Dismas und Gestas

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englisch: Dismas and Gestas; französisch: Dismas et Gestas; italienisch: Disma e Gesta.


Friedrich Zoepfl (1955)

RDK IV, 83–87


RDK IV, 83, Abb. 1. Konrad von Soest, 1404, Wildungen.
RDK IV, 83, Abb. 2. Konrad von Soest, 1404, Wildungen.
RDK IV, 85, Abb. 3. P. P. Rubens, um 1618, München.

(D. = Dismas, G. = Gestas).

D. ist der zur rechten, G. der zur linken Seite Christi gekreuzigte Schächer.

In der biblischen Überlieferung (Mt. 27, 38. 44; Mk. 15, 27. 32; Lk. 23, 32f. 39–43; Jo. 19, 18. 31f.) sind die Schächer unbenannt. Namen kommen für beide zuerst in den Apokryphen (Arabisches Kindheitsevangelium, Pilatusakten) vor und sind nicht einheitlich. Der zur Rechten Christi gekreuzigte Schächer führt die Namen Dismas, Demas, Joathas, Titus, Zoatham, Zoathan; der zur Linken heißt Gestas, Gistas, Cestas, Camma, Cammatha, Dumachus, Maggatras. In den Apokryphen ist auch ihr Leben legendär ausgeschmückt. Von D. werden im besonderen Wohltaten berichtet, die er der heiligen Familie bei der Flucht nach Ägypten erwies. Als „sanctus latro“ wurde er in das römische Martyrologium aufgenommen. Sein Fest wird in der Ostkirche am 23., in der abendländischen Kirche am 25. März gefeiert. Beim Volk stand D., namentlich in der Barockzeit zumal in Bayern und Österreich, in großer Verehrung. Er war Patron der Sterbenden, der zum Tod verurteilten Verbrecher sowie der Fuhrleute, die sich auf einsamen Wegen räuberischen Überfällen ausgesetzt sahen; er wurde gegen Diebstahl und Unbußfertigkeit wie auch in schwierigen Rechtslagen angerufen. In der bildenden Kunst erscheinen die beiden Schächer bei Darstellungen der Kreuzigung Christi, so bereits auf der Holztür von Sta. Sabina in Rom, um 430. Beide hängen häufig an T-förmigen Kreuzen (crux commissa), an denen sie mit Stricken festgebunden sind. Über D. wird seit dem 14. Jh. gern ein Engel dargestellt, der die entweichende Seele in Empfang nimmt, während ein Teufel die Seele des linken Schächers entführt: Konrad von Soest, Niederwildunger Kreuzigungsaltar, 1404 (Abb. 1 u. 2); Miniatur des Laurin v. Klattau im sog. Hasenburgischen Meßbuch, 1409 (Wien, Nat. Bibl. Cod. 1844); Soester Meister, Altartafel der Paulikirche in Soest, um 1410. – Am Kreuz eines jeden Schächers hängen Keule und Säbel, die Werkzeuge, womit ihnen die Gebeine gebrochen wurden: Meister des Schöppinger Altars, Mitteltafel des Passionsaltars aus der Wiesenkirche Soest im K. F. M. Berlin, 1450–1470; Hans Burgkmair, Kreuzaltar in den Bayer. St. Gem.Slgn., 1519; weitere Beisp. und Abb. bei Burger-Schmitz-Beth, Hdb. d. Kw. Ein Engel, der die Seele D. auf dem Arme trägt, steht neben dessen Kreuz, während neben dem linken Schächer der Höllenrachen sich öffnet: Concordantia caritatis des Ulrich von Lilienfeld, um 1360 (Ebd. I, S. 210, Abb. 244). Die Aufnahme des guten Schächers in das Paradies zeigt Ed. v. Steinle in einer Sepiazeichnung v. 1875 (E. v. Steinle. Des Meisters Gesamtwerk, hrsg. von Alphons M. von Steinle, Kempten u. München 1910, Abb. 80).

