Elisabeth

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englisch: Elizabeth; französisch: Élisabeth; italienisch: Elisabetta.


Karl-August Wirth (1957)

RDK IV, 1425–1431


RDK III, 1071, Abb. 10. Joh. Ulrich Loth, 2. V. 17. Jh., Kirchheimbolanden.
RDK IV, 1425, Abb. 1. Augsburg, 2. V. 13. Jh.
RDK IV, 1427, Abb. 2. Jörg Syrlin d. Ä., 1469-74, Ulm.
RDK IV, 1427, Abb. 3. Michael Willmann, 1692-95, Grüssau.
RDK IV, 1429, Abb. 4. Schedels Weltchronik, 1493.
RDK IV, 1429, Abb. 5. Eulogia, 7. Jh.

I. Leben, Quellen

E., die Gemahlin des Priesters Zacharias, „war von den Töchtern Aarons“ (Lk. 1, 5) und trug den Namen der Stammutter des Geschlechtes (hebr. Elischeba = Gott ist die Fülle, die Vollkommenheit; vgl. zum Namen Buchberger Bd. 3, Sp. 629). Sie lebte zur Zeit des Königs Herodes I.

Das Lukasevangelium berichtet (1, 5ff.) von E., daß sie eine fromme Frau gewesen sei und daß ihre Ehe kinderlos blieb, weil sie unfruchtbar war. Durch göttliche Gnade wurde die schon betagte E. schwanger und gebar den hl. Johannes den Täufer. Während ihrer Schwangerschaft besuchte Maria, die Christus trug, die ihr verwandte E. (Heimsuchung Mariä); bei der Begrüßung überkam E. der Hl. Geist, und sie pries Maria und die Frucht ihres Leibes, die sie als den verheißenen Messias erkannte.

Über den biblischen Bericht hinaus überliefern n.t. Apokryphen, daß auf die Nachricht von Herodes’ Befehl, alle Kinder unter zwei Jahren zu töten, E. die Stadt verließ; im Hügelland der Umgebung fand E. aber keine Stelle, wo sie sich und ihr Kind hätte verbergen können. Auf ihr Gebet hin barg Gott beide im Inneren eines Hügels und gesellte ihnen einen Schutzengel bei, dessen lichte Erscheinung die Finsternis des Berginneren erhellte (Protevangelium Jacobi 22, 3: Montague Rhodes James, The Apocryphal N.T., Oxford 19535, S. 48). Über die Anwesenheit von E. und Anna bei der Aufnahme Mariä in den Himmel berichtet der Liber de dormitione Deiparae des Pseudo-Johannes, Kap. 49 (ebd. S. 209).

II. Darstellungen

Im folgenden Überblick über die bildlichen Darstellungen von E. sind nur solche Themen berücksichtigt, die jeweils unter besonderer Betonung heilsgeschichtlicher und genealogischer Gesichtspunkte aus dem biblischen Bericht abgeleitet wurden, sowie Schilderungen nach apokryphen Schriftquellen; für die im Lukasevangelium erzählten Begebenheiten aus E. Leben vgl. Heimsuchung Mariä, Johannes der Täufer, Zacharias; für die – nicht sehr häufigen – Darstellungen von E. als einer Heiligen s. Braun, Tracht u. Attr. Sp. 206 (s. a. Diederichs Bd. 1 Abb. 741).

