Dreizack
englisch: Trident; französisch: Trident; italienisch: Tridente.
Hans Martin von Erffa (1955)
RDK IV, 556–561
D. (lat. tridens) nennt man einen längeren oder kürzeren Stab mit einem Horizontalbalken, an dem wiederum drei vertikale Spitzen mit Widerhaken angebracht sind. Diese Grundform kann nach dekorativen Gesichtspunkten variiert werden.
Es ist strittig, ob der D. ursprünglich ein Werkzeug des Fischfangs, ähnlich der Harpune, gewesen ist oder ein Symbol des Blitzes [5]. Zumindest die Griechen verwendeten ihn zum Stechen größerer Fische, die Römer daneben als Gladiatorenwaffe für Netzfechter in den Zirkusspielen.
Der D. dient seit der Antike als wichtigstes Attribut Poseidons bzw. bei den Römern Neptuns, der ihn als Zepter trägt. Nach der Sage erhielt Poseidon den D. am Ende des siegreichen Titanenkampfes von den Zyklopen, die ihn geschmiedet hatten. Der D. galt den antiken Völkern als das Symbol der Herrschaft über das Meer schlechthin, da er die dreifache Fähigkeit besaß, das Meer zu erhalten, es aufzuwühlen und zu beruhigen (weitere Kräfte des D. siehe [5]). Bezeichnend ist die Erzählung vom Diebstahl des D. durch Merkur, der mit seiner Hilfe befähigt wurde, die Seefahrt auszuüben. Die Antike gab den D. auch anderen Seegöttern und -halbgöttern in die Hand, so z. B. Amphitrite, Galathea, den Tritonen, Nereus und seinen Töchtern, den Nereiden [2].
Über die Formen, die der D. in der antiken Kunst angenommen hat, s. Roscher 3, Sp. 2856f. (Heinr. Bulle). Als Symbol der Seeherrschaft tritt der D. auch auf antiken Münzen auf, besonders solchen, die von Seestädten geprägt wurden [5].
Unter den frühesten christlichen Symbolen findet sich, neben dem Delphin und oft in Verbindung mit diesem, auch der D., der wegen seiner Zusammengehörigkeit mit dem Fisch einerseits, seiner Ähnlichkeit mit dem Kreuz andererseits, wenn auch nur selten, zum Schmuck in den Katakomben und auf christlichen Geräten verwendet wurde.
Beste Zusammenstellung bei Leclercq [6]; s. auch J. B. Frey, Il delfino col tridente nella catacomba giudaica di via Nomentana, Rivista di archeol. crist. 8, 1931, 301–14.
Delphin mit D. als Siegelzeichen auf einem Onyxring (Bull. di archeol. crist. II. Ser. 1, 1870, Taf. 4); ein Schild in Neapel mit D., Anker, Krebs und Delphin, der um einen D. gewunden ist (Ebd.); Epitaph des Victorianus, Rom, Calixtkatakombe (Ebd. S. 58); D. von Delphinen flankiert auf dem Epitaph des Vitalius Ementius, Rom, Priscillakatakombe (Ebd. IV. Ser. 5, 1887, Taf. 18); Graffitto in der Priscillakatakombe (Ebd. 6,1888/89, Taf. 6f.); Wandbilder in der Calixt- und der Praetextatkatakombe (G. Wilpert, Roma sotterranea, Rom 1903, Taf. 39 und 106); Lampe in Hildesheim, Pelizaeus-Mus. (Abb. 1); koptische Webarbeit aus Achmim-Panopolis (Rob. Forrer, Die frühchr. Altertümer aus dem Gräberfelde von A.-P., Straßburg 1893, Taf. 14).
Vorübergehend wurde der D. im 4./5. Jh. sogar zum Dreifaltigkeitssymbol [6, Sp. 2784].
Hierauf geht möglicherweise die Darstellung der Ekklesia mit einem D. auf einem Elfenbeinbuchdeckel in London zurück (V.A.M., Inv. Nr. 266.67; Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen 1, Nr. 132, Taf. 57).
Im 7. Jh. findet sich der D. in Verbindung mit Schiffen auf einigen englischen Goldmünzen (wahrscheinlich von Winchester; George C. Brooke, English Coins from the 7th C. to the Present Day, New York 1932, Taf. 1).
Das MA hat den D. vereinzelt als Attribut Neptuns verwendet (s. d.). Als eine Ausnahme kann die – vielleicht irrtümliche – Verwendung des D. als Attribut des Gottes Pluto (dem sonst zuweilen ein „Zweizack“ beigegeben wird) in einer Hs. von Augustinus’ Gottesstaat in Schulpforta gelten (Abb. 2). Der D. darf indes nicht mit der – oft dreizinkigen – Forke verwechselt werden, die den Teufeln auf Darstellungen der Hölle, des Weltgerichts u. dgl. in die Hand gegeben wird.
Die Neuzeit hat die antike Verwendung des D. als Attribut der Meergottheiten wie auch als Symbol des Meeres oder gar des Wassers überhaupt wieder aufgenommen. So gehört eine Darstellung der Amphitrite mit dem D. als Allegorie des Wassers in eine Folge der vier Elemente (Abb. 3; vgl. Jb. Kaiserh. 15, 1894, 72ff.). – Seiner Verwendung als Fechtwaffe in der Antike verdankt der D. die – wenn auch seltene – Übernahme in den Motivschatz der Trophäen (z. B. Elisäus Liebaerts, Entwurf für einen Helm, 3. V. 16. Jh., in der St. Graph. Slg. München, Inv. Nr. 14 534).
Zu den Abbildungen
1. Hildesheim, Pelizaeus-Mus., Inv. Nr. 899, Tonlampe mit Relief: Delphin und Dreizack. Erste Jhh. n. Chr., römisch. Fot. Helm. Wegener, Hildesheim.
2. Schulpforta (Thüringen), Bibl. der Staatsschule, Ms. lat. A 10, fol. 3. Augustinus, De Civitate Dei. Sächsisch, um 1180. Nach A. de Laborde, Les mss. à peintures de la Cité de Dieu, Paris 1909, Bd. 3 Taf. 3.
3. Paulus van Vianen, Fuß einer Jaspiskanne. Darstellung der vier Elemente, hier: Amphitrite (Wasser). Massiv Gold, gegossen. Wien, Kh.Mus., Slg. für Plastik u. Kgwb., Inv. Nr. 1866. Sign. u. dat. 1608. Fot. Mus.
Literatur
1. Friedr. Wieseler, Commentatio de vario usu tridentis apud populos veteres, imprimis apud Graecos et Romanos, Göttingen 1872. – 2. Ders., De diis Graecis Romanisque tridentem gerentibus, Göttingen 1872. – 3. Christian Blinkenberg, The Thunderweapon in Religion and Folklore, 1911. – 4. Ebert, Reallexikon 2, S. 462. – 5. Pauly-Wissowa 22, 1 (1953), Sp. 478–80. – 6. Cabrol-Leclercq 15, 2 (1953), Sp. 2781–85.
Verweise
Empfohlene Zitierweise: Erffa, Hans Martin von , Dreizack, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. IV (1955), Sp. 556–561; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=93087> [05.04.2022]
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