Engel
englisch: Angels; französisch: Anges; italienisch: Angeli.
Karl-August Wirth (1960)
RDK V, 341–555
I. Begriff und Wort; ikonographische Übersicht und Abgrenzung
Der Glaube an die Existenz von Geistwesen, die eine Mittel- und Vermittlerstellung zwischen Gott und Mensch einnehmen, findet sich bei vielen Religionen, vor allem bei solchen dualistischen Charakters. Die Septuaginta bezeichnet die Geistwesen, die als Boten Gottes wirken, als ἄγγελοι (ἄγγελος = Bote, daraus lat. angelus, ahd. angil und engil). Im engeren Sinne ist E. ein nomen officii („Amtname“), der jedoch seit langem im allgemeinen Sprachgebrauch auf die Geistwesen selbst übergegangen ist und diese charakterisiert (zu den Bemühungen des Protestantismus, den E.-Namen wieder ausschließlich in seiner ursprünglichen Bedeutung zu begreifen, s. u. VII).
Die christliche Kunst hat E. in schier unübersehbarer Zahl dargestellt; als Ausgangspunkt dienten die biblischen Berichte von E.-Erscheinungen und -Visionen (s. II), denen auch Hinweise auf die Gestalt der E. – und damit Anhaltspunkte für die Möglichkeit der bildlichen Wiedergabe der Geistwesen (s. III. A) – entnommen werden konnten. Man hat grundsätzlich zwei Gruppen von E.-Darstellungen zu unterscheiden: 1. solche E., die in Schilderungen der biblisch bezeugten E.-Erscheinungen abgebildet wurden, primär also Illustration zum biblischen Text sind (s. dazu II. B); 2. E.-Darstellungen, die auf die E.-Lehre sich gründen und E. als Ausübende bestimmter Funktionen schildern (s. IV. C und D; V). Die meisten E.-Bilder lassen sich auf diese beiden Gruppen zurückführen, wobei die erste sowohl jene biblischen Textstellen, in denen E. direkt genannt sind, als auch solche umfaßt, die von Geistern und Gestalten sowie Gebilden visionärer Erfahrung sprechen und welche die Exegese traditionell auf E. bezieht. Die häufig in Heiligenlegenden genannten E. (s. Sp. 438ff.) stellen sich in der Regel als Geistwesen bei der Verrichtung von Aufgaben, die ihnen die E.-Lehre zugemessen hat, heraus.
Es gibt eine Reihe von E.-Darstellungen, die über die im allgemeinen lebendigen E.-Vorstellungen hinaus mit besonderem Inhalt verbunden sind. Für einige dieser Anschauungen besitzt die bildende Kunst eigene Bildtraditionen, die hier in gesonderten Artikeln behandelt werden. In der spätjüdischen Überlieferung, dann verbreitet in der des frühen Christentums, ist von einer Gruppe „hoher Engel“ die Rede, die als Engelfürsten und – dieser Name hat sich eingebürgert – als Erzengel bezeichnet werden und nicht identisch sind mit der gleichnamigen untergeordneten E.-Klasse, die in relativ späten, spekulativ-lehrhaften Systematisierungen der E.-Vorstellungen als einer der E.-Chöre erscheint. Für die bildende Kunst war die Darstellung der E.-Ordnungen ein Hilfsmittel, die Gesamtheit der E. zu veranschaulichen, vgl. Engelchöre. Wie dieses Thema sind auch die Erschaffung der E. (s. Schöpfung, Sechstagewerk) und der Engelsturz in der Angelologie oft behandelt worden, doch waren die lehrhaften Erörterungen für die bildende Kunst schwer zu nutzen. Dies und die Tatsache, daß die Bibel nur indirektes Zeugnis von solchen Vorstellungen und Vorgängen enthält, führte dazu, daß gerade die ausschließlich der E.-Vorstellung gewidmeten Themen eine ungewöhnlich komplizierte Bildgeschichte besitzen. Sie zu erhellen ist ohne genaueres Eingehen auf die Wandlungen der E.-Vorstellungen im Laufe der Jhh. nicht möglich; in diesen Artikeln wird daher mehrfach Ergänzendes zu den biblischen Quellen und zu den Schriften über E., die hier erwähnt werden, mitzuteilen sein.
Eigene Betrachtungen sind auch für solche Themen erforderlich, die von der ikonographischen Forschung genauer definiert sind und eigene Überlieferungen besitzen. Hierher gehören Themen verschiedener Kategorien, bald Bildformeln liturgischer Prägung, bald solche, die aus andächtiger Frömmigkeit heraus entstanden sind.
Mit dem gegenreformatorischen E.-Kult stehen in Verbindung: Darstellungen des “Schutzengel-Themas (seit A. 16. Jh. zuerst in Spanien, dann in Frankreich gefeiert, wurde das Schutzengelfest auf kaiserlichen Wunsch 1608 von Papst Paul V. für das römisch-deutsche Reich eingeführt: Buchberger Bd. 92, Sp. 360); Darstellungen der sieben Erzengel, deren Verehrung durch die Initiative des Rektors der Kirche Zu den sieben Engelfürsten in Palermo sich seit dem 16. Jh. stark ausbreitete (vgl. Cornelius a Lapide, Commentarius in Apoc. s. Iohannis, Antwerpen 1717, S. 18); Darstellungen der sieben Zufluchten, deren eine die Erzengel sind, eine in den Notzeiten des 17. Jh. in Süddeutschland aufgekommene Andacht (Anfänge: Kirche von Affing mit diesem Patronat, 1688 erbaut, und Andachtsbuch „Heylwürckende Andacht usw.“, Mchn. 1689); für Darstellungen des hl. Erzengels Michael in nach ihm benannten kath. Kirchen und in Verbindung mit ihm geweihten Altären s. Heiligenband sowie Braun, Tracht u. Attr., Neuauflage (in Vorb.), ferner Engelchöre und Engelsturz. Den Darstellungen des Luzifer (bzw. den Drachen) bezwingenden Michael (-Christus) im Protestantismus (vgl. VII. B. 2) ist ein eigener Artikel gewidmet.
Mehrere Bildformen zeigen E. zusammen mit verschiedenartigen Darstellungen des leidenden, sterbenden, toten oder auferstandenen Christus bzw. mit Bildern des Schmerzensmannes, EngelpietàDer für das Attribut „Lemma“ des Datentyps Seite angegebene Wert „Christi in der Kelter u. dgl.; diese ausnahmslos, wenn freilich auch in verschiedenem Grade mit eucharistisch-sakramentalen Vorstellungen verbundenen Bilder folgen einem festen Typenkanon, vgl. daher [[Lemma::Engelpietà“ enthält ungültige Zeichen oder ist unvollständig. Er kann deshalb während einer Abfrage oder bei einer Annotation unerwartete Ergebnisse verursachen., Imago pietatis usw. (s. a. Eucharistie).
Eine eigene Geschichte haben auch die Schilderungen der Musik der Engel (Engelkonzert), die E.-Mandorla (s. Mandorla) sowie das E.-Bild in Verbindung mit verschiedenartigen Vorstellungen der Kosmologie (s. a. Sp. 349f., Erzengel, Schöpfung, Planeten, Weltall). Für die zahlreichen Beispiele von E.-Erscheinungen, die Heiligen zuteil geworden sind, haben sich nur in relativ seltenen Fällen feste ikonographische Typen herausgebildet; gewöhnlich sind die Legendenberichte als Exemplifikationen von Grundvorstellungen der E.-Lehre und der herrschenden Anschauungen zu verstehen (s. u. Sp. 368ff., 379ff., 430 u. 438ff.), sei es, daß die E. Heiligen bei der Zelebration der Messe assistieren, gemeinsam mit ihnen (oder vor ihnen: Engelweihe) Kirchen konsekrieren, ihnen bei wunderbaren Heilungen beistehen (s. a. Exorzismus, Exorzist), sei es, daß sie als Schutz-E. den Heiligen in der Stunde ihres Martyriums Kraft spenden (s. Martyrium), ihren Leichnam pflegen (s. Sp. 452f. sowie Kampf um den Leichnam Moses, ferner Reliquiar, Schrein usw.), ihre Seele in den Himmel bringen (s. Sp. 442f., Heiligenband [z. d. einzelnen Heiligen] und Heiligenapotheose). Des E.-Beistands beim Tod des Gläubigen ist in der Ars moriendi, dem Memento mori in verschiedenen Bildformen gedacht, von denen – in der Neuzeit – Schilderungen der Sterbestunde mit dem Kampf zwischen E. und Teufeln um die Seele des Verstorbenen besonders häufig vorkommen. Zu einer gewissen Eigenbedeutung kamen auch aus komplexen Themenbereichen ausgesonderte Motive wie z. B. der E. als Seelenwäger (s. Seelenwägung). Das für Gläubige und Heilige Gesagte gilt in erhöhtem Maße für Maria und mariologisch-lehrhafte Bildthemen (z. B. das eng mit der “Apokalypse – s. a. apokalyptisches Weib – zusammenhängende Thema der Immakulata). Vgl. Maria als Königin der E., Himmelfahrt Mariä usw.
Die folgenden Betrachtungen gliedern sich, gemäß der Geschichte der E.-Vorstellungen, in drei Teile: der erste umfaßt den Zeitraum von der frühchristlichen Zeit bis zur Reformation (III–V), der zweite und dritte die Neuzeit, wobei nach dem Anteil, den jede der beiden großen christlichen Konfessionen an der E.-Ikonographie dieser Zeit hat, gesondert zu fragen ist: für die gegenreformatorische E.-Darstellung, soweit sie als Fortleben hoch- oder spätma. Vorstellungen zu erklären ist, s. IV und V, und sofern es um neue Themen und Vorstellungen der kath. Restauration geht, s. VI; für die E.-Darstellungen des Protestantismus s. VII. Die zumal in ihren bedeutendsten Beispielen von der älteren E.-Ikonographie stark abweichenden E.-Bilder des Klassizismus und der 1. H. 19. Jh. sind hier nur andeutungsweise behandelt (vgl. VIII).
Ein gleichmäßig über alle Epochen hin sich erstreckender Überblick über die Ikonographie der E. -Gestalt, ihre Tracht und ihre möglichen Attribute kann hier nicht gegeben werden. Für die Geschichte der Gestaltikonographie im ganzen, zumal in der Neuzeit, müssen die beigegebenen Abbildungen eintreten, dazu einzelne Bemerkungen (zu den Anfängen der christl. E.-Darstellung s. III; über die Modifikationen des E.-Bildes im späteren MA s. Sp. 459ff.; über Sonderformen der E.-Darstellung s. Sp. 492ff.; über ikonographische Tendenzen bei der Wiedergabe der E.-Gestalt im Prot. vgl. VII. C).
II.
A. Die Engelvorstellung in Bibel, Apokryphen und patristischer Literatur
An zahlreichen Stellen des Alten Testaments und der a.t. Apokryphen sind E. als ständige Diener Gottes bezeugt, treten als Werkzeuge seines Willens in Beziehung zu den Menschen, denen sie Botschaften Gottes überbringen und in deren Handeln sie als überirdische Mächte eingreifen. Visionärer Schau sind sie als gottnahe himmlische Wesen erkennbar. Sie werden mit Sammelnamen wie „Kinder Gottes“ (Hiob 1, 6), „Heilige“ (Sach. 14, 5), „Himmlisches Heer“ (1. Kön. 22, 19) usw. bezeichnet, zwischen den E. unterscheidend als Cherubim (1. Mos. 3, 24 u. a.) und Seraphim (Jes. 6, 2) vorgestellt oder nach der Art ihres Amtes näher charakterisiert (Erelim = Boten des Friedens: Jes. 33, 7); namentlich genannt sind nur drei E., die sämtlich einer kleinen Gruppe „hoher E.“ angehören (s. Erzengel): Michael (Dan. 10, 13 u.a.), Gabriel (ebd. 8, 16) und Raphael (Tob. 5, 18 u. a.).
Didaktische Interpretationen und gnostisierende Strömungen führten in den beiden letzten vorchristlichen Jhh. bei Essenern und in den a.t. Apokryphen zu bedeutender Erweiterung der E.-Vorstellungen und zu Ansätzen von E.-Lehren: in spätjüdischer Zeit waren an 150 einzelne E.-Namen bekannt, und die Fragen nach Gruppen und Ordnungen unter den E. zeichnen sich deutlicher als zuvor ab (s. dazu Erzengel und Engelchöre); außerdem wurde die Wirksamkeit der E. detaillierter beschrieben, ohne daß allerdings die Aufgabenbereiche der E. dabei gegenüber denen, die aus den summarischeren Angaben der kanonischen Schriften zu entnehmen sind, wesentlich erweitert wurden. Intensiviert hat man – in Verbindung mit Erörterungen über die Rolle der E. bei der Schöpfung und ihre Stellung innerhalb dieser – die zwischen E.-Vorstellung und Kosmologie bestehenden Zusammenhänge (s. Schöpfung, Sechstagewerk, Engelsturz, Erzengel).
Der christliche Glaube an die Existenz von E. wurde durch Christus und die Apostel im Anschluß an jüdische Anschauungen bekräftigt und erweitert. Im Neuen Testament – Evangelien wie Episteln (vor allem Schriften des Paulus und des Johannes) – sind den E. folgende Aufgaben zugeteilt: sie sollen Gott dienen (Mt. 26, 53), ihm lobsingen (1. Kor. 13, 1), seinen Willen vollstrecken (ebd. 11, 10); sie sind Diener Christi (Mt. 4, 11; 2. Thess. 1, 7), der der Herr der E. ist (Eph. 1, 20f.) und durch den alle E. geschaffen wurden (Kol. 1, 16); im Auftrag Gottes wachen sie über die einzelnen Gemeinden (Apok. 1, 20), und wie jedes Volk (so u. a. schon Henochbuch 20, 5), hat auch jeder Einzelne seinen Schutzengel (Ps. 34, 8; Mt. 18, 10 usw.).
Eingehend haben sich dann die frühchristlichen Theologen und die Kirchenväter mit Fragen der Angelologie befaßt, z.T. in Auseinandersetzung mit gnostischen Vorstellungen und mit heidnischen Dämonenkulten, gelegentlich aber auch von diesen beeinflußt. Hierbei ging es um die Konkretisierung von Anschauungen über Erschaffung, Charakter und Funktionen der E. sowie Diskussionen über den E.-Kult, der zumal bei Anhängern der Gnosis bedeutenden, für uns bislang aber nur bruchstückweise erkennbaren Umfang annahm (RAC Bd. 5, Sp. 97–109). Lebhaftes Interesse an allen Fragen der Angelologie nahm man vor allem im christlichen Osten und in Ägypten (vgl. hierzu Kaspar Detlev Müller, Die Engellehre der koptischen Kirche, Wiesbaden 1959); der Ausbau der E.-Vorstellung führte zu kultischer Verehrung der E., die zum Teil so unstatthafte Bedeutung gewann, daß Ende 4. Jh. durch das Konzil von Laodicea die Verehrung und Anrufung der E. verboten werden mußte (Kanon 35; F. Lauchert, Die Kanones der wichtigsten altkirchlichen Concilien, nebst den apostolischen Kanones, Freiburg i. Br. u. Tübingen 1896, XXII, S. 72ff.). Dieser Konzilbeschluß zeigt, wie unerläßlich es für die Kirche war, den Glauben an die Existenz von E. einer festen E.-Lehre zu unterstellen. Einen gewissen Abschluß der theologischen Arbeit an dieser Aufgabe bezeichnet die Hierarchia coelestis des Dionysius Areopagita, die, 510 (532?) sowie zw. 518 u. 528 von Severus von Antiochien zitiert und erstmals auf dem Religionsgespräch zu Konstantinopel im Jahre 531 (oder 533) erwähnt, frühestens im 4. V. 5. Jh. entstanden ist (RAC Bd. 3, Sp. 1076). Sie hat die E.-Auffassung im Bereich der abendländischen Kirche maßgeblich bestimmt, zunächst indirekt durch Gregors d. Gr. aus Ps.-Dionys abgeleitete (und abgewandelte) E.-Lehre (Migne, P.L. 76, Sp. 1246–59), auf direktem Weg erst seit der Übertragung des griechischen Originaltextes ins Lateinische (sie erfolgte durch Johannes Scotus Eriugena in St. Denis, wohin Ludwig d. Fromme eine ihm 827 zugekommene griech. Hs. des Werkes geschenkt hatte).
Von den Mitteilungen der frühchristlichen Theologen über Aufgaben und Verrichtungen der E. sind im Hinblick auf die Ikonographie namentlich diejenigen von Interesse, die über die biblischen Angaben hinaus vom Wirken der E. zugunsten des Einzelnen und der Gemeinde der Gläubigen sprechen. E. sind Zeugen der Gebete (Cyprian, Epist. 75, 2: zit. n. [48], S. 30), weshalb die Gläubigen sich beim Gebet erheben sollen (Tertullian, De oratione Kap. 16: Migne, P.L. 1, Sp. 1173f.). E. tragen die Gebete zu Gott empor (Origenes, Contra Celsum Buch V, 4: Migne, P.G. 11, Sp. 1185). Da ihnen Macht über die Dämonen gegeben ist, nehmen sie die Seelen der Entschlafenen in Empfang (außer Lk. 16, 22 vgl.: Hennecke2S. 267 u. 296) und tragen sie zum Gericht (Ephräm, De fine et admonitione, Sermo I, 23: zit. n. [48] S. 37). E. nehmen lebhaften Anteil am Geschick der Menschen (Cyprian, Epist. 72, 2: Migne, P.L. 3, Sp. 1086), „... angeli laetantur super poenitentibus, laetantur in vobis, fratres, quod eis similes estis effecti“, erläutert Ephräm (Th. Jos. Lamy, Ephraemi Syri hymni et sermones Bd. 3, Mecheln 1889, Sp. 114). Sie bewachen die Kirche (vgl. Joh. Chrysostomus: Migne, P.G. 59, Sp. 756), sind beim Gottesdienst anwesend (Ambrosius: Migne, P.L. 15, Sp. 1545; Gregor d. Gr., Dialogi IV, 58: ebd. 77, Sp. 426f.) und assistieren bei der Bischofswahl (Constitutiones apostolicae VIII, 4, 5). Da nur die Priester und Mönche wie die E. singen, steht ihnen zu, den Hymnus zu intonieren, wohingegen das Volk den Psalmengesang vorzutragen hat (Ex Origene selecta in psalmos, zu Ps. 118 [117 der Vulgatazählung]: Migne, P.G. 12, Sp. 1628). Ähnlich einer spätjüdischen Auffassung, nach der den E. das ganze Naturreich untersteht, und nach der von Philon und Plotin vertretenen Ansicht, daß die E., gleich den spiritus rectores des Aristoteles, die Beweger der Himmelssphäre seien, zweifelt noch Augustinus, ob die Gestirne leuchtende Körper oder E. wären.
Aus der allgemeinen Übersicht über die in Bibel, Apokryphen und Patristik umrissene E.-Vorstellung geht die Häufigkeit, mit der E. dort erwähnt sind, nicht hervor.
B. Engeldarstellungen in biblischen Themen
Die vielen biblischen Berichte vom Eingreifen der E. in das Leben von Völkern und von einzelnen sind fast ausnahmslos wörtlich illustriert worden; darüber hinaus hat die Bildtradition oft (aus Gründen, von denen Kap. IV. D die Rede sein wird) E. bei Ereignissen geschildert, in denen die Schriftstelle ihrer Anwesenheit nicht gedenkt. Da im folgenden von den E.-Darstellungen in den biblischen Historienbildern nicht gesprochen wird, ist ein Überblick über diejenigen Stichworte, unter denen jeweils auch von E.-Darstellungen zu handeln ist, am Platze; weiterhin deshalb, weil das jenen Artikeln beigegebene Abbildungsmaterial als wesentliche Ergänzung des hier vorgelegten anzusehen ist und für die Bilddokumentation zur Gestaltikonographie der E. immer wieder auf die Abbildungen an anderem Ort hinzuweisen wäre; eine erschöpfende Liste kann freilich nicht gegeben werden.
In der folgenden Aufstellung sind nur die wichtigsten Stichworte in alphabetischer Ordnung und nach den beiden Testamenten getrennt enthalten. Nicht aufgenommen wurden: Themen, die sich bereits durch ihren Namen als spezifische E.-Themen zu erkennen geben und als solche bereits oben (I) genannt sind; Themen, die sich unter dem Begriff Visionen zusammenfassen lassen (s. aber Apokalypse, Daniel, Ezechiel, Sacharja usw., ferner für Heiligenvisionen im Heiligenband); Themen der Mariologie (wie z. B. Tod Mariä und Himmelfahrt Maria), kirchlich-lehrhafte Themen (wie Eucharistie, Sakramente usw.) und solche der Hagiographie (s. Heiligenband); unberücksichtigt bleiben ferner Darstellungen, in denen E. in allgemeinem Sinne als Gefolge der Dreifaltigkeit oder einer ihrer Personen oder Symbole, der Gottesmutter oder von Heiligen erscheinen. Für die Darstellungen Christi, des Hl. Geistes und Johannes des Täufers a 1 s E. s. Sp. 493ff.
Altes Testament: Abraham (RDK I 82–102; s. a. Dreifaltigkeit, ebd. IV 424–28); Adam und Eva (ebd. I 139f.; s. a. Sündenfall und Erlösung); Bileam (ebd. II 740–44); Daniel in der Löwengrube, von einem E. besucht (gemäß Dan. 6, 23 [22]), ist eine ziemlich häufige Variante des Themas; David und Gad sind mehrfach zusammen mit einem E. dargestellt, der entweder als der die Pest über Jerusalem bringende E. oder als der die Aufforderung zum Bau des Altares erteilende E. zu deuten ist; Elia (RDK IV 1396f.); Gideon; Hagar; Hiob; Hiskia; Jakob, Jakobsleiter (dazu die verwandten Themen Himmelsleiter und Tugendleiter) und Jakobssegen; Judith; die drei Jünglinge im Feuerofen; Lot; Manoah; Moses (s.a. Bundeslade [ebd. III 112–18], Gesetzesübergabe an Moses und Stiftshütte); Rebekka; Sanherib; Schöpfung; Sechstagewerk; Verkündigung der Geburt Simsons; Tobias.
Neues Testament (und Apokryphen, unter Einschluß der häufig als E. oder mit E. dargestellten Themen nach Christusworten): Auferstehung Christi (RDK I 1230–40); Werke der Barmherzigkeit (s. Sp. 405); Beweinung Christi (RDK II 457–75); Traum der hl. Drei Könige (ebd. IV 476–501); Flucht nach Ägypten; Frauen am Grabe; Leben der Heiligen Familie; Heilungen (z. B. Joh. 4, 5); Herodes (Tod des Herodes); Himmelfahrt Christi; Johannes d. T. (s. a. Heiligenband); Jugend Christi; Kreuzigung Christi; Ölberg; für die in der Bergpredigt (Mt. 5, 4ff. und Lk. 6, 20ff.) genannten Seligkeiten siehe Seligpreisungen; Taufe Christi; Verkündigung an Joseph; Verkündigung an Maria; Verkündigung an Zacharias; Versuchung Christi; Weltgericht.
Darüber hinaus konnten E. fallweise als Anwesende oder auch als aktiv am Geschehen Beteiligte geschildert werden, zumal bei Sterbeszenen, Apotheosen u. ä. Siehe aber auch Bibelillustration sowie die typologische Werke behandelnden Art. (Armenbibel, Concordantia caritatis, Heilsspiegel), ferner Historienbibel, Weltchronik.
III. Frühchristliche Zeit
A. Die Engelsgestalt nach literarischen Zeugnissen
Die Bibel spricht zwar den E. einen materiellen Leib ab (Kol. 1, 16 u. a.), gibt aber doch Anhaltspunkte für eine mögliche Darstellung von E. -Gestalten (zum folgenden vgl. [48], S. 49–55). Sie nennt die E. allgemein Jünglinge, an wenigen Stellen ausnahmsweise auch Männer; in den n.t. Apokryphen ist, sofern sie überhaupt Altersangaben bieten, von E. nur als von Jünglingen oder Knaben die Rede. E. können menschliche Gestalt annehmen, ohne daß ihre überirdische Natur sichtbar wird (Tobias 5, 5). Flügel werden zunächst nur erwähnt, wo von Seraphim und Cherubim gesprochen wird. Die E. erscheinen, indem sie herabkommen, plötzlich dastehen, zum Himmel aufsteigen. Erst bei Henoch (61, 1) heißt es: „sie (die E.) nahmen sich Flügel und flogen“; Johannes sieht einen E. durch den Mittelhimmel fliegen (Apok. 14, 6). Zuerst scheint Tertullian gelehrt zu haben, daß jedes Geistwesen mit Flügeln ausgestattet sei (Apologeticus adversus gentes pro christianis Kap. 22: „Omnis spiritus ales est: hoc angeli et daemones“: zit. nach [48], S. 53). Spätere, wie Hieronymus und Chrysostomus, kennen die E. nur noch mit Flügeln; sie haben als erste über die Bedeutung der Flügel Betrachtungen angestellt. E. haben Flügel „propter velocitatem, et in cuncta discursum: sive quia semper in altioribus commorantur“ (Hieronymus, Comm. in Isaiam prophetam Buch 3, Kap. 6: Migne, P.L. 24, Sp. 94); nach anderer Erklärung gehören die Flügel zum inneren Wesen der E. und sind um der E. Erhabenheit und Losgelöstheit von allem Irdischen willen vorhanden (Chrysostomus und Ps.-Dionys). Mit diesen Reflexionen ist bereits der Grundstein für die Verwendung von Flügeln als Attribut gelegt.
Erkennungsmerkmal der E. kann ferner der Lichtglanz sein, der sie umgibt oder von ihnen ausgehen kann. Er ist mit dem Leuchten des Schnees, mit Blitz und Sonne verglichen worden (Mt. 28, 3 u. a.), und dem Leuchten entspricht auch die Farbe der E.-Gewandung. Die Umschreibungen der E.-Gestalt und -Gewandung vermittels Lichtmetaphern beruht auf einer Übertragung des im A.T. zumal den Cherubim und Seraphim zugeschriebenen feurigen Charakters auf die E. im allgemeinen (über die Vorstellung von der Feuerähnlichkeit himmlischer Geister, die zumal auch die von Religionshistorikern gern betonte astrale E.-Anschauung begünstigt, vgl. [10], S. 161ff.). Die Lichtgestalt der E. vermag unter den Menschen Schrecken hervorzurufen: „Ihr würdet erstarren, wenn ihr der E. Schönheit sähet“ (Augustinus, Sermo XX: de scripturis; zit. n. [48]), S. 55).
Eine Ausstattung der E. mit Attributen unterblieb zunächst, nur zur Ankündigung des Weltgerichts erscheinen sie mit Posaunen. Auch die Erzengel erhalten keine besonderen Kennzeichen (das Gesicht des Narses, † kurz nach 503, erwähnt ausnahmsweise den E.-Fürsten Michael mit einem Kreuzbanner: vgl. [48], S. 57).
Faßt man alle Angaben zusammen, so ergibt sich am Ende der frühchristlichen Zeit als Vorstellungsbild des E. die Lichtgestalt eines mit Flügeln ausgestatteten schönen Jünglings.
B. Darstellungen
Dieser E.-Vorstellung entsprechen die E.-Darstellungen der frühchristlichen Zeit.
Der älteste Darstellungstyp, der bis zum Ende 4. Jh. überwog, zeigt E. als Jünglinge, mit Tunika und Pallium bekleidet, ohne Kennzeichen ihrer Übernatur. Als ältestes E.-Bild gilt ein Fresko in der Priscillakatakombe in Rom (Datierung und Deutung umstritten: Verkündigung an Maria?; 2.H. 3. Jh.?). Seltener – nur bei Darstellungen des Isaakopfers und der Jünglinge im Feuerofen auf Sarkophagen – kommen auch bärtige Männer als E. vor. Es ist bezeichnend, daß es nicht zu einer Übernahme der geflügelten Eroten, Viktorien und Dämonen der zeitgenössischen heidnischen Kunst kam. Finden sich solche in der Katakombenmalerei, so sind sie als dekoratives Beiwerk von gleichsam ornamentalem Charakter aufzufassen und sollen keine E. darstellen (dagegen: [50]). Das Verhältnis frühchristlicher zu jüdischen E.-Darstellungen läßt sich (trotz [52]) noch nicht genügend kennzeichnen.
Daß es jüdische E.-Bilder gab, ist zweifellos; bereits 2. Mos. 25, 18 sind Cherubim-Darstellungen bezeugt, und mit großer Sicherheit sind E.-Bilder in den Illustrationen zu den a.t. Büchern anzunehmen. Beide Male ist jedoch keine Vorstellung von ihrem Aussehen zu gewinnen (ob eine der Darstellungen auf jüngst bei den Ausgrabungen der Kanaanäerstadt Hazor, nahe dem heutigen Teil el-Kedak, zutage gekommenen Schnitzereien des 8. Jh. v. Chr. wirklich als kniender Cherub bezeichnet werden darf, wie es vermutungsweise geschah, bleibt abzuwarten). Die in der Synagoge von Dura Europos freigelegten Fresken, 245–256 entstanden, zeigen ornamentale Viktorien als „Cherubim“-Darstellungen (Comte du Mesnil du Buisson, Les peintures de la synagogue de Doura-Europos, Rom 1939, S. 172 [Reg.]); die E., die Jakob im Traum die Himmelsleiter auf- und niedersteigen sieht (1. Mos. 28, 12), sind als flügellose junge Männer in persischer Tracht, mit gelbem Mantel, roter Tunika, malvenfarbener (mauve) Hose und weißen Schuhen dargestellt (ebd. S. 29 Abb. 24), und Aarons Hoherpriestermantel ist mit Kränze haltenden, geflügelten Viktorien sowie geflügelten Eroten geschmückt (ebd. S. 59 Abb. 46). Während diese Abbildungen von Geistwesen und E. in der jüdischen Kunst sich durchweg von den frühchristlichen E.-Bildern grundsätzlich unterscheiden, auch wenn sie flügellos dargestellt sind, gibt es eine Reihe bestimmt oder wahrscheinlich jüdischer E.-Darstellungen, die diesen näherkommen; so z. B. der flügellose gekrönte Jüngling auf einem Fresko des sabbatianischen Hypogäums bei der Praetextaskatakombe, der als „angelus bonus“ die Verstorbene zum himmlischen Mahl geleitet (vgl. dazu Erwin R. Goodenough, Jewish Symbols in the Greco-Roman Period Bd. 2 [= Bollingen Series 37], New York 1953, S. 45ff.), der geflügelte Jüngling, der Abraham den Widder zutreibt, ein Gemmenschnitt für ein Akedah-Amulett (ebd. S. 224) und eine Reihe weiterer ebd. und von Fr. Landsberger [52] genannter Beispiele.
Frühchristliche Beispiele für die interpretatio christiana antiker Darstellungen bieten gnostische Gemmen mit Abbildungen heidnischer Gottheiten, denen E.-Namen beigeschrieben wurden ([33] Sp. 2134–2137, Abb. 658–62); auf die E.-Ikonographie hatten derartige Umbenennungen keinen Einfluß (zur Benutzung außerchristlicher Anregungen Kurt Weitzmann, Greek Mythology in Byzantine Art, Princeton 1951, passim; jetzt zusammenfassend [64]).
Aus mehreren Gründen darf angenommen werden, daß das 4. Jh. für die Ausbildung des frühchristlichen E.-Typs von entscheidender Bedeutung war. In Verbindung mit der schnell anwachsenden E.-Verehrung, zumal der des Erzengels Michael (Sozomenos bezeugt ein von Konstantin d. Gr. erbautes Michaëlion in Konstantinopel; A. 4. Jh. wurde in Alexandrien eine Michaelskirche gegründet, und in Kleinasien, vor allem in Kolossä, dem späteren Chonä, blühte der Michaelskult auf; Quellenbelege bei [25], S. 6f. u. 16f., und bei Sir William Smith u. Archdeacon Cheetbam, Dict. of Christian Antiquities, London 1875–80, Bd. 2 S. 1179f.), sind zweifellos auch E.-Bilder entstanden. Tituli der Anthologia greca bezeugen solche (Anthologia Palatina 1, 9 u. 32–34). Seit dem ausgehenden 4. Jh. sind künstlerisch bedeutende E.-Darstellungen erhalten (Kat. bei Th. Klauser [64]).
Als wohl erster christlicher Darstellung eines geflügelten „E.“ im Gebiet Westroms kommt dem Matthäussymbol in S. Pudenziana in Rom, Ende 4. Jh., besondere Bedeutung zu; als einziger E. der frühchristlichen Kunst ist er nackt wiedergegeben. Wie die anderen Evangelistensymbole stellt er eine Neuschöpfung dar, die nicht von spätantik-heidnischen Vorbildern her, sondern nur aus der Theologie erklärt werden kann.
Die entsprechende Bedeutung für die oströmische Kunst hat ein Relief auf dem Kindersarkophag aus Sarigüzel vom Ende des 4. Jh. (Abb. 1): hier ist erstmals in diesem Kunstkreis die ältere Vorstellung vom E. als einem weißgekleideten Jüngling mit der eines geflügelten Wesens verbunden (Joh. Kollwitz, Oström. Plastik der theodosianischen Zeit [= Stud. z. spätantiken Kg. 12], Bln. 1941, S. 134f.); auffällig ist auch die Modifikation der Gewandung gegenüber derjenigen von kranztragenden Viktorien (ebd.; zu dem Sinngehalt des in der E.-Ikonographie sehr lange fortlebenden Motivs – vgl. z. B. Abb. 11 oder RDK II 999/1000, Abb. 4 – s. J. Kollwitz a.a.O. S. 47ff.).
Der klassische E.-Typ der altchristlichen Kunst in Gestalt eines mit Tunika und Pallium bekleideten Jünglings, mit Flügeln und – als Hinweis auf die Lichtgestalt von E. – mit einem Nimbus ausgestattet (Isidor von Sevilla, Etymologiarum liber XIX, 31, 2; Das Münster 3, 1950, 321–34), ist mit den E. des Triumphbogenmosaiks von S. M. Maggiore in Rom, 432–440 (Abb. 2), voll ausgebildet. Dieser für Jahrhunderte verbindliche Typus ist bald als das Ergebnis einer von Beeinflussung durch spätantik-heidnische Bildformeln freien Entwicklung innerhalb der frühchristlichen Kunst [48], bald als entscheidendes Hervortreten der bis dahin auf das engste mit der heidnisch-spätantiken Ikonographie verflochtenen christlichen Kunst [3; 50; 51; 55; 64] geschildert worden.
