Cato

Aus RDK Labor
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englisch: Cato; französisch: Caton; italienisch: Catone.


Leopold Ettlinger (1952)

RDK III, 380–383


RDK III, 379, Abb. 1. Halberstadt, um 1200.
RDK III, 381, Abb. 2. Heidelberg, um 1430.
RDK III, 383, Abb. 3. Basel, 1473.

M. Porcius Cato Priscus, oder Censorius (234 v. Chr. – 149 v. Chr.), der sittenstrenge Verteidiger alter Römertugend und Verfasser eines Buches über die Landwirtschaft, und Marcus Porcius Cato Uticensis (95 v. Chr. – 46 v. Chr.), der Urenkel des Vorigen, der sich als überzeugter Republikaner nach der Schlacht bei Thapsus in Utica das Schwert in die Brust stieß, sind in mittelalterlichen Darstellungen nicht unterschieden worden. C. galt als Philosoph schlechthin, als der Verfasser einer moralisierenden Spruchsammlung, die unter dem Namen C. moralissimus, oder Disticha Catonis, bekannt war (J. Nève, Catonis Disticha, 1926).

Als Philosoph erscheint C. zu Ende des 12. Jh. auf dem Halberstädter Karlsteppich (Kurth, Bildteppiche I, S. 32 u. 50ff.; Abb. 1). Dargestellt ist Karl d. Gr., umgeben von vier männlichen Gestalten mit Spruchbändern, von denen die unteren als Seneca und C. bezeichnet, die oberen nicht mehr zu deuten sind. C.s Spruchband trägt die Inschrift: DENIGRAT MERITUM DANTIS MORA. Es ist wahrscheinlich, daß diese Darstellung über ein karolingisches Vorbild auf die Spätantike zurückgeht. Dies Auftauchen C.s und das religiösen Darstellungen nahestehende Kompositionsschema mag damit erklärt werden, daß C. als einer der Vorläufer des Christentumes galt (R. Krautheimer, The Carolingian revival of early christian architecture. Art Bulletin 24, 1942, S. 31).

Weiter erscheint C. als einer der „Sieben Weisen“ (W. Vöge, Jörg Syrlin II, Bln. 1950, S. 182f.). Da diese jedoch nicht immer benannt sind, oder die Tituli nicht erhalten sind, waren C.darstellungen ursprünglich sicher weit zahlreicher, als es heute erscheint. Es kann als gesichert gelten, daß C. unter den Figuren des Hansasaals in Köln war (Clemen, Got. Mon.Mal., Text S. 247). Im Disputationsschema erscheint er in einem deutschen Wahrsagebuch des 15. Jh. neben Aristoteles (Abb. 2) und auf einem Bildteppich des 15. Jh., früher im Schloßmuseum Berlin (Kurth, Bildteppiche I, S. 274 und Taf. 316 b), wo er mit Augustinus, Job, Seneca und Salomon zusammen dargestellt ist.

Den historischen C. finden wir im Spät-MA, z. B. in Darstellungen der Geschichte Caesars, wie den Bildteppichen von 1460–70 im Hist. Mus. Bern (Inv. Schweiz 16, Abb. 328), doch wird C. auch mit Cassius verwechselt.

Die Disticha Catonis (s. o.), schon im MA sehr beliebt und ins Deutsche übersetzt, waren in der Renaissance eine Art Schulbuch, das schon früh sowohl lateinisch wie auch deutsch gedruckt wurde [1]. Viele dieser Ausgaben stellen C. als Lehrer dar, mit einem (Abb. 3) oder mit mehreren Schülern ([2]. – Vgl. auch Accipies-Holzschnitt, RDK I 111). Diese Tradition lebt dann in den C.sprüchen auf den Vignetten von Sprichwortsammlungen weiter (M. Boas, Het Boek Bd. 20, 1931, S. 324ff.).

In diesen Zusammenhang gehört auch die Erscheinung C.s im ersten Gesang des Purgatorio der Divina Commedia Dantes, wo er Wächter des Läuterungsberges ist. Italienische Hss., Signorelli und Botticelli haben diese Scene dargestellt [3], und Julius Hübner hat sie 1839 für den Entwurf zu einer Titelseite zum Purgatorio benutzt (P. Schubring, Dantes Göttliche Komödie in Zeichnungen deutscher Romantiker, S. 88).

Erst die Renaissance hat die beiden C. klar geschieden und historischen Abstand zu ihnen gewonnen. Jost Amman in seiner deutschen Livius-Ausgabe von 1568 stellt den älteren C. als Gesetzgeber dar (Andresen Bd. I, S. 326), und seit dem 16. Jh. wird als eine Folge des neuen Interesses an stoischer Philosophie und der Lektüre Plutarchs, der die Lebensbeschreibung der beiden C. gibt, der Selbstmord des C. Uticensis dargestellt, so von Beccafumi im Pal. Bindi-Sergardi, Siena. Das gleiche Thema behandelt auch ein Matthias Stomer zugeschriebenes Bild im Museo dei Benedettini, Catania (Thieme-Becker 32 S. 109 und 37 S. 317). Besonders die französische Kunst hat dies Thema dann gern dargestellt (Le Brun, Louvre; Poussin, Zeichnung in Windsor; Delacroix, Montpellier).

Die deutsche Kunst des 18. und 19. Jh. bevorzugte Porträts (Chodowiecki, Kupferstich) oder zeigte C. als Familienvater und Landwirt (G. F. E. Wächter, gestochen von Rahl; J. D. Schubert, gestochen von M. Haas).

Zu den Abbildungen

1. Halberstadt, Domchor. Karlsteppich, niedersächsische Wirkarbeit 1186–1203. Nach Kurth, Bildteppiche II Taf. 11.

2. Heidelberg, Univ.Bibl. Deutsches Wahrsagebuch, Ms.pal.germ. 7, fol. 2 r: bayerisch um 1430. Nach H. Wegener, Bilder-Hss. des späten MA in der Heidelberger Univ.Bibl., Lpz. 1937, Abb. 30.

3. Titelholzschnitt zum Cato, Basel, Martin Flach 1473. Nach Schreiber-Heitz [2] Abb. 1.

Literatur

1. Gesamtkatalog der Wiegendrucke Bd. VI, Leipzig 1934, Sp. 297ff. – 2. W. L. Schreiber und Paul Heitz, Die deutschen „Accipies“ und „Magister cum discipulis“ - Holzschnitte, Straßburg 1908; bes. unter den Nummern: 1, 2, 4, 12 a, 13, 15, 18, 20, 22, 23, 25, 35, 39, 40, 41, 61, 62, 73. – 3. P. Schubring, Illustrationen zu Dantes Göttlicher Komödie, Zürich-Leipzig-Wien 1931, Abb. 181, 184, 185, 186, 187, 189 und S. 104ff.