Eisenbläuung

Aus RDK Labor
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englisch: Iron blueing; französisch: Bleuissage de l'acier, oxydation au bleu; italienisch: Brunitura, violacea.


Bruno Thomas und Ortwin Gamber (1957)

RDK IV, 1104–1109


RDK III, 1221, Abb. 4. Berlin, um 1660-80.
RDK III, 1225, Abb. 6. Berlin, 1620-30.
RDK III, 1225, Abb. 8. Dresden, M. 18. Jh.
RDK IV, 1071, Abb. 11. Jakob Topf und Elias Stark, 1582-83, Wien.
RDK IV, 1103, Abb. 1. Lorenz Helmschmied, 1477, Wien.
RDK IV, 1105, Abb. 2. Hans Sumersperger, 1496, Wien.
RDK IV, 1107, Abb. 3. Anton Peffenhauser, 1591, Nürnberg.
RDK IV, 1107, Abb. 4. Hieronymus Ringler, um 1620, ehem. Berlin.
RDK IV, 1109, Abb. 5. Desiderius Helmschmied und Jörg Sigman, 1522, Madrid.

I. Begriff und Verfahren

Die E. ist eine absichtlich herbeigeführte Oxydation des geschmiedeten Eisens, um die Metalloberfläche vor der fressenden Oxydation, dem sogenannten Rost, zu schützen. Die E. entsteht durch einfaches Erhitzen des Metalles auf ca. 290–310° C. Ihr geht eine Gelb- und Rotfärbung voran, die bei uneinheitlicher Erwärmung des Stückes an den Rändern der gebläuten Stellen auftritt. Um daher einen größeren Eisengegenstand gleichmäßig zu bläuen, wurden von alters her verschiedene Hilfsmittel angewandt (z. B. Leinöl und feine Holzasche). In letzter Zeit kamen auch Bläuungsverfahren auf chemischem Wege auf.

II. Verwendung

Die E. läßt sich naturgemäß bei allen Eisengegenständen anwenden, spielte aber bei Waffen, namentlich als Schutz- und Verzierungsmittel von ganzen Plattenharnischen sowie – bis heute – von Feuerwaffen, eine besondere Rolle. Außerdem fand die E. vor allem beim Zubehör des Harnischs, bei Degengriffen, endlich bei Kassetten und Schlosserarbeiten Verwendung.

III. Verzierungsarten

Die ästhetische Wirkung der reinen E. bereicherte man durch zusätzliche Verzierungsverfahren, wobei der Farbklang blau-gold seit jeher die beherrschende Rolle spielte.

A) Blauätzung ist seit Mitte 15. Jh. nachweisbar, aber vermutlich älter. Die blau bleibenden Flächen wurden mittels Ätzgrund abgedeckt, die übrigen Partien dann durch warmen Essig blankgeätzt, zum Schluß der Ätzgrund wieder abgewaschen. Die Zeichnung stand dann blank auf blauem Grunde.

Beispiel: Roßharnisch Kaiser Friedrichs III. von Lorenz Helmschmied in Augsburg, 1477, Wien, Waffenslg. Inv.Nr. A 69 (Abb. 1).

B) Goldschmelz ist bei Harnischen und Blankwaffen vom letzten Jahrzehnt des 15. Jh. bis um 1530 nachweisbar, bei Feuerwaffen und Degenklingen noch im 18. Jh. geläufig. Die zur Vergoldung bestimmten Partien (Flächen und Linien) wurden herausgeätzt, die so entstandenen Vertiefungen zunächst verkupfert, dann mit Amalgamgold gefüllt, dieses eingebrannt („abgeraucht“), poliert, schließlich das Ganze bis zum Blauwerden der übrigen Fläche erhitzt.

Beispiel: Zeremonienschwert (Kaiser) Maximilians I. von Hans Sumersperger in Hall (Tirol), 1496, Wien, Weltliche Schatzkammer Inv.Nr. XIV, 4 (Abb. 2).

Nach 1530 wurde dieses komplizierte Verfahren vereinfacht. Gern setzte man nun Muster – vor allem Rankenwerk –, die goldgeätzt, d. h. zunächst geätzt und dann feuervergoldet waren, auf gebläuten Grund.

Beispiel: die 12 Fußturnierharnische Christians I. von Sachsen von Anton Peffenhauser in Augsburg, 1591, Dresden, Hist. Mus. Inv.Nr. C 10 (ferner Nürnberg, G.N.M. Inv.Nr. W 2770: Abb. 3; Berlin, Zeughaus; Leningrad, Ermitage).

Seit dem 17. Jh. wurde das Muster mit dem Pinsel als Malergold auf die gebläute Fläche aufgetragen. Damit ist es nach Goldschmelz und Goldätzung zum primitivsten und billigsten Vorgang gekommen. Hieronymus Ringler in Augsburg war der bedeutendste Vertreter dieser Technik.

Beispiele: Palienküriß Johann Georgs von Brandenburg-Jägerndorf, um 1620, ehem. im Berliner Zeughaus (Abb. 4); Harnisch für Mann und Roß Johann Georgs I. von Sachsen, 1622, Dresden, Hist. Mus. Inv.Nr. E 14; Roßstirn in München, B.N.M. Inv.Nr. W 1018/19, alle von Hieronymus Ringler in Augsburg.