Die Variationen des E.-Typus von S. M. Maggiore betreffen die E.-Gestalt und ihre Gewandung kaum. Wie in den literarischen Berichten, die nicht regelmäßig auf die Lichtgestalt von E. hinweisen, so ist auch in der bildenden Kunst der Nimbus gelegentlich weggelassen worden; auf Werken der Kleinkunst könnte er urspr. aufgemalt gewesen und mit der Zerstörung der farbigen Fassung verlorengegangen sein. Häufiger erfuhr der E.-Typus bereichernde Veränderungen äußerlicher Art: man gab den E. Stäbe (auch Kreuzstäbe) und Schriftrollen (Bücher) in die Hand, ausnahmsweise auch auf das jeweilige Thema hinweisende Attribute (so die „Wundervirga“ – [48], S. 256 – für den E., der bei der Entrückung Elias dessen Feuerwagen sein Ziel zeigt: RDK IV 1374, Abb. 1); sehr häufig band man ihnen eine Binde in das Haar (taenia). Halbfigurige E.-Bilder kamen in der 2. H. 6. Jh. in Ägypten auf (J. Clédat, Le monastère et la métropole de Beouit Bd. 1, Kairo 1904, Taf. 73f.; ehem. K.F.M., Weihrauchfaß).
Eine Besonderheit der E.-Ikonographie besteht darin, daß bis ins Hoch-MA die Farbe und die Form der Gewandung von E. inhaltlich bedingt ist. Die weiße Kleidung gehört zur Gestaltikonographie der E. und konnte zunächst nur dann preisgegeben werden, wenn besondere Gründe dafür vorlagen, z. B. wenn bestimmte Aufgaben der E. verdeutlicht (s. Sp. 369 u. 383) oder wenn die E. als verschiedenen Rängen der E.-Hierarchie zugehörig gekennzeichnet werden sollten (s. a. Engelchöre).
Die E. mit roten Schuhen und Purpurmantel über hellblauem Chiton zu bekleiden (Miniaturen der Cottonbibel und der Wiener Genesis) und ihnen schließlich die Tracht kaiserlicher Hofbeamter zu geben (S. Apollinare in Classe, Mosaik an der Triumphbogenwand, um 549: weiße, gegürtete Tunika mit goldgestickten Claven, darüber Purpurchlamys mit Tablionum) geschah in der Absicht, durch Angleichung der E.-Erscheinung an die von Ministranten des Kaisers die Funktion der E. als dienendes Gefolge Gottes bzw. Christi zu verdeutlichen. Gegen diese Darstellungen erhoben Theologen Einspruch ([33] Sp. 2081f.: Akten des 2. Konzils von Nicäa, 787): sie insistierten auf der weißen Gewandfarbe der E.; ihrem Widerspruch blieb dauerhafter Erfolg versagt. Über den Voraussetzungen und unmittelbaren Folgen der Auseinandersetzung liegt das Dunkel des Bilderstreits. Die mittelbyzantinische Kunst hat sich jedenfalls des befehdeten ikonographischen Typs weiterhin bedient, und im Abendland nahm man keinen Anstoß, diese Vorbilder aufzugreifen.
Auch über die Anfänge der Darstellungen von E. im kaiserlichen Zeremonialkostüm, in Purpurdalmatica mit dem Loron (Oskar Wulff, Die Koimesiskirche in Nicäa, Straßburg 1903, S. 204ff.), ist durch die Denkmälerverluste, die im Zusammenhang mit dem Bilderstreit eintraten, kein rechtes Bild mehr zu gewinnen. Die ältesten bekannten Beispiele stellen Repräsentanten bestimmter Engelchöre dar (Herrschaften, Mächte, Gewalten und Fürstentümer); es ist daher wohl möglich, daß hier der Versuch gemacht werden sollte, mittels der Gewandung E. verschiedener Rangstufen zu unterscheiden. Seit dem 10. Jh. erhielten auch die Erzengel das Zeremonialkostüm, das gerade für sie in der Folgezeit häufig als charakteristisch erachtet wurde. In Verbindung mit diesen ikonographischen Modifikationen ist wohl auch die Vergrößerung der Farbskala für E.-Gewänder zu sehen. Ein festes System der Farbikonographie, das auf Schilderungen der Engelchöre zu beziehen wäre, ist – heute wenigstens – nicht mehr erkennbar. Wenn eine solche Systematik ursprünglich bestand, so hat sie doch keine allgemeine Verbindlichkeit erlangt. Schon früh erscheinen ikonographisch verderbte Reflexe von Darstellungen der Engelchöre (z. B. auf der Limburger Staurothek; Das Münster 8, 1955, 219–34). Die Folge derartiger Verwirrung ist das nicht mehr oder nur fallweise ikonographisch bedingte Nebeneinander von E. in unterschiedlicher Gewandung.
IV. Früh- und Hoch-MA (und Systematik)
Die E.-Darstellungen der frühchristlichen Zeit finden sich zum überwiegenden Teil in Schilderungen biblisch-historischer Ereignisse (zur Interpretation der nicht illustrierend abgebildeten Themen, die gewöhnlich über rein historisches Verständnis weit hinausreicht, s. die in der Stichwortliste Sp. 351f. verzeichneten Artikel). Außer solchen hat das Früh- und Hochmittelalter eine Fülle von E.-Bildern hervorgebracht, die auf Vorstellungen der E.-Lehre zurückgehen oder diese beispielhaft an bestimmten erzählenden Szenen, welche durchweg nicht biblischen Ursprungs sind, demonstrieren. Der von Stuhlfauth [48, S. 203] geprägte Sammelbegriff „zeremonielle Kompositionen“ erweist sich – sofern man das kirchliche Zeremoniell einbezieht – auch für den größten Teil der ma. Beispiele als umfassend genug.
In vielen wie auch immer thematisch begründeten Darstellungen sind E. durch Beischriften namentlich bezeichnet; auch in der Fachliteratur pflegt man den abgebildeten E. gern Eigennamen zu geben. Daraus entstanden zu allen Zeiten Mißverständnisse, insofern nur E. einer bestimmten Klasse, nämlich Erzengel, mit Namen bekannt sind, aber die im Bild vorgeführten Verrichtungen allen E. angetragen sind (A).
Bei den hier zu betrachtenden E.-Darstellungen des 8.–13. Jh. besteht zwischen der Darstellungsform und dem Ort, an dem die E.-Bilder angebracht wurden, eine enge Verbindung: beide Male gaben in der E.-Lehre verankerte oder auf dem Weg der Interpretation aus ihr gewonnene Vorstellungen den Ausschlag. Man hat zu unterscheiden zwischen allgemeinen Anschauungen, die grundsätzlich bei allen E.-Darstellungen mitsprechen, und speziellen, denen zufolge E. bei bestimmten Verrichtungen geschildert oder an auf diese hinweisenden Orten wiedergegeben sind. Eine allgemeine Vorstellung ist die von der Höhenbeziehung der Engel (B); sie wirkte in dreifacher Weise auf die bildende Kunst: 1. durch die Zuordnung diesbezüglicher Bildmotive bereicherte sie die E.-Ikonographie aller Epochen; 2. mit dem liturgischen Zeremoniell und der Symbolik des Kirchengebäudes in Verbindung gebracht, wurde sie Anlaß zu E.-Darstellungen in bestimmten Teilen des Kirchengebäudes; 3. sie ermöglicht, daß E.-Bilder jedwede Darstellung inhaltlich näher bestimmen, indem das Bild eines E. – als Bewohners der „himmlischen Höhen“ – zur Lokalisierung von Personen und Vorgängen in den Himmel sowie, im übertragenen Sinne, als Erweis himmlischen Mitwirkens im irdischen Geschehen dient. Die E. als Liturgen anzusehen und zu den Sakramenten in Beziehung zu setzen ist ebenfalls Allgemeingut, allerdings mit der Einschränkung, daß diese Vorstellungen für die bildende Kunst nur in Form spezieller, für die einzelnen Liturgendienste exemplarischer Schilderungen bedeutsam wurden (D. 1–5). Eine gewisse Sonderstellung nehmen innerhalb der zuletzt genannten Gruppe diejenigen Darstellungen von E. als Diakonen ein, die sie als Thronwächter schildern. Die bildende Kunst hat dieses Thema, das in seinem vieldeutig-allgemeinen Inhalt zum häufigsten Bild der gesamten E.-Ikonographie werden konnte (s. IV. D. 5, bes. Sp. 413, und Engelchöre), zeitweise auch motivisch besonders ausgestattet. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, die Schilderungen von E. als Thronassistenten und der aus dieser Vorstellung hervorgegangenen Themen in einem eigenen Abschnitt zu behandeln (C).
A. Klassen, Namen und Zahl
Zunächst ist in den Betrachtungen über die verschiedenen Dienstleistungen der E. nur ausnahmsweise berücksichtigt worden, ob Bibel und Apokryphen die jeweiligen Funktionen von bestimmten E. -Klassen verrichtet sein lassen. Gewöhnlich bezog man die Angaben auf die E. in ihrer Gesamtheit, und es wäre irrig, hinter angeli den niedrigsten Rang in der E.-Hierarchie zu suchen. Die allgemeinen E.-Funktionen können stets von E. aller Ränge ausgeübt werden (s. Engelchöre), und die Versuche einer Aufteilung der Funktionen auf diese haben keine allgemeine Verbindlichkeit erlangt.
Auch die Zahl der E., die bestimmte Aufgaben erfüllen, ist selten festgelegt. Gleichermaßen wie ein einzelner E. können mehrere E. ein und dasselbe Amt ausüben. Die Differenz in den Angaben über die Zahl der E., die die Frauen am Grabe Christi vorfanden, ist bezeichnend für die Freiheit in der Wahl der E.-Zahl bei der Schilderung derselben Verrichtung.
Viel Verwirrung mußte daher die Tendenz stiften, den dargestellten E. individuelle Namen zu geben (vgl. darüber auch Erik Peterson, E.- und Dämonennamen. Nomina barbara, Rhein. Mus. f. Philologie 75, 1926, 393–421). Nachdem Konzilbeschlüsse den apokryphen Versuchen der Benennung entgegengetreten waren (s. Erzengel), sah man sich auf die drei biblischen Erzengelnamen verwiesen. Der Wunsch, die anonymen E. als individuelle E.-Persönlichkeiten vorzustellen, begünstigte die Übertragung allgemeiner E.-Funktionen auf die Erzengel, die in solchen Fällen aber nur als stellvertretend für E. schlechthin verstanden werden dürfen. Es ist hervorzuheben, daß diese Tendenz zur Benennung nicht nur auf die bildende Kunst beschränkt blieb: sie ist in gleicher Weise wirksam bei der Konzeption liturgischer Texte, so daß die Berufung auf liturgische Quellen keine Rechtfertigung für Klassifikationen im Sinne der Angelologie bieten kann. Da individuelle E.-Namen nur von Erzengeln bekannt sind, hat naturgemäß die kleine Gruppe hoher E. innerhalb der allgemeinen Vorstellung in besonderem Maße an Bedeutung gewonnen und den Engelfürsten eine Suprematie zukommen lassen, die weit über die kanonischen und apokryphen Zeugnisse hinaus reicht. Statt individueller Namen konnte man den E. aber auch Funktionsnamen geben, von denen Schutzengel, Wächterengel und Verkündigungsengel die bekanntesten sind.
Ein charakteristisches Beispiel für die Übertragung derselben Funktionen an E. verschiedener Ränge bieten Darstellungen von E. als Thronassistenten Gottes. Zwar ist in den biblischen und apokryphen Schriftquellen den hohen E. = Erzengeln mehrfach größte Gottesnähe zugestanden, doch nicht im Sinne eines ihnen vor anderen E. gewahrten Vorrechts – vor Gott zu stehen kommt mindestens sehr vielen E. zu –, sondern lediglich um ihre Würde und ihr Dienstverhältnis zu Gott zu betonen. Bildliche Wiedergaben von E. zu seiten des thronenden Christus pflegen von Anfang an, zeitweise sogar regelmäßig, nur zwei E. zu zeigen, entweder weißgekleidete Jünglinge oder (in einer mehr mit eucharistischen Vorstellungen verbundenen Darstellung) vielflügelige Cherubim bzw. Seraphim. Mehrfach sind den E. die Namen der E.-Fürsten Michael und Gabriel beigeschrieben. Das könnte scheinbar darauf hindeuten, daß hier die beiden bekanntesten aus der Gruppe der hohen E. als Repräsentanten der Erzengel abgebildet sind. Tatsächlich aber ist diese auf zwei E. reduzierte Darstellung des Thronassistentendienstes von E. aus anderen Gründen entstanden: einerseits aus der Tendenz, generelle Aussagen über E. auf namentlich bestimmbare E.-Persönlichkeiten zu übertragen (bzw. – wenn es sich um Cherubim und Seraphim handelt – eine Synopse zwischen der Vorstellung der E.-Chöre und biblischem Zeugnis zu geben; Jes. 6, 1ff.: Seraphim über Gottes „hohem und erhabenem Stuhl“); andererseits aber hat das künstlerisch-formale Vorbild (Konsulardiptychen mit zwei Thronassistenten) und wohl auch der mit der Zweizahl verbundene Dioskurenkult hier befruchtend gewirkt. Die symbolisch-allegorische Auslegung der Zweizahl von E. am Thron Gottes war eher Rechtfertigung des bereits geprägten Bildes als Veranlassung zu dessen Konzeption. Nach Gregor d. Gr. bedeuten die beiden E.-Thronassistenten die beiden Testamente (Hom. in Evang. II, 25: Migne, P.L. 76, Sp. 1191f.), und Beda fügt erweiternd hinzu, in den zwei E. sei verkörpert die „societas angelicae pacis; quia minus quam inter duos haberi charitas non potest“ (De tabernaculo et vasis ejus lib. I, cap. 5: ebd. Bd. 91, Sp. 405). – Die beiden E. auf den E.-Chor der Throne zu beziehen, ist nur bei wenigen spät-ma. Darstellungen möglich (s. Engelchöre); s. a. Etimasie.
B. Höhenbeziehungen der Engel
Im Mittelalter stellte man sich Hölle (und Fegfeuer), Erde und Himmel als übereinandergeschichtete Zonen vor. Die E. bewohnen die zu Häupten der Menschen liegende Himmelszone. Die Zonenschichtung wurde räumlich real geglaubt: E. kommen von oben herab zu den Menschen, „celso veniens“ (Paulus Diaconus, In nativitate Domini: Rich. Zoozmann, Lobet den Herrn. Altchr. Kirchenlieder u. geistl. Gedichte, Mchn. 1928, S. 123), „delapsus“ (Ermoldus Nigellus, De laude Hludowici IV, 221: Schlosser, Schriftquellen S. 322 Nr. 925), „angelus apparet Zachariae missus ab astris“ (Sedulius Scottus, Carmina 48: ebd. S. 336 Nr. 935).
1. Den Anfang der himmlischen Zone bildet die Schicht der Wolken. Wolken nehmen Christus auf, wenn er zum Himmel auffährt, und begleiten ihn bei seiner Parusie („recipiunt nubes ascendentem, redeunti ad judicium comitabuntur“, sagt Smaragdus, Collectiones in epistolas et evangelia: Migne, P.L. 102, Sp. 310). Auch zu den E. stehen die Wolken in enger Beziehung; die E. durchdringen die Wolken („per nubes currentes caeli“, Boninus Mombritius, Sanctuarium seu vitae sanctorum, ed. Fr. A. Brunet, Paris 1910, Bd. 1 S. 487), erscheinen „cum imbribus et tri tonitruis“ (ders., ebd.: ebd. Bd. 2 S. 622), und nach der Apokalypse haben sie sogar Wolkengestalt, worüber Pseudo-Dionys ausführliche Betrachtungen anstellt (vgl. Josef Stiglmayr, Des hl. Dionysius Areopagita angebliche Schriften über die beiden Hierarchien [= Bibl. der Kirchenväter Bd. 2], Kempten u. Mchn. 1911, S. 82f.).
Diese Beziehung zwischen E. und Wolken erklärt die zahlreichen Darstellungen von E., die auf Wolken stehen (Abb. 8, 13, 93; selbst bei Darstellungen der Verkündigung an Maria, die in einem Innenraum geschildert wird, bringt der Verkündigungs-E. Wolken mit: Gem. Strigels [Stange Bd. 8, Abb. 300]; Tintoretto, Gem. in der Scuola di S. Rocco in Venedig), aus Wolken hervorragen (Abb. 41, 43), sie nach unten durchstoßen (Abb. 18, 39) oder von ihnen umgeben sind (Abb. 12; E.-Chöre Abb. 1); auch die von E. (-Köpfchen) besäten Wolkengloriolen um Christus, Gottvater oder die Dreifaltigkeit bzw. ihre Symbole – ebenso die vielfältigen Gestaltungen der E. - Mandorla – gründen sich auf diese Vorstellung (RDK I 371/72, Abb. 4, und 1239f., Abb. 9f.; V 250, Abb. 3). Die Wolken sind gleichsam eine Regieangabe, daß sich die E. in der himmlischen Zone befinden und von dort aus der Erde nähern (s. z. B. RDK I 83f., Abb. 1f.; ebd. 89, Abb. 5; II 500, Abb. 13; III 93/94, Abb. 2; ebd. 1040, Abb. 6, u. 1043, Abb. 8). Sind E. zusammen mit Wolken in einer Schilderung irdischen Geschehens dargestellt, so ist damit die Teilnahme des Himmels an diesem zum Ausdruck gebracht; darüber hinaus kann es bedeuten, daß der Vorgang aus seiner historischen Einmaligkeit in die Überzeitlichkeit der Heilsgeschichte erhoben werden soll (s. u. Sp. 431).
Der Vorstellung von den Wolken als „Boden“ des Himmels entspricht der Glaube, die wolkennahen Berge seien dem Himmel nahe. Von der Himmelfahrt Christi heißt es, daß Christus „qui in humili civitatula natus est, homo de monte sublimi regressus est ad coelos“ (Smaragdus a.a.O.: Migne, P.L. 102, Sp. 310). Die Nähe des Himmels ließ daher die Berge auch zum bevorzugten Ort für E.-Erscheinungen werden, so in den biblischen Zeugnissen (etwa Jes. 52, 7) wie in Legenden (z. B. Erscheinung Michaels auf dem Monte Gargano). Die dem Engelsfürsten Michael geweihten Kirchen und Kapellen auf Bergen – ob sie an die Stelle vorchristlicher Kultstätten traten oder nicht – gehen auf diese Vorstellung zurück. Bei Darstellungen sind kleine Erdschollen, auf denen E. stehen, als vereinfachte Abbildung eines Berges anzusehen (Abb. 10, 15).
Da es als selbstverständlich galt, daß die E. eine zu Häupten der Menschen liegende Zone bewohnen, konnten Wolken und Berge als darauf hinweisende Bildzeichen wegfallen. Hierfür mögen außerdem Vereinfachungen bei bildlichen Wiedergaben und die Berichte von E.-Erscheinungen, bei denen die E. „stans in aere“ geschildert werden (Mombritius: Fr. A. Brunet a.a.O. Bd. 2 S. 478), eine Rolle gespielt haben. Bei genereller Ablehnung illusionistischer Raumdarstellung kann schon allein ein Ubereinanderstehen in der Bildfläche (falls damit kein zeitliches Aufeinanderfolgen oder Hintereinanderstehen gemeint ist) die Begegnung der himmlischen mit der irdischen Welt andeuten.
2. Die Gleichsetzung von „oben“ mit der himmlischen Zone als Aufenthaltsort der E. hat schließlich zu der Annahme geführt, daß Türme und hochgelegene Bauteile von liturgischer Bedeutung der Himmelszone und dem Bereich der E. zugehören.
In der von Papst Hadrian I. Karl d. Gr. geschilderten Vision des Mönches Johannes steigen E. von einem hohen Turm herab (Schlosser, Schriftquellen Nr. 951). Das Kirchengebäude, symbolisch der „urbs Jerusalem“ gleichgesetzt, ist „angelis coronata“ (Paulus Diaconus, vgl. R. Zoozmann a.a.O. S. 820). Da der Glaube, daß der Chor der E. bei den kanonischen Stunden „oben“ mit den Mönchen psalliere, aus zahlreichen früh- und hoch-ma. Quellen zu belegen ist, können deshalb mit Recht die Emporen als Standort des „Chorus angelicus“ angenommen werden (s. Empore Kap. VI: Engelchor, Sp. 314–19). Aus dem gleichen Grunde finden sich auch den E. geweihte Altäre und Kapellen gern in hochgelegenen Teilen des Kirchenbaues (über E.-Patrozinien s. Sp. 399f.).
C. Engel als Thronassistenten
Bis zur Gotik sind E. als Thronwächter zumeist Darstellungen der Dreifaltigkeit, Gottvaters, Christi und ihrer Symbole sowie Schilderungen christologischer Themen zugesellt: sie übernahmen die Funktionen von Leibwächtern (protectores), Protokollbeamten (admissionales mit einladender Gebärde) oder Hofmarschällen (silentiariori mit Schweigen gebietender Gebärde der rechten Hand) am irdischen Hof; wie diese leisten sie auch die Proskynese.
Schon früh finden sich zwar auch Darstellungen der thronenden Maria mit dem Christkind, der E. als Thronwächter beigesellt sind (Abb. 5). Man hat in der Anerkennung Mariä als Gottesgebärerin (ϑεοτόϰος) auf dem Konzil in Ephesus (431) die Voraussetzung für solche Darstellungen der „Majestas Mariä“ (vgl. im einzelnen Sp. 444ff.) sehen wollen [48, S. 203]. Tatsächlich läßt sich das Thema zeitlich nicht über das Mosaikbild am Triumphbogen von S. M. Maggiore in Rom, 432–40 (Abb. 2), zurückverfolgen (s. dazu [48]).
Gegen die Auffassung, Maria sei die Hauptfigur des Bildes, lassen sich jedoch schwerwiegende theologisch-dogmatische Bedenken geltend machen; sie werden gegenstandslos, sobald man annimmt, daß die Anwesenheit der E. auch hier Christus gelte. Der Zusammenhang mit den Konzilsbeschlüssen von Ephesus besteht aber trotzdem: das Dogma von der Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur in Christus – nicht dessen mariologische Konsequenz – wird in dem Bild des göttlichen Kindes „natus ex Maria virgine“ veranschaulicht. Die christozentrische Deutung solcher Darstellungen wird vielfach durch Beischriften und auch durch den Textbezug solcher Bilder in Hss. gefordert, so z. B. im Antiphonar von St. Peter in Salzburg (Swarzenski, Salzburg, Abb. 347), wo die Darstellung dem Weihnachtsabschnitt im Offizium chori vorausgestellt ist; in anderen Fällen halten die E. Spruchbänder mit den Verkündigungsworten Gabriels (Tympanon in Salzburg, A. 13. Jh.: Beenken S. 106ff. Abb. 53ff.). Der Bezug zur Verkündigung an Maria kommt auch in der Typenvariante des Bildes zum Ausdruck, die anstelle der thronenden Muttergottes die Maria orans abbildet (Cosimo Stornajolo, Miniature delle Omilie di Giacomo Monaco [Cod. Vat. gr. 1162] etc. [= Codices Vaticanis selecti, ser. minor I], Rom 1910, Taf. 3). Die ältesten Darstellungen dieses Typs stammen aus dem 5. Jh. und gehen auf Münzbilder römischer Kaiserinnen zurück; von diesen ist bisweilen auch das Zepter als Attribut Mariä übernommen (vgl. im einzelnen A. Grabar, L’empereur dans l’art byzantin [= Publications de la Faculté des Lettres de l’Université de Strasbourg Fasc. 75], Paris 1936, S. 198). Daß die gesteigerte Marienverehrung späterer Zeit solche repräsentativen Bilder auf die Majestas Mariä bezogen hat, ist zweifellos. Als äußeres Kennzeichen dafür, daß Maria in den Mittelpunkt gerückt ist, kann bis zu einem gewissen Grade die Ablösung der gewöhnlich auf zwei E.-Paare beschränkten Thronwächter durch ein größeres E.-Gefolge dienen (s. Sp. 444ff.), womit die urspr. durch die zeremonielle Funktion bestimmte Beziehung zwischen E. und „Muttergottes“ durch ein in allgemeinem Sinne verherrlichendes E.-Gefolge ersetzt wurde. Die Darstellungen der Thronwächter-E. im frühen und hohen MA können in drei Gruppen geschieden werden: 1. E. – oft in der Tracht kaiserlicher Palastbeamter – stehen seitlich oder hinter dem Thronenden, dessen Auftrag erwartend; 2. E. bei der Verrichtung von Aufgaben der Thronwächter; 3. E. als Gefolge Christi, der aber nicht thronend, sondern in anderen repräsentativen Bildtypen wiedergegeben oder durch seine Symbole dargestellt ist: das Motiv der Thronassistenz wird hier sinngemäß auf andere Bildtypen übertragen.
1. Darstellungen des thronenden Christus mit E. als Thronassistenten gehen bis ins 4. Jh. zurück. Dem Liber Pontificalis zufolge (ed. Louis Duchesne, Paris 1886ff., Bd. 1 S. 172) ließ Konstantin d. Gr. für die Lateransbasilika eine Goldschmiedearbeit anfertigen, die mit dem Bilde Christi und vier E. geziert war; vermutlich hat man sich diese Darstellung in der Art wie diejenige auf einer Gemme des 4. Jh. im Münchner Münzkabinett vorzustellen, auf der dem thronenden Christus allerdings nur zwei „Viktorien“ zugesellt sind (Adolf Furtwängler, Die antiken Gemmen, Lpz. u. Bln. 1900, Bd. 1 Taf. 67, 3 und Bd. 3 S. 367). Daß die Bildformel auf ikonographische Typen der höfisch-imperialen Kunst zurückgreift, ist wiederholt nachgewiesen worden (s. vor allem A. Grabar a.a.O.). Die frühchristliche Kunst hat sich des Bildtyps bei denkbar verschiedenen Anlässen bedient; wenn er an repräsentativer Stelle erscheint, ist er oft um Heilige bereichert. Schon früh erwies sich, daß das Bildmotiv durch Hinzufügung weiterer Darstellungen und durch Einordnung in komplexe Bildprogramme in seinem Inhalt unterschiedlich akzentuiert werden konnte. Sowohl im eschatologischen Themenbereich (Weltgericht, Apokalypse, Allerheiligenbild usw.) als auch in Verbindung mit heilsgeschichtlichen, ekklesiastischen und christologischen Bildzyklen ist es durch alle folgenden Jahrhunderte hin immer wieder anzutreffen. Da es bei knappster Formulierung die christliche E.-Vorstellung in erschöpfender Weise veranschaulicht (s. a. Sp. 413), ist es eigentlich zum Kernstück der gesamten E.-Ikonographie geworden. Die vielfältigen motivischen Abwandlungen, Bereicherungen und Spezialisierungen, die die Geschichte des Motivs ausmachen, haben die zugrunde liegende Vorstellung von E. als verherrlichendem, dienstbereitem Gefolge ihres Herrschers Christus nie angetastet. Für die Anfänge des Typs s. a. Sp. 364f., sonst Sp. 417ff. (als früheste Beispiele in der Skulptur des nördlichen Abendlandes seien die Darstellungen auf angelsächsischen Steinkreuzen des 7./8. Jh. genannt; vgl. etwa V. A. M. Annual Review 1930, S. 2f., Taf. 3 b).
2. a) Wie die kaiserlichen Admissionales über die Zulassung vor den Herrscher zu entscheiden haben, so obliegt es den E. als den Thronassistenten Christi, ihrem Herrn Heilige und Erwählte zu empfehlen. Zur Schilderung dieser Verrichtung selbst kam es jedoch nur gelegentlich, da die strenge Repräsentationsdarstellung schon implizite einen Hinweis auf sie enthält (S. Apollinare in Classe, s. Sp. 386f.). Wie selbstverständlich man jene Bilder auf das Amtsgeschäft bezog, bezeugen die im 1. V. 11. Jh. geschaffenen Fresken in der Apsis von S. Vincenzo in Galliano bei Como: hier halten (bzw. hielten) die E. zu Seiten des in der Mandorla thronenden Christus Schriftbänder mit den Worten „peticio“ und „postulacio“, die E. „verkörpern die letzten Verse des 119. (118.) Psalms (Vers 169ff.) ... An Stelle der ‚deprecano’ der Vulgata steht ... die ‚peticio’, die ebenso wie postulacio’ die juristische Klage oder Einforderung meint“ (Hubert Schrade, Vor- u. frühroman. Malerei, Köln 1958, S. 247, Abb. 18). Auch in Weltgerichtsbildern (z. B. in Torcello) treten E. als Thronassistenten auf; ihre Funktion besteht – wie es die Spruchbändertexte, die sie auf einem Tafelbild der Vatikan. Pinakothek halten, ausweisen (Abb. 27) – darin, den Auferstehenden Einlaß in den Himmel zu gewähren oder sie zu verstoßen. Die Vorführung der Erwählten durch Thronwächter-E. ist aber lediglich der krönende Abschluß des Seelengeleits durch E. Untrennbar mit diesem verbunden, konnten daher auch Schilderungen von E. als Psychopompoi an die Stelle der speziellen Vorführungsszene treten. Als charakteristische Beispiele für die mannigfachen Möglichkeiten, diese innerhalb des Weltgerichts zu schildern, seien nur die Fresken des Stefansmünsters in Breisach und Stefan Lochners Weltgerichtsaltar aus St. Laurenz in Köln (Abb. 46) genannt.
Die Seltenheit anschaulich geschilderter Vorführungsszenen außerhalb von Weltgerichtsbildern beruht ferner auch darauf, daß man im Hoch-MA Heilige ohne Vermittlung von E. vor Christi Thron treten und sie auch die Empfehlung von Gläubigen besorgen ließ.
b) Außer den E. beim Throne Christi (s. a. Etimasie), die „tamquam satellites adstantes“, erscheinen E. zur Akklamation des Herrschers Christus. Dies ist zuerst in S. Apollinare in Classe und in S. Giovanni in Ravenna nachzuweisen [48, S. 225f.]: in Classe ist dem Wächterstab der E. ein Täfelchen aufgesteckt, das auf das dreimalige Sanctus (Jes. 6, 3) hinweist, in Ravenna war der Gedanke durch den Titulus ausgesprochen. Die Hinwendung zur szenisch -handlungsmäßig definierten Darstellung bestimmte die gesamte spätere ikonographische Entwicklung. Die Adoratio der E. wurde durch ihre Gebärden unmittelbar anschaulich gemacht, die Zahl der E. bedeutend vergrößert und – man denke an die barocken Beispiele – ekstatische Verehrung an die Stelle der feierlichzeremoniellen Starre gesetzt; auch die auf das Hofzeremoniell zurückgehenden Attribute und Trachten wurden nicht mehr dargestellt.
3. Da sich die repräsentative Bedeutung von Darstellungen des thronenden Christus mit Thronwächter-E. in hohem Maße auf die Analogie zum höfischen Zeremoniell stützte (s. Sp. 368), hatte die Abschwächung dieses Bezugs seit dem Hoch-MA zur Folge, daß man die Anwesenheit der E. eigens begründen mußte. Das geschah hauptsächlich auf folgende Weise: man wies den E. Aufgaben zu, die ihr Vorhandensein erklären (a); man erließ den E. die mit der Thronassistenz verbundenen Pflichten und sah in ihnen ein durch seine Anwesenheit verherrlichendes Gefolge: dabei konnte die Zahl der E. bedeutend vergrößert und an die Stelle des thronenden Christus auch ein anderes Christusbild gesetzt werden (b); man übertrug die Vorstellung von dem Zeremoniell des himmlischen Hofes auf das des liturgischen Rituals: an die Stelle des thronenden Christus traten Symbole des eucharistischen Christus (c).
a) Die Nähe der E. zu Christus durch aktives Eingreifen zu rechtfertigen, ist zumal in Bildern, auf denen die E. die Mandorla Christi „tragen“ (vgl. z. B. RDK II 631, Abb. 2; ebd. 1371, Abb. 8), erkennbar. Höchstwahrscheinlich sind hier noch andere Bildvorstellungen (Himmelfahrt Christi; E., die eine imago clipeata tragen) verarbeitet, was auch inhaltlich naheliegt: es wurde durch diese Kompilation von Bildformeln jeder Zweifel darüber beseitigt, daß hier der verklärte Christus in seiner himmlischen Herrlichkeit wiedergegeben ist (auch dann, wenn es sich nicht um den thronenden Christus handelt).
b) E.-Assistenz findet sich auch bei Darstellungen von Christus als Sieger über die in Ps. 91 (90), 13 genannten Höllentiere (Ernst Steinmann, Die Tituli u. die kirchliche Wandmal. im Abendlande vom 5. b. z. 11. Jh., Lpz. 1892, S. 69; [48] S. 215ff.; ausnahmsweise – und mit Vorstellungen vom Exorzistat verbunden – auch als Thema eines Tympanons: Troia, s. u.), von Christus als Sieger über Tod und Teufel, als Auferstehender (RDK I 1236, Abb. 6; II 631, Abb. 2; III 697, Abb. 3), als Weltenrichter und als Salvator mundi. Im ganzen kommen jedoch solche Alternativen relativ selten vor.
c) Die beiden Cherubim bei der Bundeslade (2. Mos. 25, 10–22) sind das biblische Urbild aller Darstellungen von (eucharistischen) Symbolen mit E.-Assistenz. Verherrlichende E.-Ministranten um Kreuz, Kruzifix, Lamm Gottes, Kelch mit Hostie, Bundeslade usw. zu scharen und diese Darstellungen auch durch den Anbringungsort auf liturgischem Gerät (Abb. 24), an Sakramentshäusern (Abb. 50), Sakristeitüren, liturgischen Büchern (RDK II 1371, Abb. 8) usw. als zum Themenkomplex Eucharistie gehörig zu kennzeichnen, kam schon früh in Gebrauch. Von Anfang an sind hier die Vorstellungen von Adoration und liturgischem Dienst der E. (s. o.) eng miteinander verbunden.
Unter den genannten Themen ist die E.-Assistenz bei der Bundeslade insofern das interessanteste, als uns Kommentare zum Bibeltext mehrfach genauer über die mit den beiden Cherubim verbundenen Vorstellungen unterrichten. Beda z. B. sagt, die Cherubim blickten sich gegenseitig an, um ihre Übereinstimmung in der Verherrlichung des göttlichen Geheimnisses zum Ausdruck zu bringen (Migne, P.L. 91, Sp. 405). In der Regel sah man aber die beiden Cherubim als Bestandteil der Bundeslade selbst an, was z. B. zwischen 799 und 818 den Mosaizisten der Apsis von Germigny-des-Prés veranlaßte, der Arca mit zwei kleinen E. zwei riesige E.-Assistenten beizufügen (Hub. Schrade a.a.O. Taf. 32 und – mit unzutreffender Deutung – S. 44). Im übrigen ist das Abgehen von der biblischen Zweizahl nur bei Altären und , die nach Analogie der Bundeslade gestaltet sind (s. a. Kap. VII) häufiger; in der Malerei dominiert die Abbildung gemäß der biblischen Beschreibung.