Eines der ältesten Themen, in denen E. wiedergegeben ist, ist das bisher ikonographisch noch nicht untersuchte der Drei Mütter: E. mit dem Johannesknaben, Anna mit Maria und Maria mit dem Christkind. In einer freskierten Nische (Altarnische?, Reliquiennische?) in S. M. Antiqua zu Rom findet sich das älteste derzeit bekannte Beispiel für diese Darstellung, A. 8. Jh. (Wilpert, Mos. u. Mal. S. 711, Taf. 194; Carlo Cecchelli, Mater Christi Bd. 2, Rom 1948, Taf. 2 n. S. 64). Als Beleg aus der deutschen Kunst sind die drei stilistisch merkwürdig verschiedenen gravierten Täfelchen des Augsburger Städt. Mus., 2. V. 13. Jh. (Abb. 1), zu nennen, die möglicherweise Reste eines Reliquienschreines aus dem Augsburger Dom sind (frdl. Hinweis Dr. Norbert Lieb, Augsburg). Hier sind alle drei Frauen stehend dargestellt, während in Rom E. und Anna stehend die thronende Maria flankieren. Eine verwandte Darstellung fand sich in der Hs. München, St.B. Clm. 17403, fol. 6: E. und Anna, beide ohne Kinder, sind zu seiten der thronenden Muttergottes mit dem Kinde angeordnet (2. V. 13. Jh.). Bis ins 18. Jh. finden sich immer wieder vereinzelte Beispiele (vgl. die Holzskulpturen der Anna mit Maria und der E. mit dem Johannesknaben in Seeon, Obb., die urspr. einer älteren Muttergottes zugesellt waren). Wenn auch die systematische Untersuchung über das Thema der Drei Mütter noch aussteht, so darf doch wohl vermutet werden, daß in erster Linie heilsgeschichtliche Vorstellungen zur Konzeption dieses Themas führten, nämlich die durch das göttliche Gnadenwirken eingeleitete Mutterschaft und die Geburt der im Heilsplan an so bedeutender Stelle stehenden Kinder. Genealogische Gesichtspunkte dürften demgegenüber eine geringere Rolle gespielt haben (in zahlreichen Stammbäumen des Hoch-MA, z. B. in der genannten Münchner Hs., ist E. nicht unter die Verwandten Mariä gerechnet worden, und auch im späteren MA gab man Darstellungen der drei Marien mit ihren Kindern den Vorzug).

Ganz ungewöhnlich ist die Thematik des Initialbildes zum Lukasevangelium in der Hs. London, B.M. ms. Harley 2788, fol. 109, um 800: neben dem Hauptbild, der Verkündigung an Zacharias nach Lk. 1, 11, sind die Brustbilder Mariä und E. in Medaillons wiedergegeben (School of Illumination. Reproductions from Mss. in the B. M. 5, Carolingian and French to Early 14th C., London 1926, Taf. 2).

Da E. bei der Begegnung mit Maria die Bedeutung und Würde des von ihrer Verwandten getragenen Kindes erkannte, rückte sie in die Reihe der Propheten und Sibyllen, die auf die Geburt Christi hingewiesen hatten. Diese zunächst nur literarisch überlieferte Kombination findet sich in einem pseudo-augustinischen Sermon des 6. Jh. und wurde durch die seit Ende 11./ A. 12. Jh. nachweisbaren Hss. der Ordo prophetarum, geistlicher Weihnachtsspiele u. a. weit verbreitet (James Watson, The Early Iconography of the Tree of Jesse, Oxford und London 1934, S. 103 u. 148; Karl Young, The Drama of the Medieval Church Bd. 2, Oxford 19512, S. 132, 143, 151 u. 166, vgl. ferner ebd. S. 190, 192 u. 248ff.). Auswirkungen dieser Vorstellung auf die bildende Kunst sind gelegentlich nachzuweisen, doch scheint die indirekte Folge, die in der Eingliederung E. in die Reihe der berühmten Frauen beider Testamente besteht, bedeutsamer. Unter den Reihenbildnissen der berühmten Frauen seien diejenigen Jörg Syrlins am Ulmer Chorgestühl (Abb. 2) und H. Oertls „Ganz neuvermehrter geistlicher Frauen-Zimmer-Spiegel Alten und Neuen Testaments“, Zürich 1681, genannt.

Auf Grund der Angabe des Evangelisten Lukas, E. sei eine Verwandte Mariä (zu den Bemühungen, diesen allgemein gehaltenen Hinweis zu präzisieren: Cecchelli a.a.O. Bd. 2, S. 102ff.), wurde E. öfters in den Kreis der Personen aufgenommen, die sich zur Sippe Christi rechnen durften. Die Anwesenheit der E. in Sippenbildern ist jedoch nicht von allen Redaktionen dieses Themas gefordert (vgl. im einzelnen Sippe Christi).

Auch in der Genealogie Josephs (und selbstverständlich auch in derjenigen Johannes d. T.) wurde E. dargestellt, gewöhnlich zusammen mit Zacharias: vgl. etwa die Holzschnittillustration in Schedels Weltchronik, 1493 (Abb. 4), oder Mich. Willmanns Fresko in der Grüssauer Josephskirche, 1692–95 (Abb. 3). In einigen Fällen scheint auch die Anordnung von E. und Zacharias als Altarfiguren (Beispiele bei Braun a.a.O.) auf diesen Zusammenhang zurückzuführen zu sein.

