Buchs, Buchsbaum
englisch: Box (boxwood), boxwood; französisch: Buis, bois de buis; italienisch: Bossolo, busso.
Ernst Friedrich Bange († 2. 7. 1945) (1950)
RDK III, 3–9
B., ein baum- und strauchartiges Gewächs (Buxus arborescens), findet sich in allen Mittelmeergebieten, am Schwarzen Meer (ferner in China, Japan, Indien und Australien). Das sehr dichte und schwere Holz von fast goldgelber Farbe wurde schon im Altertum als „abendländisches Ebenholz“ geschätzt. Es ist mit Vorliebe für Schnitzarbeiten, für Reliefs, Statuetten, für Medaillen- und Goldschmiede-Modelle, für Drechslerarbeiten und seit dem 16. Jh. des öfteren auch für Platten zum Holzschnitt (Formschnitt) verwendet worden. Das harte Holz war in hervorragendem Maße geeignet, alle Feinheiten einer oft virtuosen Schnitzkunst zur Geltung zu bringen, zumal es sich polieren läßt und mit seinen tiefen, warmen Tönen, die vom hellen Gelb bis zum dunkelsten Rotbraun reichen, die Absichten des Schnitzers auf das glücklichste unterstützt. Da das Holz immer nur in verhältnismäßig kleinen Stücken zur Verfügung steht, war seine Verwendungsmöglichkeit von vornherein beschränkt.
In Deutschland entstammen die frühesten uns bekannten B.-Schnitzereien, die ausschließlich dem rheinischen Kunstkreis angehören, dem 14. Jh. (s. RDK I, Sp. 791/792, Abb. 8/9). Die bedeutendsten besitzt das D.M. in Berlin [2]: aus der 1. H. 14. Jh. eine kleine (10,4 cm hohe) Statuette einer hl. Katharina (Berlin Nr. 8029), die im engeren Sinne als „kölnisch“ bezeichnet werden darf, vom E. 14. Jh. ein nicht näher zu lokalisierendes rheinisches Relief (H. 15 cm, Br. 11,5 cm) mit Johannes dem Täufer (Abb. 1) und eine niederrheinische (36,5 cm hohe) Marienstatuette aus dem Kloster Marienbaum bei Xanten (Berlin Nr. 469), gleichfalls vom Ende des Jahrhunderts. Am Oberrhein kennen wir ein Minnekästchen ([3] Kohlhaussen Nr. 38) aus dem 2. V. 14. Jh., das durch die Verwendung von B. als besondere Kostbarkeit gekennzeichnet ist.
Im 15. Jh. ist B. gleichfalls nur in wenigen Ausnahmefällen benützt worden. Wiederum sind es die Gebiete am Rhein, und zwar vornehmlich am Oberrhein, wo sich Arbeiten in B. nachweisen lassen. Allein 10 Minnekästchen [3], die sich als oberrheinisch erweisen, und vier, die nördlicher im mittelrheinischen Gebiet entstanden sein mögen (Kohlhaussen Nr. 48, 49, 66 A, 66 B, 67, 83 B, 86, 87, 161, 55 und 76, 77, 79, 80), verwenden B., wobei mehr die Kostbarkeit des Holzes, als die späterhin (im 16. und 17. Jh.) entscheidende Freude am schönen Material den Ausschlag gegeben haben mag. Die Kästchen verteilen sich auf alle Jahrzehnte des 15. Jh., jedoch so, daß die Mehrzahl vor 1450 entstanden ist; nur drei von den vierzehn bekannten Kästchen lassen sich mit Sicherheit in die Spätzeit datieren: K 66 B wird auf die 2. H. 15. Jh. bestimmt, K 86 gehört dem Ende an, und K 87 wird um 1500 entstanden sein. In einem Fall läßt sich B. als Griff eines Dolches mit Frau Minne und Wildmännern (Dresden, Hist. Mus.; Kohlhaussen a. a. O. Abb. 19, Text S. 46) aus dem frühen 15. Jh. nachweisen. Gegen Ende des Jh. werden Betnüsse (Kapseln mit Passionsszenen in kleinstem Format, RDK II, Sp. 371ff.) und kleine Hausaltärchen aus B. beliebt, die in der Mehrzahl aber in den Niederlanden entstanden sein dürften. (Zahlreiche Beispiele dieser „art microscopique“ genannten kleinen Kunstwerke enthielt die Slg. Spitzer, Paris, Kat. der Slg. 1891, Bois et Pierres de Munich, Taf. II u. III.) Für größere Statuetten ist B. nur ganz ausnahmsweise verwendet worden. Als das bedeutendste Beispiel sei die im Deutschen Mus. in Berlin verwahrte, fast 40 cm hohe Statuette einer Maria mit dem Kinde (Abb. 2) genannt, die bezeichnenderweise dem oberrheinischen Kunstkreis angehört und als Vorstufe zur Dangolsheimer Madonna von besonderer Bedeutung ist. Spuren alter Bemalung, die sich an ihr erhalten haben, beweisen, daß man auch bei B. auf eine farbige Belebung nicht völlig glaubte verzichten zu können.
