb mit der bestechenden Weichheit der Lithographie Senefelders, vor allem der Feder-Lithographie, und den Metallstichen in Kupfer und Stahl. Während es der französischen B. nur mühsam gelang, den Anschluß an die neue Zeit zu finden, entwickelte sich die deutsche B. im 19. Jh. mit überraschender Schnelligkeit und Vielseitigkeit. Den Klassizisten und Nazarenern leistete die wohl etwas kühle, aber eindruckstarke Umrißzeichnung, wie sie vor allem John Flaxman pflegte, wichtige Hilfe, wobei Asmus Jakob Carstens (1750–1798) und Josef Anton Koch (Argonauten) sich vorbildlich auswirkten. In ihren Bahnen wandelten Friedrich Preller (1804–1878) mit seiner strengen Klassik, Moritz Retzsch (1779–1857), der manchen Dichtungen (Shakespeare, Schiller, Faust) den Weg wesentlich erleichterte, der wenig bekannte Julius Nisle, Joseph von Führich, dessen Bedeutung als Buchillustrator viel zu gering gewertet worden ist, und vor allem Peter Cornelius (1783–1867) mit seinen mächtigen Schöpfungen. Ihm stehen Friedrich Overbeck und besonders Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872) nahe, dessen Beiträge zur Bibelillustration, zu den Nibelungen, dem Faust u. a. hochbedeutsam sind. Sein Schüler Alexander Strähuber (1814–1882) ist ihm in Erfindung und Geschmack mindestens ebenbürtig, ähnlich Eduard Steinle (1810–1886).
Auf die buchkünstlerische Entwicklung des 19. Jh. hat kaum ein Werk eine so nachhaltige Wirkung ausgeübt wie Strixners Veröffentlichung des Gebetbuches Maximilians, vornehmlich in Dürers Randzeichnungen, formal-typographisch wie technisch-künstlerisch. Das gilt besonders für die romantische Richtung, in die sich zahlreiche deutsche Künstler, die auch dem Buche dienten, einordnen lassen [44, 45, 50]. Schwinds buchkünstlerisches Werk ist nach Umfang und Bedeutung noch nicht genügend gewürdigt (Trentsenskys Mandlbogen; Dullers Freund Hein; Züricher Almanach; Münchner Bilderbogen, Sp. 557/8, Abb. 6, usw.; Abb. 17). Stark unter Dürers Einfluß und doch voll erfindungsreicher Selbständigkeit arbeitet Eugen Napoleon Neureuther (1806 bis 1882), dessen Randzeichnungen zu Goethes (und anderen) Dichtungen den Dichter begeisterten, wertvoll besonders die große Holzschnittfolge zu Herders Cid. Wilhelm Kaulbachs (1805–1874) frühe Beiträge zur B. (Narrenhaus) sind wichtiger als seine späteren, obwohl sein Reineke Fuchs sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. Auch Graf Poccis liebenswürdig dilettierende Kunst ist ungleichwertig, bei der riesigen Fülle seiner Illustrationen nicht verwunderlich; einiges, wie der Totentanz und manche Märchenbilder, gehören aber zu den besten Arbeiten der Zeit (Abb. 20). Eine Stellung für sich behauptet Alfred Rethel (Abb. 19). Neben seinem Totentanz, der die von Knoblochtzer, dem Lübecker Meister und Holbein glanzvoll eröffnete Reihe wieder zur alles überragenden Höhe führt, dürfen seine anderen buchgraphischen Arbeiten (Bibel, Nibelungen) nicht übersehen werden.
Es sei eingeschaltet, daß sich am leichterten ein Überblick über die sehr umfangreiche B. der 1. H. 19. Jh. gewinnen läßt, wenn man einige Sammelwerke studiert, an denen verschiedene Künstler beteiligt sind und die daher den künstlerischen Geist der Zeit überzeugend spiegeln. Es sind zu nennen: die Cottasche Bilderbibel 1850, der Festkalender von Goerres 1835–37 und dessen „Deutsches Hausbuch“ 1847, Wigands Nibelungen 1840, Scherers „Alte und neue Kinderlieder“ 1849, Bülaus „Deutsche Geschichte in Bildern“ 1856, Lohmeyers „Deutsche Jugend“ 1872ff., „Deutsches Balladenbuch“ 1848, Robert Reinicks „Lieder eines Malers mit Randzeichnungen seiner Freunde“ 1838, Fortsetzung 1842–43, die verschiedenen Ausgaben der Deutschen Volksbücher von Schwab, Simrock und Marbach, einige Sagen- und Märchensammlungen, Kinderlieder usw. Nicht minder wichtig sind bestimmte Zeitschriften und Bilderfolgen (Fliegende Blätter, Münchner Bilderbogen, Düsseldorfer Monatshefte u. a.).