Für die frühen Darstellungen von E.-Assistenten zu Seiten der crux gemmata bietet die Silberpatene der Eremitage in Leningrad eines der schönsten Beispiele (Abb. 4). Das Thema wurde, der allgemeinen Entwicklung gemäß modifiziert, in allen Epochen häufig behandelt und fast immer eucharistisch gedeutet; es konnte aber auch in den Dienst der Kreuzverehrung treten (vgl. [64], Kap. A. II. c. 6), zumal nachdem seit dem Hoch-MA das E.-Paar mit dem Kreuz in größere thematische Zusammenhänge einging (Weltgerichtsfresko in Burgfelden, 1. H. 11. Jh.: H. Schrade a.a.O. Abb. 17) und das Kreuzsymbol zum Abbild des Kreuzes als einem der Leidenswerkzeuge Christi umgedeutet wurde (s. dazu bes. Sp. 436). Statt des Kreuzes wurde bisweilen auch der Gekreuzigte dargestellt (z. B. Tympanonrelief aus S. Tommaso in Florenz, s. u.). Auch in szenischen Darstellungen der Kreuzigung Christi und in Verbindung mit Kreuzgruppen finden sich schon früh (Abb. 6) – meist halbfigurig über dem Kreuzquerbalken dargestellt – E.-Assistenten. Sie lediglich als dekorative Raumfüllung und Ersatz für Abbildungen von Sol und Luna zu verstehen (so [48] S. 228), verbietet sich: das historisch erzählende Bild und das eucharistische Repräsentationsbild verschmelzen hier miteinander und veranschaulichen so den wechselseitigen Zusammenhang zwischen zeitlichem Ereignis und zeitloser Bedeutung. Auch die E., die bei den Lettnergruppen in Wechselburg (RDK I 161, Abb. 4), Bücken (ebd. 828, Abb.), Halberstadt U.L.F., Alfeld usw. das Kreuz Christi „tragen“, oder seitlich unter dem Kreuz stehende Cherubim (Halberstadt, Dom; weitere Beispiele bei Peter Brieger, England’s Contribution to the Development of the Triumphal Cross, Mediaeval Studies 4, 1942, 85–96) finden auf diese Weise eine zwanglose Erklärung.
Hinter dem einfachen, wenig variierten Bildtypus der E. mit dem Lamm Gottes – das bis zum Ausgang des 13. Jh. weitaus häufigste unter den hier genannten Themen (Abb. 11; RDK II 999/1000, Abb. 4) – verbirgt sich eine Fülle thematischer Bezüge, auf die hier nicht eingegangen werden kann.
Repräsentative Darstellungen von E.-Assistenten mit dem Kelch (in der Mandorla: Oberpleis Krs. Siegburg, A. 13. Jh.) sind im Hoch-MA ziemlich selten, später verbreitet und wie die E. mit Monstranz, Leidenswerkzeugen, Schweißtuch (s. heiliges Antlitz RDK I 732–42, Abb. 2, 3 und 6) für das Spät-MA typisch (s. V).
4. Die Veranschaulichung der überirdischen Herkunft von Macht und Würde des Kaisers hat seit dem 4. Jh. vielfach (vgl. Münzen) zu Darstellungen des Herrschers geführt, dem Genien und Viktorien Zeichen seines Triumphes bringen (A. Grabar a.a.O. S. 32ff.). Die Umdeutung der antiken Flügelwesen zu E. erfolgte jedoch zunächst nicht. Erst als im 9. Jh. symbolische Kaiserbilder aufkamen, bei denen Christus (später auch Maria oder Heilige) die Investitur bzw. die Einsegnung des Herrschers besorgt, wurde auch die Wiedergabe von E. möglich. Man kann deren Darstellungen in drei Gruppen scheiden: bei der im Abendland frühesten Schilderung von E. auf einem Herrscherbild, dem Bild König Karls des Kahlen im Codex aureus von St. Emmeram in Regensburg, 870 (München, St.B. Clm. 14000, fol. 5 v: Percy Ernst Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit, I: 751–1152, Lpz. u. Bln. 1928, Tafelbd. Abb. 28), gilt die Anwesenheit der E. nur mittelbar dem König; in erster Linie sind die beiden E. mit Botenstäben Gefolge des in Gestalt der Dextera Dei dargestellten Christus (die E. bringen keine Kronen, wie P. E. Schramm, Vortr. Bibl. Warburg 2, 1, 1922/23, 190, mit weiteren daran geknüpften Folgerungen behauptet). Die Krönung des Herrschers durch E. bzw. die Überbringung von Herrschaftszeichen durch E., wie sie auf der 981–987 in oder für S. Vincenzo al Volturno geschaffenen Exsultetrolle, Vatikan. Bibl. ms. lat. 9820 (Myrtilla Avery, The Exultet Rolls of South Italy, Princeton 1936, Taf. 145, 19), und in dem Sakramentar Heinrichs II., Regensburg, 1002–14 (München, St.B. Clm. 4456, fol. 11: P. E. Schramm a.a.O. 1928, Tafelbd. Abb. 85 a), geschildert ist, charakterisiert die zweite Gruppe; die meisten Beispiele, die sie hinterlassen hat, gehören der byzantinischen Kunst an (s. A. Grabar a.a.O.). Daß nicht nur eine allgemeine Benediktion des Herrschers, sondern dessen Investitur oder Krönung dargestellt wird, verbindet den zuletzt genannten Typus mit dem dritten: hier erscheint ein E. als Ministrant Christi, Mariä oder des Heiligen, der den Basileus krönt. Voraussetzung für solche Darstellungen ist die definitive Fixierung des Krönungsaktes als kirchliches Zeremoniell (ebd. S. 112ff., Taf. 24, 1 u. a.).
Bereits im Hoch-MA traten mehr und mehr realistische Wiedergaben der Herrscherinvestitur an die Stelle des Symbolbildes; damit verschwanden auch die E.-Bilder aus dem Bereich der Kaiserikonographie. Das durch sie ausgebildete Motiv der Coronatio-E. fand – nach einem Bedeutungswandel – einen dauerhaften Platz in der E.-Ikonographie (s. u. Sp. 443f.).
D. Engel als himmlische Liturgen
Ein wichtiger Schlüssel für die Deutung vieler ma. (und nach-ma.: s. u. VI) E.-Darstellungen ist die seit altchr. Zeit verbreitete Vorstellung, daß die Liturgie der Kirche der im Himmel gefeierten Liturgie spiegelbildlich entspricht und deshalb auch die Kleriker der Kirche spiegelbildlich den E., den Liturgen des Himmels, entsprechen.
Von der himmlischen Liturgie, deren Hoherpriester Christus ist und deren Diener E. und Heilige sind, berichtet bereits die Apokalypse (Kap. 4f.). Aus dem Mund nicht nur der Seraphim (Jes. 6, 3), sondern aller E. (Brief des hl. Klemens an die Korinther 34, 6: Karl Bihlmeyer, Die apostolischen Väter. Neubearb. der Ausg. von Franz Xaver Funk, 1. Teil, Tübingen 1924, S. 53) ertönt der immerwährende Lobpreis Gottes; Gregor von Nyssa bittet den hl. Ephräm (Vita s. Ephraim: Migne, P.G. Bd. 46, Sp. 849), er möge am himmlischen Altar, wo er mit den E. die Liturgie feiere, der Lebenden gedenken.
In den Versuchen, die ursprünglich der kirchlichen Liturgie zugemessene Bedeutung zu charakterisieren, nimmt die Auffassung, in ihr sei (u. a.) die Feier des Besuches Christi und seiner E. bei seiner Gemeinde zu sehen, eine hervorragende Stellung ein (Johannes Horst, Proskynein [= N.t. Forschgn. 3, 2], Gütersloh 1932, S. 250; dazu vgl. jetzt Heinr. Greeven, προσκυνειν, Theolog. Wörterb. z. N.T. Bd. 6, Stg. 1959, S. 759ff., bes. S. 766). Die Aufnahme des Sanctusrufes der E. in den Ritus der Kirche geht wohl auf den Gottesdienst der Synagoge zurück (Ludwig Eisenhofer, Grundriß der kath. Liturgik, Freiburg i. Br. 19262 u. 3, S. 214) und hat sehr hohes Alter; bis auf die ägyptische Kirchenordnung haben alle Liturgien in der Folgezeit den Sanctusruf übernommen: der Priester bittet, sich dem Lobgesang der E. anschließen zu dürfen und spricht diesen gleichsam in ihrem Namen.
Die Vorstellung von der Anwesenheit der E. beim kirchlichen Gottesdienst stützt sich in hohem Maße auf das Zeugnis der Kirchenväter. „Man kann den eigentlichen Beitrag der Väter zur Entwicklung der Angelologie in ihren Lehren über den liturgischen Dienst der E. sehen“ (Alois Winklhofer, Die Welt der E., Ettal [1959], S. 160; zum Ganzen vgl. [7; 12–16 a] sowie Jos. Andreas Jungmann, Missarum Sollemnia, Freiburg i. Br. 19523, Bd. 2 S. 291ff.). Ambrosius sagt, es sei kein Zweifel „assistere angelum, quando Christus assistit, Christus immolatur“ (Expositio ev. sec. Lucam 1, 12: Opera s. Ambrosii Pars IV, ed. C. u. H. Schenkt, Wien u. Prag 1902, S. 28); „wer von den Gläubigen könne zweifeln, daß in der Stunde der Opferung die Chöre der E. anwesend seien?“ fragt Gregor d. Gr. (Dialogi IV, 58: Migne, P.L. 77, Sp. 428ff.); Joh. Mandakuni berichtet von einer Vision, bei der E. gesehen worden seien, die sich, wie Soldaten in Gegenwart des Königs, rings um den Altar zu Boden neigten (Simon Weber, Ausgewählte Schriften der armenischen Kirchenväter Bd. 2 [= Bibl. der Kirchenväter Bd. 58], Mchn. 1927, S. 226).
Diese bildhafte Vorstellung von einer Teilnahme der E. an der Liturgie des Himmels wie am Gottesdienst der Kirche war, neben dem Geheimnis der Sakramente, die Voraussetzung für die Annahme, daß die kirchliche Hierarchie die Fortsetzung der himmlischen sei. Pseudo-Dionys gab dieser Anschauung eine feste Form (s. dazu J. Stiglmayr a.a.O. S. 4 Anm. 2, sowie RAC III, Sp. 1086ff.). Seine Lehre von den Hierarchien war infolge seines Ansehens als angeblicher Apostelschüler für die ma. Theologie von größter Bedeutung.
Das Grundgesetz seiner hierarchischen Gliederung ist die Abfolge von himmlischer, kirchlicher und gesetzlicher Hierarchie. Jede der drei Ordnungen zerfällt wiederum in drei Triaden, so die Hierarchie der Kirche in die der Sakramente, der Verwalter und der Empfänger. Die Triade der Verwalter ist ebenfalls dreigeteilt in die Stände der Diakone, Priester und Bischöfe. Die offenbarende Ordnung der dritten Engelstriade (Engel, Erzengel, Fürstentümer) steht den menschlichen Hierarchien vor. Gott hat durch die Bildersprache der Hl. Schrift die E. unserem Vorstellungsvermögen nahegebracht, damit wir das himmlische Priestertum nachahmen können, und die heilige Satzung hat unsere (die kirchliche) Hierarchie einer Nachahmung der himmlischen gewürdigt, weshalb es nicht unpassend ist, wenn die Offenbarung unseren Hierarchen Engel nennt.
Nach Pseudo-Dionys sind die kirchlichen Weihestufen nach dem Vorbild der dritten E.-Triade geschaffen. Ma. Theologen übernahmen diese Lehre und bauten sie weiter aus. In den sieben Diakonen, die ganz nahe um den Altar stehen sollen, sieht Amalarius von Metz ein Abbild der sieben E. der Apokalypse (Regula canonicorum I: Migne, P.L. 105, Sp. 822f.), deshalb sind sie in Alben gekleidet wie die E., denen diese Gewandung um ihres priesterlichen Charakters willen gebührt (so bereits Ps.-Dionys). Der Ordo der Diakone, dem die „Engel“ spiegelbildlich entsprechen, begreift in sich die sechs Weihestufen, auf die die Aufgaben der sieben Diakone der Urkirche schon früh aufgeteilt worden sind (alle Weihestufen erstmals erwähnt durch Papst Cornelius, 251); diese Ordines sind: Ostiariat, Lektorat, Exorzistat, Akoluthat, Subdiakonat und Diakonat.
Auf weite Strecken läßt sich die E.-Ikonographie als Veranschaulichung dieser Vorstellungen erklären. Die Fülle sich gegenseitig ergänzender, überlagernder, gelegentlich auch scheinbar widersprechender Darstellungen ist nur Verästelung, die allerdings – je nachdem, ob die bildende Kunst direkt oder indirekt auf die Grundanschauung zurückgeht oder nicht – als solche nicht immer leicht erkennbar ist. Klar tritt sie zutage, wo es der bildenden Kunst um veranschaulichende Abbildung des Geglaubten ging; häufiger aber wurden die aus denselben Vorstellungen geformten liturgischen und seelsorgerischen Praktiken der Kirche zur Veranlassung der bildlichen Gestaltung und zu ihrem Ausgangspunkt, wobei die der Bildkunst gestellte Aufgabe um Exemplifikation und Interpretation der Grundanschauungen erweitert wurde; oftmals verdeutlicht dann der Anbringungsort von Darstellungen die inhaltliche Absicht stärker als die Ikonographie des jeweiligen Bildes.
Die dargelegten Grundanschauungen sind in dreifacher Weise unmittelbar für E.-Darstellungen bedeutsam geworden:
a) War die irdische Liturgie eine spiegelbildliche Entsprechung der himmlischen, so konnte man zur Vergegenwärtigung der unsichtbaren himmlischen Liturgie auf die von dem kirchlichen Gottesdienst her bekannten Formen zurückgreifen und E. bei der Verrichtung der gleichen Funktionen und in gleicher Beziehung zu den Sakramenten wie die Diakone der Kirche schildern. Es können z. B. E. dem Hohenpriester Christus bei der Feier des himmlischen Gottesdienstes ministrieren (Abb. 71).
b) Waren die zeremoniellen Handlungen beim kirchlichen Gottesdienst eine Analogie zur himmlischen Liturgie und die bei jenen mitwirkenden Kleriker in Ränge eingestuft, die denen der E. entsprachen, so konnten im veranschaulichenden Bild die Zusammenhänge zwischen Klerikern und E. zur Kongruenz gesteigert und E. in der Tracht und mit den Weihezeichen der Kleriker (Diakone, Subdiakone) abgebildet werden (vgl. z. B. Abb. 37).
c) Waren E. beim kirchlichen Gottesdienst unsichtbar anwesend und nahmen die Liturgen hier die entsprechende Stelle wie die E. beim himmlischen Gottesdienst ein, so konnte der Zusammenhang zwischen beiden Feiern und beiden Liturgen dadurch zum Ausdruck gebracht werden, daß E. auch beim Gottesdienst der Kirche als Liturgen abgebildet wurden. Sie konnten z. B. dem zelebrierenden Priester ministrieren (südniederl. Gem. um 1470, Antwerpen, Mus.: Kat. 1958 Nr. 224).
Weit zahlreicher sind die mittelbaren Auswirkungen der geschilderten Vorstellungen; man kann hier ebenfalls mehrere – oft sich überschneidende – Anschauungen unterscheiden: eine Gruppe von E.-Darstellungen erklärt sich als Exemplifikation der allgemeinen Vorstellungen, eine andere als deren Interpretation:
a) Sah man in den E. die Diakone der himmlischen Liturgie, so lag es nahe, zu ihren Aufgaben auch all jene Verrichtungen zu zählen, die den Diakonen in Kirche und Gemeinde zufielen. Hatte der Kleriker im Range des Ostiariers z. B. den Türdienst an der Kirche zu verrichten, so auch die E. das Ostiariat an der Himmelspforte (vgl. Abb. 7).
b) Da zwischen himmlischer und irdischer Liturgie ein tertium comparationis in Gestalt des Geheimnisses der Sakramente, zumal der Eucharistie, und in der Verkündigung des Evangeliums bestand, so konnten, von der Vorstellung der E.-Diakone ausgehend, E. mit den Symbolen von Sakrament und Evangelium dargestellt werden und so auf diese lehrhaften Vorstellungen hinweisen. Darüber hinaus war es möglich, in Analogie zur Verschmelzung irdischer und himmlischer Bereiche in der liturgischen Feier durch Hinzufügung von E. zu biblisch-historischen Schilderungen deren sakramentale bzw. heilsgeschichtliche Bedeutung zu kennzeichnen. Als Beispiel hierfür sei die Darstellung von E. bei der Beweinung Christi genannt (Abb. 43).
c) Die Rolle der E. als Vermittler zwischen Himmel und Erde mußte naturgemäß bei den eschatologischen Ereignissen in besonderer Weise hervortreten. Sie erstreckt sich aber nicht nur auf die in der Apokalypse geschilderten Geschehnisse, sondern auch auf die Verbindung mit all den Lehrzeugnissen, die dem Christen bestimmtes, mit eschatologischer Lohnverheißung verknüpftes Verhalten (Werke der Barmherzigkeit, Seligpreisungen usw.) zur Pflicht machen. D. h., daß E. über die liturgischen Verrichtungen im engeren Sinne hinaus auch in seelsorgerischer Funktion dargestellt werden konnten (z. B. Abb. 10 u. 14), sowohl in Verbindung mit den gepredigten Tugendbegriffen selbst als auch in Szenen, die deren Verwirklichung am praktischen Beispiel zeigen (hier konnten auch biblische Schriftstellen die Rolle von Exemplum bzw. Fatto spielen).
Eine weitere Komplizierung der E.-Ikonographie beruht auf der Tatsache, daß die ikonographisch-formale Bildgestaltung nicht immer über die inhaltliche Bedeutung des jeweiligen Bildes aufklärt. Die Darstellung von E. in Raumteilen, die bestimmten sakramentalen Verrichtungen dienen, und an kirchlichem Gerät, das bei Spendung der Sakramente benutzt wird, verweist grundsätzlich zurück auf die Stellung der E.-Liturgen zum Sakrament; ferner rechtfertigen sich bestimmte E.-Darstellungen an solchen Stellen im Kirchenbau, an denen die Kleriker bestimmte Funktionen ausüben, allein schon durch den Bezug zwischen E. und Kleriker.
1. E. als Ostiarier. Nach Ps.-Dionys obliegt den Diakonen, deren Beruf „reinigend und ausscheidend“ ist, die Vorbereitung zur Taufe. Sie haben auch den Türdienst zu besorgen, da der Zulassung zur Taufe Reinigung und Ausscheidung vorauszugehen hat. Der Diakon schließt die Unheiligen von den Heiligen aus und ist deshalb an die Türe des Tempels beordert. Zur Entlastung der Diakone wurde die Weihestufe der “Ostiarier (v. ostium = Eingang) geschaffen, von denen Amalarius sagt: „nur mit ihrer Erlaubnis können wir die Kirche betreten. Sie haben nämlich die Macht, sowohl die Guten aufzunehmen, wie auch die Unwürdigen zurückzuweisen“ (Amalarius von Metz, Regula canonicorum I, 2: Migne, P.L. 105, Sp. 822f.).
Ein Prototyp des Ostiarier-E. ist der Wächter-E. an der Paradiesespforte (1. Mos. 3, 24; s. Engelchöre Abb. 4; RDK I 134, Abb. 8); auf ihn gründet sich die Vorstellung, daß E. die Pforte des Himmels bewachen; daher sollen die Tore des neuen Jerusalem Lob (Gottes) heißen (Jes. 60, 18) und zwölf E. die zwölf Tore dieser ewigen Stadt bewachen (Apok. 21, 12).
Darstellungen der von E. bewachten Himmelsstadt finden sich naturgemäß zuerst in Illustrationen zur Apokalypse.
In einer Miniatur der Bibel von S. Callisto in S. Paolo f. l. m. in Rom, 3. V. 9. Jh., sitzen E. vor den haustürartig wiedergegebenen Stadttoren (Abb. 7). Hoch-ma. Darstellungen bevorzugen die Abbildung einer von zwölf Toren unterbrochenen Stadtmauer mit E. (-Halbfiguren) auf den Zinnen (z. B. die Deckenmal. in S. Pietro bei Civate, 1. H. 12. Jh.: André Grabar u. Carl Nordenfalk, Die roman. Mal. v. 11. b. z. 13. Jh., Genf 1958, S. 48 m. Abb.). In späteren Darstellungen sind die Zinnen mit E. besetzt, bald geflügelten E.-Köpfchen (Abb. 70), bald mächtigen gerüsteten E. (die aber eher als Exorzisten zu verstehen sind und sinngemäß daher auch mehrfach zusätzlich zu Ostiarier-E. abgebildet wurden: Abb. 70). In den Wandmalereien im Dom zu Gurk, um 1220, stehen Ostiarier-E. zwischen den turmartig gebildeten Toren der Gottesstadt hinter der Stadtmauer, halb von dieser verdeckt (Walter Frodi, Die roman. Wandmalerei in Kärnten, Klagenfurt 1942, Abb. S. 59).
Die Vorstellung vom Türwächterdienst der E. an der Paradieses- bzw. Himmelspforte erfuhr nicht nur in Verbindung mit Genesis- und Apokalypsenillustration bildliche Wiedergabe. Das symbolische Verständnis des Kirchengebäudes und seiner Teile brachte das Atrium in Verbindung mit dem Paradies und sah in der Kirche ein Abbild der Himmelsstadt (Sauer S. 124ff.). In der Anbringung von Bildern der Ostiarier-E. an den Eingängen des Atriums und der Kirche gewann die Symbolik Bildgestalt (es ist jedoch zu beachten, daß hier die Vorstellung von den Ostiarier-E. eng mit der von E. als Exorzisten verbunden ist, und gewöhnlich haben beide gemeinsam die Anordnung von E.-Bildern an dieser Stelle bewirkt; für Beispiele s. daher Sp. 396ff.).
Das Malerbuch vom Athos enthält eine präzise Beschreibung dieser Vorstellung: „Inwendig in das Kirchenthor mache zur rechten Seite den Erzengel Michael mit dem Schwerte; er hält ein Blatt, welches sagt: ‚Ich bin Gottes Streiter und trage das Schwert, und die hierdurch mit Furcht eintreten, bewache ich, vertheidige ich, für sie kämpfe ich, und schütze sie; die aber mit einem unreinen Herzen eintreten, schlage ich unbarmherzig mit dem Schwerte.‘ Auf der Linken Gabriel, welcher ein Blatt hält und mit der Feder dieß schreibt: ‚Ich halte die Feder des Schnellschreibers in der Hand, und ich schreibe die Gesinnungen der Eintretenden auf. Ich beschütze die Gutdenkenden; die es nicht sind, verderbe ich schnell’“ (Schäfer S. 401).
Auch ohne Berücksichtigung des liturgischen Amtes der Ostiarier und der spiegelbildlichen Entsprechung von himmlischer und irdischer Liturgie, d. h. von E. und Klerikern, bestehen zwischen beider Aufgaben Parallelen; Ambrosius sagt von den E.: „Per istos posse ire ad Deum, sicut per comites pervenitur ad regem“ (zit. nach [56], S. 11 Anm. 38). Übertragungen dieser Art aus dem Bezirk imperialer Macht dienten der aus dem Dunkel der Verfolgung zur Staatsreligion aufgestiegenen Kirche zur Veranschaulichung ihres Hoheitsanspruches und sind für die Ausgestaltung repräsentativer Bildthemen bedeutungsvoll geworden (s. IV. C und V. A sowie Sp. 364). Dem „reinigenden und ausscheidenden“ Amt der Ostiarier verwandt, erscheinen Michael und Gabriel auf dem Apsismosaik in S. Vitale zu Ravenna als „Thronassistenten“.
In Classe sind die E. zu Seiten der Apsis dargestellt: das Sanctissimum der Kirche kann nur an diesen Wächtern vorbeigetragen werden. Die Übertragung solcher Apsidialbilder an die Eingangsfront (an die „Apsis“ des Atriums; vgl. hierzu Kurt Reißmann, Romanische Portalarchitektur in Deutschland, Diss. Mchn., Würzburg 1937) schloß die Ausweitung des Thronassistentenamtes von E. auf den Türdienst mit ein; sie ist am Niederrhein in der Wanderung des Bildthemas von der Apsis des karolingischen Kölner Domes (Schlosser, Schriftquellen Nr. 907, 3) an die Westwände des Kirchenäußeren in Xanten (nur geplant, Fragment erhalten), St. Pantaleon in Köln und Brauweiler besonders eindrucksvoll sichtbar geworden. Daß dieser Tordienst der E. zur Weihestufe der Ostiarier unmittelbar in Beziehung gesetzt wurde, ergab sich auch aus der Symbolik des Kirchengebäudes (s. o.).
Das Bild der Ostiarier-E. am Kirchenportal reflektieren zahlreiche Darstellungen der Goldschmiedekunst und der Malerei.
Auf dem Antependium aus Sahl in Jütland sind Ostiarier-E. als Halbfiguren über der als Arkade abgebildeten Himmelstüre wiedergegeben (Eckart von Sydow, Die Entwicklung des figuralen Schmucks d. chr. Altar-Antependien u. -Retabeln b. z. 14. Jh. [= Stud. z. Kg. d. Auslandes 97], Straßburg 1912, S. 120, Taf. 13; s. a. ebd. Taf. 6 links u. 7); die Anordnung ist völlig identisch mit der an byzantinischen Kircheneingängen üblichen, die gemalte Kirchenmodelle immer wieder bezeugen: vgl. etwa das Bildnis des Jean Oliver in Lesnovo (L’art byzantin chez les Slaves, Les Balkans [= Orient et Byzance, hrsg. v. Gabriel Millet, Bd. 4], Paris 1930, Taf. 32) oder – für Beispiele aus der Ikonenmalerei – die russische Ikone mit der Darstellung des von dem Erzengel Michael in Chonae gewirkten Wunders, 17. Jh. [47, Nr. 160].
Historisch-erzählende Bilder mit Schilderungen von Türwächter-E. sind ziemlich selten. Beispiele bieten Miniaturen im Perikopenbuch von St. Erentrudis (Abb. 17: Kaiser Heraklius reitet mit dem Kreuz Christi auf ein Stadttor von Jerusalem zu, das ein E. bewacht) und im Hildesheimer Albanipsalter, S. 309.
Der komplexe Zusammenhang zwischen dem Dienst der Ostiarier und der Thronwächter hat darüber hinaus zu zahlreichen Darstellungen von E. geführt, die mit dem Weltgericht (a), mit lehrhaften oder erbaulichen Betrachtungen über die Ereignisse der Endzeit und über das Geschick der Heiligen und Gläubigen im Leben und in der Sterbestunde (b) und schließlich mit Liturgendienst im Chor (c) zusammenhängen.
a) Bei Weltgerichtsbildern wurden solche Vorstellungen bestimmend für die motivische Konzeption gewichtiger Details.
Bereits in den frühesten byzantinischen Weltgerichtsdarstellungen übernehmen E. die Ausführung des Richterspruches und verstoßen die Verdammten (vgl. Röm. Jb. f. Kg. 2, 1938, S. 327). Diese Tätigkeit ist eine sinnfällige Veranschaulichung des Dienstes der Thronassistenten-Ostiarier. Daß hierfür Bildformeln aufgegriffen wurden, die einen seitens der E. mit Waffen ausgetragenen Antagonismus zeigen und daher zunächst an ein Exorzistat denken lassen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß man hier E. in der Funktion von Ostiarien zu sehen hat.
Aus der Apokalyptik stammt die Auffassung, an der Himmelspforte säßen E. und Teufel, die die Taten der Menschen in ein Buch aufschreiben (vgl. Zs. f. Kg. 20, 1957, S. 50 Anm. 12). Auf Grund der Einträge wird beim Jüngsten Gericht über Erwählung bzw. Verdammung entschieden. Zu diesem einmaligen und endgültigen Urteilsspruch ist das Wirken der Ostiarier in Bezug gesetzt worden und demgemäß wurden in ein Buch schreibende E. als Ostiarier auch an Kirchenportalen (Bonn, Münster [hier nur zeitweise an diesem Platz]; Millstatt) und an Portalen von Lettnern und Schranken dargestellt. Noch bei A. Sucquet (Via vitae aeternae, Antwerpen 1620, Considerano XXX) sitzt am Beginn der Straße, die in den Himmel führt, ein E. mit aufgeschlagenem Buch.
b) Die zuletzt genannte Darstellung läßt andererseits den persönlichen Schutz-E. mit dem Wächterstab der Ostiarier beim Gericht als Lektor auftreten. Diese – für die Neuzeit charakteristische – Unterstellung der Ostianerfunktion unter die Schutzengelidee hat zur Folge, daß fast immer von dem Liturgendienst selbst weniger die Rede ist als von dessen Bedeutung für den Einzelnen. Die beiden vorwiegenden Aspekte sind der ekklesiastisch-heilsgeschichtliche und der asketische.
Typologische Denkformen benutzend, entwickelte man aus der Apokalypse das Bild des sich vor der Verfolgung durch den Drachen in die Himmelsstadt flüchtenden Kindes (Maria; Seele), das an der Himmelspforte von einem Ostiarier-E. empfangen wird (Abb. 95 zeigt dies in emblematischer Verschlüsselung unter dem Lemma „tutela receptis“). Wie in der Offenbarung Johannis das (hier mit Maria identifizierte) apokalyptische Weib durch den Exorzismus Michaels und seiner E. von den Nachstellungen des teuflischen Drachens befreit wird, so wird auch der Gläubige, der sich in die von Ostiarier-E. bewachte Kirche flüchtet, in diesem Abbild der Himmelsstadt von E. gegen den Teufel verteidigt.
Zur Veranschaulichung der Ostiarierfunktion konnten auch allegorische Darstellungen dienen, die auf dasjenige hinweisen, wonach die Türwächter zu entscheiden haben. Bei Sucquet (a.a.O.) thront über dem Eingang in den Himmel ein gerüsteter E. mit gekröntem Kreuzstab und Palmzweig, die Beischrift aber gibt ihn als Personifikation der Virtus aus.
Eine besondere Rolle spielte die von der Apokalypse abgeleitete Ostiarier-Vorstellung in der beginnenden Neuzeit. Reformation und Gegenreformation, die sich bei ihren Bildern programmatischen, polemischen und satirischen Inhalts so häufig der apokalyptischen Bildersprache bedienten, sahen in der Himmelsstadt den Ort ungetrübter Rechtgläubigkeit und in den den Zutritt zu ihr bewachenden E. die den rechten Glauben erkennenden Ostiarier und ihn verteidigenden Exorzisten: Buch und Wächterstab (gewöhnlich Kreuzstab) sowie (Flammen-) Schwert dienen als E.-Attribute. Hier wird im Bilde der Ostiarier-E. ganz allgemein zur Rechtgläubigkeit ermahnt und als deren zwangsläufige Folge das empfehlende Wohlwollen der Thronassistenten-Ostiarier ausgegeben.
Schließlich ist auf den Zusammenhang zwischen Ostiarier-E. und der Vorstellung von E. als Seelenwäger hinzuweisen (s. Seelenwägung). Im Bild des Wiegens ist veranschaulicht, auf Grund welcher Prüfung der Ostiarier-E. über die Aufnahme in die Civitas Dei befinden kann.
Diesen Zusammenhang verdeutlicht eine große Zahl von Beispielen, in denen seelenwägende E. – bezeichnenderweise entweder in liturgischer Gewandung (Abb. 51) oder gerüstet, d. h. als Michaelsbild, wiedergegeben – ihr Amt am Tor zum Himmel verrichten (für Beispiele vgl. Leopold Kretzenbacher, Die Seelenwaage [= Buchreihe des L.M. für Kärnten, Bd. 4], Klagenfurt 1958, Abb. 25, 39, 46, 60) oder gar das Bild des Seelenwäger-E. unmittelbar an das Kirchenportal rückt (z. B.: ebd. Abb. 44), als Alternative zu den freilich verbreiteteren Bildern stehender Ostiarier mit Wächterstab, von Exorzisten mit Buch oder Michaels Drachenkampf. Beachtung verdient hierbei auch der Seelenwäger innerhalb von Weltgerichtsbildern an den Eingangswänden: gewöhnlich erscheint er an zentraler Stelle, deutlich auf die Portale bezogen (so in Torcello und an der Westfassade der Kath. von Amiens). Noch bei Sucquet (a.a.O. Consideratio VIII) findet die Seelenwägung durch den Ostiarier-E. am Beginn der Himmelsstraße statt. So gut wie immer versucht ein Teufel das Wiegen zu beeinflussen und wird von dem E. niedergehalten. Eine spätere Abwandlung des Themas verlegt die Seelenwägung in die Sterbestunde eines Menschen und läßt E. und Teufel um dessen Seele streiten (s. Ars moriendi): das Amt der Seelenwägung übernimmt dabei mehr und mehr der Schutz-E. des Einzelnen; nicht mehr vom liturgischen Vollzug bestimmt, verlor die Ostiarierfunktion ihren Sinn, sie wurde zu einem allgemeinen Bildtopos.
Auch das Amt der Seelenwägung schrieb man dem Erzengel Michael zu, aber eine einheitliche Auffassung darüber, wer sie besorge, bestand nicht. Bisweilen ist das Motiv der Seelenwägung zur Charakterisierung des E.-Chores der Dominationes benutzt worden (L. Kretzenbacher a.a.O. Abb. 21; s.a. Sp. 396).
c) Sehr häufig sind an den Wänden des Triumphbogens (zwei) E. dargestellt. In S. Apollinare in Classe sind sie, wiewohl nicht als Cherubim wiedergegeben, als die Jes. 6, 3 genannten Sanctusrufer gekennzeichnet. Diese Bedeutung ist dem E.-Paar in allen Zeiten gegeben worden; noch die vor dem Triumphbogen aufgestellten E.-Skulpturen in St. Michael in Bamberg, um 1720–30, halten z. B. große Spruchbänder, auf denen das dreimalige Sanctus steht. Es ist für diese E.-Bilder typisch, daß sie keinem Christusbild zugeordnet sind, sondern – den Cherubim bei Jesaja entsprechend – dem Allerheiligsten ihre Verehrung erweisen. Man darf in dem Paar der Sanctus-E. am Triumphbogen den Prototyp all der vielfältigen, oft auch vielfigurigen E.-Darstellungen an den Eingängen zum Chor und in diesem sehen. Sind den E. Attribute beigegeben, so verdeutlichen diese meistens den Zusammenhang mit dem eucharistischen Christus, sei es, daß E. die Leidenswerkzeuge vorweisen (wie die E. auf der Balustrade der Chortreppe in St. Michael in Bamberg), sei es, daß sie bei der eucharistischen Feier benutztes Kultgerät tragen. Dem Triumphbogen der Kirche in Erwitte Krs. Lippstadt (Westf.) vorgelegte Säulen sind mit E., die auf der Himmelsleiter auf- und absteigen, geschmückt: das a.t. Bildthema, das im Hoch-MA für so viele Schilderungen die ikonographische Formel lieferte, dient hier dazu, die Kommunikation des himmlischen mit dem irdischen Gottesdienst zu vergegenwärtigen (Abb. 19). Gleiche Bedeutung haben die als Überbringer der Hostie seit frühchristlicher Zeit häufig über dem Scheitel des Triumphbogens dargestellten E.