Im 16. Jh. steht das B. an hervorragender Stelle. Mit dem Aufblühen der Kleinplastik [1] wird es das bevorzugte Material für das Kabinettstück, für Statuetten und Reliefs, für Goldschmiede- und Medaillen-Modelle (als Ersatz dienten Obsthölzer: Apfel- und Birnbaumholz, RDK II, Sp. 767f. u. RDK I, Sp. 1055/56, Abb. 5). Ein Künstler wie Conrat Meit von Worms, der Hofbildhauer der Margarete von Österreich, hat, soweit wir sehen, mit nur einer Ausnahme (der in Alabaster ausgeführten Judith, B. N. M. München) für seine Kleinplastik ausschließlich B. verwendet (Abb. 3; [1]). Die Vorzüge des Holzes, die Härte und gleichmäßige Struktur, vor allem aber wohl die schöne Farbe, werden neben dem immer noch maßgebenden Gedanken, ausländisches und besonders kostbares Holz zu verwenden, die Künstler bewogen haben, dem B. den Vorzug zu geben. Soweit wir das erhaltene Material an deutscher Kleinplastik zu übersehen vermögen, will es scheinen, daß es ein mehr „höfisches“ Material gewesen ist, bestimmt für den fürstlichen Sammler oder Auftraggeber. Und so sind – um das markanteste Beispiel zu nennen – die eigenartigen und sicherlich nur für höfische Kreise bestimmt gewesenen Gliederpuppen [1], die sich als „Mannequins“ in den fürstlichen Sammlungsinventaren finden und in keinem der uns erhaltenen Verzeichnisse fehlen, ausnahmslos in B. geschnitzt. Die Goldschmiede, die aus technischen Gründen für ihre Modelle hartes Holz bevorzugen und schon darum auf das hierfür hervorragend geeignete B. hingewiesen wurden, haben es sowohl als Patrone für die Treibarbeit wie als Modell für den Edelmetallguß verwendet. Hierzu mag kommen, daß die Modelle gleichzeitig auch Sammelobjekte waren und ihre Bedeutung für den fürstlichen Sammler durch die Verwendung des kostbaren Holzes einen eigenen Anreiz bot (Abb. 4, 5). Eine besondere Rolle spielt das B. auf dem Gebiete der Porträtmedaille, die in Deutschland im 16. Jh. ihre klassische Ausbildung erfahren hat. Neben dem sog. Stechstein, der vornehmlich in Nürnberg verwendet worden ist, kommt in Augsburg – und zwar durch Hans Schwarz – das Medaillenmodell aus Holz (B., als Ersatz: Birnbaum und seltener Lindenholz) in Übung (Abb. 5). Die Modelle – zum Treiben und Gießen – (über die Habich in seinem Corpus der deutschen Schaumünzen [5] ausführlich berichtet), die gelegentlich auch eine leichte farbige Behandlung zeigen, waren zugleich auch Schaustücke, die eifrig gesammelt wurden und bald in keiner Kunstkammer fehlen durften. Die Verwendung von Holzmodellen für die Porträtmedaillen bleibt indessen auf die 1. H. 16. Jh. beschränkt. Nach Habich ist das doppelseitig geschnittene B.-Modell des Anton Sänftl im Berliner Münzkabinett, das 1545 datiert ist, bereits das letzte Beispiel dieser Art. Und schon das 1583 datierte, mit einem doppelten H signierte B.-Stück des Simon Eberwein steht (nach Habich, Bd. I, Corpus der Schaumünzen, S. VIII, erwähnt) völlig vereinzelt da.