Von den Düsseldorfer Künstlern hat sich vor allem Adolf Schrödter (1805–1875) der B. gewidmet, er gehört zu den geistvollsten, ja genialsten Illustratoren der Zeit, der sich in manchen Arbeiten Menzel würdig an die Seite stellt (Eichendorff, Uhland, Rückert, Reinicks Liederbücher; die „Taten und Meinungen des Herrn Piepmeyer“, 1848, gehören zu den besten satyrischen Werken Deutschlands). Außer ihm sind zu nennen: Henry Ritter, der sich durch die leichte Eleganz seiner Linienführung ebenso auszeichnet wie durch seinen feinen Humor, Wilhelm Camphausen mit trefflichen Beiträgen zu Geschichts- und Kriegsbüchern, der amüsante und erfindungsreiche Johann Sonderland und Benjamin Vautier, der zu den beliebtesten Illustratoren gehörte. Alle sind Mitarbeiter an Reinicks Sammelwerken und den ausgezeichneten, 1847 von Clasen begründeten Düsseldorfer Monatsheften.
In Sachsen machte sich Georg Opiz einen Namen durch seine feinen Bilder zu Schulzes „Verzauberter Rose“ und anderen Lieblingsbüchern der Zeit. Er wie Heinrich Naeke und der sehr fruchtbare und frische Adolf Ehrhardt werden aber bei weitem übertroffen durch Ludwig Richter. Kein deutscher Künstler hat seinem Volke so ins Herz geschaut und das deutsche Gemüt so zutiefst erfaßt wie er. Keiner ist aber auch von seinem Volk so geliebt worden, das seine in verschwenderischer Fülle ausgestreuten Gaben zum wahrhaften nationalen Besitz machte. – In Berlin war die Holzschnitt-Überlieferung durch die Arbeit der beiden Ungers und der Familie Gubitz würdig gepflegt worden, hatte trotzdem aber zeitweise einen schweren Stand gegenüber der Lithographie. Zu den liebenswürdigsten und fruchtbarsten Illustratoren gehört Theodor Hosemann (1807–1875; Abb. 22), der sich feinsinniger und volksnaher Karikatur ebenso widmete wie der Phantasiewelt des Märchens und deutscher Erzähler. Vor allem aber hat Berlin den Ruhm, Deutschland den größten Buchillustrator aller Zeiten geschenkt zu haben: Adolf Menzel. Niemand sonst hat Geist und Würde des Wortes, die Größe des Geschehnisses und den Wert der Persönlichkeit so zu umschreiben gewußt, niemandem standen so reiche künstlerische Möglichkeiten zur Verfügung wie ihm. So herrlich seine Lithographien sind, werden sie doch übertroffen durch die Holzschnitte (Abb. 18). Hier hat Menzel seine handwerklichen Mitarbeiter (neben Unzelmann die beiden Vogels und Müller) in unerbittlicher Überwachung jedes Schnittes zu den höchsten Meisterleistungen aller Zeiten gebracht. Aus Norddeutschland kommen nur einige Hamburger Künstler für die B. in Betracht: neben Philipp Otto Runge mit wenigen köstlichen Beiträgen vor allem Otto Speckter (1807–1871). Seine Illustrationen zu Heys Fabeln sind Kabinettstücke deutscher Buchkunst der Romantik von unvergänglichem Werte. Das gilt ebenso von den Bildern zu „Hannchen und die Küchlein“, zum Gestiefelten Kater, zum Quickborn (Abb. 21) usw. Seine meisterliche Begabung gelangt in Lithographie, Holzschnitt und Radierung gleich vollendet zum Ausdruck. Ein sehr bedeutendes, wenn auch ungezähmtes Talent verrät der Hamburger Dichter und Illustrator Johann Peter Lyser (1803–1870), der Märchen, phantastische Dichtungen, politische Satyren in reicher Fülle illustrierte.
Wenn auch Deutschland wenige große Humoristen hervorgebracht hat, so kann es mit Stolz auf einige Künstler des 19. Jh. blicken, die zu den größten humoristischen Zeichnern der Welt gehören [42]. In Berlin war es Wilhelm Scholz, der vier Jahrzehnte hindurch im Kladderadatsch die politischen Geschehnisse mit Witz und Temperament begleitete [41]. Weniger der Politik als dem ganzen menschlichen Leben zugewandt war die Kunst Adolf Oberländers (1847–1923), der fast nur für die Fliegenden Blätter arbeitete. Kein Künstler des 19. Jh. war volkstümlicher und gefeierter als er, dessen unermüdlich arbeitende Feder köstliche Blätter schuf. Kein deutscher Buchkünstler des 19. Jh. ist aber zu größerem Ruhm und größerem Erfolg bis in unsere Tage gelangt als Wilhelm Busch (1832–1908), über dessen geistige und künstlerische Genialität zu sprechen sich erübrigt.