Auch für die zahlreichen E.-Bilder, die der Laibung des Chorbogens aufgemalt sind, im Chorgewölbe erscheinen (Abb. 53 a), dessen Schlußsteine (wie z. B. in St. Ived in Braisne) oder Dienstkonsolen schmücken (Abb. 47 a und b), die Triforiumszwickel zieren (sog. E.-Chor der Kath. in Lincoln: G. H. Cook, Portrait of Lincoln Cath., London 1950, S. 63 u. Abb. 47ff.) bietet sich hier eine Möglichkeit der Erklärung (unter anderen) an.
2. E. als Exorzisten. Das Amt der Beschwörung ist den Exorzisten übertragen, deren Weihezeichen das Buch ist. Auch dieser Ordo entspricht einer Aufgabe der E.: seit dem Engelsturz obliegt den E., den Anschlägen der „bösen Engel“ (der Dämonen und des Teufels mit seinen Engeln) zu wehren. Alte Beschwörungsformeln machen deutlich, welche Kraft der Glaube den E. zuschrieb: „conjuro te, diabole, per sanctum Michaelem, per s. Gabrielem, per s. Raphaelem et per s. Urielem et per omnes angelos et archangelos et per novem choros archangelorum et per omnes virtutes coelorum, principatus et potestates, thronos et dominationes, cherubim et seraphim“ etc. [33, Sp. 2087].
Nach der Lehre von den E.-Chören obliegt den Mächten und Gewalten (Potestates, Virtutes) das Exorzistat (s. Engelchöre; Abb. 45).
Die Vorstellung von einer antagonistischen Auseinandersetzung zwischen E. und Dämonen ist im Laufe der Zeit immer ausschließlicher als Abbild kämpfender Krieger gestaltet worden, wodurch die Beziehung E.–Exorzist nahezu völlig unerkennbar wurde. „Mit Recht nennen wir die E. Soldaten Gottes, weil wir wohl wissen, daß sie gegen die Mächte, die die Luft erfüllen, kämpfen. Diesen Kampf aber führen sie nicht durch körperliche Anstrengung, sondern durch ihr befehlendes Wort (imperio) ..., weil sie alles durch ihren königlichen Helfer vermögen“ (Gregor d. Gr., Moralia XVIII, 13: Migne, P.L. 76, Sp. 20); in den Carmina 90, 99 und 114 des Alkuin (Schlosser, Schriftquellen Nr. 739, 4; 873, 14; 877, 2) wird Michael angefleht, durch Gebete den bösen Feind vom Gotteshaus abzuhalten. Es ist typisch, daß auf den ältesten Darstellungen des Engelsturzes (s. dort Abb. 1 u. 2) nicht Michael mit seinen E. den Widersacher und dessen Anhänger stürzt, sondern der – gestalthaft oder als Dextera Dei (s. Hand Gottes) dargestellte – Christ-logos.
Neben dem Ostiariat ist nach Ps.-Dionys die Vorbereitung zur Taufe der wichtigste Dienst der Liturgen: nach der Belehrung und Ermahnung des Täuflings verrichten sie den Exorzismus an diesem (vgl. Franz J. Dölger, Der Exorzismus im altchr. Taufritual, Paderborn 1909); sie entkleiden ihn und hüllen ihn nach dreimaliger Immersion in ein weißes Kleid. In diese Aufgaben teilten sich Liturgen verschiedener Weihegrade (Lektoren, Exorzisten, Diakone). Da man von den E. glaubte, daß sie in der himmlischen Liturgie die gleichen Funktionen wie die Kleriker der Kirche ausübten, konnten E. bei der Verrichtung dieser Aufgaben dargestellt werden; die wichtigste Folge dieser Vorstellung war die Abbildung von E.-Diakonen, die weiße Kleider für die Täuflinge bereit halten. Auch bei Schilderungen der Taufe Christi sind E. in dieser Funktion häufig wiedergegeben, obwohl der biblische Bericht ihre Anwesenheit nicht erwähnt. Seltener sind E., die den Täufling entkleiden, dargestellt (Abb. 21), der Taufexorzismus so gut wie nie. Wenn aber trotzdem Bilder exorzierender E. (oder auf solche hinweisende E.-Darstellungen) in Verbindung mit der Taufe eine große Rolle spielen, so beruht dies auf der Annahme einer sakramentalen Beziehung zwischen E. und der Taufe.
Schon Tertullian spricht von „angelus baptismi arbiter“ (De baptismo Kap. 6: Migne, P.L. 1, Sp. 1206). Durch das Dazwischentreten der E. erhält das Taufwasser seine Gewalt (ebd.). Im Sacramentarium Gelasianum lautet das Gebet der Taufwasserweihe: „... Et super has abluendis aquis et vivificandis hominibus praeparatas angelum sanctitatis emittas ...“ (zit. nach [56], S. 31). Nach Ambrosius, Niketas und Gregor von Nazianz erfolgt die Absage des Täuflings an den Teufel in Gegenwart der E., die auf die zum Altar tretenden Neugetauften blicken; „et ex tuis sedibus angelum tuum sanctum dirigas, qui eas (aquas) sanctificet“ (spanische Liturgie, vgl. Migne, P.L. 85, Sp. 466). In dem aus dem Bereich der gallikanischen Liturgie stammenden Missale gothicum ist ein Gebet zur Taufwasserweihe enthalten, wo es heißt: „Descendat super aquas has angelus benedictionis tuae ... angelus pietatis tuae his sacris fontibus adesse digneris“ (zit. nach [56], S. 32). Gott schickt seinen E. von seinem Thron „herab“, um das Wasser zu weihen. Vermittelnd zwischen den Vorstellungen vom E. als Exorzisten und als Bereiter des Taufwassers steht, ein Exemplum für beide, der biblische Bericht von der Heilung der Kranken durch das Bad im Teiche Bethesda, nachdem ein E. herabgefahren war und das Wasser bewegt hatte (Joh. 5, 4).
Für die bildende Kunst ist die Einschätzung von E. als Exorzisten und Bereiter der Taufe in vielfältiger Weise von Bedeutung. Zahlreiche Darstellungen und Bildformeln schildern E. als teufelabwehrenden Beistand des einzelnen Gläubigen (s. a. Schutzengel), als Exorzisten (a), als Bewahrer des Kirchengebäudes (c), als Assistenten bei der Taufe (d); abgeleitet davon sind E.-Bilder an bestimmten Stellen des Kirchengebäudes und an Taufbecken. Zu einer eigenen Bildform für die Vorstellung von E.-Exorzisten ist es – sieht man vom Engelsturz und den ihm verwandten Michaelsbildern ab – nicht gekommen, doch finden sich gelegentlich Ansätze dazu (b).
a) Die Schilderungen von E. beim Vollzug des Exorzismus verteilen sich auf große Gruppen: die biblischen Exempla, das Exorzistat zum Schutze des Einzelnen und der Kirche sowie die Beispiele innerhalb der speziellen E.-Ikonographie.
Die hervorragendsten biblischen Beispiele für den Exorzismus durch E. sind der Kampf Michaels und seiner E. gegen den Drachen (Apok. 12, 7ff.) und die Beschließung des Teufels (ebd. 20, 1ff.). Illustrationen zur Apokalypse enthalten eine Fülle von Beispielen. Schon früh wurden die apokalyptischen Vorstellungen in den Dienst der Allegorie gestellt, bald als Gegenstück zum Engelsturz heilsgeschichtlich als der endgültige Sieg über den Widersacher gefeiert, bald als Sieg des Guten über das Böse moralisch interpretiert. Besondere Bedeutung erlangten sie durch Auslegungen, denen zufolge das von den Exorzisten-E. gerettete apokalyptische Weib als Typus Mariae bzw. Typus Ecclesiae zu verstehen sei. Diese haben schon im Hoch-MA zu mannigfach variierenden Darstellungen geführt, die sich mehrfach völlig von den Bildformeln der Apokalypsenillustration lösen: vgl. z. B. die Illustrationen zu den Homilien des Mönchs Giacomo, wo Exorzisten-E. die Reinheit Mariä gegen den Mutwillen der Laster verteidigen (C. Stornajolo a.a.O. Taf. 37). Hier zeigt sich bereits die für Exorzisten-E. typische Konsequenz: sobald das Exorzistat außerhalb des liturgischen Zeremoniells geschildert wird und einzelnen Gläubigen zugute kommt, wird es zum Schutzengeldienst, dessen Rechtfertigung Rang und Würde des Beschützten in der Heilsgeschichte ist. Die meisten biblischen Exempla, allen voran der zum Schutzengelbild par excellence gewordene Sieg Raphaels über das Tobias bedrohende Untier (Tobias 6; 12, 3; bes. 12, 14), bezeugen dies. Es gibt jedoch auch Darstellungen n.t.-apokrypher Themen und Bibelszenen, in denen Exorzisten-E. abgebildet werden, ohne daß der Text sie forderte. Hierher gehört vor allem die Höllenfahrt Christi, dem ein oder zwei E. beistehen, den Fürsten der Hölle zu überwinden. Aktiv in den „Kampf“ eingreifend sind sie z. B. nach Anweisung des Malerbuches vom Athos (Schäfer S. 207) zu schildern; auch wenn die E. nur als Begleiter Christi erscheinen (wie z. B. auf einer Zchg. Boschs in der Albertina, Wien, Inv.Nr. 7873), sind sie doch in dieser Bedeutung zu verstehen. Die Mitwirkung von E. bei wunderbaren Heilungen durch Christus erklärt sich, sofern sie nicht durch den Bibeltext motiviert ist, durch die Funktion der E. als Exorzisten; da diese E. gleichzeitig auch himmlisches Gefolge des Messias sind, können sie nicht als Schutz-E. angesprochen werden: die E. sind hier Ministranten Christi.
Sehr verbreitet sind Schilderungen von E.-Exorzisten, die zugunsten der Kirche – sowohl des Kirchengebäudes (s. u.), der kirchlichen Lehre als auch der Personifikation der Kirche – wirken. Sie fehlen fast in keiner Darstellung des Triumphes der Kirche (Hans Tintelnot, Die barocke Freskomal. in Deutschland, Mchn. 1951, S. 268f., sowie Deckenmalerei, RDK III 1186f. [= Lit. VII. Programme]): wie die Teufel werden die Widersacher der Kirche von E.-Exorzisten in den Höllenrachen gestoßen; oftmals sind der Haeresie bezichtigte Persönlichkeiten in effigie abgebildet (so z. B. auf der Ill. zu Sucquet a.a.O. Consideratio XII). Eine andere häufig vorkommende Gestaltung des Themas, dessen Motivschatz in der Neuzeit noch weiter wuchs, schildert E., die das Schiff der Kirche auf seiner Fahrt vor aller Gefahr schützen. Da die Idee von der „streitenden Kirche“ [62, Bd. 2 S. 136–83] aufs engste mit Exorzismusvorstellungen verflochten ist, konnten Exorzisten-E. als „Schutz-E. der Kirche“ in der gegenreformatorischen Ikonographie eine so große Rolle spielen, daß man oft übersah, daß auch das frühe und hohe MA inhaltlich entsprechende Bildformeln kannte. Die älteste unter diesen zeigt Personifikationen von Ekklesia und Synagoge mit E.-Begleitung (z. B. RDK I 533/34, Abb. 4; IV 1191, Abb. 2). Weitaus am häufigsten aber ist die Vorstellung zu dem Bild des Drachenkampfes Michaels sublimiert worden, das gleich einer Chiffre verwendet wurde und seine spezielle Bedeutung erst dann erkennen läßt, wenn der Platz der urspr. Anordnung bekannt ist.
b) Die soeben genannte Bildformel diente auch zur Charakterisierung derjenigen E.-Chöre, denen nach der E.-Lehre das Exorzistat obliegt. Je nachdem ob man auf den Exorzierenden oder den Vorgang des Exorzismus größeren Wert legte, konnte durch die gleiche Darstellung der Chor der Erzengel in der Gestalt Michaels und die Chöre der Potestates bzw. Virtutes im Exorzismus repräsentiert werden.
Konkrete Schilderungen des Exorzismusvorganges, wie sie ein Fresko in der Capp. dei Dotto in Padua zeigen (Boll. d’arte 26, 1932/33, 88), oder, mehr in Gestalt von Attributen, zwei Fragmente von Bicci di Lorenzo (Abb. 45), sind weniger verbreitet als allegorische Hinweise auf den Sieg der „Tugenden“ (E.-Chor der Virtutes) über die Laster, die man gern in der Psychomachie entlehnte Bildformeln kleidete. In dem Kuppelmosaik des Baptisteriums von S. Marco in Venedig schlagen die Potestates den Teufel in Ketten und die Virtutes erwecken einen Toten (L. Kretzenbacher a.a.O., S. 72 Abb. 21); da die Seelenwägung durch die Dominationes hier – wie üblich – zu einer kämpferischen Auseinandersetzung zwischen E. und Teufel ausgeweitet ist, besteht mithin zwischen allen Chören der mittleren E.-Hierarchie und dem Exorzistat eine Verbindung.
c) Mit den Ostiariern teilen sich die Exorzisten in die Aufgabe, Unwürdige vom Gotteshaus fernzuhalten. Die Darstellung von E. dieser Ordines an Kirchenportalen und -fassaden lag daher nah, doch ist es überraschend, daß sich erst seit dem 12. Jh. solche Bilder nachweisen lassen. Ihr Aufkommen bedeutet die Konkretisierung seit langem geläufiger Vorstellungen, die sich früher entweder nicht in Bildern (sondern z. B. in der Dedikation von im Westen der Kirchen und über Toren gelegenen Kulträumen an die E.) oder in anderen Darstellungen niedergeschlagen hatten (E. als Widersacher der teuflischen Mächte, dargestellt in Form von Apokalypsenszenen: vgl. E. Steinmann a.a.O.).
Eine klare Trennung zwischen Darstellungen von Ostiarier- und Exorzisten-E. ist nur selten möglich.
Zu den charakteristischen frühen Darstellungen von Ostiarier-E. gehört der E. mit dem Wächterstab auf dem Trumeaukapitell am Portal von St. Trophime in Arles (Abb. 23). Auf Grund seines Buchattributs und der unterworfenen Schlange zu seinen Füßen ist der E. im Tympanon zu Salon, Bouches-du-Rhône (Foto Marburg 44 487), als Exorzist ausgewiesen. Gleiches gilt für die verbreiteten Darstellungen von E. mit Spruchbändern (und Stäben) in Tympana und Türstürzen (Zs. f. Kg. 21, 1958, 171) oder in unmittelbarer Verbindung mit der Kirchentür (Sonderfall: Ostiarierdienst von E. im Kircheninneren; vgl. Clemen, Roman. Mon.Mal. S. 311, Abb. 201: hier in Schwarzrheindorf werden am Durchgang von der Unter- zur Oberkirche die Unberufenen vom Betreten der Oberkirche zurückgehalten). Die E.-Figuren der Tympana von S. Michele in Pavia gemahnen Herzutretende: „hic est domus refugii et consolationis“, auch in anderen Kirchen Pavias sind an hervorragender Stelle der Fassade E. in gleicher Bedeutung dargestellt (René Jullian, L’éveil de la sculpture italienne. La sculpture romane dans l’Italie du Nord, Paris 1945, Taf. 20–23, 25 u. 26,2). Bestimmend für die Folgezeit wurde die zunehmende Betonung des Exorzistendienstes auf Kosten der Ostiarier-E., die Darstellung des Exorzismusvorganges selbst und die durch die Einschätzung von Michaels Drachenkampf als Urbild des Exorzistats ermöglichte Verbindung mit der Michaelsverehrung (Michael als Patronatsheiliger und Exorzist). Besonders anschaulich kommt dies um 1200 in der Michaelskirche zu Bevagna, Umbrien (Ugo Tarchi, L’arte nell’Umbria e nella Sabina Bd. 2, Mailand 1937, Taf. 73), zum Ausdruck: zur Darstellung des Michaelskampfes im Tympanon des linken Portals gesellen sich in der Kämpferzone rechts ein E. mit Spruchband und links ein E. mit Stola und Buch, der mit seinem Wächterstab ein drachenartiges Untier niederstößt; „Michael custodiat“ lautet die Beischrift (Abb. 22). In einem Tympanon zu Erwitte, Westfalen (2. H. 12. Jh.: Beenken S. 104f. Abb. 52 a), ist neben dem Drachenkampf Michaels ein exorzierender Diakon geschildert. Auch die verbreiteten Darstellungen gegen Drachen Kämpfender mit und ohne Flügel (etwa Hans Karlinger, Die roman. Steinplastik in Altbayern u. Salzburg, Augsburg 1924, Abb. 156f.), zu deren Deutung man bisweilen germanische Mythologie und Heldensage bemühte, meinen das Exorzistat (Michaels). In entsprechender Bedeutung sind im 12. und 13. Jh. in der Toskana öfters Michaelsbilder als freifigürliche Bekrönung auf die Fassadengiebel gestellt (Walther Biehl, Toskanische Plastik d. frühen u. hohen MA, Lpz. 1926, Taf. 53 c, 70, 121 [a u.] b, 150). Im byzantinischen Kunstkreis ist über den Portalen häufig Michael als Halbfigur s. Sp. 387) oder als Reiter dargestellt (Lesnovo, s. Sp. 387: a.a.O. Taf. 35). Die Gotik hat die Verbindung von Exorzisten-E. und Kirchenportal aufgegeben und E. in die Figurentabernakel der Strebepfeiler (Reims, Kath.: Abb. 28 a) oder auf die Spitze der Strebepfeiler (Frankfurt, Dom) gestellt oder sie an die Außenmauern (des Chores: Reims, Kath.: Abb. 28 b) gerückt, damit sie nach allen Seiten hin den Bau verteidigen. In Deutschland blieb die Verbindung mit Kirchenportal und -fassade bis ins 14. Jh. gewahrt. Aufstellung von Michaelsbildern (aus Holz: Jena, Stadtpfarrkirche, vgl. Zs. f. Kw. 7, 1953, 145–64) wurde notfalls sogar durch eigenartige Anbringung ermöglicht, so z. B. in Schwäbisch Hall (Abb. 31). Eine kontinuierliche Überlieferung bis zu den gegenreformatorischen Michaelsbildern an Kirchenportalen läßt sich nur ausnahmsweise, dann von lokalen Verhältnissen bedingt, nachweisen.
Neben solchen reinen Darstellungen von E. als Türwächtern und Beschützern des Baues gibt es zahlreiche Beispiele, bei denen die E. neben dem, in dessen Namen exorziert wird, am Kirchenbau erscheinen: neben Christus als Besieger der Höllentiere von Ps. 90 (91), 13 (Nordportaltympanon der Kath. in Troia: Martin Wackernagel, Die Plastik d. 11. u. 12. Jh. in Apulien, Lpz. 1911, Taf. 14 b); ein Tympanon aus S. Tommaso in Florenz (Biehl a.a.O. Taf. 119 a) zeigt E. mit Wächterstab bzw. Schwert als Assistenten des Gekreuzigten; usw.
Im späteren MA lebte die Vorstellung vom Türdienst der E. am Kirchengebäude in weniger betonten Gestaltungen fort. Bereits die E. an den Kapitellen des Nordportals der Marienkirche in Gelnhausen (Inv. Reg.-Bez. Kassel 1, Taf. 66–68), mehr noch die Ostiarier-E. der Vorhalle des Münsters in Freiburg i. Br. oder des sog. Brautportals von St. Sebald in Nürnberg (RDK II 1135, Abb. 2) sind kleine Torwächter-E. innerhalb figurenreicher Bildprogramme an wenig auffallenden Plätzen. In der Folgezeit verstärkte sich diese Tendenz noch mehr: die E. verloren nicht nur den besonders begünstigten Platz innerhalb des Portalschmuckes, sondern mehr und mehr auch die Attribute, die sie als Ostiarier kennzeichnen. Die Darstellung musizierender Türwächter-E. auf Stefan Lochners Weltgerichtsaltar im W.R.M. zu Köln mag als Beispiel für die Abschwächung der sinnfälligen Veranschaulichung des E.-Ostiariats in der spät-ma. Sakralkunst genannt werden. Der Zusammenhang zwischen Portal und E.-Bild ging jedoch nie verloren. Seit dem Spät-MA sind auch Eingänge in Profanbauten mit E.-Darstellungen geschmückt worden (Abb. 41 u. 64); auf den Besitzer hinweisende Attribute nahmen vielfach die Stelle der herkömmlichen Beigaben ein, oft ist aber auf diese wie jene verzichtet worden.
Eng mit der Vorstellung vom Exorzistat und Ostiariat hängt die Dedikation bestimmter Teile des Kirchengebäudes an die E. zusammen, die ihrerseits wieder Veranlassung zu E.-Darstellungen gab. Dem mittelbaren Bezug zum Exorzistat entsprechend, braucht es sich bei solchen Darstellungen durchaus nicht um solche von E. als Exorzisten zu handeln; je nach der jeweiligen Bestimmung solcher Räume oder Raumteile können vielmehr auf Taufe, E.-Kult, Altarsakrament und Grabpflege bezügliche Themen der E.-Ikonographie behandelt werden. Die E. -Kapellen befinden sich, gemäß der Höhenbeziehung der E. (s. Sp. 365ff.), vornehmlich in höher gelegenen Bauteilen, auffällig oft über den Eingängen von Kirchen, in Torbauten und gewöhnlich im Westen der Kirche, d. h. an der Stelle des Gebäudes, wo nach der Symbolik des Kirchengebäudes die Bedrohung durch die teuflischen Mächte am größten ist (vgl. Sauer S. 97 u. ö.) und wo man der Hilfe exorzierender E. am meisten bedarf.
Die Vorstellung „Angelus enim Domini ... stetit super portam“ (Mombritius a.a.O. Bd. 1 S. 380) findet aus diesem Grunde ihre sehr reale Erklärung. Längst bevor sie Bildgestalt gewann, hat sie zur Anbringung von Inschriften an entsprechender Stelle des Außenbaues geführt (z. B. Corvey: „Civitatem istam tv circvmda Domine et angeli tvi cvstodiant mvros eivs“: Wilh. Rave, Corvey, Münster i. W. 1958, Abb. 41). Da man sich die E. in den ihnen geweihten Räumen als anwesend vorstellte, konnte die Dedikation von Kulträumen beim Eingang in den Kirchenbezirk (z. B. Centula) und Städte (Reims, Oratorium auf der Stadtmauer; Trier, Michaelskapelle in der Porta Nigra; usw.) zum sublimiertesten, freilich bildlosen Ausdruck der Vorstellung vom Exorzistendienst der E. werden. Vgl. im übrigen die umfangreiche Literatur über das Michaelspatrozinium im Früh- und Hoch-MA: Olga Rojdestvensky, Le culte de saint Michel et le moyen-âge latin, Paris 1922; Jean Vallery-Radot, Note sur les chapelles hautes dédiées à saint Michel, Bull. mon. 88, 1929, 453–78; R. Janin, Les sanctuaires byzantins de saint Michel, Échos d’Orient 33, 1934, 28–52; Paolo Verzone, Les églises du haut moyen-âge et le culte des anges, in: L’art mosan, Recueil de travaux publié par Pierre Francastel, Paris 1953, S. 71–80; s. a. die den Problemen des Westwerks gewidmeten Untersuchungen.
d) Für Darstellungen von E., die als Liturgen bei der Taufhandlung mitwirken, bieten Schilderungen der Taufe Christi die ältesten Beispiele. Die Zahl der E.-Ministranten ist nicht festgelegt; am häufigsten sind zwei E. mit Tüchern über den Händen wiedergegeben (Abb. 9). Die gegenüber dem biblischen Bericht von der Taufe Christi erweiterte Bildformel verlor auch in Epochen, die exakte Verbildlichung des Bibelberichts erstrebten, nichts von ihrer Bedeutung. In der Neuzeit wurde die Abbildung von E. als Liturgen öfters abgeschwächt und die Anwesenheit von E. – mehrfach sehr vieler – dadurch motiviert, daß die E. als Gefolge Christi bzw. der Dreifaltigkeit erscheinen. Durch diese Umdeutung war es auch der protestantischen Kunst möglich, sich der Bildformel zu bedienen (s. Sp. 521). In ganz entsprechender Weise wie die Darstellungen der Taufe Christi ließen sich auch die aller übrigen Tauf berichte der Bibel ausgestalten. Didaktische Bilder, die das Sakrament der Taufe veranschaulichen, zeigen in der Mehrzahl den Taufakt unter Mitwirkung von E. (das gilt, wenngleich mit Einschränkungen, auch für die prot. Kunst). Gewöhnlich sind die E. als Gefolge des Priesters abgebildet, der die Taufzeremonie vollzieht. Ebenfalls zahlreich begegnet man E., die das Taufwasser bereiten, sei es, daß sie herabschweben, um durch ihre Weihe dem Wasser die sakramentale Macht zu verleihen, sei es, daß sie ihre Hand in das Wasser tauchen. Seltener sind die Darstellungen von E., die die Täuflinge über die Taufe halten (so z. B. ein Stich Klaubers, um 1770: Spamer, Andachtsbild Taf. 164).
Die Beziehung von E. zum Taufsakrament führte seit dem Hoch-MA zur Wiedergabe von E. auf Taufsteinen, entweder als Liturgen (Taufstein in Nesse Krs. Norden, Ostfriesland: Alfr. Ehrhardt u. Harald Busch, Ma. Taufen aus Erz u. Stein, Hbg. 1939, Abb. 44; Taufbecken in Lower Halstow, Kent, 3. V. 12. Jh.: George Zarnecki, English Romanesque Lead Sculpture, London 1957, Abb. 40 u. 43f.) oder in Form des Drachenkampfes Michaels als des exemplarischen Exorzismus: vgl. den Taufstein aus dem 2. Dr. 13. Jh. in Altenstadt b. Schongau, Obb. (H. Karlinger a.a.O. Abb. 171), sowie die zahlreichen skandinavischen Beispiele (M. Mackeprang, Danmarks middelalderlige døbefonte, Kopenhagen 1941, Abb. 59, 296, 440, 442f. u. 472); besonders interessant ist ein schwedisches Beispiel, das einen E. als Exorzisten mit Buch zeigt und neben ihm in Form von Tierkämpfen dargestellte „Beispiele“ für Exorzismus (Johnny Roosval, Dopfuntar i Statens Historiska Museum, Stockholm 1917, Abb. 55; s.a. ebd. Abb. 36).
In der Folgezeit hat die Verbindung zwischen E.-Bild und Tauf gerät aller Art vielfältige Formen angenommen. E. tragen stehend oder schwebend die Taufschale (s. a. Taufengel; Abb. 113, s. a. Sp. 297/ 298, Abb. 27), in der Haltung von Trägerfiguren erscheinen sie an Taufpulten (Abb. 105; RDK I 486, Abb. 1), halten kniend Taufpokale, vor allem aber schmücken sie in jedweder Gestalt Taufgeräte, noch in dekorativer Anordnung an die Anwesenheit von E.(-Liturgen) bei der Taufe gemahnend. In zunehmendem Maße ging die Schilderung des Taufvorganges auf die didaktischen Bilder über, während der Bildschmuck des Taufgeräts immer mehr auf die Bedeutung und die „triumphale“ Anwesenheit der E. beim Taufakt hinwies.
In entsprechender Weise zeigt sich diese Entwicklung in der bildlichen Ausstattung der Taufkapellen und -kirchen. Hier waren neben heilsgeschichtlichen Zyklen vielfach E.-Bilder angebracht, die auf das Liturgenamt der E. bei der Spendung des Sakraments hindeuteten. Die Synthese zwischen beiden Bildthemen fand die Gegenreformation in Bildprogrammen wie dem der Taufkapelle in Säckingen (s. Sp. 479, Abb. 87 c) mit der Schilderung der heilsgeschichtlichen Thematik vermittels Abbildung des Wirkens der E. auf der Erde. Der konkrete Zusammenhang zwischen Taufe und E. verflüchtigte sich freilich in solchen Bildern.
Die Verbindung von E.-Bildern mit Weihwasserbecken und -eimern findet ihre Begründung in der Anschauung, daß der Weihvorgang mit dem Exorzieren des Wassers durch die E. zusammenfalle. Im allgemeinen besteht eine weitreichende Analogie zwischen der Anbringung von E. an Taufgerät und Weihwasserbehältern; besonders beliebt war es, diese von Putten tragen zu lassen oder ihren Konsolen die Gestalt aus Wolken hervorragender E.-Köpfchen zu geben (etwa Permosers Weihwasserbecken, ehem. in der Dresdner kath. Hofkirche, 1945 zerst.: Eberhard Hempel, Gaetano Chiaveri, Dresden 1955, S. 82 Abb. 63).
E.-Darstellungen auf Brunnen und Wasserbehältern jeder Art und zu profanem wie kirchlichem Gebrauch wurzeln ebenfalls in dieser Vorstellung. Eine scharfe Grenze zwischen der Anbringung von E.-Bildern an diesen Stellen um ihrer inhaltlichen Bedeutung willen und der lediglich formelhaften, mit dem künstlerischen Motivschatz überlieferte Dekorationselemente aufgreifenden läßt sich nicht ziehen.
3. E. als Lektoren. Dem Lektor oblag (bevor sein Amt von den Ordines majores übernommen wurde) die Lesung der liturgischen Texte. Wie er sind auch die E. Verkünder der Hl. Schrift und „Deuter der heiligen Dinge“ [56, S. 38]. In dieser Auffassung bestärkte der Vulgatatext von Apok. 14, 6, wo von einem Engel (eine Variante spricht stattdessen von einem Adler) gesagt wird, er habe ein ewiges Evangelium zu verkündigen (so auch Luther). Das Fortleben der Vorstellung bezeugt z. B. Mombritius („angelus ... ostendens eis testamentum Domini confortebat eos“: a.a.O. Bd. 2 S. 332).
Darstellungen von E.-Lektoren sind zumeist durch Buch (Weihezeichen der Lektoren), Spruchband oder Schriftrolle als Attribut gekennzeichnet; da auch E.-Exorzisten und -Subdiakonen das Buchattribut zusteht, ist aber nicht jeder E. mit diesen Beigaben als E.-Lektor auszugeben.
In der abendländischen Kunst sind Schilderungen von Lektoren-E. bei der gottesdienstlichen Lesung oder Predigt sehr selten. Das mag mit der Einschätzung des Lektorats im Abendland zusammenhängen: hier wurde schon früh den Lektoren das Recht der liturgischen Lesung entzogen. Die Lektoren hatten lediglich den Vorlesern das Buch zu tragen; sie hielten es geöffnet vor die Brust. In dieser Haltung sind E. vielfach dargestellt worden, und da sie außerdem zumeist liturgische Gewandung tragen, ist es sicher, daß sie als Lektoren anzusehen sind.
Das Bildmotiv, das um 1020–30 in Miniaturen des Codex aureus Epternacensis seine eindrucksvollste Gestaltung in der hoch-ma. dt. Kunst fand (Abb. 10), läßt sich über die karolingische Kunst (etwa Köhler II, Taf. 101 a) formal bis in die spätantike Buchmalerei zurückverfolgen.
Besonders aufschlußreich für den mit solchen Bildern verbundenen Sinn sind die anthropomorphen bzw. angelomorphen kirchlichen Geräte in dieser Gestalt, Diakone als Pultträger. Man pflegt zwei Typen zu unterscheiden: den sog. Atzmann (RDK I 1220–23; s.a. Wolfg. Stammler, Atzmann, Gießener Beitr. z. dt. Philologie 60, 1938, 193ff.) und den Pultengel. Ob aber die Atzmannfiguren als Kleriker in Gegensatz zu den E. als Pultträgern gesetzt werden dürfen, ist sehr fraglich: da an flügellosen E. in der Steinplastik des 12. und 13. Jh. kein Mangel ist (und in der Regel sind Atzmannfiguren aus Stein) und die liturgische Gewandung E. wie Klerikern zusteht, könnten die Atzmannfiguren auch als E.-Lektoren erachtet werden. Hinzu kommt, daß die erhaltenen Beispiele durchweg im Gestalttypus mit den E.-Typen der jeweiligen Epoche übereinstimmen. Die Unterscheidung läßt sich daher nur formal rechtfertigen, wenn man den Atzmann als stehende (E.-)Gestalt mit oder ohne Flügel und mit liturgischer Gewandung (Abb. 60) definiert und als Pult-E. solche Figuren, die keine liturgische Gewandung tragen und das Pult in einer vom Atzmann beliebig verschiedenen Weise, z. B. in der Art von Karyatiden, halten. Zwischen beiden Typen besteht ein chronologisches Verhältnis. Der wenig variable Atzmanntypus hat sich nur in einzelnen Fällen über das MA hinaus gehalten, während die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten des Pult-E. sich erst in der Neuzeit entfalteten. Die Wandlung ist mit einer inhaltlichen Modifikation verbunden: bereits im späteren MA bevorzugte man an Stelle der Lektoren-E. auf Pulten solche Darstellungen, die anschaulich auf den Inhalt des Verlesenen oder Gepredigten hinweisen (vgl. z. B. Engelpietà Abb. 1). Das Buchattribut der Lektoren (s. u.) wurde zum Bildträger und büßte seine urspr. spezielle Bedeutung ein. Am Beginn der Neuzeit war es vielfach kaum mehr als ein Hinweis auf (verherrlichende) Erklärung gewichtiger aber nicht unbedingt himmlischer Dinge und wurde in dieser Bedeutung zu einem allgemein verwendbaren Bildmotiv; daneben trat eine neue christliche Determinierung des Buchattributes: auf Apok. 14, 6 gestützt nahm das Buch die Bedeutung als Evangeliensymbol an (so zumal in der prot. Kunst) oder, von der E.-Gestalt ausgehend, wurde das E.-Pult zu einem Hinweis auf das vorbildliche immerwährende Gotteslob der E., und dementsprechend hat das E.-Pult in erster Linie als Sängerpult Verwendung gefunden. Daß hierbei die konkrete Analogiebildung zum Liturgendienst preisgegeben werden und somit auch die liturgische Gewandung entfallen konnte, liegt auf der Hand (s. aber ’’’“Kanzelengel und Abb. 107).
In gleicher Haltung wie Atzmannfiguren erscheinen E.-Lektoren öfters als Ministranten Christi (Weltgerichtstympanon in Conques, wo ein E.-Lektor Christus das Buch des Lebens darbietet; eine inhaltlich völlig entsprechende, der zeitgemäßen Frömmigkeit angepaßte Darstellung dient als Illustration der Considerano XXX bei Sucquet a.a.O.: s. o. Sp. 388), der Tempeljungfrau Maria (Abb. 44) und in verschiedenen biblischen Szenen (z. B. auf dem Kapitell mit Darstellung der Verkündigung an Maria in Clermont-Ferrand, Porter Nr. 1170, wo das Buch des E. als Liber vitae bezeichnet ist). Von Lektorendarstellungen ist aber auch dort zu sprechen, wo die E. in anderer Haltung ein Buch (bzw. ein Spruchband, eine Schriftrolle oder eine Tafel) halten. Die sitzenden E. auf dem Kreuzständer des Metrop.Mus., 3. V. 12. Jh. (Abb. 16), die Priestern Bücher zum Lesen vorhalten, machen das besonders deutlich. Ähnliche Darstellungen, allerdings ohne Vorleser, und E. mit Spruchbändern finden sich vielfach auf Kreuzständern und Altarleuchtern (vgl. Falke-Meyer).
