Canons

Aus RDK Labor
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englisch: Canons; französisch: Canons; italienisch: Canons (Cannoni).


Margarete Braun-Ronsdorf (1952)

RDK III, 320–323


RDK III, 321, Abb. 1. Joh. Ulrich Mayr, um 1670.
RDK III, 321, Abb. 2. Andreas Stech, um 1670-80.

C. (canions, canyons; Herkunft des Wortes wohl aus dem ital. cannone [5]), ein Kleidungsstück, das unter den Knien als Abschluß der engen, langen Hosen oder unter den „Rheingrafenhosen“ als oberer Abschluß der Stiefel beim männlichen Kostüm des 16./17. Jh. Verwendung fand.

Die C. kamen um 1570 über Frankreich aus Italien und eroberten sich als eine Art modisches Strumpfband ganz Westeuropa. Es ist schwer festzustellen, ob sie immer ein selbständiges Kleidungsstück waren, oder ob sie im 16. Jh. nur als Umschlag der dicken Stiefelstrümpfe angesehen werden müssen. Im 16. Jh. waren sie noch nicht sehr weit, sondern umspannten knapp das Bein unterhalb des Knies, wo die Hose aufhörte. Sie waren meist aus derben, gestärkten, weißen Spitzen angefertigt, deren Muster denen der Spitzen von Kragen und Manschetten entsprachen. Die C. verdeckten ebenso den Hosenabschluß am Knie wie auch den oberen Stiefelabschluß und wirkten daher wie über die Stiefel geschlagene Stiefelstrümpfe (s. RDK I 325/6 Abb. 1).

Im Laufe des 17. Jh. werden die C. durch reiche Faltengebung umfangreicher und passen sich so der Form der Rheingrafenhose (rhingrave) an, einer Erfindung des Pfalz- und Rheingrafen Carl (1651–85), die wie ein weiblicher kurzer Rock wirkte (Abb. 1). Die C. umspielen das Bein vom Knie abwärts wie mit einem Röckchen und sind ein selbständiges Bekleidungsstück geworden, das man unterhalb des Knies umbindet wie ein Strumpfband (Abb. 2).

Das Material ist nun neben weißer Spitze meist gestärkter Batist oder feines, holländisches Leinen mit Spitzenbesatz. Auch Seide wird in der Farbe des Kostüms verwandt, wie auf dem Bildnis eines unbekannten Herrn von G. Terborch (E. Plietzsch Taf. 86). Aber nur selten sind die C. so dunkel wie hier. Um diese Zeit trägt man die C. sogar zwei- und dreifach übereinander.

Mit dem Aufgeben der Rheingrafenhosen und dem Aufkommen eines festeren, geschlosseneren Kostümumrisses verschwinden die C. kurz vor der Wende zum 18. Jh.

Zu den Abbildungen

1. Joh. Ulrich Mayr (1640–1704), Bildnis Herzog Maximilian Philipps von Bayern, um 1670. Ehem. Dresden, Priv.Bes. des Königs von Sachsen. 2.13 × 1.32 m. Nach G. Biermann, Dt. Barock und Rokoko, Lpz. 1914, Bd. I Abb. 20.

2. Andreas Stech (1635–1697), Spaziergang zweier Patrizier vor den Toren von Danzig, um 7670–80, signiert (Ausschnitt). Braunschweig, Anton-Ulrich-Mus. Nr. 556. 0.86 × 1.13 m. Phot. Rupr. Rieger, Braunschweig.

Literatur

1. Philip Stubbes, Anatomy of the abuses in England, 1583. – 2. Gay I S. 274. – 3. M. v. Boehn, Menschen und Moden im 17. Jh., München 19133, S. 114ff. – 4. F. M. Kelly, What are „canions“? Burlington Mag. 32, 1918, S. 102ff. – 5. Hipp. Roy, La vie, la mode et le costume en France, Paris 1823. – 6. Herb. Norris, Costume and Fashion, London/Toronto 1933. – 7. M. M. Leloir, Histoire du Costume de l’antiquité à 1914, Bd. IX, Paris 1934, S. 28. – 8. S. Fl. Christensen, Zur Kostümgeschichte d. 17. u. 18. Jh., Zs. f. hist. Waffen- u. Kostümkunde. N. F. 8, 1943, S. 6f. u. 14, Abb. 15ff. u. Taf. IV.