Zu den Abbildungen
1. Jacobus de Voragine, Leben der Heiligen, bei Günther Zainer, Augsburg 1471: hl. Eligius. Nach Muther [22], Taf. 9.
2. Totentanz, bei Heinrich Knoblochtzer, Heidelberg, zw. 1485 und 1495, wahrscheinlich 1488: Der Tod und die Bürgerin. Nach Gutenberg-Festschrift 1925, Abb. 3.
3. Terenz, Eunuchus, bei Conrad Dinckmuth, Ulm 1486. Nach Worringer [11], Abb. 24.
4. Bernhard Breydenbach, Reise nach dem hl. Land, mit Holzschnitten von Erhard Reuwich. Mainz 1486: Türken. Nach Muther [22], Taf. 148.
5. Hartmann Schedel, Neue Weltchronik, bei Anton Koberger, Nürnberg 1493. Nach Muther [22], Taf. 121.
6. Sebastian Brant, Narrenschiff, bei Joh. Bergmann von Olpe, Basel 1494: Heymlicheit verswigen (Samson und Delila). Nach Neudruck, hrsg. von Herm. Koegler, Leipzig 1913.
7. Apulejus, Der goldene Esel, mit Holzschnitten von Hans Schäufelein, bei Alex. Weißenhorn, Augsburg 1538. Nach Muther [22], Taf. 200.
8. Albr. Dürer, Randzeichnungen zum Gebetbuch Kaiser Maximilians, 1514/15. München, Staatsbibl. Phot. Dr. Fr. Stoedtner, Berlin.
9. H. Baldung Grien, Auslegung der 10 Gebote, bei Joh. Grüninger, Straßburg 1516: Das 3. Gebot. Nach Muther [22], Taf. 240.
10. Hans Holbein d. J., Totentanz, bei Trechsel, Lyon 1547: Der Ackersmann. Phot. Dr. Fr. Stoedtner, Berlin.
11. Jost Amman, Stände und Handwerker, mit Versen von Hans Sachs, bei S. Feyerabend, Frankfurt a. M. 1568: Der Bierbrauer. Nach Faksimile-Ausgabe 1884.
12. Luthers Betbüchlein, mit Holzschnitten von Hans Sebald Beham, bei Hieronymus Formschneider, Nürnberg 1527: Der gute Hirte. Nach Gust. Pauli, H. S. Beham, Straßburg 1901, Taf. 31.
13. Erasmus Alberus, Fabeln, mit Holzschnitten von Virgil Solis. 1. Ausg. bei S. Feyerabend, Frankfurt a. M. 1534: Der Wolf und der Kranich. Nach: Fabeln von Erasmus Alberus, hrsg. von Wilh. Matthiessen, Berlin 1934, S. 57.
14. Matthäus Merian (1593–1650), Topographia Germaniae, Basel 1642–88: Basel. Nach „Merians anmüthige Städte-Chronik“, Teil 2, Ebenhausen b. München 1937.
15. Adam Friedr. Oeser (1717–99), Seite aus C. F. Weißes „Kleinen lyrischen Gedichten“, Leipzig, Weidmann 1772: „Der Kräusel“. Nach Friedr. Schulze, A. F. Oeser, Leipzig 1944.
16. Daniel Chodowiecki (1726–1801). Illustration zu Lessings „Minna von Barnhelm“, Beigabe zum Genealogischen Kalender 1770. Nach D. Chodowiecki, Auswahl aus des Künstlers schönsten Kupferstichen, Berlin 1884.
17. Moritz von Schwind (1804–71), Radierung zu Mörike, Die Historie von der schönen Lau, 1868. Nach Otto Weigmann, Schwind (Klassiker der Kunst), Stuttgart u. Leipzig 1906.
18. Adolph Menzel (1815–1905), Holzschnitt zu Franz Kuglers „Geschichte Friedrichs des Großen“, 1840/42: Friedrich und Voltaire. Nach Ausg. Leipzig 1922.
19. Alfred Rethel (1816–59), Illustration zum Nibelungenlied, Leipzig 1840: „Wie Kriemhild zu den Heunen fuhr“. Nach Jos. Ponten. Alf. Rethel (Klassiker der Kunst), Stuttgart u. Leipzig 1911.
20. Franz Graf von Pocci (1807–76), Blaubart, ein Märchen, erzählt und gezeichnet, München 1845. Schlußbild: Rückkehr der Brüder mit der Schwester nach Blaubarts Tod. Nach der Ausg. München 1845.
21. Otto Speckter (1801–71), Illustration zu Klaus Groth, Quickborn, 1. Aufl. Hamburg 1856. Nach F. H. Ehmcke, O. Speckter, Berlin 1920, Taf. 47.
22. Theodor Hosemann (1807–75), Illustration zu E.T.A. Hoffmann, Gesammelte Werke. 1. Aufl. 1844. Nach Lothar Brieger, Th. Hosemann, München 1920, S. 34.
Literatur
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Verweise
Empfohlene Zitierweise: Lange, Wilhelm H. , Buchillustration, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. II (1947), Sp. 1384–1420; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=92433> [05.04.2022]
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