Spruchbänder usw. vorweisende E. – als Einzelfiguren und in szenischem Zusammenhang – sind überaus verbreitet.
Man kann sie nach den Inschriften in verschiedene Gruppen teilen. Am häufigsten sind szenisch-erzählende Schilderungen biblischer oder legendärer E.-Erscheinungen, wobei die Inschriften die Worte, mit denen sich die E. an die Menschen wenden, wiedergeben: den Englischen Gruß an Maria, die Begrüßungsworte an Daniel („egressus sum ut docerem te“: Clemen a.a.O. S. 114 Abb. 86) usw. Selten enthalten die Inschriften den vollen Text. Es fällt auf, daß sich die E. in vielen Fällen nicht an ihr Gegenüber im Bild wenden, sondern an den Beschauer, und daß sehr oft nur der E. ein Spruchband hat, nicht aber die Menschen, mit denen er spricht (als Regel gilt hier, daß das Vorkommen von Spruchbändern bei den Menschen mit dem Rang, den sie im Heilsplan einnehmen, häufiger wird: Propheten und Maria haben z. B. öfter als „gewöhnliche“ Menschen ein Spruchband mit ihren Worten an die E. – wie denn auch bereits nach dem biblischen Zeugnis jene häufiger des Gesprächs mit den E. gewürdigt wurden, während andere, wie z. B. die Hirten, sprachlose Zeugen der Verkündigung sind). Die übliche Anschauung, das Spruchband sei lediglich ein Mittel, das Bild „sprechend“ zu machen, erklärt diesen Befund nicht. Erst recht gilt dies für die im späteren MA zahlreichen Beispiele, wo das Spruchband untextiert blieb (so z. B. RDK II 179/80, Abb.; III 114, Abb. 2) oder die E. Texte vorweisen, mit denen sie nach der Bibel bzw. Legende eigentlich nichts zu tun haben; die Inschriften geben Christusworte wieder (Mt. 5, 3–10: Abb. 14; Mt. 25, 34 und 41: Abb. 27), enthalten Bibelverse (Ps. 123, 3f., 67,2 u. 33, 22: Abb. 58), unterweisen über Sakramente (Abb. 39, 67; für die Texte s. Sp. 545ff.), sind Predigtworte (Abb. 10) und Tugendlehre (Abb. 61). In den zuletzt genannten Fällen besorgen E. also Verkündigung und Deutung der hl. Dinge; sie übernehmen im Bilde die liturgische Funktion des Lektors, und zum Zeichen dessen ist ihnen das Weihezeichen der Lektoren, das Buch (bzw. Spruchband), als Attribut gegeben. Darstellungen von E., die das Buch in verhüllten Händen tragen (Abb. 8), sind zumal im HochMA häufig. Die Eigenbedeutung des Attributes erklärt z. B. auch die Schriftrolle in der Hand des E. am Grabe Christi (s. Frauen am Grabe; s. a. Sp. 525f.). Als Künder und Deuter von himmlischen Wahrheiten sind die E. auch in den erzählenden biblischen Szenen im Grunde genommen Lektoren. Die Möglichkeit, durch ausdruckserfüllte Redegesten das Attribut zu ersetzen, ist von einzelnen Künstlern schon früh wahrgenommen worden, für die Mehrzahl des Geschaffenen aber wurde sie erstmals in ottonischer Zeit charakteristisch. Es ist bezeichnend, daß die Konkretisierung der E.-Gestalt seit dem 12. Jh. zu häufigerem Vorkommen des Attributs geführt hat, dessen Charakter etwa mit dem von Initialen zu vergleichen ist. Ausschließlich durch die Gebärdensprache über die Rolle der E. in szenischen Bildern aufzuklären, bürgerte sich erst im späteren MA ein (s. u.). Das Zurücktreten des Attributs wurde dadurch ermöglicht, daß die E.-Gestalt selbst seit dem Spät-MA attributiver Hinweis auf überirdische Dinge und auf die zeitlose Bedeutung einmaliger Vorgänge geworden war. Noch in den flatternden Bändern neuzeitlicher Bilder aber ist, freilich bis zur Unkenntlichkeit entstellt, eine vage Erinnerung an das Lektorenattribut erhalten geblieben.
Wichtige Anregungen verdankt die Ikonographie von Tugendenpersonifikationen den Darstellungen von E. als Lektoren. In Westdeutschland sowie im Maasgebiet finden sich im 11. Jh. und vor allem im 12. Jh. zahlreiche E.-Darstellungen mit Spruchbändern, denen Tugendenbegriffe aufgeschrieben sind. Es handelt sich hier nicht – wie stets behauptet wird – um Wiedergabe von Tugenden in E.-Gestalt, sondern um E., die als Lektoren über die jeweilige Tugend „predigen“.
Allerdings wurden solche E.-Darstellungen (s. RDK III 347, Abb. 2; ebd. 1251/52, Abb. 1) bereits im 12. Jh. zu (flügellosen) Jünglingen, denen der Tugendname beigeschrieben ist, abgewandelt; die Grenze zwischen beiden Bildern ist im Hoch-MA fließend. Diese Genesis vieler Tugendendarstellungen enthält bereits die Keime für die spätere Entwicklung, in deren Verlauf Tugenden- und E.-Darstellungen neuerdings zu einer Einheit zusammenwuchsen.
Das Lektorenamt der E. läßt sie in besonders enge Beziehung zu den Evangelisten treten: sie diktieren ihnen die Evangelien (s. Inspiration). Mittels solcher Darstellungen konnte die göttliche Herkunft der Hl. Schrift vorgestellt werden. Die spezielle Funktion der Lektoren-E. geht hier völlig in der allgemeinen Vorstellung von E. als Gottesboten auf. Auch die Kirchenväter sind häufig mit Lektoren-E., die sie inspirieren, abgebildet. Neben Darstellungen musizierender E. als Gefolge Davids kommen solche vor, bei denen E.-Lektoren den Gesang Davids „inspirieren“ (z. B. RDK III 1117/18, Abb. 20).
Der Gottesbotendienst der Lektoren-E. wurde seit dem ausgehenden Hoch-MA auch auf Bereiche übertragen, die mit dem kirchlichen Lektorat nicht unmittelbar zusammenhängen, wobei metaphorisches Verständnis an die Stelle der heilsgeschichtlichen Auslegung trat. Der Hinweis auf die Mitwirkung von E. beim Zustandekommen bedeutender Werke der Wissenschaft, vorab der Theologie, erschien als Zeugnis für ihre auf einer engelgleichen Einsicht der Verfasser beruhende Qualität; wie anderwärts die Berufung auf berühmte Vertreter der jeweiligen Disziplin in der Antike, so wurde das Bild des Lektoren-E. zu einer verherrlichenden Chiffre und diese später bei neuzeitlichen Buchtitelseiten (vgl. etwa Abb. 76; s. auch RDK III 19, Abb. 6; ebd. 1372, Abb. 5) das meistbenutzte Bildmotiv. Bezeichnenderweise fallen auch die nicht seltenen Vergleiche hervorragender Kirchenlehrer (Thomas von Aquin, Bonaventura; s. u. Sp. 495) und Wissenschaftler (vgl. etwa die Formel Galenus-Angelus: William S. Heckscher, Rembrandt’s Anatomy of Dr. Tulp, New York 1958, S. 49) mit E. in dieselbe Epoche, die erstmals mit einer ausgeprägteren metaphorischen E.-Vorstellung hervortrat. Diese Praxis konnte sich freilich auf die altkirchliche Auslegung von Aposteln (und Predigern) als (Lektoren-)E. berufen. Dem gleichen Themenbereich gehören auch Darstellungen an, die, Legendenberichten folgend, E. als Maler oder Malergehilfen bei der Entstehung „authentischer“ Christus- und Marienbilder schildern.
4. E. als Akoluthen. Aufgabe der Akoluthen ist es, die Lichter in der Kirche zu entzünden, die Leuchter zu tragen sowie Wein und Wasser bereitzustellen. Gemäß ihren Verrichtungen sind Leuchter und Kännchen ihre Weihezeichen (seit dem Konzil von Karthago, 398). Bei der feierlichen Messe gehen die Akoluthen dem Zelebrans voraus, wenn dieser zum Altar schreitet, und während der Messe stehen die brennenden Kerzen vor (bzw. seit dem Hoch-MA auf) dem Altar (s. a. Akolythenleuchter).
Gleich den Akoluthen haben auch die E. eine enge Beziehung zum Licht.
Ganz allgemein war in der Antike mit dem Begriff ἄγγελος vielfach die Vorstellung des Feurigen verbunden ([10] S. 161 mit zahlreichen Belegen, s. a. ebd. S. 124–30). Der schon in ältester Zeit bestehenden Verbindung Gottes mit dem Feuer (etwa 2. Mos. 3, 2ff.; 13, 21f. u. ö.; 19, 18; 24, 17) ist die Verbindung des Feuers mit Gottes E. verwandt: die zufolge der Lehre von den E.-Hierarchien gottnächsten Seraphim verdanken vielleicht schon ihren Namen ihrer feuerartigen Natur; bei Ezechiel gliedern sich die Cherubim aus einer Feuererscheinung aus (1, 4f.), erwecken den Eindruck brennender Fackeln, und Feuer flammt zwischen ihnen hin und her (Ezech. 1, 13). Nach Ps. 103 (104), 4 macht Gott loderndes Feuer zu seinen Dienern (so nach dem hebräischen Text; in der Septuaginta das Verhältnis umgedreht: Gott macht seine Diener zu loderndem Feuer). Viele einschlägige Texte bespricht .J. Michl [10, S. 162ff.], und aus ihnen geht hervor, daß die Vorstellung, die E. seien feuriger Natur, rabbinischer, frühchristlicher und auch gnostischer Anschauung entsprach. Sie bestand zu recht auch nach der spätantiken Lehre von den Elementen (derzufolge das Feuer das Element des Himmels ist und darum die Gottheit umgibt), nach dem Verständnis von Sonne, Mond und Sternen als himmlisches Feuer und schließlich nach der verbreiteten Annahme, daß die Sterne E. seien und das Feuer den E. diene (oder als Himmelsbewohnern eigen sei: Aristides von Athen, 2. Dr. 2. Jh. n. Chr., Apologie, vgl. J. Geffcken, Zwei griech. Apologeten, Lpz. u. Bln. 1907, S. 5). E. begleiten als Lichter Christus (Irenäus, Adversus haereses I, 4, 5 und II, 19, 6: Migne, P.L. 7, Sp. 485ff. und 774f.), in der Apokalypse (4, 5) erscheinen die sieben Erzengel als lodernde Fackeln.
In der Liturgie ist das Licht als Symbol der Personen der Dreifaltigkeit begriffen worden, vorzüglich brachte man es mit Christus in Verbindung, der durch seine Predigt den Menschen das Licht gebracht hat, woran die von Akoluthen bei der Evangelienlesung getragenen beiden Kerzen gemahnen sollen.
Auf Grund der spiegelbildlichen Entsprechung zwischen himmlischer und kirchlicher Liturgie hat man leuchtertragende E. als Akoluthen zu deuten.
Die Beziehung der E. zum Akoluthat führte zur Darstellung von E. auf Ampeln, Lampen und Leuchtern. Die ältesten Beispiele, bei denen die E. als Adoranten Christi wiedergegeben sind, reichen bis ins 6. Jh. zurück [48, S. 216ff.]. Die anfangs gewöhnlich nur in Verbindung mit einem Christusbild geschilderten E. wurden im Hoch-MA zum alleinigen Bildschmuck. Plastische E.-Bilder am Schaft von Altarleuchtern, die zwar schon im Hoch-MA vereinzelt vorkommen (Engelleuchter der ehem. Slg. Stroganoff, 11.–12. Jh.: Falke-Meyer Abb. 15), machten damals wie später aber nur eine kleine Minderheit unter den Altarleuchtern aus (vgl. RDK I 517, Abb. 2). Weitaus häufiger sind Kerzenhalter in E.-Gestalt. Von Anfang an gab es zwei Typen: den stehenden und den knienden E. (Abb. 59 bzw. Abb. 48; im Barock auch sehr häufig Kinder- oder Putten-E: Abb. 85); die fallweise Entscheidung zugunsten des einen oder anderen Typus’ beruht im allgemeinen auf dem jeweiligen Verwendungszweck der Leuchterengel.
Am deutlichsten ist der Bezug zum Akoluthendienst bei der Aufstellung von Leuchter-E. auf den Säulen, die die Altarvelen tragen (RDK I 624, Abb. 3), wobei öfters diese E.-Akoluthen außer dem Leuchter noch ein Meßglöckchen halten (Abb. 59) und von inzensierenden E. begleitet sind. Weiter finden sich Leuchter-E. in Verbindung mit Chorschranken, Lettnern und Grabmälern (Abb. 48; RDK I 308, Abb. 16, zeigt Leuchter-E. zu Füßen einer Heiligenfigur), wo sie die während der kirchlichen Gedächtnisfeier für den Verstorbenen brennenden Kerzen tragen.
Die Entstehung der Leuchter in E.-Gestalt ist von Künstle aus dem Brauch, als E. verkleidete Knaben bei Prozessionen Kerzen tragen zu lassen, erklärt worden [37, S. 252]. Diese Praxis ist aber ebenso wie das Auftreten als E. verkleideter Akteure mit Kerzen in den geistlichen Schauspielen des MA (Karl Young, The Drama of the Medieval Church, Oxford 19512, passim) eine den bildkünstlerischen Gestaltungen parallele Auswirkung der Vorstellung vom Akoluthat der E.
Da seit der Gotik die Kerze auch als generelles E.-Attribut diente (s. u. Sp. 415 und RDK I 792, Abb. 9), ist bei der Deutung von E. mit Kerzen als Akoluthen Vorsicht geboten. Die Entscheidung ermöglichen gewöhnlich nur Beobachtungen des bildlichen und räumlichen Zusammenhanges, in dem solche Darstellungen vorkommen. Sofern es sich um Beispiele wie die Fresken in der Gabrielskapelle in der Krypta der Kath. von Canterbury handelt (E. W. Anthony a.a.O. Abb. 454), ist der Zusammenhang mit dem liturgischen Dienst am Altar kaum zu bezweifeln; die Gründe für eine Deutung der E. mit Kerzen auf dem Weltgerichtstympanon in Conques als Liturgen führt A. Schönberger auf [56, S. 41]. Anbringung über dem Altar oder am Eingang zum Altarraum, Einkleidung der E. in liturgische Gewänder und im Spät-MA öfter auch die Hinzufügung eines weiteren Attributes (Meßglöckchen: Abb. 59; RDK I 331, Abb. 5; so auch in der Deckenmal. der Kirche U.L.F. in Memmingen, 2. H. 15. Jh.: Abb. 53 a) dürften fast immer kerzentragende E. als Akoluthen erweisen.
In dieser Funktion sind sie als Begleiter des zum Altar schreitenden Zelebrans im Spät-MA und in der Neuzeit häufig dargestellt. Auch bei der Schilderung von Prozessionen (s. o.; vgl. hierfür auch Abb. 39) sind Akoluthen-E. öfters wiedergegeben.
5. E. als Subdiakone und Diakone. Nach kirchlicher Tradition waren jene „sieben Männer“, die von den Aposteln berufen wurden, um „zu Tisch (zu) dienen“ (Apostelgesch. 6, 1–6), die ersten Diakone (s. RDK III 1377–82). Bereits Irenäus bezeugt diese Auffassung, gegen die erst in jüngster Zeit Bedenken geltend gemacht wurden (vgl. RAC III 888–909). Der vorzüglichste Dienst der Diakone ist das rituelle Herantragen der Opfergaben zur eucharistischen Feier. Vielleicht wirkten sie bei dieser schon in der Urkirche mit, indem sie das eucharistische Brot brachen und austeilten. Später oblag es ihnen, das Evangelium zu verlesen, zum Gebet aufzufordern, die Taufkandidaten zur Taufe zu führen, das Exorzistat an Energumenen auszuüben, die Märtyrerakten aufzuzeichnen, die Märtyrergräber zu bewachen und für die Aufrechterhaltung der Ordnung in Kirche und Gemeinde zu sorgen. Der Diakon „ist nur für den Dienst des Bischofs da“ (ebd. Sp. 894), ist dessen Gefolge und begleitet ihn wie die E. (als himmlisches Gefolge oder als Thronassistenten) Christus. – Zur Entlastung der Diakone wurden die Ordines minores geschaffen. Zu diesen gehörte ursprünglich auch das Subdiakonat, das erst später in den Rang der Ordines majores aufstieg. Da sich bei den Darstellungen nicht zwischen Diakons- und Subdiakonsfunktionen unterscheiden läßt, werden hier beide Ordines majores gemeinsam behandelt.
Die sakramentale Würde der beiden kirchlichen Rangstufen findet ihren Ausdruck in der Zulassung zum Dienst am Altar, den sie, dem Zelebrans assistierend, umstehen. Gleiches wird auch von den E. geglaubt: sie umringen den Priester, wenn er zum Altar schreitet, und umgeben den Altar, wenn er die Messe feiert. Ihre sichtbaren Stellvertreter sind die Diakone; diese bringen an Stelle der E. die Opfergaben bzw.
Hostie und Kelch zum Altar, während der Priester betet: „Jube haec perferri per manus sancti angeli tui in sublime altare tuum in conspectu majestatis tuae“ (römischer Meßkanon). Im Augenblick der Konsekration verschmelzen die Liturgien des Himmels und der Kirche, Engel bringen die am himmlischen Altar geweihte Hostie zur Erde und umgeben den in Gestalt der Hostie in der Kirche anwesenden Christus so wirklich wie Diakone den Altar. Konkrete Wirklichkeit und für wahr gehaltene Glaubenstatsache verbinden sich zu einheitlicher Vorstellung. Der Diakon, der die Kommunion austeilt, handelt wiederum stellvertretend für die E. (die – rückwirkend – in dieser Funktion dargestellt werden können). In der mozarabischen Liturgie heißt es: „..., ut sanctificata sumamus per manus angeli tui“, „accepta discurrente sancto angelo tuo nobis sanctificata distribuas“ (Migne, P.L. 85, Sp. 116 u. 350 bzw. Sp. 590). Wie die E. Christus(-symbole) in der Mandorla oder der Gloriole tragen (Abb. 11; RDK I 367/68, Abb. 2), so trägt der Diakon die Opfergaben, Leib und Blut Christi.
Die Charakterisierung von E. als Subdiakone und Diakone erfolgte in der bildenden Kunst durch die Beigabe von Attributen (a) und durch die Schilderung von E. bei Verrichtungen, die zu den Aufgaben dieser Ordines gehören (b). Als dienstbare Begleiter des dominus pontificum Christus sind grundsätzlich alle E. Diakone, so daß jenseits aller Spezialisierung nach Rängen und Funktionen das Diakonat als den E. wesensmäßig zugehörige Eigenschaft erachtet werden darf. Da bei Einschätzung der E. als Diakone alle Unterschiede zwischen E.-Existenz und -Funktion aufgehoben sind, blieb diese Vorstellung von allen Streitfragen der Angelologie unberührt; auch die epochebedingten Wandlungen der E.-Vorstellung wirkten sich hier nur unbedeutend aus, so daß die Grundanschauung gleichsam der rote Faden in der verwirrend vielfältigen E.-Ikonographie ist. Die Einschätzung aller E. als Diakone, recht eigentlich die Summa der gesamten E.-Lehre, hat sich ikonographisch im Bilde Christi mit repräsentativem E.-Gefolge (c) niedergeschlagen. Diese häufigste aller Darstellungen ist formal und inhaltlich gleichermaßen vielfältig: da in ihr als dem thematischen Oberbegriff auch die spezielleren Vorstellungen mit einbegriffen waren, konnte man sie schlechthin bei jeder Veranlassung, E. abzubilden, benutzen. Die Fülle der Möglichkeiten entzieht sich jeder Systematik. Hier ist nur der Themen zu gedenken, die sich formal oder inhaltlich als Spezialisierung verstehen lassen und durch geschichtliche Bedingtheiten erklärbar sind; ferner sind diejenigen Themengruppen zu behandeln, die im engeren Sinne die ikonographische Analogiebildung zum kirchlichen Diakonsdienst bezeugen. Hierher gehören die Darstellungen, die den Zusammenhang zwischen kirchlicher und himmlischer Liturgie zu vergegenwärtigen trachten (d) oder durch den Anbringungsort auf diese Vorstellung bezogen sind, sonst aber ikonographisch allgemeine Bildformeln benutzen (e), außerdem Bilder, die Grabwache und -pflege durch E.-Diakone schildern (f).
a) Als Attribute der als Subdiakone und Diakone dargestellten E. dienen in erster Linie die Weihezeichen dieser Ordines: Patene, Kelch, Epistolar sowie Manipel und Stola als Amtsinsignien (zur Gewandung s. Diakon, RDK III 1378); besonderer Erklärung bedürfen nur diejenigen Attribute, die keine Weihezeichen sind: Rauchfaß, Kerze und Musikinstrument, ferner die „Machtscheibe“.
Das Rauchfaß ist den E.-Diakonen auf Grund der Vorstellung von einer spiegelbildlichen Entsprechung zwischen E. und Klerikern als Attribut zugeteilt worden: wie der Priester (oder Diakon) den Altar umschreitet und inzensiert, wie der Diakon die Inzensation des Priesters vollzieht, wie ferner bei feierlichen Stellen der Messe Diakone und Subdiakone (oder die sie vertretenden Chorknaben) mit Weihrauchfässern vor dem Altar stehen, so übertrug man auch den E. den Umgang mit dem Weihrauchfaß, das als generelles Attribut der Priester sogar den a.t. Vertretern dieses Standes zugeteilt werden konnte. Wesentlich ist, daß bei diesem Analogieschluß die Einschätzung der Inzensation als Opferhandlung sowie als Zeichen der Verehrung mit dem den E. eingeborenen Lob Gottes in Zusammenhang gebracht wurde. Darstellungen inzensierender E. konnten dadurch zu eindringlicher Vergegenwärtigung des immerwährenden Gotteslobes der E. dienen (s. RDK II 379, Abb. 3; ebd. 953/54, Abb. 5; III 246, Abb. 6; ebd. 554, Abb. 7).
Die gleiche Bedeutung erlangte öfters auch die Kerze als E.-Attribut; doch ist die Erklärung hier komplizierter, da man zwischen der Kerze als Attribut der Akoluthen und demselben in übertragenem Sinne verwendeten Attribut unterscheiden muß. Tatsächlich sind die Verwendung des Akoluthenleuchters am Altar, die Prozessionspraxis, derzufolge Akoluthen am Beginn des Zuges gingen, und der Akoluthendienst bei der Lesung sinnerschließende Voraussetzung für die Vergabung des Kerzenattributes, doch kommen weitere Gründe hinzu. Ikonographisch sind diese am klarsten bei Darstellungen von Seraphim mit Kerzen faßbar: Lichtgestalt der E., Erleuchtung durch himmlische Wahrheit und brennende Gottesliebe sollen außerdem durch dieses Attribut angedeutet werden. Wesentlich ist, daß diese verschiedenen Gedankengänge nie zu einer verbindlichen einheitlichen Vorstellung verschmolzen; jederzeit konnten E. mit Kerze gemäß einer der Grundvorstellungen abgewandelt werden (etwa als Hinweis auf die feierliche Herabkunft des eucharistischen Christus in die Kirche: Abb. 39) und ebensogut in allgemeinem Sinne als verherrlichendes „Gefolge“ Christi oder der Muttergottes in Repräsentationsbildern auftreten. – Die gleiche Bedeutung wie E. mit dem Kerzenattribut haben Darstellungen von Leuchter-E., deren Leuchtern aber keine Kerzen aufgesteckt sind (etwa RDK I 792, Abb. 9).
Vom 13. Jh. an sind Musikinstrumente sehr häufige E.-Attribute (s. Musik der E.). Sie verdeutlichen den Wohlklang des Gotteslobes durch E. und sind daher adorierenden E. zugeteilt (RDK III 95/96, Abb. 3; ebd. 109/10, Abb. 10; ebd. 698, Abb. 4; V 255/56, Abb. 6 usw.). Zugleich konnte durch die Anordnung musizierender E. an Orgelprospekten und -emporen, Sängerpulten, Chorgestühlen usw. auf Vorbildlichkeit und Parallele des himmlischen Gottesdienstes der Engel hingewiesen werden. Als Chiffre für feierliche Laudatio wurden singende und musizierende E. in der Neuzeit bei vielen Gelegenheiten dargestellt.
Die vor allem im Früh- und Hoch-MA verbreiteten, bald scheibenartigen, bald kugelförmigen E.-Attribute haben bisher sehr widerspruchsvolle Deutungen gefunden. Sie wurden u. a. als Reichsapfel, Symbol des Weltalls oder – neutraler – als „Machtscheibe“ (Abb. 12) bezeichnet. Eine einheitliche Erklärung verbietet sich bei der im einzelnen doch erheblichen Verschiedenheit dieser Attribute. Als Kennzeichen fürstlicher Gewalt, die den Engelfürsten (Erzengeln) durch ihren König Christus verliehen ist, kann der Kreuzglobus bei Darstellungen wie der des Londoner Elfenbeines (Abb. 3) und der Marienkrönung des Altars aus Tirol (Abb. 36) begriffen werden; bei Thronassistenten-E. überhaupt ist, wegen der in diesen Bildern ja auch sonst mitsprechenden Herrschaftssymbolik, diese Deutung glaubwürdiger als in anderen Fällen. Im Hoch-MA überwiegt die scheibenförmige Gestaltung dieses Attributes in Münzgröße; öfters ist ihm ein Kreuzzeichen aufgeprägt (RDK I 449/50, Abb. 6; mehrfach kommt das von spätantiken Münzen her bekannte Stufenkreuz vor). Als einleuchtendste der bisherigen Erklärungen ist wohl die A. Schönbergers zu erachten [56, S. 48–54], der von mehreren Gesichtspunkten her zu dem Schluß kommt, es dürfte sich um die Hostie als Münze des himmlischen Königs (Sauer S. 196 Anm. 7) und „E.-Brot“ handeln.
b) Von den vielen Verrichtungen, die den Diakonen der Kirche obliegen, sind in der E.-Ikonographie hauptsächlich folgende behandelt worden: E. als Gefolge des Priesters (Exsultetrolle aus Benevent, Cod.Vat. lat. 9820, um 1000); E. geleiten den Priester zum Altar; E. bei der Inzensation; E. ministrieren bei der Messe (eine Fülle verschiedener Motive läßt sich unter dieser Bezeichnung zusammenfassen); E. teilen die Kommunion aus; E. feiern die Messe (am häufigsten als Meßallegorie dargestellt); E. weihen Kirche oder Altar (Abb. 20; s. Engelweihe Abb. 1); E.-Diakone beim Vollzug sakramentaler Handlungen (Abb. 72). Bei den genannten Darstellungen handelt es sich ausnahmslos um Schilderungen von E. beim kirchlichen Zeremoniell. Der Motivschatz bei Wiedergaben von E. als Liturgen des himmlischen Gottesdienstes ist bedeutend geringer; hier dominiert die Abbildung von E. als Gefolge des Hohenpriesters Christus (RDK III 699/700, Abb. 5); schon die Darstellung des Altars ist seltener (Abb. 71; s. a. Leroquais, Bréviaires Taf. 57, u. ders., Psautiers Taf. 46 u. 112). Das Motiv der Inzensation erlangte erst im Spät-MA und in der Neuzeit größere Bedeutung, wurde allerdings in der Regel nicht im Sinne des zeremoniellen Vollzugs, sondern als generelles E.-Attribut aufgefaßt.
c) E.-Diakone können als repräsentatives Gefolge Christus, der Dreifaltigkeit (bzw. deren Symbolen), der Muttergottes und schließlich allen als verehrungswürdig vorgestellten Heiligen beigesellt sein. Es spielt hierbei in bezug auf den Inhalt keine Rolle, ob es sich um Repräsentationsbilder oder um in verherrlichender Absicht bereicherte szenische oder lehrhaft-allegorische Darstellungen handelt; indessen ist diese Unterscheidung für die jeweilige formale Gestaltung bedeutsam: während man in Repräsentationsbildern die Wiedergabe von E.-Diakonen als selbst mächtige Diener bevorzugte, durfte man bei erzählenden Szenen das E.-Gefolge als Attribut nicht in den Vordergrund treten lassen und neigte daher in diesen Fällen zur Abbildung von E. in diminuierter Gestalt (z. B. E.-Mandorla, Wolken mit E.-Köpfchen, Kinder- und Putten-E. usw.).
Maßgebend für die ikonographische Entwicklung des Themas war vor allem die Tendenz, die Anwesenheit der E. bildlich zu motivieren. Während zunächst die Abbildung von E. als Begleiter Christi bereits durch die (als bekannt vorausgesetzte) Beziehung zu Christus gerechtfertigt erschien, ging man schon früh dazu über, eine funktionelle Erklärung für sie im Bilde zu geben: entweder man unterstrich die immerwährende Anbetung Christi durch die E. mittels Beischriften, Täfelchen mit der Aufschrift „sanctus, sanctus, sanctus“, generellen E.-Attributen (Spruchband, Rauchfaß, Musikinstrument, Kerze usw.) und Gebärden (Proskynese, Akklamation) oder man gab dem E.-Gefolge des thronenden Christus in Analogie zum höfischen Zeremoniell die Funktion von Thronassistenten (s. Sp. 368ff.). In dem zuletzt genannten Falle ergaben sich der Analogie zuliebe ikonographische Notwendigkeiten und Sonderformen, die in der E.-Lehre keinen Rückhalt fanden: die Einkleidung der E. in die Tracht kaiserlicher Hofbeamter und die Beschränkung der E. auf ein oder höchstens zwei E.-Paare. Diese ikonographische Sonderform hat sich nur solange halten können, als die zugrundegelegte Analogie bekannt war. Mit der im Abendland schon bald einsetzenden Vergrößerung des Gefolges und der Einkleidung in weiße bzw. in liturgische Gewänder – nur unter östlichem Einfluß ist es im Hoch-MA noch zu Darstellungen von E. in byzantinischer Hoftracht gekommen (Abb. 25; s. a. RDK III 1153/54, Abb. 4) – mündet die Schilderung von E. als Thronassistenten wieder in die allgemeine Entwicklung ein, diese im Detail bereichernd.
Das Bestreben, eine Bildformel zu konstituieren, vermittels deren sich die Gesamtheit der E. als Gefolge Christi wiedergeben ließ, führte im Hoch-MA zu mehreren ikonographischen Spezialisierungen. Während die Zuhilfenahme von Beischriften in der Buchmalerei nur zeitweise in Anspruch genommen wurde (s. Engelchöre), fand man in möglichst großer Häufung von E. bereits in karolingischer Zeit das für alle Folgezeit gängigste Rezept (Abb. 12; s. a. RDK I 365/66, Abb. 1). Diese anonymen „E.-Scharen“ jeglichen Umfangs stellen die Mehrzahl aller E.-Darstellungen. Stärker theologisch gefärbt sind die Versuche, das gleiche Thema durch die Abbildung der Engelchöre oder der Erzengel zu bewältigen. Eine sehr typische Sonderform brachte das 12. Jh. hervor: sie besteht in der Verteilung von Attributen aller kirchlichen Ordines, deren Funktionen man sich auch von E. verrichtet vorstellte, an E. Hierfür bieten zumal die Portalarchivolten mehrere Beispiele.
Für das spätere MA sind keine hier erwähnenswerten Sonderformen erkennbar.
Die für die Überlieferung wichtigste Leistung dieser Epoche ist die Ausweitung des Motivs in verschiedensten Zusammenhängen, wodurch bei unwesentlicher Modifikation der überkommenen Bildformen die inhaltliche Spezialisierung ermöglicht worden ist, die in der Kunst der Gegenreformation größte Bedeutung erlangte. Allenfalls in der Aufnahme von einzelnen Motiven, die die Lokalisierung der Darstellung in den Himmel sinnfällig machen – u. a. gesteigerte Verwendung von Wolken, Einpassung der Darstellungen in geometrische Schemata, die der Kosmologie entstammen – mag man Eigentümlichkeiten des Spät-MA sehen. Die penible Übertragung der liturgischen Gewandung, die für viele niederländische Darstellungen charakteristisch ist (van Eyck, Genter Altar; Memling: RDK III 699/ 700, Abb. 5), hat die Vorstellung vom E.-Diakonat in bis dahin kaum gewohntem Maße im Bilde zur Realität werden lassen (vgl. etwa Abb. 51, 56, 61).
Die Gegenreformation faßte alle Überlieferungen zusammen. Bei dieser Synopse erfuhren alle Möglichkeiten noch einmal eine äußerste Steigerung: Fülle der Zahl und Vielfalt der Gestalt, lebhafteste Gebärdensprache und schematische Starrheit, Nähe und Ferne, Konzentration bis zur dekorativen Formel und größtmögliche Ausdehnung bei weitgehender Individualisierung stehen oftmals in einem Bild nebeneinander.
d) Eine Reihe von Darstellungen der E.-Diakone als Begleiter Christi verdient wegen der konkreten Beziehung zu Gottesdienst und Eucharistie besondere Beachtung: E.-Diakone als Assistenten des Hohenpriesters Christus und als Begleiter des eucharistischen Christus.
Bei zwei Anlässen erscheinen E. als Ministranten des zelebrierenden Christus: bei der Kommunion der Apostel (vgl. z. B. das Mosaik der Ag. Sophia in Kiew, 11. Jh.: Maurice Vloberg, L’eucharistie dans l’art, Grenoble u. Paris 1946, Bd. 1 Abb. S. 46; Leroquais, Bréviaires Taf. 48) und beim himmlischen Gottesdienst (Abb. 71, Ill. zum Vaterunser). Abbildungen, die den Gottesdienst im Himmel analog zum Zeremoniell der Kirche wiedergeben, sind relativ selten, da man entweder auf die Darstellung des präzisierenden Details (Altar mit Altargerät) verzichtete oder aber das Allerheiligenbild zur Veranschaulichung dieses Themas heranzog. Die Schilderung des „Gottesdienstes des Lammes“ erfolgte im MA häufig auch durch abgekürzte Darstellungen. Für viele Beispiele sei hier nur eine Miniatur des 12. Jh. in der Hs. 154496 der Bibl.roy. in Brüssel genannt: in der Himmelsstadt stehen zwei E., die das Lamm Gottes verehren (Foto Stoedtner 154 496).
Nun ist das Lamm Gottes aber auch eines der Symbole des eucharistischen Christus; wenn die bei der Brüsseler Miniatur jeden Zweifel an der ikonographischen Bestimmung ausschließenden Bildmotive und Inschriften entfallen, so wird auch die eindeutige Benennung unmöglich; die Darstellung reiht sich in den Themenkomplex Eucharistie ein und wäre als Bild des eucharistischen Christus mit E.-Gefolge zu bezeichnen. Bereits die frühchristliche Kunst kannte das Bildmotiv der beiderseits von schwebenden E. getragenen Corona (oder des Clipeus) mit Symbolen des eucharistischen Christus (Kreuz, Christusmonogramm: Abb. 1, Hand Gottes, Lamm Gottes) als Bildschmuck der Triumphbogenwand (vgl. Wilpert, Mos. u. Mal.). Bald nach der Einführung des Agnus Dei in das Meßformular begegnet man ähnlichen Darstellungen auch in Missalien am Ende des Kanons (Adalbert Ebner, Quellen u. Forschgn. z. Gesch. u. Kg. des Missale Romanum im MA. Iter Italicum, Graz 19572, S. 448).