Bei Darstellungen des Jüngsten Gerichtes steht D. mit seinem Kreuz manchmal neben der geöffneten Himmelstür (Mosaik im Dom von Torcello, 12. Jh.; [8], Abb. 307), oder er führt den Chor der Seligen an, die durch die Paradiesespforte in den Himmel eingehen (Hortus deliciarum). Da ihm das Paradies verheißen wurde, wird er auch Eva gegenübergestellt, die des Paradieses verlustig ging (RDK I 152).

Einzeldarstellungen des D. sind im MA selten (Gewölbemalerei im Kapitelsaal zu Brauweiler, 4. V. 12. Jh.), häufig dagegen im 18. Jh. Altarfiguren des hl. D. (gern an Kreuzaltären) finden sich z. B. in Neustift bei Freising, Rott am Inn, Raisting bei Weilheim, Holenbach Krs. Aichach, Oberammergau (von Frz. X. Schmädl, um 1756–62). Ein Hochrelief des 18. Jh. bewahrt die Pfarrkirche Wald in Steiermark, ein Gemälde die ehem. Jesuitenkirche Landsberg a. L., ein weiteres in Flintsbach Lkrs. Rosenheim (P. v. Bombard II, 1, S. 177). Am häufigsten treten D.-Figuren in Bayer. Schwaben auf.

Rubens hat D. auf einem Gemälde in der A. Pin. München (Kat. 1936, Nr. 329) als reuigen Sünder dargestellt (Abb. 3). J. Klauber schuf einen Stich mit Schilderung von D. Kreuzigung. Abgebildet wird D. entweder am Kreuze hängend (Brauweiler, Landsberg, Stich von Klauber) oder stehend mit dem Kreuz in der Hand oder kniend mit Keule; in Neustift hat er außer dem Kreuz eine Kette, die ihn als früheren Verbrecher kennzeichnen soll; in Buchau a. F. trägt ein Putto neben ihm eine Keule, während ein tot am Boden liegender Putto D. als Mörder kennzeichnet.

An den Schächern hat sich neben anderen Vorwürfen die Aktdarstellung in der christlichen Kunst entwickelt.

Zu den Abbildungen

1. und 2. Konrad von Soest, Niederwildunger Altar, Ausschnitte aus dem Kreuzigungsbild: Dismas (bez. „Jasmus“) und Gestas (bez. „Dismas“). Dat. 1404. Bad Wildungen, Stadtkirche. Eichenholztafel. Fot. Marburg 131 891 und 131 891 A.

3. P. P. Rubens, Christus und die reuigen Sünder. Um 1618. München, A. Pin. Holztafel. Fot. Bayer. St. Gem. Slgn., München.

Literatur

1. Joh. Evang. Stadler u. Fr. Jos. Heim, Vollständiges Heiligen-Lexicon I, Augsburg 1858, S. 770f. – 2. Peter Jessen, Die Darstellung des Weltgerichts bis auf Michelangelo, Berlin 1883, S. 9. – 3. Wetzer-Welte 3, Sp. 1829. – 4. Rud. Pfleiderer, Die Attribute der Heiligen, Ulm 19202, S. 97f. – 5. Bergner, S. 517f., 537. – 6. Dietr. Heinr. Kerler, Die Patronate der Heiligen, Ulm 1905, S. 65; 371f.; 382. – 7. Molsdorf, S. 66 Nr. 413; S. 110 Nr. 789. – 8. Künstle I, S. 446–468; 521–557. – 9. Doyé I, S. 273. – 10. Buchberger 3, 346f.; 4, 465. – 11. Hugo Schnell, Der baierische Barock, München (1936), S. 156, 172. – 12. Oscar Doering, Christliche Symbole, 2. Aufl. v. Mich. Hartig, Freiburg i. Br. 1940, S. 60, 99f. – 13. Braun, Tracht und Attribute S. 188f. – 14. Joh. Reil, Die frühchristl. Darstellungen der Kreuzigung Christi, Leipzig 1904, S. 92f. – 15. Leop. Kretzenbacher, St. Dismas, der rechte Schächer. Legenden, Kultstätten und Verehrungsformen in Innerösterreich, Zs. d. Hist. Ver. f. Steiermark 42, 1951, 119–39.

Verweise