Im 17. J h. hat das B. seine Beliebtheit für die Kleinplastik nicht verloren, wenn es auch hinter dem Elfenbein, dem bevorzugten Material des Barockzeitalters, weit zurücksteht. Von allen Hölzern kam das B. dem Geschmack der Zeit am weitesten entgegen. Die erhaltenen Arbeiten verteilen sich über alle Jahrzehnte des Jahrhunderts. Am bekanntesten sind die Arbeiten von Leonhard Kern (1588–1663), von dem die Museen in Berlin, Darmstadt, Hamburg u. a. charakteristische Kleinplastiken besitzen. Zum Unterschied von den Künstlern des 16. Jh., die auch bei B. auf farbige Hilfen am Haar, an den Augen oder am Munde nicht ganz glaubten verzichten zu können, haben die Barockkünstler bis auf verschwindende Ausnahmen auf Farbe völlig verzichtet. Nur ganz vereinzelt werden die Augen farbig behandelt.
Mit besonderer Vorliebe haben sich die Künstler der retrospektiven Bewegung, die vorwiegend in Nürnberg beheimatet war, des B. bedient. Es sind die sog. Kunstkammerstücke [6], die in der Nachahmung von Kleinplastiken vom A. 16. Jh. zumeist als Fälschungen entstanden sind. Neben Arbeiten in Stein sind Reliefs, Medaillenmodelle und Porträtstücke gefälscht worden, wobei das B. aus verständlichen Gründen eine ausschlaggebende Rolle gespielt hat. Das bekannteste Beispiel dieser Art ist das Porträtstück mit dem Bildnis des Erasmus, das aus der Sammlung v. Lanna stammt und sich heute im Deutschen Mus. in Berlin (Nr. M. 119) befindet.
Im 18. J h. ist das Porzellan das bevorzugte Material für die Kleinplastik. Holz spielt eine untergeordnete Rolle. B. kommt nur gelegentlich noch vor. Eine Ausnahme bildet der Danziger Bildhauer Joh. H. Meißner (1700–1770), der zahlreiche Statuetten und Reliefs in B. geschnitzt hat. Außer einigen Porträtreliefs und den beiden Gruppen von Joh. Peter Benkert (1709–1769) im Deutschen Mus. in Berlin (Nr. M. 143/144), bei denen es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Modelle für Gartenplastiken handelt, sind nennenswerte Arbeiten des 18. Jh. in B. nicht bekannt.
Im 19. J h. ist B. im wesentlichen für Fälschungen benutzt worden, die damals im engsten Zusammenhang mit dem unvergleichlichen Aufschwung des privaten und staatlichen Sammelwesens zahlreich entstanden sind.
Zu den Abbildungen
1. Berlin, D. M., Relief mit Johannes d. T. Rheinisch, E. 14. Jh. H = 15 cm. Phot. Gust. Schwarz, Berlin.
2. Berlin, D. M., Maria m. Kind. Oberrheinisch M. 15. Jh. H = 39,5 cm. Phot. Gust. Schwarz, Berlin.
3. Conrat Meit (* um 1475), Bildnisbüste (Herzog Philibert v. Burgund?), 1. H. 16. Jh. H = 11,6 cm. Berlin, D. M. Phot. Staatl. Bildstelle Berlin.
4. Peter Dell d. Ä. (um 1480–1552), Plakette mit Bildnis des Jakob Woler. 7,4 × 6,7 cm. München B. N. M. Inv. Nr. 28/59. Phot. Mus.
5. Christoph Weiditz (um 1500–1559), Holzmodell f. d. Bildnismedaille des Jörg Fegelin, 1532. Dm 62,5 mm. Berlin, D. M. Phot. Mus.
s. a. RDK I, Sp. 147, Abb. 17: Weiditz, Adam und Eva.
Literatur
1. E. F. Bange, Die Kleinplastik der deutschen Renaissance in Holz und Stein, München 1928 (besonders Taf. 44, 61ff., 104ff.). 2. Die Bildwerke des D.M., Bd. IV, E. F. Bange, Die Bildwerke in Holz, Stein und Ton, Kleinplastik, Berlin 1930. 3. Heinr. Kohlhaussen, Minnekästchen im Mittelalter, Berlin 1928. 4. Max Sauerlandt, Kleinplastik der deutschen Renaissance, Leipzig 1928. 5. Georg Habich, Die deutschen Schaumünzen des 16. Jh., Bd. I, 1 und I, 2, München 1929 und 1931. 6. Ders., Kunstkammerstücke, Arch. f. Medaillen- und Plakettenkunde, Jg. 4, Halle 1924, S. 1ff.
Empfohlene Zitierweise: Bange, Ernst Friedrich , Buchs, Buchsbaum, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. III (1950), Sp. 3–9; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=92437> [04.04.2022]
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