Statt der Symbole erscheinen seit dem Hoch-MA in steigendem Maße Hostie, Kelch, Patene (mit dem Bild des Lammes, des Kreuzes oder der Kreuzigung): die Kultgeräte der eucharistischen Feier. Vom späteren MA an sind dann den E. mit Vorliebe die Leidenswerkzeuge, vor allem Kreuz und Lanze, zugeteilt worden: hier als die Instrumente verstanden, die bei der „Zubereitung“ des Gnadenmahles verwendet wurden. Alle diese Darstellungen bezeichnen ein Doppeltes: den Besuch Christi bei seiner zum Gottesdienst versammelten Gemeinde und den Zusammenhang zwischen himmlischer und irdischer Feier im Augenblick der Wandlung. Beide Gesichtspunkte können eigens hervorgehoben sein; es kann die Herabkunft Christi als feierliche Prozession geschildert werden wie in der Mettener Hs. von 1414/15 (Abb. 39; vereinfachte Darstellung: Lamberto Font, Enrique Bagué u. Juan Petit, La eucaristía. El tema eucarístico en el arte de España, Barcelona 1952, Abb. 35); es können – als allegorische Erklärung des Meßgeheimnisses – die geweihten Opfergaben von E. auf den Altar gebracht werden (Abb. 18; s. a. Beschr.Verz. Kk. Berlin S. 10f., Abb. 12), E. als Liturgen vor dem Altar stehen (z. B.: Wandgem. der Hauptapsis von S. Quirce de Pedret, Solsona, Diöz.Mus. L. Font u. a., Abb. 9); schließlich können E. mit Kultgerät der eucharistischen Feier am Altarretabel oder -antependium abgebildet werden (ein frühes dt. Beispiel: Steinrelief aus Oberpleis Krs. Siegburg, A. 13. Jh.: E. halten Mandorla mit Kelch). Somit ermöglicht der Anbringungsort von ikonographisch mehrdeutigen Darstellungen häufig erst deren inhaltliche Bestimmung.
e) Keiner besonderen Erklärung bedürfen all die Beispiele, in denen E. auf denjenigen Kultgeräten erscheinen, die sie auch vom Himmel schwebend als Symbole des eucharistischen Christus herbeibringen: auf Kelch und auf Patene (Abb. 24) sind sie Gefolge des in mystischer Gestalt in diesen geborgenen Christus. Die gleiche Bedeutung haben sie auf Monstranzen (Abb. 79), Pyxiden, Altartabernakeln (Abb. 49, 83), Sakramentshäusern (Abb. 50). Stets können hier Darstellungen der Dreifaltigkeit bzw. Christi (Abb. 24; seiner Symbole: Abb. 49, 80) mit E.-Gefolge erscheinen oder auch nur E., die Begleiter des in diesen Gefäßen bewahrten Christus; ferner können sämtliche Meßallegorien hier wiedergegeben werden. Ausdrücklich ist zu betonen, daß noch die E.-Bilder der routiniertesten Dekorationskunst an barockem Altargerät diesen Vorstellungen verpflichtet sind (für Beispiele s. Braun, Altargerät; M. Trens, La Eucaristía en el arte español, Barcelona 1952).
Während die Anbringung der Darstellung am Kultgerät noch ziemlich unmittelbar auf die inhaltliche Bedeutung hinweist, sind die Schilderungen innerhalb komplexer – und oftmals auch andere Themen berücksichtigender – Bildprogramme an Altären und in Altarräumen Mißverständnissen in höherem Maße ausgesetzt. Die Mehrdeutigkeit der Themen kommt spekulativen Deutungen nur allzusehr entgegen.
Als langlebigster und häufigster Typus sei hier nur auf die Gewölbemalereien mit Darstellungen der Dreifaltigkeit, Christi usw. mit E.-Gefolge bzw. von E.-Scharen verwiesen. Da solche Schilderungen auch zufolge der Höhenbeziehung der E. (s. Sp. 365ff.) und des Glaubens an die Anwesenheit Christi und seiner E. beim Gottesdienst der Kirche (s. Sp. 382ff.) gerechtfertigt werden können, ist von einer thematischen Beziehung zur Eucharistie nur dann zu sprechen, wenn es dafür zusätzliche Anhaltspunkte gibt. So etwa, wenn sich ausschließlich im Gewölbe des Altarraumes E.-Darstellungen finden, nicht jedoch in den Gewölben der übrigen Raumteile; wenn wie bei den Fresken in der Krypta der Andreaskirche von Neuenberg bei Fulda, um 1023 (Abb. 12), das Bildprogramm auch in allen übrigen Raumteilen auf das sakramentspendende Opfer Christi hinweist. Bei den Kuppelfresken der Regensburger Allerheiligenkapelle halten sich Bezug zur Eucharistie und zum Totengedächtnis die Waage. Ob man die E.-Bilder im Gewölbe der Schutzengelkapelle der Kath. von Winchester, 2. H. 13. Jh. (E. W. Tristram a.a.O. Taf. 44), eher auf den Altardienst als auf den ehemals hier aufgestellten Reliquienschrein zu beziehen hat – vermutlich auf beide –, wird sich kaum entscheiden lassen. Sicher hingegen sind die Akoluthen mit Kerze und Meßglöckchen in der Deckenmalerei zu Memmingen, U.L.F., 2. H. 15. Jh. (Abb. 53 a), Hinweis auf die Parallele zwischen himmlischer und irdischer Liturgie. In der Neuzeit bilden in vielen Fällen Kelch mit Hostie, Monstranz (Abb. 80) oder Kreuzsymbol den Mittelpunkt der Darstellungen, so daß die Benennung unzweifelhaft ist.
Anstelle der vorbildlichen himmlischen Feier die a.t. Präfiguration des christl. Altares, die von den Cherubim bewachte Bundeslade, darzustellen (Germigny-des-Prés, s. o.), blieb ungewöhnlich. Hingegen gehört die inhaltlich kaum eindeutig festlegbare Abbildung des thronenden Christus zwischen zwei sechsflügeligen E., die inschriftlich mehrfach als Cherub und Seraph bezeichnet wurden, zu den bis zum Ende des Hoch-MA oft benutzten Repräsentationsbildern Christi (E. mit Spruchband [Sanctusruf] und Beischrift als Cherub und Seraph: Porter Nr. 269f.).
f) Aufgabe der Diakone ist es ferner, die Märtyrergräber zu bewachen. Es finden sich daher in den Märtyrerakten – die anzulegen oftmals den Diakonen anvertraut wurde – mehrfach Berichte von E.(-Diakonen), die das Heiligengrab hüten; bisweilen wird sogar dessen Errichtung E. zugeschrieben (vgl. die Überlieferung vom Martyrium der 10 000 Soldaten, der hl. Lucia und Gemignanus: Mombritius a.a.O. Bd. 1 S. 382 u. Bd. 2 S. 114). Im Rituale Romanum wird der Schutz aller Gräber den E. übertragen. Diese Vorstellung wurde noch vertieft durch die enge Berührung, die mit anderen, den E. bei Sterben, Tod und Auferstehung des Menschen obliegenden Aufgaben besteht (Seelenwägung, Seelengeleit usw.). Der Prototyp für die Grabeswacht der E. ist der n.t. Bericht von den E. am Grabe Christi (Darstellungen, auf denen der E.-Dienst besonders betont ist: Paris, B.N. ms. lat. 17 333, fol. 212, zw. 1013 und 1066: Leroquais, Pontificaux mss. Taf. 131; Clermont-Ferrand, N.-D.-du-Port, Kapitell: Porter Nr. 1169).
Die Auswirkungen auf die bildende Kunst sind sehr mannigfaltig. Die Dedikation der Friedhofskapellen an E., zumal an den hl. Erzengel Michael, die zahllose Bilder des (oder der) Patronatsheiligen veranlaßte, ist die folgenreichste gewesen; jedoch hat sie relativ selten zu ikonographisch bemerkenswerten Darstellungen, in denen die Idee von der Grabpflege durch E. Gestalt gewinnt, geführt: in der Regel ist der Bildschmuck solcher Kapellen durch Schilderungen des Weltgerichts, des Allerheiligenthemas oder apokalyptischer Darstellungen bestritten worden. Erst im späteren MA traten gelegentlich auch Themen hinzu, die aus der Ars moriendi übernommen wurden, insbesondere erlangte in diesem Zusammenhang auch die Schilderung der Höllenfahrt Christi – mit und ohne E.-Begleitung (s. o. Sp. 394) – Bedeutung. Der gleichen Epoche gehören auch die ältesten Wiedergaben des Fegfeuers an, in denen E. als Tröster der Armenseelen erscheinen, um diesen den Ratschluß der Erlösung und die Geburt Christi ([62] Bd. 1, S. 257 Abb. 177) zu verkündigen und den Schmachtenden – als „Frucht“ der Seelenmesse und der Fürbitte für die Toten – den Kelch zu reichen („Kommunion der Armenseelen“). Als aufschlußreichste Darstellungen seien hier nur zwei – sehr schlecht erhaltene – Ölgemälde des 18. Jh. in der Vorhalle der Wallfahrtskirche Vilgertshofen, Obb., genannt, die ein langes Gedicht inhaltlich ausführlich kommentiert. Im übrigen s. Armeseelen (RDK I 1084–88) und Fegfeuer.
Für die E.-Ikonographie wichtiger ist das Bestreben geworden, die Grabpflege der E. unmittelbar anschaulich zu machen. Der Ort solcher Darstellungen ist das Grabmal des einzelnen bzw. bei Heiligen Sarkophag, Schrein, Grabkapelle und Reliquiar (Reliquienmonstranz, Ostensorium usw.). Das biblische Exemplum für die Grabpflege durch E. ist der Kampf der E. um den Leichnam Moses’.
Von diesem Bericht ausgehend sind in der Bibel von S. Pere de Roda über dem Leichnam Moses’ kniende, eine Grabplatte haltende E. dargestellt (B.N. ms. lat. 1, fol. 88: Wilh. Neuß, Katalan. Bibelill. Abb. 14). Entsprechende Darstellungen finden sich auch in der Bibel aus S. Callisto in S. Paolo f. l. m. in Rom und der Erlanger Gumbertbibel (fol. 18: Swarzenski, Salzburg Taf. 36, 118). Spätere Beispiele zeigen gewöhnlich eine kämpferische Auseinandersetzung von E. und Teufeln um den Leichnam Moses’ (Abb. 88).
Die Anordnung von E.-Bildern an Schreinen und Reliquiaren von Heiligen ist wesentlich von deren Formen bedingt und vielfältig wie diese. Besonders sinnfällig wird die Vorstellung, der diese E.-Bilder ihre Entstehung verdanken, im 12. und 13. Jh. in den Grabwächter-E. in den Arkadenzwickeln der Schreinwände (z. B. Aachen, Karlsschrein) und in den Phylakterien mit Reliquien tragenden E. (Abb. 32); auch die über dem Grabe Adams das Kreuz tragenden E. sind hier zu nennen (Falke-Meyer Taf. 63, 147 c u. 148 c sowie Taf. 66, 151).
Auf Grabmälern sind E. bei zahlreichen Beschäftigungen geschildert. Abgesehen von den hier aufgestellten Leuchter-E. (s. 0. Sp. 409 und Abb. 48) kommen seit Ende 12. Jh. in stetig zunehmendem Umfang zu seiten des Toten inzensierende, Kerzen tragende, den Toten bettende, den Vorhang vor seinem Bildnis zurückschlagende E. – um nur die häufigsten Bildmotive zu nennen – vor (s. Sp. 451ff.). Das liturgische Zeremoniell bei der Bestattung und beim Totengedächtnis liefert den Motivschatz, dessen bildliche Wiedergabe die Grabpflege der E. veranschaulicht und diese zugleich als Frucht der Fürbitte für den Toten verständlich macht. In der Neuzeit kam es öfters zu einer Akzentverschiebung: anstelle der Grabpflege selbst wurde gern der Augenblick des Gerichts geschildert, in dem die Grabwächter-E. die Sarkophage der Toten öffnen und den Auferstehenden aufhelfen (etwa Joh. Neudecker d. Ä., Bonifatiusgruft im Fuldaer Dom, 1710: RDK I 423, Abb. 21).
V. Spät-MA
Im Spät mittelalter waren E.-Darstellungen und E.-Ikonographie bei weitem vielfältiger als in den vorausgegangenen Epochen.
Die Ausweitung des Themenbereichs der christlichen Kunst führte zu E.-Bildern in zuvor unbekannten Zusammenhängen; für die E.-Gestalt wurden zahlreiche neue Typen geprägt. Betrachtungs- und Darstellungsweise zielten auf eine Konkretisierung der E.-Vorstellung ab. Die mit besonderer Anteilnahme erörterte Frage nach der Existenz der E. weckte in der bildenden Kunst das Bemühen, die gestalthafte Erscheinung der E. in Einklang mit den Anschauungen bzw. der Lehrmeinung der jeweiligen Epoche zu bringen. Als Folge der veränderten Betrachtungsweise ergab sich die Umdeutung der E.-Gestalt.
A. Anglomorphe Kultgeräte, Engel auf kirchlichen Gerät
Die ersten Ansätze zu einer für die spätma. Kunst typischen Modifikation der ikonographischen Überlieferungen fallen mit dem Beginn der Gotik zusammen; im Verlaufe des 13. Jh. erreichten einige der hierfür charakteristischen Hervorbringungen erstmals größere Verbreitung. Das gilt vor allem für die angelomorphen Kultgeräte wie Leuchterengel, Pultengel (s. a. Sp. 403f.). Bildgestalt und Verwendung des Geräts erläutern sich gegenseitig, die Kultpraxis trägt zusätzlich zur Verdeutlichung der auch für das Bildmotiv maßgebenden Vorstellung von den E. als himmlischen Liturgen bei.
Der neue Formtypus des angelomorphen Geräts ist vorgebildet durch die Anbringung von E.-Bildern an all jenen Kultgeräten, die von Liturgen benutzt wurden. Die Bindung der E.-Gestalt an bestimmte, ortsfeste Kirchengeräte ist eine Konsequenz der Vorstellung vom Liturgendienst der E. (für die einzelnen Möglichkeiten und deren inhaltliche Begründung siehe daher IV. D. 2–4). Während Leuchter- und Pultengel bereits in hochgotischer Zeit verhältnismäßig oft entstanden, vollzog sich die Eingliederung der E.-Figur in den Aufbau von Kanzel und Taufstein erst im späteren MA und erreichte in der Neuzeit ihre größte Verbreitung (Abb. 67, 105, 107). Trägerfiguren in E.-Gestalt finden sich schließlich auch an Altären.
Die angelomorphen Geräte sind Extremfälle des Brauchs, E.-Darstellungen auf Kultgerät anzubringen. Im Spät-MA machte sich die Tendenz geltend, durch diese E.-Bilder nicht nur auf die spiegelbildliche Entsprechung der himmlischen und der irdischen Liturgie hinzuweisen, sondern die allgemeinen Glaubenswahrheiten zu veranschaulichen, deren Vergegenwärtigung Aufgabe des Gottesdienstes ist. Dabei verschob sich der ikonographische Schwerpunkt: die Einsetzung der Sakramente und das Lob Gottes für diesen Gnadenerweis, dargestellt im Bilde der himmlischen Herrlichkeit Gottes, stehen nun im Vordergrund. Nur für den zuletzt genannten Themenkomplex hielt die E.-Ikonographie Bildformeln bereit: die Dreifaltigkeit, Gottvater bzw. Christus mit E.-Gefolge. Entscheidend ist jedoch, daß nunmehr auch viele der ursprünglich nicht in den Bereich der E.-Ikonographie gehörenden Themen um E.-Bilder bereichert wurden, obwohl die literarischen Traditionen dafür keine Handhabe boten. Vermittels der E.-Gestalt wird das Verständnis des Dargestellten in bestimmte Richtung gelenkt: die Wiedergabe von E. als Liturgen interpretiert die Darstellung im Hinblick auf ihre exemplarische Bedeutung für die Heilsgeschichte, den liturgischen Vollzug und die Sakramente. Von der hoch-ma. E.-Ikonographie her darf diese Abwandlung des E.-Bildes zu einer ikonographischen Chiffre als Ausweitung der Anschauung von den E. als Lektoren gelten: die E. erscheinen als Unterweiser der Gläubigen, klären den Betrachter über die Darstellungen auf oder wollen ihn zumindest veranlassen, die Bedeutung der Bilder zu bedenken. Es ist bezeichnend, daß auch in der Literatur des Spät-MA sehr häufig in diesem Sinne von E. die Rede ist. So wird z. B. der Verkündigungs-E. als „Unterweiser“ der Jungfrau Maria bezeichnet (Der hl. Mechtildis ... Buch besonderer Gnade I, 1: J. Müller, Leben u. Offenbarungen der hl. Mechtildis und der Schwester Mechtildis von Magdeburg Bd. 1, Regensburg 1880, S. 37); E.-Erscheinungen bewirken größere Ehrerbietung und Andacht (ebd. S. 112). Der immerwährende Lobpreis der E. verherrlicht nicht mehr allein die Personen der Dreifaltigkeit, sondern auch die Gottesmutter, Heilige und selbst in den Himmel entrückte Fromme.
Hier kann nur ein Überblick über die wichtigsten mit E.-Darstellungen verbundenen Themengruppen des Bildschmucks auf kirchlichem Gerät gegeben werden. Es sind dies:
1. Hinweise auf die Eucharistie, die im Mittelpunkt der kirchlichen Feier steht und die vorzubereiten (bzw. über die zu unterrichten) Aufgabe aller nicht zum Altardienst unmittelbar zugelassenen Ordines ist (s. Messe, Eucharistie); 2. Hinweise auf die Einsetzung der Sakramente s. u. Sp. 432f.); 3. Hinweise auf vorbildliche Verrichtung der einzelnen Liturgendienste (z. B. an Kanzeln: Bergpredigt, Predigt Johannes d. T., Evangelisten, Kirchenväter usw.); 4. Hinweise auf den Inhalt, den Sinn und die Früchte der einzelnen gottesdienstlichen Handlungen (an Kanzeln etwa: E. mit Posaune als „E. des Evangeliums“ gemäß Apok. 14, 6 [s. Sp. 403], Seligpreisungen und Tugenden [in E.-Gestalt!], E. mit Leidenswerkzeugen [s. u. Sp. 435ff.], usw.); 5. Hinweise auf bestimmte Themen der Andacht, die mit den Sakramenten zusammenhängen (so etwa Hostienwunder, Fronleichnam, Passion Christi als mit dem Altarsakrament verbundene Themen; mit Bezug zum Bußsakrament: eschatologische Themen, vorbildliche Büßer; Frucht der Sakramente).
Sämtliche Themen konnten vermittels szenischer Darstellungen erzählender sowie allegorisch-didaktischer Art, durch Andachtsbilder oder ausschließlich aus der E.-Ikonographie entwickelte Bildmotive behandelt werden.
B. Das Engelbild im Dienste der Lehre und der Verherrlichung
Die Durchdringung verschiedener Bereiche der Ikonographie mit derjenigen der E. ist als Exemplifikation der Vorstellung von den E. als Liturgen oder – legt man den Akzent auf die allgemeinen Themen – als Interpretation durch diese zu verstehen. Diesen beiden Gesichtspunkten entspricht die motivische Unterscheidung zwischen E., die bei der Verrichtung bestimmter liturgischer Funktionen dargestellt sind, und solchen, die mehr ihres Daseins im Bild als ihres Tuns wegen dargestellt sind.
Die Exemplifikation des Liturgendienstes der E. besteht in der Schilderung des Dienstes anläßlich bestimmter „historischer“ Anlässe. An die Stelle von Schilderungen, die der immerwährenden Mitwirkung von E.-Liturgen beim Gottesdienst gedachten, traten solche, die jene Dienste beispielhaft veranschaulichen: E. ministrieren bei Messen, die einzelne Heilige zelebrieren (Gregorsmesse, Messe des hl. Martin, des hl. Ägidius usw.). Von der Heiligenlegende gesehen erscheint die Assistenz der E. als wunderbares Ereignis, und als ein solches hat die E.-Messe für die Gläubigen den Charakter der historischen Realität; von der Meßallegorie und der E.-Ikonographie her aber bedeutet die Verschmelzung des Zeitlosen mit dem Zeitlichen Veranschaulichung des Allgemeinen im Besonderen. Bei der Vereinigung beider entstand nun eine völlig neue Einheit: das Einswerden von Himmel und Erde in dem realen Vorgang tritt als bedenkenswertes Exemplum für das Wirken Gottes in der Geschichte ein. Über den Zeugniswert für den Glauben an die spiegelbildliche Entsprechung der Liturgien im Himmel und auf der Erde hinaus erlangte das E.-Bild in einer neuen Größenordnung allgemeinere Bedeutung, wurde zum eigenbedeutsamen ikonographischen Motiv.
Die wichtigste Folge dieser Umdeutung war in der bildenden Kunst die Preisgabe des repräsentativen E.-Bildes.
Die im Spät-MA E. zugewiesenen Funktionen ließen gegensätzliche Darstellungen der E.-Gestalt zu, je nachdem ob für den Künstler die Exemplifikation oder die Interpretation im Vordergrund stand. Dieser war es wichtiger, die Anwesenheit der E. im Bilde auffällig zu machen: daher konnten E. in vergleichsweise phantastischer Gestalt und Gewandung erscheinen und brauchten nicht aktiv handelnd an dem Geschehen teilzunehmen; jene wurde in dem Maße anschaulicher gemacht als die E. in Gestalt und Tun in einer der menschlichen Wirklichkeitserfahrung gemäßen Weise – „real“ – abgebildet wurden. Zwischen diesen beiden extremen Möglichkeiten liegt die Fülle der E.-Bilder mit allgemeinen Attributen, die als Gefolge von Heiligen und Heiligem erscheinen, Rauchfässer schwingend für den Geruch der Heiligkeit sorgen, singend und musizierend die Würde des Dargestellten feiern, Kerzen tragend dessen Weisheit rühmen, Spruchbänder vorweisend die Abbildung erläutern und Kronen tragend oder herbeibringend verherrlichen. Über diese allgemeinen Kennzeichnungen hinaus ist eine eingehendere Bestimmung der spät-ma. E.-Bilder nicht möglich; es gab keine Regeln, nach denen die eine oder andere Darstellungsmöglichkeit bei bestimmten Anlässen bevorzugt wurde, und alle konnten miteinander kombiniert werden. Der Gestalt und der Gewandung nach phantastische E. konnten konkrete Arbeiten verrichten; umgekehrt konnten ihrer äußeren Erscheinung nach real anmutende E. tatenlos anwesend sein. Im 14. Jh. war es bereits keine ungewöhnliche Erscheinung mehr, wenn E. ganz verschiedener Gestalt und Bedeutung auf demselben Bild vorkommen; vgl. etwa die Marienkrönung des um 1370–72 entstandenen Altars im Tiroler L.M. in Innsbruck, wo ein kleiner Thronassistenten-E. mit Lilienzepter und Kreuzglobus neben der Thronbank steht, während weiß gekleidete, gekrönte E. die Gottesmutter krönen (Abb. 36).
Wie bei dem Verständnis des E.-Bildes im Spät-MA nicht anders zu erwarten, erreichten E.-Darstellungen ihre größte Häufigkeit innerhalb derjenigen Themenkomplexe, die mit den bevorzugten Stoffen der spät-ma. Andachtsfrömmigkeit zusammenhängen: es sind dies vor allem die Themen der Eucharistie (1), der Marien- und Heiligenverehrung (2 und 3) und Darstellungen erbaulichen Inhalts (4).
1. Eucharistie
Entsprechend den im Spät-MA bedeutend vermehrten Bildformeln zum Thema Eucharistie nahmen auch E.-Bilder innerhalb dieses thematischen Zusammenhanges stark zu. Wie in den voraufgegangenen Epochen kann man grundsätzlich zwischen szenisch-erzählenden (a) und repräsentativen Darstellungen (b) unterscheiden.
a) Die szenischen Darstellungen umfassen wiederum zwei Gruppen: Schilderungen der biblischen Themen, die auf die Einsetzung des Altarsakraments und die Hostienverehrung hinweisen, und Abbildungen der Meßfeiern selbst.
An erster Stelle stehen hierbei um E. bereicherte Bilder der Kreuzigung und des Gekreuzigten (Abb. 42 u. 62), die sich von älteren themengleichen Darstellungen nur insofern unterscheiden, als die E. nicht mehr als Lektoren mit Buch oder als Akklamierende, sondern mit Vorliebe mit Kelchen, in denen sie Christi Blut auffangen, wiedergegeben sind; auch inzensierende E. erscheinen öfters bei der Kreuzigung.
Besonders typisch für das Spät-MA ist das Vorkommen von E. in allen n.t. Szenen, in denen der Leichnam Christi abgebildet ist. Bei der Kreuzabnahme schweben sie gewöhnlich über dem Kreuz. Im Bereich der byzantinischen Kunst gehören schwebende E. schon früh zum festen Bestand der Darstellungen (z. B. RDK II 461, Abb. 2). Eines der frühesten abendländischen Beispiele ist ein rheinisches Holzrelief des 11. Jh. (Berlin, ehem. D.M. Inv.Nr. 3145); es zeigt einen herabschwebenden E. mit Rauchfaß (vgl. auch das spanische Elfenbeinrelief des 11./12. Jh. im V.A.M. London, Inv.Nr. 3–1872). Auf dem Relief Antelamis in der Kath. von Parma, 1178, sind die beiden E. den Personifikationen der Ekklesia und der Synagoge zugeordnet und gehören somit nicht im engeren Sinne zu den hier zu erwähnenden Denkmälern (s. o. Sp. 395), die aber in Italien bereits im ausgehenden Hoch-MA zahlreich sind (Sandberg-Vavalá S. 286ff.; Edward B. Garrison, Italian Romanesque Panel Painting, Florenz 1949). Als spät-ma. Beispiel sei nur die Miniatur der Brüsseler Hs. Bibl. roy. 11 060/61, um 1400, genannt.
Auch für die E.-Bilder auf Darstellungen der Beweinung Christi bietet die byzantinische Kunst (z. B. RDK II 461, Abb. 2) die frühesten Beispiele. Über die Auswirkung ihrer Exempla (in Italien: s. Sandberg-Vavalà S. 301ff. und E. B. Garrison a.a.O.) ist es auch im Abendland zu entsprechenden Darstellungen gekommen (Abb. 43), wenngleich diese – auch im späteren MA – gegenüber Beweinungsbildern ohne E. in der Minderzahl blieben.
Für die Grabtragung Christi und die Grablegung Christi gilt das gleiche (vgl. etwa das Relief auf dem Retabel von Crésantignes: Raymond Koechlin, La sculpture à Troyes et dans la Champagne méridionale au XVIe s., Paris 1900, Abb. 44). Zu beachten ist, daß hier die Anwesenheit der E., sofern die Bilder das Grab Christi genauer schildern, auch durch ihre Aufgabe als Grabwächter motiviert sein kann; gewöhnlich gibt aber die Darstellung selbst darüber hinreichend Aufschluß: die vor dem Sarkophag kauernden kleinen E. dürften fast immer als Grabwächter zu verstehen sein.
Bei Schilderungen von Meßfeiern – bestimmten Heiligenmessen und solchen mit anonymen Zelebranten (Abb. 39) – erscheinen E. gemäß herkömmlicher Vorstellung als adorierendes Gefolge Christi. Sie umschweben die zur Elevatio erhobene Hostie (Abb. 37, 62; M. Trens a.a.O. Abb. 103 u. 106f.) oder stützen die Arme des Priesters bei der Elevatio (ebd. Abb. 100–02 u. 104; L. Font a.a.O. Abb. 58, 60, 63), sie begleiten den vom Himmel herabkommenden Christus mit einer Lichterprozession (Abb. 39), bringen die Hostie bzw. den Leichnam Christi oder treten als Helfer und Begleiter Christi in der Gestalt des Schmerzensmanns u. ä. Andachtsbildtypen (s. u.) auf. Kennzeichnend für die spätma. Ikonographie ist der weitgehende Verzicht auf die früher beliebten Meßallegorien in der Art von Abb. 18; fast immer wurden jetzt die Bilder gesprächiger.
Der Altar mit all seinen Kultgeräten und schmückenden Gebilden, der Priester und seine Ministranten, oft sogar der ganze Kirchenraum sind abgebildet, dazu bisweilen noch einzelne Verrichtungen von Ministranten. Lediglich bei Darstellungen auf Schlußsteinen und bei ähnlichen Anlässen, in denen Platzmangel ausführliche Schilderungen nicht zuließ, blieben die knapper gehaltenen hoch-ma. Bildformeln auch im Spät-MA im Gebrauch. Die Mitwirkung der E.-Liturgen konzentriert sich hauptsächlich auf die Assistenz des eucharistischen Christus: sie öffnen z. B. das zeltartig gebildete Tabernakel, aus dem Christus hervortritt (Gregorsmesse auf dem Retabel des Hauptaltars der Kath. zu Toledo: L. Font a.a.O. Abb. 75); neben den überlieferten Bildformeln kommen gelegentlich auch E. mit den Leidenswerkzeugen vor. Anstelle der Wiedergabe von aktiv mitwirkenden E. finden sich auch Abbildungen von Altarretabeln, auf denen dieselben Themen dargestellt sind.
b) Besonders beliebt war die Darstellung von E. in Verbindung mit eucharistischen Andachtsbildern. Im Falle der Engelpietà wurden die E. sogar zum konstituierenden Element des Bildtyps. Auch Darstellungen des Schmerzensmanns und – in der Neuzeit – des Ecce-homo-Christus wurden vielfach um E.-Bilder bereichert. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit erscheinen E. mit Spruchbändern oder als Helfer bei allegorischen Schilderungen der Zubereitung des eucharistischen Gnadenmahls: bei Darstellungen von Christus in der Kelter (RDK III 673–87, Abb. 1 [E. mit dem Attribut der „Machtscheibe“], Abb. 3, 4, 6 u. 7), der Hostienmühle (z. B. RDK I 825/26, Abb. 12). Selbst zur Marienklage konnten E. hinzukommen: der einem Bildwerk des Erfurter Mus. (Abb. 33) zugefügte E. trägt, durch dieses Attribut jeden Zweifel an der eucharistischen Bedeutung der Darstellung ausschließend, einen Kelch. Die Ausgestaltung der Marienklage zu einer um mehrere E. erweiterten Gruppe erfolgte gelegentlich schon im späten MA (Miniatur im Stundenbuch des Jean de Montauban, Paris, B.N. ms. lat. 18 026: M. Vloberg a.a.O. Bd. 2 S. 194), häufiger jedoch erst in der Neuzeit (s. etwa Engelpietà Abb. 12).
Ebenso wie Christi Gestalt konnten auch die Christus-Symbole mit E.-Bildern verknüpft werden. Gegenüber der vorausgegangenen Epoche wurde deren Zahl vermehrt, ohne daß die herkömmlichen Symbole dadurch verdrängt worden wären. Hier sind zu nennen: die Monstranz (als Wohnort der mystischen Gestalt Christi), die Leidenswerkzeuge (als Herrschaftszeichen und „Wappen“ Christi sowie als die Geräte, die bei der Zubereitung des Sakramentes benutzt wurden), der Name Jesu, das Herz Jesu und das Antlitz Christi. Gegenüber diesen den E. als Attribute beigegebenen Instrumenten und Symbolen sind alle übrigen ikonographischen Möglichkeiten von untergeordneter Bedeutung.
Besonders vielfältigen Gebrauch machte man von Bildern der E. mit Leidenswerkzeugen Christi.
Rudolf Berliner, der die Entstehung und Ausbreitung der mit den Arma Christi verbundenen Vorstellungen untersucht hat (Münchner Jb. III. F. 6, 1955, 35–152), ist es um den Nachweis zu tun, daß es sich bei den Leidenswerkzeugen um einen selbständigen, eigengesetzlichen Motivkreis handele; die Darstellung von E. mit den Marterinstrumenten wird nur als zu Beginn der ikonographischen Entwicklung häufiges „Übergangsstadium“ verstanden. Die E. seien lediglich Trägerfiguren, deren sich bei Weltgerichtsdarstellungen „die Großkunst zunächst noch meist und die Kleinkunst oft“ bedienten (ebd. S. 46). Dieser Einschätzung widerspricht der Denkmälerbestand.
Auf den Weltgerichtsbildern, auf denen E.-Diakone dem Weltenrichter die Arma Christi voraustragen, wird Christus gleichzeitig durch seine Herrschaftszeichen und durch sein E.-Gefolge verherrlicht. Für die Interpretation der Arma als Instrumentarium, mittels dessen das eucharistische Gnadenmahl bereitet wurde, gibt R. Berliner zahlreiche Belege: gerade hierdurch ergab sich ein enger Zusammenhang mit den E., den Überbringern der Eucharistie. Vor allem im Thema der Gregorsmesse ist diese Verbindung immer wieder und auf die mannigfachste Art bezeugt. Gregor selbst hat bereits festgestellt, daß die einmalige Vision und das transzendente Meßgeschehen nicht zu trennen sind: „Quis enim fidelium habere dubium possit, in ipsa immolationis hora ad sacerdotis vocem coelos aperiri, in illo Jesu Christi mysterio angelorum choros adesse, ..., terrena coelestibus jungi, unumque ex visibilibus atque invisibilibus fieri?“ (Dialogi IV, 58: Migne, P.L. 77, Sp. 426f.). Die Gregorsmesse, eine exemplifizierte Meßallegorie, hat sich als Bildtypus auch für anonyme Meßfeiern auswerten lassen.
Es zeigt sich, daß die Häufigkeit von E.-Darstellungen mit Arma Christi in der spät- (und erst recht in der nach-)ma. Kunst dem Zusammenfließen ganz verschiedener Vorstellungen zuzuschreiben ist: die Synthese zwischen Verherrlichung Christi (E.-Gefolge, Leidenswerkzeuge als Herrschaftszeichen) und Vergegenwärtigung seines Leidens (als Geschichte und Heilstat: Arma als Passionsinstrumente; Einsetzung der Sakramente) sowie auch die Synthese zwischen hoch- und spät-ma. Einschätzung des E.-Bildes gelang nirgends in gleicher Weise wie bei diesem Thema.