C) Eisenbläuung in Verbindung mit Tauschierung. Die orientalische Technik des Tauschierens kam offenbar über Spanien nach Europa und wurde vom 2. Viertel 16. Jh. an namentlich in Italien sehr beliebt. Es handelt sich hierbei um das Ein- bzw. Aufklopfen von Edelmetalldrähten und Plättchen in Eisen, welches zur Hebung der Kontrastwirkung gebläut wurde. Gewöhnlich werden dabei ornamentale Muster verwendet.

Beispiele: die „Gebläute“ Harnischgarnitur eines Sohnes Erzherzog Ferdinands von Tirol von Jakob Topf und dem Goldschmied Elias Stark in Innsbruck, 1582/83, Wien, Waffenslg. Inv.Nr. A 1205 und A 1277 (s. Sp. 1071/72 Abb. 11); ferner Waffen, Kästchen, Möbelbeschläge in zahlreichen Sammlungen der Welt.

D) Eisenbläuung in Verbindung mit Treibarbeit, zur Färbung des Grundes, der Gewänder oder Fleischteile, neben Versilberung, Vergoldung und zumeist auch Tauschierung. Die Blütezeit dieser Verzierungsweise lag in Italien etwa zwischen 1530 und 1610. Flandern mit Antwerpen (Elisäus Libaerts) scheint ihm darin im Norden noch am nächsten zu kommen. In Deutschland ist der bedeutendste Konkurrent der Plattner Desiderius Helmschmied in Augsburg.

Beispiel: Prunkharnisch des nachmaligen Königs Philipp II. von Spanien von Desiderius Helmschmied und dem Goldschmied Jörg Sigman in Augsburg, 1552, Madrid, Real Armería Inv.Nr. A 239–242 (Abb. 5).

E) Eisenbläuung in Verbindung mit Eisenschnitt und meist auch Vergoldung. Diese Verzierungsart entwickelte sich an der höfischen Feuerwaffe nebst Zubehör und dem Prunkdegen im 16. Jh.; sie erreichte ihren Höhepunkt am Beginn des 17. Jh. Die bedeutendsten Vertreter waren die Münchener Eisenschneider Otmar Wetter, Emanuel und Daniel Sadeler, schließlich Kaspar Spät.

Beispiele: Schwert Kurfürst Maximilians I. von Bayern von Emanuel Sadeler, 1603–1623, München, B.N.M. Inv.Nr. W 589; Radschloßbüchse Kaiser Rudolfs II. von Daniel Sadeler, um 1610, Wien, Waffenslg. Inv.Nr. D 86 (Sp. 1069/70, Abb. 10); Hirschfänger und Rufhorn von Kaspar Spät, um 1640, Wien, Waffenslg. Inv.Nr. D 473; s. a. Degen (RDK III 1218–30 und Abb. 3, 4, 6 und 8).

Es ist damit zu rechnen, daß die E. in der Waffenschmiedekunst eine noch viel größere Rolle gespielt hat, als dies heute zum Ausdruck kommt. Wenn es nämlich dem Rost gelang, auch nur fleckenweise einzudringen, war die E. nicht mehr zu erhalten und das Stück wurde so unansehnlich, daß man die Bläuung durch Schmirgel entfernte, um das Aussehen des Gegenstandes zu retten. Viele heute blanke Harnische und Waffen waren ursprünglich sicherlich gebläut.

Zu den Abbildungen

1. Lorenz Helmschmied, Doppeladler vom Roßharnisch Kaiser Friedrichs III. Wien, Waffenslg. des Kh.Mus., Inv.Nr. A 69. Augsburg, 1477. Fot. Mus.

2. Hans Sumersperger, Detail vom Zeremonienschwert König Maximilians I. Wien, Weltliche Schatzkammer, Inv.Nr. XIV, 4. Hall in Tirol, 1496. Fot. Kh.Mus. Wien.

3. Anton Peffenhauser, Fußturnierharnisch für Kurf. Christian I. von Sachsen. Nürnberg, G.N.M., Inv. Nr. W 2770. Augsburg, 1591. Fot. Mus.

4. Hieronymus Ringler, Palienküriß Joh. Georgs von Brandenburg-Jägerndorf. Ehem. Berlin, Zeughaus (vormals Wien, Waffenslg. des Kh.Mus., Inv.Nr. B 160; seit 1945 verschollen). Augsburg, um 1620. Fot. Kh.Mus. Wien.

5. Desiderius Helmschmied (Plattner) und Jörg Sigman (Goldschmied), Detail vom Prunkharnisch des nachmaligen Königs Philipp II. von Spanien. Madrid, Real Armería, Inv.Nr. A 239. Augsburg, 1552. Fot. Mus.

Literatur

1. Frz. Maria Feldhaus, Die Technik, Lpz.-Bln. 1914, S. 21 (Art. Anlaßfarben). – 2. Die Zusammenstellung der Verzierungstechniken nach einem Manuskript von August Groß, Wien 1936.

Verweise