Schließlich kommen E.-Bilder auch in erweiterten Darstellungen der Anna Selbdritt (etwa: Paderborn, Diöz.Mus., Holzskulptur der 2. H. 15. Jh., aus Badersleben) und der Heiligen Familie vor. Für die zuletzt genannte Thematik liefert vor allem die italienische Kunst seit der Hochrenaissance zahlreiche Beispiele (z. B. Gem. Giorgio Vasaris in der Wiener Gem.Gal., um 1540/50: Kat. 1938 Nr. 93; nicht selten dürfte es sich bei der älteren Frau, die Maria, dem Christkind und dem Johannesknaben zugesellt ist, um E. handeln und nicht um die Mutter Mariä). Analog zu Darstellungen der Hl. Familie findet man bisweilen solche der Familie des Zacharias, z. B. ein Gem. von M. J. Schmidt gen. Kremser-Schmidt (Fs. aus Alt-Krems, Krems 1895, Taf. 14).

Vereinzelt begegnet man E.-Darstellungen in solchen Bildern, die den biblischen Bericht um genrehafte Schilderungen erweitern. In der im 3. V. 15. Jh. für ein Mitglied der Familie Gonzaga geschaffenen Hs. Wien, N.B. Nr. 1379 (Salisb. 14), ist fol. 12 v ein Gemach geschildert, in dem der greise Zacharias und E. auf einer Bank sitzen (Beschr.Verz. 8, 6, 1 S. 62). – Obwohl von den Schriftquellen nicht gefordert, kann E. auch bei der Darbringung im Tempel zugegen sein (s. RDK III 1071f. mit Abb. 10).

Im MA zeigte man den Pilgern, die ins Heilige Land kamen, die Grotte, in der E. und Johannes d.T. vor den Schergen Herodes’ Zuflucht fanden; der Bericht der Apokryphen wurde jedoch nur sehr selten verbildlicht: palästinensische Eulogia, 7. Jh. (Abb. 5); Gem. des Meisters der Johannestafeln, um 1480, Rotterdam, Mus. Boymans (Kat. 1951, S. 6f.). K. Smits vermutet, daß die Nachricht von der Flucht E. Veranlassung gegeben habe, im Hintergrund von Bildern der Flucht nach Ägypten neben dem bethlehemitischen Kindermord einige dem Terror entgehende Frauen mit ihren Kindern darzustellen (Iconografie van de nederlandsche primitieven, Amsterdam, Brüssel, Löwen u. Antwerpen 1933, S. 67).

Zu den Abbildungen

1. Augsburg, Städt. Mus., Darstellung der Drei Mütter (von einem Reliquienschrein des Domes?). Drei gravierte, vergoldete Kupferplatten. 2. V. 13. Jh. (Elisabeth vielleicht später, als Ersatz für verlorene ältere Platte). Fot. Mus.

2. Jörg Syrlin d. Ä., Reliefbüste am Chorgestühl des Ulmer Münsters. Inschrift: „Elisabeth. Benedicta tu i(nter) mu/lieribus. Luce 1°”. 1469–74. Fot. Aug. Raichle, Ulm.

3. Michael Willmann, Johannes d. T. und seine Eltern. Deckenfresko im Langhaus der Abteikirche St. Joseph in Grüssau, Schlesien. Zw. 1692 u. 1695. Nach Ernst Kloß, Mich. Willmann, Breslau 1934, Abb. 102.

4. Genealogie Johannes’ d. T., Holzschnittillustration zu Hartmann Schedels Weltchronik, Nürnberg 1493, Bl. 94 v. Nach Schramm, Frühdrucke 17, Taf. 199.

5. Eulogia mit Darstellung der Flucht Elisabeths. Umschrift: Εὐλογία κ(υρίο)υ ἀπὸ τῆς κατα [φυγῆς τῆς] ἁγ(ιας) ’Ελισαβεθ. Palästina, 7. Jh. Umzchg. des Verf. nach G. de Jerphanion, La voix des monuments, Nouv. sér., Paris u. Rom 1938, S. 256.

Verweise