Deshalb ließ es sich auch bei sehr verschiedenen Gelegenheiten verwenden: auf dem eucharistischen Kultgerät, auf Reliquienbehältnissen (zumal für Passionsreliquien) wie an Kanzeln und Altären, auf Altargemälden wie auf Andachtsbildern und Holzschnitten, als Hinweis auf liturgische Verrichtungen wie z. B. die Engelweihe (s. dort Abb. 2) und zur privaten Erbauung; E. treten als Begleiter des Wappens Christi auf, halten Schwert und Zepter des Weltenrichters (Schweizer Bruderschaftsfahne des A. 16. Jh. im S.L.M.: R. Berliner a.a.O. Abb. 33; s. a. ebd. Abb. 34f.), erläutern mit Spruchbändern dessen Bedeutung, usw. Immer wieder begegnet man in den Deckenmalereien E. mit den Leidenswerkzeugen, in den stuckierten Gewölben barocker Kirchen (Westerndorf b. Rosenheim, Obb.), in den Nischen der Tambourkuppeln (München, Theatinerkirche), in Kapitelsälen; auch auf Grabmälern und Epitaphen (als Hinweis auf die Erlösungshoffnung), Beichtstühlen, Taufsteinen tummeln sich E. (-Putten und -Kinder) mit den Marterwerkzeugen. Es gab schlechthin kaum einen Anlaß, zu dem sie nicht dargestellt werden konnten. Die gegenreformatorische Kunst hat dem Thema schließlich monumentale Gestaltungen abgewonnen: die Nischenfiguren im Lhs. der Münchner Michaelskirche von Hubert Gerhard (Abb. 74) und Berninis Skulpturen auf der Engelsbrücke in Rom seien hierfür als hervorragende Beispiele genannt.
Name Jesu, Herz Jesu und der Abdruck des Antlitzes Christi auf dem Schweißtuch der Veronika sind im Spät-MA bevorzugte Christussymbole; sie wurden alternativ zu den älteren Symbolen wie Lamm Gottes oder Hand Gottes, doch ungleich häufiger als diese, dargestellt. Im allgemeinen ersetzten sie die alten Symbole, ohne daß sich an den Bildformeln sonst etwas änderte: nach wie vor tragen oder verehren gewöhnlich zwei E. das Schweißtuch oder den von einer runden (Wolken-) Gloriole umschlossenen Namen Jesu.
Während die Wiedergaben des Namens Jesu bei vielen und inhaltlich sehr verschiedenen Anlässen vorkommen, überwiegen solche von E. mit dem Schweißtuch auf Altarretabeln (häufig auf Predellen), Sakramentshäusern, Tabernakeln, Pyxiden, in Sakristeien usw. Statt der beiden genannten E.-Attribute konnte auch eine Monstranz bzw. weiterhin ein Kelch (mit einer Hostie) dargestellt werden. Es handelt sich in allen Fällen um einen auch im Wechsel des einzelnen Motives inhaltlich gleichbleibenden Themenkreis.
2. Heiligenlegende
Für die E.-Darstellungen in Schilderungen aus der Marien- und Heiligenlegende bieten zumeist die Legendenberichte, gelegentlich auch Beschreibungen von Visionen die Grundlage; für sämtliche als Illustrationen erklärbaren Bilder, auch wenn sie im Sinne der Exemplifikation nicht nur als historisch-erzählende Abbildung zu verstehen sind, siehe daher unter den einzelnen Heiligen im Heiligenband. Hier interessieren nur die mehrfach vorkommenden Topoi der Legendenbildung, die für die Vorstellungen des Spät-MA vom Wirken der E. aufschlußreich sind.
Die geläufigsten Verrichtungen der E. sind Schutzengeldienste, Mitwirkung bei Wundern (z. B. Heilungen) und gottesdienstlichen Handlungen, Unterweisung und Bestärkung im Glauben, Überbringung von Visionen und Ankündigung zukünftigen Geschehens, Bestattung und Seelengeleit sowie Einführung in den Himmel und Verehrung der Heiligen. Bereits aus der Aufzählung ist ersichtlich, daß für die meisten E.-Dienste in Heiligenleben biblische Vorbilder vorhanden sind bzw. das Tun der E. ihren Funktionen als Liturgen entspricht. Das Wirken der E. kommt in allen Fällen zunächst dem Heiligen zugute; es gewinnt erst dadurch über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, daß das jeweilige Geschehen als typisch verstanden wird. Die Exemplifikation der E.-Tätigkeiten konkretisiert allgemeine Vorstellungen, ohne diese in ihrer Bedeutung zu schmälern: zwischen der Abbildung des speziellen Tuns und dessen Verständnis in seiner allgemeinen Bedeutung entstand eine Spannung, die erst mit der Anerkennung des Betrachters aufgelöst wurde. Hier liegen die Voraussetzungen für die Verselbständigung des E.-Bildes, die im Spät-MA einsetzte (s. u. D) und für die E.-Ikonographie der Neuzeit bestimmend wurde.
Wie biblische Berichte, in denen von E. nicht die Rede ist, unter bestimmten Voraussetzungen (s. Sp. 393, 433f.) um E.-Bilder bereichert werden konnten, so war dies auch bei Szenen aus der Heiligenlegende möglich. Auch hier ging es dann um die Betonung des geschilderten Vorganges als eines typischen Geschehens. Für diese große Denkmälergruppe sei nur der linke Flügel des um 1440 in der Werkstatt Stefan Lochners entstandenen Apostelaltars (RDK I 795/96, Abb. 12) genannt: in der linken oberen Bildecke, am Beginn der Darstellungsreihe der Apostelmartyrien, erscheinen zwei E.-Paare. Die allein in ganzer Gestalt sichtbaren vorderen E. tragen gemeinsam ein aufgeschlagenes Buch; sie sind als Lektoren-E., die über die Bedeutung der Vorgänge unterrichten, gekennzeichnet.
Einen sehr großen Raum nehmen, zumal in der Marienikonographie, Darstellungen ein, die in den Himmel entrückte Heilige mit Verehrung erweisendem E.-Gefolge schildern. Da die Voraussetzungen für solche Bilder weniger in der Vorstellung vom Wirken als vielmehr der von der Existenz der E. liegen, wird von diesen Schilderungen gesondert die Rede sein (s. u. 3).
Die im folgenden genannten typischen Themen der Ikonographie der Heiligenlegende sind zumeist unter Benutzung von Bildformeln wiedergegeben worden, die aus der Bibelillustration stammen; vielfach dürften auch illustrierte Weltchroniken und typologische Werke die Kenntnis der Bildtypen vermittelt haben.
Das Wirken der E. (s. a. Schutzengel) entfaltet sich häufig zuerst im Kindesalter der Heiligen. Sie übernehmen die Pflege von Leib und Seele des Kindes. So wird z. B. Johannes d. T. vor den Schrecken des bethlehemitischen Kindermordes bewahrt (s. Elisabeth, RDK IV 1425–31, Abb. 5). E. wachen über die Reinheit heiliger Jungfrauen und Jünglinge: der Leib der hl. Cäcilie wird von einem E. „mit großer Strengigkeit“ behütet (Legenda aurea, ed. Rich. Benz, Jena 1917, Bd. 2 Sp. 412), ein E. bewacht den schlafenden hl. Eusebius und hindert eine in Liebe zu ihm entbrannte Frau, in seine Kammer zu treten. Ganz besonders sind die E. beim Eintritt der Heiligen ins Glaubensleben beteiligt: der hl. Savinianus wird von einem E. zur Taufe angehalten, bei der Taufe des hl. Eusebius „sah man E.-Hände, die huben ihn empor aus dem heiligen Quell“ (ebd. Bd. 1 Sp. 682); E. verteidigen die Reinheit der Tempeljungfrau Maria (Homilien des Mönchs Giacomo, s. o. Sp. 369). Dank dem Beistand von E. verlaufen Unfälle und Krankheiten von Heiligen glimpflich, der Strafvollzug nach ungerechtem Gericht bleibt ohne Wirkung (z. B. dadurch, daß E. die Füße am Galgen Aufgeknüpfter stützen: so den hl. Ferreolus, der einen zum Tod Verurteilten vom Galgen losbat und sich für diesen hängen lassen wollte: Gem. in Graz, Abb. 66 [zu dem aus der Heiligenikonographie bekannten Motiv vgl. Baudouin de Gaiffier, Un thème hagiographique: Le pendu miraculeusement sauvé, Rev. belge 13, 1943, 123–48]; oder: E. zerschlagen die Räder, auf die die hl. Katharina geflochten werden soll). Einen Überblick über das vielfältige Wirken beschützender E. gibt Pfleiderer S. 47–50. Die gebräuchlichsten Bildformeln sind die E.-Begleitung des Heiligen, Vertreibung von Dämonen und Untieren, ferner Pflege des kranken Heiligen und den jeweiligen Umständen gemäßes Tun.
Einen kaum geringeren Teil als die Schutzengeldarstellungen machen die Lektorendienste von E. aus. E. belehren die Tempeljungfrau Maria (Abb. 44); sie bestärken im Glauben, indem sie die Heiligen unterweisen (wie den hl. Savinianus, s. o.) oder ihnen die Gnadenmittel der Kirche spenden (Kommunion der hl. Avia [Avoye], Dionysius usw.); gewöhnlich ministrieren die E. Christus oder Maria bei ihrem priesterlichen Tun (vgl. z. B. M. Vloberg a.a.O. Bd. 2 Abb. S. 188 u. Taf. n. S. 262) oder teilen selbst die Kommunion aus: sie bringen in der Wüste Fastenden, wie einst Elia und Christus, den Kelch, gelegentlich auch die Hostie (Kommunion der hl. Katharina von Siena: ebd. Abb. S. 268). Zumal vor und im Martyrium bzw. in der Sterbestunde erscheinen den Heiligen E., sie in ihrem Glauben befestigend.
Die Ankündigung zukünftiger Ereignisse sowie die Aufklärung über bereits Geschehenes erfolgte durch E., die dem Heiligen im Traum erscheinen, sich zu ihm gesellen oder ihn gesprächsweise unterrichten. Besonders beliebt waren Darstellungen, die E. als Überbringer von Visionen zeigen: entweder entrücken die E. den Heiligen und lassen ihn einen Blick in die himmlische Herrlichkeit tun, oder sie bringen die Vision herbei. Dieses „Ins-Bild-Setzen“ der Heiligen dient in erster Linie dazu, ihre Einsicht in gewichtige Lehrfragen der Kirche zu fördern (besonders häufig sind Hostienwunder und Visionen, die Zweifel an der Eucharistie beheben), außerdem auch zur Steigerung der Verehrung bestimmter Heiliger.
Demgemäß wird den Heiligen zumeist ein allegorisches Bild (bzw. eine Darstellung desjenigen biblischen Vorganges, von dem sich die Lehrmeinung herleitet) von E. vor Augen gestellt; die Kindheit Jesu und mariologische Vorstellungen sind dabei die häufigsten Themen. Zumal für das Thema der unbefleckten Empfängnis Mariä lassen sich zahlreiche Beispiele nennen, bei denen E. das Bild der Mutter Mariä, der Begegnung an der Goldenen Pforte bzw. – später – der Immakulata (RDK IV 1016, Abb. 5) herbeibringen. Dafür, daß E. Einblick in die himmlische Herrlichkeit gewähren, die stets durch (adorierendes) E.-Gefolge der Dreifaltigkeit, Christi, Mariä oder einzelner Heiliger veranschaulicht wurde (s. u. 3), gibt es im Spät-MA zahllose Beispiele. Im Falle der Einsatzbilder entwickelte sich sogar ein feststehender formalikonographischer Typus für diese Vorstellung. In der spät-ma. Kunst erlangte neben den althergebrachten Lektorenattributen Buch, Schriftband und hinweisende Gebärde erstmals auch das Bild als Attribut größere Verbreitung.
E.-Erscheinungen in der Stunde des Martyriums zählten bereits im Spät-MA zu den häufigsten thematischen Anlässen, E.-Bilder in Verbindung mit Szenen aus der Heiligenlegende darzustellen; doch wurde diese Praxis nicht mit solcher Regelmäßigkeit wie in der Neuzeit gepflegt. Gewöhnlich halten E. Attribute der Erwählung für die Märtyrer bereit, gelegentlich auch ein Tuch, in dem die Seele des Heiligen geborgen werden soll (Steinigung des hl. Stephanus im Wiener Heiltumsbuch).
Die Anwesenheit vieler E. beim Martyrium und beim Seelengeleit in den Himmel ist vielfach dazu benutzt worden, diese Szenen zu den eigentlichen Triumphbildern der Heiligen zu erweitern. Die Erhebung der Seele bzw. bei Maria des Leibes wurde zu einem feierlichen Introitus in den Himmel. E. wissen bereits vor dem Eintritt des Ereignisses von der Aufnahme Maria bzw. der Heiligen in den Himmel; sie werden gesandt, die Erwählten zu empfangen und haben sie ehrerbietig vor Christus zu geleiten. Dabei handeln die E. nicht mehr als Thronassistenten, die Fürsprache für die Heiligen einlegen, sondern als Diener der Heiligen. Schon „wer sich recht hielte nach dem Zug, der von Gott kommt, und nach dem Licht, das er kennt, der ... wäre wie ein E.“ (Mechthild von Magdeburg: J. Müller a.a.O. Bd. 2 S. 183), und es verwundert daher nicht, daß die Heiligen nicht nur mit E. verglichen, sondern höher als diese eingeschätzt werden. Sie sind die Repräsentanten für Gottes heilsgeschichtliches Regiment, die E. preisen daher Gott in seinen Heiligen.
Für diese Darstellungen scheinen Bilder aus der Marienlegende vorbildlich gewesen zu sein. Die Himmelfahrt Mariä wurde im 13. Jh. öfters in der Form dargestellt, daß die emporschwebende Muttergottes, stehend und mit Bittgebärde, von E. im Himmel empfangen wird; so hat auch Jacobus a Voragine den Vorgang beschrieben: „... Jesus selbst und alles himmlische Heer zog ihr entgegen ... Wir sollen glauben, daß ... das himmlische Heer der Mutter Gottes gar feierlich entgegenzog, und mit unendlichem Glanze sie umgab, und mit Lobpreisen und geistigem Gesang sie führte vor den Thron Gottes“ (Legenda aurea: R. Benz a.a.O. Bd. 2 Sp. 12). Die älteste monumentale Darstellung dieses Themas in der dt. Kunst ist nur durch eine barocke Nachzeichnung bezeugt: ein skulptiertes Bogenfeld, kurz nach 1276, im Zisterzienserkloster Ebrach (K.-A. Wirth, Über einige zerstörte Tympana der frühen Gotik in Franken, in Vorbereitung). Dieser Bildtypus wurde mit nur geringfügigen Variationen jahrhundertelang tradiert (s. etwa RDK II 707, Abb. 15). Bei Heiligen regelmäßiger als bei Mariä Himmelfahrt (RDK I 792, Abb. 9) tragen die E. den Erwählten empor. Am bekanntesten und für zahlreiche Darstellungen anderer Heiliger gleichermaßen typisch ist die Himmelfahrt der hl. Maria Magdalena (z. B. Braun, Tracht u. Attr. Sp. 498 Abb. 265): E. tragen die Heilige oder die Mandorla, die ihre Gestalt umgibt; es kann auch eine E.-Mandorla geschildert werden. Die immer weiter getriebene Auflockerung der Bildform führte schließlich zu mit E. (-Köpfchen) besäten Wolkengloriolen und Andeutungen des sich öffnenden Himmels, in dem viele E. (und Heilige) sichtbar werden. Die Ausgestaltung der Erhebungsszene zu einem stufenweisen Aufstieg durch alle Hierarchien der Engel ist zwar literarisch mehrfach nachzuweisen, in der bildenden Kunst jedoch allein bei Darstellungen der Himmelfahrt Mariä – selten – erfolgt (z. B. Holzschnitte Lukas Cranachs d. Ä., Hollstein Nr. 73 a und b; s. a. Engelchöre). Im Spät-MA wurde gelegentlich eine Schar E. aufgeboten, um Christi Leichnam in den Himmel zu tragen (Baldung B. 43, s. Engelpietà Abb. 8; später z. B. Dominicus Custos, Hollstein Nr. 19, nach Ligozzi).
Darstellungen von Heiligen mit E., die sie krönen, sie beweihräuchern oder sie Kerzen haltend begleiten, sind seit dem 12. Jh. als selbständiges ikonographisches Motiv nachzuweisen (vgl. z. B. Bl. 11 des Cod. hist. fol. 415 der L.B. Stuttgart: Karl Löffler, Schwäbische Buchmal, in roman. Zeit, Augsburg 1928, Taf. 31). So wie ehedem Heilige zum Zeichen ihres Sieges über den Widersacher ihre Füße auf ein Untier (eine Lasterpersonifikation usw.) setzten, erscheinen nunmehr die Heiligen krönende oder verehrende E. In Frankreich läßt sich die Ausbreitung derartiger Darstellungen am besten verfolgen. Der bevorzugte Platz solcher E.-Darstellungen ist das Kirchenportal, zunächst die Nachbarschaft der Bilder von Patronatsheiligen im Tympanon (Marb.Jb. 14, 1949, S. 74, Abb. 12) oder am Trumeau (Amiens, Kath., südl. Qsch.-Portal; Trumeaufigur aus Ste.-Geneviève in Paris im Louvre: Kat. Marcel Aubert 1950 Nr. 107), ferner mehrfach der Scheitel von Portalarchivolten; auch den Heiligenstatuen der Portalgewände konnten kleine E. beigefügt werden (Reims, Kath., Sixtusportal). Die E. als Gewändefiguren darzustellen, den übrigen Figuren an Größe gleich, erfolgte zuerst an Portalen in Paris (Kath.) und Reims (Sixtusportal). Fortan konnten E.-Figuren entweder einzelnen Gewändefiguren zugesellt oder paarweise, als innerste der Gewändefiguren aufgestellt, der Trumeaufigur zugeordnet werden.
In Deutschland konnten diese Neuerungen nur zögernd Aufnahme finden, da entsprechend umfangreiche Portalanlagen hier fehlen. Der Trumeaumadonna des südlichen Qsch.-Portals der Stiftskirche Wimpfen i. T. sind zwei kleine E. auf den Türkonsolen beigefügt; am inneren W-Portal des Freiburger Münsters stehen zwei E. mit Leuchtern zu Seiten der Muttergottesfigur am Mittelpfeiler, wie diese unter einem Baldachin; das älteste Beispiel für einen inzensierenden E. im Portalgewände bietet der Plan für ein Portal der Domkirche in Meißen (Abb. 29; dazu Rich. H. L. Hamann-Mac Lean, Marb. Jb. 14, 1949, bes. S. 81ff.). Im W-Portaltympanon der Marburger Elisabethkirche sind zwei E. mit Krone wiedergegeben, die die Gottesmutter verehren (Rich. Hamann, Die Plastik der Elisabethkirche zu Marburg und ihre künstlerische Nachfolge, Marburg a. d. L. 1932, Abb. 110). Vom 14. Jh. an häufen sich die Beispiele. Als interessante Abwandlung der Anordnung von E. über den Trumeaufiguren sei das Hervortreten des E. aus dem Baldachingewölbe unmittelbar genannt, das z. B. in Frauenaurach b. Erlangen vorkommt. Auch in der Malerei bürgerte sich das Motiv der Coronatio-E. ein. In Deutschland blieb es in hohem Maße der Gottesmutter vorbehalten (s. a. Sp. 447).
Als allgemeines Bildmotiv, das auf Erwählung beim Gericht hinweist, sind E. mit Kronen den Seligen auf dem Weltgerichtstympanon in Amiens zugesellt (Gegensatz: E. mit Flammenschwertern bei den Verdammten). Bereits die Frühgotik hat dem Bildmotiv der Coronatio-Engel Aufmerksamkeit geschenkt, ohne es in Verbindung mit Heiligen zu bringen (Relief am Taufstein aus Sélincourt, jetzt im Mus. zu Amiens: Pierre Pradel, Sculptures romanes des musées de France, Paris 1958, Nr. 60, Taf. 59).
Im Himmel thronende Heilige mit E.-Gefolge sind nur ausnahmsweise geschildert worden. Die Verehrung von Heiligen durch E. kommt gewöhnlich in der E.-Begleitung der in den Himmel aufgenommenen Heiligen zum Ausdruck. E. halten hierbei oft die individuellen Attribute (z. B. L. Cranach d. Ä., Hollstein Nr. 4). In vielen Fällen dient das E.-Gefolge in Wolken aber auch nur dazu, ganz allgemein auf den himmlischen Wohnort des Heiligen hinzuweisen; diese Angabe war seit dem Spät-MA erforderlich geworden, weil seitdem in zunehmendem Maße E. auch bei Schilderungen vom Erdenleben der Heiligen eine Rolle spielen.
3. Majestas Mariä
Die Verallgemeinerung der Vorstellung vom verherrlichenden E.-Gefolge wurde vor allem in Zusammenhang mit der gesteigerten Marienverehrung des Spät-MA bedeutsam. Darstellungen des thronenden Christus oder der Dreifaltigkeit, sofern sie nicht in den Mittelpunkt thematisch weiter gespannter Schilderungen gerückt wurden (etwa: Marienkrönung; Weltgericht), traten stark zurück gegenüber solchen der thronenden Muttergottes mit E.-Gefolge, der Majestas Mariä. Dieser Vorwurf ist zwar keine typenmäßige Neuschöpfung des Spät-MA (s. o. Sp. 368f.); ohne Vorgang ist jedoch die Fülle solcher Darstellungen. Die Begründung für die Anwesenheit der E. und die Vermehrung ihrer Zahl knüpft an den Vorstellungswandel an, der auch bei den Darstellungen Christi mit Thronassistenten-E. seit dem ausgehenden Hoch-MA zu beobachten war (s. Sp. 417). Im Vergleich zu diesen Bildern besteht aber bei der Majestas Mariä oder Heiligenbildern mit E.-Gefolge auch weiterhin ein grundsätzlicher Unterschied: bei den Schilderungen von E. als Assistenten am Thron Gottes handelt es sich um die Veranschaulichung der im Himmel als ihrem Ort thronenden Gottheit mit „Ministern“ ihres ebenfalls himmlischen Gefolges, hingegen bei den zuletzt genannten Darstellungen um Bilder von göttlicher Gnadenfülle gewürdigten Menschen, um optima exempla humanae salvationis. Weder Krone des Lebens, Thron im Himmel noch E.-Gefolge sind Maria und Heiligen von Geburt aus zustehende Standesattribute, sondern mariologische bzw. verherrlichende Beigaben. Die E. können nicht im Auftrag Mariä oder von Heiligen handeln, sie erscheinen als deren machtvolle Begleiter, um von der Würde Mariä oder der Heiligen ein eindringliches Bild zu geben. Ihre Funktion als Gottesboten erfüllen die E. dadurch, daß sie den andächtigen Betrachter dieser Bilder lehren, was der machtvolle Gnadenwille ihres Herrn an den Erwählten vermag. Man kann daher auf E.-Bilder der Majestas Mariä den Begriff Thronassistenten-E. im ursprünglichen Sinne nicht mehr anwenden. Tun und Erscheinung der E., Lobgebärden, Vielzahl und Pracht geben dem Triumphbild sein feierliches Gepräge.
Der beschriebene Wandel des Bildtyps vollzog sich im Verlauf des 12. und 13. Jh.; kaum zufällig stammen die bedeutendsten Beispiele aus Ländern und Orten, in denen byzantinische Anregungen nachhaltig wirkten. Mit Werken wie der Deckenmalerei in S.M. zur Höhe in Soest (RDK III 1153/54, Abb. 4) hatte Deutschland zunächst führenden Anteil an der Entwicklung, doch blieb solchen Ansätzen nennenswerte Nachfolge versagt. Im Gegensatz dazu schufen in Italien Duccio mit seinem Sieneser Dombild und der Madonna Rucellai, Cimabue und Giotto mit ihren Madonnentafeln (Florenz, Uffizien) für die Folgezeit exemplarische Bildformeln für die Majestas Mariä; typisch für die hier geschilderten E. ist die Rechtfertigung ihrer Anwesenheit durch Tragen des Thrones und andere aktive Verrichtungen.
Ähnlichen Darstellungen wirkten in Deutschland verschiedene Kräfte entgegen. Gegenüber Schilderungen der thronenden Muttergottes mit vielen E. bevorzugte man nach wie vor solche mit wenigen E., vielfach mit einem einzigen E.-Paar. Selten stehen die E. noch zu seiten des Thrones; meist halten sie, durch geringere Körpergröße von der Thronenden entschieden abgesetzt, Draperien hinter die Thronbank, krönen herzuschwebend die Gottesmutter, tragen ihre Attribute, schwingen Rauchfässer oder bringen – am häufigsten – mit Musikinstrumenten ihr Lob dar. Mehrfach sind die E. so auf die Lehnen der Thronbank gestellt oder tummeln sich derart in der Thronarchitektur, daß sie beinahe wie Teile des Thrones anmuten. Typisch für die dt. Kunst, zumal die Malerei, ist es, daß sie die Szene der Marienkrönung lange als das eigentliche Triumphbild Maria einschätzte; darum nahm sie, der Verdeutlichung des Inhalts zuliebe, ikonographisch seltene Vorwürfe beim Majestas-Mariä-Bild in Kauf (Joseph, neben Maria auf dem Thron sitzend, erkennt in Maria die Mutter Gottes, zwei E. mit Musikinstrumenten sind als Thronassistenten zugegen: Berlin, D.M., mitteldeutsches Tafelbild 2. V. 14. Jh.; Stange Bd. 1 S. 116 Abb. 113), fügte E. mit Spruchbändern, die erläuternde Texte enthalten, bei, wies in Anordnung und Tun der E. auf Szenen aus dem Marienleben hin (Marienkrönung bzw. Himmelfahrt Mariä) oder verdarb sich durch Hereinnahme von Stiftern in die Darstellung das repräsentative himmlische Majestasbild. Von Anfang an fand man es angemessener, die Thronassistenz Mariä Heiligen aufzutragen und auf E. entweder ganz zu verzichten oder diese am Rande des Bildes – bei böhmischen Tafelbildern des 14. Jh. auch auf dem Rahmen (Antonin Matějček u. Jaroslav Pešina, Got. Mal. in Böhmen, Tafelmal. 1350–1450, Prag 1955, Abb. 271) – anzuordnen. Beispiele für das Gesagte bieten die einschlägigen Veröffentlichungen über die deutsche Tafelmalerei des späteren MA.
Auf eine neue Grundlage wurde das Thema im 2. Dr. 15. Jh. gestellt, als mit der Aufnahme von E. -Kindern und -Putten auch die letzte motivische Reminiszenz an das höfische Zeremoniell getilgt wurde. Nun brachte auch die dt. Kunst dem Thema gesteigertes Interesse entgegen. In der allgemeinen Form „E. bei der thronenden Gottesmutter“ verflüchtigte sich der ursprünglich anschauliche Gehalt des Themas, ohne dabei dessen Inhalt selbst zu modifizieren. Die verbliebenen repräsentativen Motive, vorab das der Krönung [53, S. 52–55] und das des Emportragens, ordnen sich nunmehr einem Bildganzen von stillebenhaftem Glanz (Lochners Maria im Rosenhag, Köln, W. R. M.) und vertraulicher Intimität ein: E. teilen das Leben Mariä und ihres Kindes; nachdem das Bildmotiv der thronenden Muttergottes in szenische Zusammenhänge eingebettet worden war (z. B. Ruhe auf der Flucht nach Ägypten), begleiten sie – wie in der Legende (s. o.) – die Hl. Familie als Helfer der Eltern und Gespielen des Kindes (Abb. 64; Gem. eines Lübecker [?] Meisters um 1520 im Roseliushaus, Bremen: Harald Busch, Meister des Nordens, Hamburg 1943, Abb. 564; Cranach d. Ä., B. 4: [53] Abb. 81); fast immer lösen E.-Kinder und -Putten die früher üblichen E. ab. In Heiligenversammlungen scharen sie sich um die thronende Gottesmutter (Dürers Rosenkranzbild). Die Abwandlung des repräsentativen Bildschemas erfolgte in ganz entsprechender Weise auch in Italien (Botticelli zugeschr. Rundbild in der Ambrosiana: [53] Abb. 48), vgl. die venezianische und oberitalienische Vorliebe für besonders aufwendige Throne: (Bellini, Mantegna, die Ferraresen). Gem. wie Holbeins d. Ä. Tafelbilder im G.N.M. ([53] Abb. 37; [55] Taf. 43, 1) zeigen repräsentativere Bildformeln, die sich in Deutschland zur Dürerzeit wie auch in Frankreich (Moulins, Kath.) endlich einen festeren Platz in der Überlieferung sicherten.
In der spät-ma. Plastik finden sich außerdem noch einige interessante Sonderformen: der Thron Maria wird auf eine Wolkenbank gesetzt, aus der E. hervorkommen, E. begleiten die Thronende als seitlich herbeischwebende Adoranten, halten Mariä Gewänder usw. Die E.-Konsole als Figurensockel (Nikolaus Gerhaert, Trier), früher bereits verbreitet, wurde beinahe kanonisch für Marienbilder.
Das Thema der Majestas Mariä wurde seit Ende 15. Jh. mehrfach inhaltlich abgewandelt, woraus sich bestimmte neue Verrichtungen für die E.-Begleitung Mariä ergaben, z. B. im Rosenkranzbild (Augusta von Oertzen, Maria, die Königin des Rosenkranzes, Augsburg 1925). Die damit eingeleitete Entwicklung kam in voller Breite erst in der Gegenreformation zur Geltung.
Während Majestas Mariä und Marienkrönung die gebräuchlichsten Bildformeln für die Verherrlichung der Muttergottes bildeten, sind Darstellungen der Auffahrt von Heiligen (s. Sp. 442) in Anwesenheit vieler E. die eigentlichen Triumphbilder der Heiligen.
4. Die Themenbereiche, innerhalb deren die Exemplifikation der hoch-ma. Anschauungen vorwiegend erfolgte, waren Allegorien auf die Sakramente und Heiligenlegende (gelegentlich wurden mit Darstellungen von Visionen diese Themenkreise überschritten). Die Ausweitung der Exemplifikationspraxis im Spät-MA begünstigte zumal Themen, die das Wirken der E. im Leben des frommen Menschen schildern.
Die ausführlichste systematische Bildfolge des 14. Jh. zu diesem Thema bieten die Illustrationen zu Matfre Ermengauds „Breviari d’amor“ (nach 1288; ed. G. Azaïs, Béziers u. Paris 1862), die den Abschnitt „estoria dels officis dels angels“ schmücken. In Wort und Bild sind folgende sechs Pflichten der E. geschildert: Schutz des Frommen („fay be e no mal“); E. bringen die Gebete vor Gott; E. tröstet Bekümmerte (durch geistigen Zuspruch); E. bringt dem Frommen Speise und Trank (eine Abwandlung der Vorstellung von E. als Überbringern des eucharistischen Mahls); der Gottesbotendienst der E. wird am Exemplum der Verkündigung an Maria demonstriert; schließlich ist E. das Seelengeleit aufgetragen.
Im ausgehenden MA konzentrierten sich die Erörterungen über das Verhältnis von den E. zum frommen Menschen vornehmlich auf die Fragen, welche Rolle den E. bei Tod und Sterben eines Menschen zukomme und auf welche Weise das Wirken von E. den Armenseelen zugute komme. An Schilderungen des Sterbesakraments anknüpfend und Darstellungen des Fegfeuers ausgestaltend fand man im Themenbereich der Ars moriendi vielfach die Möglichkeit, zu diesen Fragen Stellung zu nehmen, wobei bald mehr das Geschick des Sterbenden, bald mehr der Nutzen des Sakramentsempfangs betont wurde. Da E. bei der Spendung des Sakraments zugegen sind, vertreiben sie die Teufel und wehren ihren Anschlägen bei der Seelenwägung; E. nehmen die Seele in ihre Obhut und geleiten sie empor. Bisweilen wirken E. beim Begräbnis mit, entweder um den Leichnam bemüht oder gemäß der allgemeinen Vorstellung von der Anwesenheit der E. bei gottesdienstlichen Verrichtungen. Auch bei den kirchlichen Feiern zum Totengedächtnis können E. zugegen sein, ihnen obliegt es vor allem, den Armenseelen die Frucht des Totengebetes genießen zu lassen: E. spenden den im Fegfeuer Schmachtenden die Kommunion, entreißen sie dem Mutwillen der Teufel, befreien Geläuterte.
C. Engel und Menschen, Engel als Pfleger und Bewacher des Grabes, trauernde Engel
Das Verhältnis von den E. zu den Menschen, das im Hoch-MA fast ausschließlich in Bildern des eschatologischen Themenkreises behandelt worden war (vgl. vor allem die Bilder des Weltgerichts mit Abbildungen der Seelenwägung, der Scheidung der Gerechten von den Ungerechten, des Seelengeleits und der Einführung in den Himmel), wurde in der Grabmalkunst des Spät-MA zu einem relativ selbständigen Themenkomplex. Am Anfang standen Vorstellungen und Bildmotive, die aus den Weltgerichtsbildern bekannt waren und deren spezieller Zusammenhang mit einzelnen Menschen bereits in der Liturgie angedeutet wurde: das Seelengeleit der E. Im Offertorium der Allerseelenmesse wird um das Geleit des Bannerträgers Michael (signifer sanctus Michael) für die Seelen aller Verstorbenen gebeten, er möge sie in das Abraham verheißene heilige Licht führen. Die Vorstellung war in der Spätgotik derart geläufig, daß das Motiv des Seelengeleits neben dem Drachenkampf als Attribut des hl. Michael dienen konnte (RDK I 307/08, Abb. 15).
Bereits im 12. Jh. ist das Seelengeleit von E. in Nekrologien (vgl. z. B. RDK I 99/100, Abb. 16) und auf Grabmälern dargestellt worden (Hildesheim, Dom, Grabstein des 1194 † Domkellners Bruno: Beenken S. 246). Gewöhnlich nimmt sich ein E.-Paar der Seele des Verstorbenen an, die ausnahmsweise auch in einer von E. getragenen Mandorla erscheinen kann (Porter Nr. 527). In der Folgezeit kam dieses Motiv nicht mehr aus der Übung; besonders in Italien findet es sich häufig. Buoncompagna beschrieb den Grabschmuck völlig in Übereinstimmung mit den herrschenden Gewohnheiten: „depingitur etiam quomodo angeli vel sancti mortuorum animas divine majestati presentant“ [53, S. 79]. In Deutschland kommt das Motiv seltener vor und dann fast immer an aufwendiger gestalteten Gräbern.
Größerer Beliebtheit erfreuten sich Darstellungen von E. als Grabwächter, als Liturgen bei den Funeralien und – im ausgehenden MA – als Wappenhalter sowie den Toten pflegende und betrauernde Andächtige. Während die beiden zuerst genannten Themen an die Vorstellung von den E. als Liturgen anknüpfen und diese exemplifizieren, fehlt den letzteren jeder überpersönliche Bezug. Jenseits aller Glaubensvorstellungen und kirchlichen Verrichtungen ist zwischen E. und Menschen in einer persönlichen Weise eine Verbindung hergestellt: die E. teilen die Gefühlsregungen der Hinterbliebenen und besorgen deren Totenpflege.
Die Abbildungen von E. als Ministranten bei den Funeralien lassen sich bis ins 12. Jh. zurückverfolgen (Grabmal eines 1186 † Bischofs im Kloster zu Elne: Porter Nr. 625). Je zwei E. mit Weihrauchfässern und -Schiffchen sowie Kerzen sind auf der Grabplatte des 1222 † Evrard de Fouilloy, B. von Amiens, wiedergegeben; inzensierende E. zeigte auch die 1792 zerst. Bronzegrabplatte Karls des Kahlen, 13. Jh. (Viollet-le-Duc, Architecture Bd. 9, Abb. 28 bzw. 27). In St.-Denis befindet sich, aus Royaumont dorthin verbracht, das Grabmal des Philippe de France, † um 1235, auf dessen Platte kniende E. das Totenkissen richten; an den Seitenwänden der Tumba (im wesentlichen von Viollet-le-Duc rekonstruiert, Reste im Louvre und im Mus. Cluny Paris) erscheinen in Arkaden E. als Liturgen (Paul Vitry und Gaston Brière, L’église abbatiale de St.-Denis et ses tombeaux, Paris 19252, S. 135f. Nr. 19). Auf dem schreinartigen Aufbau über dem Grab des hl. Stephan in Aubazin sind in den Arkadenzwickeln vierzehn E.-Liturgen abgebildet. Damit ist der Motivkreis ausgebildet, der in den folgenden Jhh. immer wieder vorkommt. Leuchter tragende, inzensierende und das Lektorenattribut haltende E. sind als pars pro toto für die Schilderung der Totenfeier zu erachten, die gewöhnlich von Klerikern, nicht von E. zelebriert wird; es können aber E. den Klerikern beigesellt sein (so schon bei dem Grabmal des Philippe de France; Grabmal Kardinal Longhi d’Anderaria, † 1319, in S.M. Magg. in Bergamo: Venturi Bd. 4 S. 616). Die italienische Kunst, die E.-Darstellungen an Grabmälern besonderes Interesse entgegenbrachte, hat neben den genannten Motiven seit dem späten 13. Jh. sehr häufig ein E.-Paar geschildert, das Vorhänge vor dem Bildnis des Verstorbenen zurückschlägt (einige Beispiele bei [53], S. 81f.).
Während der französisch-gotische Motivschatz sich in England und – neben dem einheimischen – in Italien im 14. Jh. allenthalben nachweisen läßt (vgl. etwa Alfred C. Fryer, Wooden Monumental Effigies in England and Wales, London 1924, Abb. 17, 31, 32 u. ö.; für das 15. Jh. s. Arthur Gardner, Alabaster Tombs of the Pre-reformation Period in England, Cambridge 1940, passim; für Italien: Venturi Bd. 4 u. 6), bürgerte er sich in Deutschland nur zögernd ein. Hier erscheinen in so frühen Beispielen wie dem Tumbengrabmal Hzg. Heinrichs IV. von Schlesien, † 1290, in der Kreuzkirche zu Breslau (Christian Gündel, Das schlesische Tumbengrab im 13. Jh. [= Stud. z. dt. Kg. Heft 237], Straßburg 1926, Abb. 9f. u. 13) und dem des Eberhard von Stein, † 1330, in Eberbach im Rheingau als Trägerfiguren motivierte E. Erst in der 2. H. 14. Jh. mehrten sich die Beispiele für inzensierende, Kerzen tragende oder das Kopfkissen des Toten haltende E. (eine Vorstellung von der Ausbreitung dieser Motive in der spät-ma. Grabmalkunst vermittelt Phil. M. Halm, Stud. z. süddt. Plastik, Bd. 1 u. 2, Augsburg 1926 u. 1927). Etwa seit der gleichen Zeit treten auch E. als Wappenhalter an Grabmälern auf (s. u. D; vgl. z. B. Abb. 48 und RDK II 597/98, Abb. 9). Im Gegensatz zu Frankreich und Deutschland, wo dieses Motiv erst im späten 15. Jh. in Verbindung mit Kinder- und Putten-E. gebracht wurde (zu den frühen deutschen Zeugnissen hierfür gehören die Grabsteine des Berthold von Henneberg, E.B. von Mainz, † 1504, im Mainzer Dom und des Kanonikus Petrus Lutern, † 1515, in Oberwesel), ist in Italien seit der Frührenss. die Grabmalkunst eine der bevorzugten Domänen antikisierender Bildungen der E.-Gestalt: nackte Putten-E. und wie antike Viktorien gekleidete E. halten Wappen, Inschrifttafeln, Bildnismedaillons usw. Das alte Motiv der schwebenden, Kranz oder clipeus tragenden Viktorien und Genien wurde neu belebt; Girlanden tragende E.-Putten kommen bereits auf der Tumba der Ilaria del Caretto, † 1405, von Jacopo della Quercia im Dom zu Lucca vor (einen Überblick bietet Paul Schubring, Das ital. Grabmal der Frührenss., Bln. 1904; s. ferner Henriette Eugénie s’Jacob, Beschouwingen over christelijke Grafkunst voornamelijk in Frankrijk en Italie, Leeuwarden 1950, bes. S. 103–57).
In Deutschland scheint Riemenschneider einer der ersten gewesen zu sein, die an Grabmälern E. mit Inschrifttäfelchen darstellten (Grabmal Scherenberg, † 1495, im Würzburger Dom; vgl. auch das oben genannte Oberweseler Kanonikergrab). Das Inschrifttäfelchen, auf dem Name des Toten, Todesdatum, Epitaphium oder ein Bibelzitat stehen können, ist als seiner ursprünglichen Bedeutung entkleidetes Lektorenattribut zu verstehen. Tatsächlich gingen seiner Verwendung E.-Bilder voraus, die in der Haltung von Lektoren-E. ein Buch vorweisen (siehe z. B. A. Gardner a.a.O. Taf. 22 u. 43).
Öfters sind an den Wänden von Tumbengräbern viele E. aufgereiht, deren jeder ein Wappen hält (diese Anordnung ist für eine stattliche Gruppe englischer Alabastergrabmäler geradezu typisch: vgl. ebd.). Es ist möglich, daß hier die Wappen vor sich haltenden E. nicht ausschließlich um ihrer Funktion als Schildhalter willen dargestellt wurden, sondern diese nur ein ihre Anwesenheit zusätzlich motivierender Vorwurf ist: die Darstellungen einer Anzahl von E. als Grabwächter – zumeist nicht bei bestimmten Verrichtungen geschilderte E. – ist wesentlich älter (s. Engelchöre Abb. 1) und hatte früher bereits zu ähnlichen Gestaltungen geführt (vgl. auch die durch Attribute als Vertreter der E.-Chöre charakterisierten E.-Figuren auf Heiligengräbern).
Während die Gegenwart von E. am Grabe im 13. Jh. und überwiegend auch noch im 14. Jh. durch ihren Liturgendienst bei den Funeralien begründet wurde, eröffnete die spät-ma. Vorstellung von einer persönlicheren Anteilnahme der E. am Geschick des Toten auch für Darstellungen der Grabwacht neue Möglichkeiten: E. umgeben als Fürbitter für den Toten dessen Grab (Padua, Eremitani, Wandgrabmal des Ubertino [?] dei Carrara: H. E. s’Jacob a.a.O. Abb. 56); E. verehren als Anwalt des Verstorbenen Maria und Christus; E. beweinen den ihrer Obhut übergebenen Toten.
Bis ins 15. Jh. verrichten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die E. ihren Grabdienst ohne jedes Zeichen seelischer Erregung. Zu diesem Zeitpunkt aber trat neben die auch weiterhin überwiegenden herkömmlichen Darstellungen das Motiv der E. -Trauer um den Verstorbenen, eine Konsequenz der Vermenschlichung des E.-Bildes im Spät-MA. Es handelt sich dabei nicht um die Erfindung eines Motivs innerhalb der Grabmalkunst, sondern um die Übertragung einer im christologischen Bilderkreis ausgebildeten Vorstellung.
Als im Verlaufe des 13. Jh. das immerwährende Lob der E. im Himmel als freudiges Frohlocken abgebildet und somit in die Sphäre menschlicher Empfindungen gerückt wurde, zeichnete sich als Gegensatz hierzu das Motiv der E.-Trauer ab. Zuerst erscheinen auf Kreuzigungsbildern, die den toten Christus zeigen, klagende E. (so im Kreuzigungsfresko des Cimabue in der Oberkirche von S.Francesco zu Assisi, um 1277 (Emma Zocca, Assisi [= Cat. delle cose d’arte e di antichità d’Italia], Rom 1936, Abb. S. 100). Die Trauer wird entweder durch Mimik oder Bedecken des Gesichts mit den Händen (Beisp. bei Koechlin; besonders eindrucksvoll die klagenden E. am Sockel des Kalvarienberges in der Kartause Champmol bei Dijon von Claus Sluter: Abb. 40) oder mit einem Gewandzipfel zum Ausdruck gebracht (Frankfurt a. M., Hist. Mus., Mittelbild des Kreuzigungsaltars aus der Peterskirche Ffm., um 1420: Kat. 1957 S. 16f.). Daß Darstellungen von Sol und Luna wenigstens für die zuletztgenannte Bildform der E.-Trauer als Vorbild dienten, darf als sicher gelten. Im 15. Jh. überwogen Bilder von E., die mit einer Hand die Tränen abwischen (z. B. [55] Taf. 50, 1; für viele römische Beispiele vgl. Grabmäler des Lorenzo Colonna, † 1484, in SS. Apostoli zu Rom und des E.B. Cavalieri, † 1507, in S.M. in Aracoeli, ebd.: H. E. s’ Jacob a.a.O. S. 147, Abb. 70). Bei der Übernahme der E.-Klage in die Grabmalkunst bot sich sogleich der ganze Schatz an Ausdrucksgebärden der Pleureurfiguren an; die Beweinung Christi durch E. (s. a. Engelpietà) entwickelte sich annähernd gleichzeitig als eigenes Thema (Donatello). – Bald aber konnten die E. auch über sündigen menschlichen Lebenswandel trauern: ein Relief von 1524 im B.N.M. (Kat. Th. Müller 1959 Nr. 190) zeigt einen E., der das Vergehen gegen das sechste Gebot beklagt.
D. Engel in der profanen Kunst
Das bis ins 14. Jh. ausschließlich in der christlichen Kunst gebräuchliche E.-Bild wurde seitdem in rasch zunehmendem Maße auch in der profanen Kunst verwendet. Dieser für die Folgezeit bedeutsame Wandel vollzog sich ohne Bruch mit der Überlieferung. Er ist eine Konsequenz der spät-ma. E.-Vorstellung: nachdem diese in der E.-Gestalt einen Bildtopos sah, der auf die inhaltliche Bedeutung des Dargestellten im Sinne von religiösem Glauben und kirchlicher Lehre hinwies, wurde nunmehr das E.-Bild seiner religiösen Determination entkleidet und in einem allgemeinen Sinne zum Bedeutungsträger schlechthin. Als Bildchiffre, die – wo immer sie vorkommt – auf die Qualität des Abgebildeten hindeutet, wurde das E.-Bild zunächst im Grenzgebiet zwischen kirchlicher und profaner Kunst verwendet; im Lauf der Zeit wurde es inhaltlich immer mehr neutralisiert. Solche Darstellungen sind als Verallgemeinerung der beiden im Spät-MA – auch in der kirchlichen Kunst – bestimmenden Anschauungen über E. zu verstehen: der Lobgesang der E. und ihr Wirken als Lektoren verschmolzen und ließen den E. im Bild zu einem lobenden Kommentator werden, durch den späterhin alles und jedes als der Aufmerksamkeit des Betrachters würdig anempfohlen werden konnte (s. u. VI).
Der veränderten Einschätzung der E. entsprechend wandelten sich auch die ihnen zugewiesenen Verrichtungen. Die häufigste bestand darin, als Wappenhalter und Schildträger zu fungieren.
Mit dem Aufkommen solcher E.-Darstellungen war zunächst keine Abkehr von den eingebürgerten Bildformeln und Typen der E.-Gestalt verbunden. Wie die E. einzeln oder paarweise Christussymbole und die Leidenswerkzeuge als Wappen Christi vorweisen, so tragen sie nunmehr auch Wappen und Schilde. Wesentlich ist, daß im 14. Jh. das Wappen, stellvertretend für die es führende Persönlichkeit abgebildet, in der Regel nur an solchen Stellen mit E. in Verbindung gebracht wurde, wo auch eine religiös motivierbare Darstellung des Wappeninhabers möglich war. Die Wappenhalter-E. stehen für Stifterbilder: der seiner Schenkung wegen vor Gott verdienstliche Stifter, dargestellt in seinem Wappen, ist des ehrenden Gedächtnisses, im Bild der E. vergegenwärtigt, würdig. So erscheinen Wappenhalter-E. an Schlußsteinen (z. B. RDK III 1330, Abb. 11: hier mit dem Wappen einer Ordensgemeinschaft), Chorgestühlen (neben Stifterwappen aber auch die des Platzinhabers, vgl. z. B. Dijon, Mus.: Marcel Aubert, La Bourgogne. La sculpture [= Les richesses d’art de la France], Paris 1930, Taf. 147, 1), Heiliggräbern (Joigny: ebd. Taf. 110), Altären, Altarbildern und kirchlichem Gerät aller Art (vgl. RDK I 148, Abb. 18; ebd. 486, Abb. 1; ebd. 558, Abb. 29; ebd. 1385/86, Abb. 2; II 851/52, Abb. 19; usw.). E.-Wappenhalter an Gräbern gehören zeitweise zu den obligatorischen Bildmotiven (vgl. z. B. Abb. 48; RDK II 597/98, Abb. 9; M. Aubert a.a.O. Taf. 139ff.); hier verband sich das Bild des Wappenhalters mit dem des Grabwächter-E. (s. Sp. 451ff.). An die Stelle des Wappens konnten auch Inschrifttäfelchen treten (Grabmal Kurf. Friedrichs des Weisen in Wittenberg, 1527: RDK I 237, Abb. 8; s. a. Sp. 453), ferner das Bildnis des Verstorbenen oder des Stifters im clipeus (Heiliggrab in Joigny, s. o.). In Burgund scheint die Sitte aufgekommen zu sein, auf den Grabmälern Helm und Helmzier des Toten von E. tragen zu lassen (z. B. M. Aubert a.a.O. Taf. 139ff.; Abb. 48).
Die immer weiter um sich greifende Entleerung der Bildformel von den letzten Resten religiöser Motivation läßt sich an den Anbringungsorten der Darstellungen ablesen. Ein weiterer Schritt auf diesem Wege ist die Übernahme des Motivs für Darstellungen, in denen das Wappen als besitzanzeigendes Bild dient. Häufig finden sich an den Eingängen in Burgen, Palästen, Häusern, an Türmen und Toren Wappenhalter-E., die nur noch sehr vage mit der Vorstellung vom Ostiariat der E. zusammenhängen. In den Miniaturen der Stundenbücher sind Wappen- und Schildhalter in E.-Gestalt immer wieder dargestellt worden; wo hier die Grenze zwischen Stifter- und Besitzervermerk liegt, läßt sich nicht sagen.
Bei der geschilderten Verallgemeinerung des E.-Bildes erhielt sich auch weiterhin dessen repräsentative Bedeutung, so daß die höfische Kunst sich des „profanierten“ E.-Bildes in besonderem Maße annehmen konnte. E. mit Blütenkränzen (Abb. 41), mit Girlanden, Schrifttäfelchen und – weitaus am häufigsten – als Wappenhalter gehören seit dem ausgehenden 14. Jh. zum festen Motivschatz höfischer Kunst.
Von der ehemaligen Fülle ikonographischer Möglichkeiten ist heute kein rechtes Bild mehr zu gewinnen, da viele Werke aus vergänglichem Material geschaffen und, nachdem sie innerhalb des höfischen Zeremoniells (Einzüge, Feste) ihren Zweck erfüllt hatten, nicht weiter beachtet wurden. Zumal über den Zusammenhang zwischen E.- und Tugendendarstellungen, der nach dem Zeugnis der literarischen Überlieferungen und höfischen Gelegenheitsdichtungen ziemlich eng gewesen sein muß, ist keine Vorstellung mehr zu erlangen (einige Rückschlüsse lassen vielleicht gemeinsame Darstellungen von E. und Tugenden in der religiösen Kunst zu; vgl. z. B. den Verkündigungsengel im Kreise von Tugenden: Samuel C. Chew, The Virtues Reconciled, Toronto 1947, Abb. 2–5). Im großen und ganzen scheint sich die Verwendung des profanierten E.-Bildes mit derjenigen der Viktorien in der Spätantike annähernd gedeckt zu haben.
Während in der höfischen Kunst die E.-Darstellungen in der Regel die Gestalttypen verwenden, die der zeitgenössischen religiösen Kunst des betreffenden Gebietes entsprechen – nicht einmal die liturgische Gewandung wurde als unpassend befunden –, hat im Kreise der Humanisten der Rückgriff auf antike Flügelwesen und Bildformeln einen nachhaltigen Einfluß auf die E.-Ikonographie erlangt. Die Grabmal- und vor allem die Buchkunst sind die bevorzugten Anlässe für solche E.-Bilder. Durch den Buchschmuck wurden Putten-E. allenthalben rasch bekannt.
Holbeins Buchtitel für Martin Dorpius’ „Oratio in praelectionem epistolarum divi Pauli“, Basel 1516 (RDK III 19, Abb. 6), sei für die Vielzahl solcher Darstellungen genannt, in denen der gesamte überlieferte Motivschatz zusammengefaßt wird. Lektoren-E. tragen den Buchtitel und halten das „Wappen“ mit der Druckermarke, die Lanzenhalter sind ebenso wie der posaunende E. aus der religiösen E.-Ikonographie vertraute Motive. Durch das kindlich-unbeschwerte Gebaren der E.-Putten ist jedoch den ehedem bedeutungsschweren Bildformeln jede repräsentative Würde genommen. Gerade deshalb aber verdient es besondere Beachtung, daß die Auflockerung in der Darstellung, soweit sie hier auch getrieben ist, an den Grundformeln noch nicht rüttelt: die Vergabung von Attributen wie Lektoren-Spruchband und Wappen erfolgt nach wie vor sinngemäß. Über alles Voraufgegangene weist jedoch das Eindringen allegorisch-metaphorischer Attribute hinaus (dazu s. u. Sp. 483ff.).
E. Gestaltikonographie
Nach ersten Ansätzen im 12. Jh. vollzog sich seit dem 13. Jh. im gesamten Abendland ein tiefgreifender Wandel in der Vorstellung von der E.-Gestalt. Die althergebrachte Typik verlor an Verbindlichkeit und wurde von neugeprägten Typen und solchen fast gleichkommenden Modifikationen der älteren verdrängt. Erstmals machten sich hierbei die in den einzelnen Ländern verschiedenen geschichtlichen Bedingungen künstlerischen Schaffens formalikonographisch geltend. Deutschland trat dabei aus der Reihe der führenden Länder aus und nahm für Jahrhunderte keinen schöpferischen Anteil an den maßgebenden Neuerungen der E.-Ikonographie.
1. Eine erste Wandlung der dem Hoch-MA überkommenen Bildtradition zeigt sich in der Einkleidung von E. in modische Gewänder. Michael erscheint in der Rüstung der jeweiligen Epoche; die ritterlich-höfische Kleidung und ihre kostbar gemusterten Stoffe werden auch für E. anstelle der byzantinischen Hoftracht tragbar; ferner wurde die priesterliche Gewandung der E. gegenständlich der liturgischen Kleidung angepaßt, wo es früher mit mehr oder weniger genauer Wiedergabe sein Bewenden hatte, da für gewöhnlich die geschilderte Tätigkeit über die liturgische Funktion aufklärte (einen Abriß der Geschichte der E.-Gewandung im Hoch- und Spät-MA bietet H. Mendelsohn [53], S. 8–15; ausführlicher – und unzureichender – J. Villette [55], S. 70ff.). Durch die Konkretisierung der E.-Tracht konnte man einerseits unmittelbar die Aufgaben eines E. bezeichnen, ohne ihn bei bestimmten Verrichtungen zu schildern; andererseits ließ es die Aufnahme des höfischen Gewandes zu einer anonymen, thematisch neutralen societas angelica kommen.
Treibende Kraft hinter dieser ikonographischen Entwicklung war die geschilderte Verlagerung des Schwerpunktes innerhalb der E.-Vorstellungen: nicht so sehr das Tun der E. als vielmehr ihre verklärende Anwesenheit trat in den Vordergrund, wobei die E.-Funktionen mehr als Charaktereigenschaften verstanden wurden. Es versteht sich, daß dadurch sich die Frage nach der gestaltlichen Erscheinung von E. in neuer Weise stellte.
2. Am frühesten hat sich in Frankreich ein neuer Typus der E.-Gestalt herausgebildet. Er erschien im 1. Dr. 13. Jh. bereits vielerorts an und in den Kathedralen (Abb. 28 a und b, 30). Dabei handelt es sich nicht nur um die Ablösung älterer Bildformeln für die E.-Gestalt innerhalb von gleichbleibenden thematischen Vorwürfen, sondern zugleich auch vielfach um Darstellungen in neuem Bildzusammenhang (s.o.); es scheint sogar, als wäre die Ausbreitung des neuen E.-Typus abhängig von der Einstellung zu jenen neuen Bildthemen.
Der französisch-gotische E.-Typus hält sich an die überlieferten Begriffe von der gestaltlichen Erscheinung von E. Als nie alternde Jünglinge wurden E. in Gestalt von zu voller Reife erwachsenen, von den Verlockungen der Sinne unberührten Jugendlichen wiedergegeben. Entscheidend aber ist, daß die traditionell den E. zugeschriebenen einzelnen Gestaltmerkmale nicht mehr additiv verbunden, sondern einer körperlich-realen Gestalt von bisher unbekannter vitaler Leiblichkeit in idealer Weise wesenseigen sind. Man schuf in Anlehnung an den Idealtypus des höfisch-ritterlichen Menschen, diesen durch nochmals steigernde Stilisierung überhöhend, ein E.-Bild (Abb. 30), das der Wirklichkeitserfahrung zugänglich ist: die E. geben sich wie „Pagen“ Gottes, ihre Würde erwächst nicht mehr allein aus ihrem Amt und abstrakter Schönheitlichkeit, sondern aus der Verkörperung eines modischen Schönheitsideals und der „Höfischkeit“ ihres Gebarens (von hier aus gesehen ist die modische Gewandung von E. – s.o. 1 – nur ein zusätzliches Mittel, das Bild der überirdischen Geistwesen in irdischer Erscheinung zu fassen). Typisch für diese neue Körperlichkeit der E.-Gestalt sind der – vorübergehend – häufigere Verzicht auf die Flügel (Abb. 30) und die Modifikationen der überkommenen Bildtypen von vielflügeligen E. (s. u. 3).
Die Abstimmung des E.-Bildes auf das modische Idealbild der Epoche legte den Grund für die gesamte künftige Entwicklung der E.-Ikonographie: von nun an bestand für jede Epoche die Aufgabe, eine Assimilation der Vorstellungen von E. und idealer menschlicher Typik zu besorgen, wobei stets nur ein zeitbedingter Bildtypus von E. entstand. Es kam trotzdem im Spät-MA nicht zu jähem Wechsel in der Typik der E.-Gestalt, weil durch das biblische Zeugnis und die Lehrtradition die E.-Gestalt in ihren allgemeinen Zügen feststand und die theologisch-lehrhafte Überlieferung – im Gegensatz zur bildlichen – nichts von ihrer Verbindlichkeit einbüßte. So blieb doch nur ein recht geringer Spielraum für Wandlungen der künstlerischen Typen: gewöhnlich wurden der Grundform des französisch-gotischen E.-Typus nur einzelne Motive zusätzlich oder variierend einbeschrieben, bezeichnenderweise am häufigsten die modisch bedingten Details wie Haartracht und Kleidung.
Eine weitere Folge der Verkörperlichung des E.-Bildes war das Aufkommen der Frage nach dem Geschlecht des E.-Körpers; sie beschränkt sich auf die bildende Kunst – der Theologie ist sie immer als gegenstandslos erschienen. Wenn zunächst auch im 13. Jh. die biblische Überlieferung, die die E. als Jünglinge bezeichnete, Geltung behielt, so mußten doch künftige Veränderungen nach der Seite des Weiblichen hin auch für die E.-Darstellungen folgenreich werden.
Die Abwandlung der E.-Gestalt zu Kindern, bei denen die Frage nach dem Geschlecht zurücktritt (s. u. 4), und der androgyne Gestalttypus der byzantinischen Exempla (s. u. 3) spielen als Möglichkeiten, diesen problematischen Konsequenzen zu entgehen, in der spät-ma. E.-Ikonographie als Komplementärformen zu dem französisch-gotischen E.-Typus eine Rolle: ihre Wirkung beruht auf der Gegensätzlichkeit zur Neuerung des französischen E.-Typus, ist zugleich aber auch als deren Folge zu begreifen.
3. Die Wirkung des byzantinischen Typus im Abendland während des 13. Jh. hat verschiedene Gründe und äußert sich unterschiedlich. Anders als in Italien wurde in Deutschland die östliche Bildform nur in einigen Kunstzentren aufgenommen (s. etwa Abb. 25; RDK III 1153/54, Abb. 4); wichtiger war, daß die neuerlich intensivierte Kenntnis des byzantinischen E.-Typus, der älteste Vorstellungen mit größter Treue überlieferte, die einheimische Tradition festigte und in der ablehnenden Haltung gegenüber dem französisch-gotischen Typus bestärkte.
Die partielle Aufnahme von Motiven fremder E.-Typen ließ es in Deutschland während des 13. Jh. zu einer Vielzahl einmaliger Gestaltungen kommen. Erst gegen Ende 13. Jh. büßte der Motivschatz der byzantinischen Typik endgültig seine Vorbildlichkeit ein; gelegentliches Fortwirken in späterer Zeit ist entweder als Rückgriff auf ältere Darstellungen zu verstehen oder auf den Einfluß byzantinisierender italienischer Vorbilder zurückzuführen.
Nur in einem Falle hat das byzantinische Vorbild die abendländische Ikonographie der E.-Gestalt grundsätzlich verändert und eine – allerdings erst in nach-ma. Zeit sich voll auswirkende – Abkehr von der einheimischen Tradition ausgelöst: in der Darstellung von Cherubim bzw. Seraphim. Da mit diesem Vorgang die Voraussetzung für die unübersehbar zahlreichen geflügelten E.-Köpfchen der Neuzeit geschaffen wurde, ist hier (zugleich als Nachtrag zum Art. Cherub) näher darauf einzugehen, wenn auch zunächst die Zahl der Denkmäler, an denen sich dieser Wandel beschreiben läßt, in keinem Verhältnis zur geschichtlichen Bedeutung steht.
Nach vielleicht mehr zufälliger Reduktion des E.-Bildes auf ein allein aus den Wolken hervorkommendes Köpfchen mit Flügelpaar sind die Cherubim und Seraphim auf dem Florentiner Baptisteriums-Kuppelmosaik eines der ältesten Beispiele für die Übernahme des byzantinischen Vorbildes in monumentaler Form: an die Stelle der (auf Rädern stehenden) Cherub-Engel, deren Körper bis auf Hände und Füße von zwei Flügelpaaren verhüllt ist (vgl. z. B. RDK III 432, Abb. 2), trat der vier- oder sechsfach geflügelte E.-Kopf ohne Körper. In typischer Weise ist in einer Miniatur des Psalters aus Waldkirch bei Freiburg i. Br., A. 13. Jh. (Stuttgart, L. B. Brev. 4° 125, fol. 126: Swarzenski, Hss. 13. Jh. Abb. 630), ein Ausgleich zwischen dem geflügelten E.-Köpfchen und den mit Wolken umgebenen E. gesucht: die drei Flügelpaare nehmen verschwommene, wolkenartige Gestalt an. Bereits hier ist das Bestreben zu ahnen, das in der Neuzeit maßgeblich für viele Cherub-E. wurde: das (oder die) Flügelpaar(e), die den „Körper“ der Cherubim bilden, werden dann nämlich ersetzt durch Wolkenstreifen. Während in Italien die byzantinische Formel mit großer Treue überliefert wurde und über eine Unzahl von Beispielen aus dem Trecento zu den Cherubim der Frührenss. gekommen ist (Abb. 49), die unmittelbar die Darstellungen der Neuzeit befruchteten, hat auch eine gotische Modifikation des älteren Bildtyps stattgefunden, bezeichnenderweise aber in entgegengesetzter Richtung: gegenüber dem älteren Bildtypus wurde die Gestaltsubstanz verdeutlicht. Die Flügel wurden bisweilen so gekürzt, daß die Beine (oder ein knöchellanges Gewand) etwa von den Knien ab sichtbar werden; in anderen Fällen rückte man die Flügelpaare um den Körper bis zur Gürtellinie herab, so daß die Cherubim mit nacktem Oberkörper erscheinen (Austreibung der Stammeltern aus dem Paradies, Relief an der Westfassade der Kath. von Orvieto); schließlich bekamen Cherubim und Seraphim volle E.-Gestalt und haben lediglich mehrere Flügelpaare neben- oder übereinander auf dem Rücken (St.-Antoine-en-Viennois, um 1420–30: Georg Troescher, Die burgund. Plastik des ausgehenden MA, Ffm. 1940, Bd. 2 Abb. 133, 137 u. 139f.; so später noch: [62] Bd. 1 Abb. 188; vgl. auch ebd. S. 139 Abb. 93 a). In diesem Zusammenhang ist auch das in steigendem Maße zu einem umhangartigen Gewandstück vergrößerte Tuch um die Schultern zu erwähnen (Reims, Kath.: [53] Abb. 21; Bourges, Kath., Weltgerichtsportal: Marcel Aubert, La sculpture française au moyen-âge, Paris 1946, S. 282f. m. Abb.). Eine charakteristische Folgeerscheinung der veränderten Vorstellung ist es, daß die früher immer stehend abgebildeten Cherubim immer mehr mit Tätigkeiten betraut werden: sie tragen in ihren Händen die Bundeslade (Laon, Kath., nörd. W-Portal, Archivolte: M. Aubert a.a.O. Abb. S. 217), sie fliegen (Grabplatte eines Notars in S. Pedro in Olite, Spanien, 1432: G. Troescher a.a.O., Abb. 585) usw. Wenn auch die Flügel der Cherubim in spät-ma. Traktaten zum graphischen Gerüst für die Demonstration eines Lehrsystems gemacht wurden („De sex alis Cherubini“, eine ziemlich verbreitete Schrift des Alanus ab Insulis: Migne, P.L. 210, Sp. 267ff.), so ließ sich doch die Bedeutungsminderung nicht aufhalten. Die Cherubim wurden gestaltlich den übrigen Engeln angeglichen und nur durch Beischriften als E. der höchsten Hierarchie ausgewiesen oder zu vielflügeligen E.-Köpfchen diminuiert. In der Neuzeit sind vollgestaltige Cherubim und Seraphim seltene Ausnahmen (Abb. 75), die zumal in der Buchillustration anzutreffen sind; gelegentlich erschienen sie auch in Verbindung mit Altar und Altartabernakel (so z. B. Ignaz Günthers Entwurf für den Hochaltar von Berg am Laim, München, St. Graph. Slg.: Zs. f. Kw. 10, 1956, S. 74 Abb. 1).
4. Eine entschiedene Abkehr von den biblischen E.-Vorstellungen bezeugen die Kinder-E. des Spät-MA. Bereits im 13. Jh. sind sie beschrieben: „... ein iegelich engel schient also gestalter Als ein kint in iaren vieren in der iugende“, sagt der Verfasser des Jüngeren Titurel (ed. K. A. Halm, Quedlinburg u. Lpz. 1842, S. 580 Strophe 5895, 2/3). Auch Theologen haben sich diese Anschauung zu eigen gemacht, so z. B. Berthold von Regensburg, dessen Zeugnis insofern bemerkenswert ist, als er sich bereits auf bildliche Darstellungen von Kinder-E. bezieht, von denen uns aus dem 13. Jh. nur ganz seltene Beispiele überliefert sind („Ir seht wol, daz sie [= die E.] alle samt sint alse junclîche gemâlet als ein kint, daz dâ fünf jâr alt ist swâ man sie mâlet“: Franz Pfeiffer, Berthold von Regensburg, Vollständige Ausgabe seiner Predigten, Wien 1862, Bd. 1 S. 95). Wie es zu dieser neuartigen Gestaltvorstellung gekommen ist, müßten spezielle Studien erst ermitteln. Künstles These, daß Platzmangel in den Tympana und den Archivolten die Bildhauer zur Schöpfung des Kinder-E. veranlaßt habe [37, S. 244], ist wenig überzeugend. Bei repräsentativen Themen blieben die althergebrachten Bildformeln besonders lange in Gebrauch. Sicher hängt die Verniedlichung des E.-Bildes in der Mystik mit der Erfindung der Kinder-E. zusammen, wobei es vorerst fraglich bleibt, ob hier Kausalität oder Parallelität der Erscheinungen vorliegt. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit besteht auch ein Zusammenhang mit der in der Gotik sinkenden Bedeutung der niedrigen Klerikerweihen, deren liturgische Funktionen z. T. auf jugendliche Ministranten übergingen.
Die subjektive Verwendung des Begriffes Kinder-E. in der Fachliteratur beruht einerseits auf der offenbar bestehenden Unmöglichkeit, von literarischen Zeugnissen ausgehend den Begriff eindeutig zu bestimmen, andererseits auf der Verschiedenartigkeit der als Kinder-E. beschreibbaren Darstellungen. Soweit erkennbar ist, wirkte allenthalben im Abendland eine Tendenz zur Diminution der E.-Gestalt, führte aber zu stark voneinander abweichenden Formen. In Deutschland und in Frankreich verband sich die Verkleinerung der E.-Gestalt mit einer Verjüngung der E.-Physiognomie, doch blieb in der Regel auch für diese kleinen, jugendlichen, aber nicht unbedingt kindhaften E. der E.-Typus der hochgotischen Klassik bestimmend. Anders in Italien: hier kam es vom 13. Jh. an mit einer gewissen Kontinuität zu „naiver“ Übernahme des Gestaltvorbildes antiker Putten und Genien, deren Folge nackte oder wenig bekleidete Kinder-E. sind.
Es hatte auch im Früh- und Hoch-MA vereinzelt Rückgriffe auf antike Flügelwesen gegeben: so in einer Miniatur der zwischen 843 und 851 geschaffenen Vivianbibel (B.N. ms. lat. 1, fol. 326; H. Schrade a.a.O. Taf. 61), auf Kapitellen des 12. Jh. in der Kath. zu Ferrara (R. Jullian a.a.O. Taf. 46, 2) und in Mozat (Bernard Craplet, Auvergne romane, La-Pierre-qui-Vire Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.] 1955, Abb. S. 220 r. u.) und auf einem Relief der Sockelzone des aus dem 13. Jh. stammenden Portals der Kath. zu Metz (RDK IV 375/76, Abb. 2). Dabei handelt es sich um ohne Nachfolge gebliebene, zeitlich und räumlich getrennte Darstellungen, denen offenbar keine inhaltliche Bedeutung unterstellt worden ist. Hingegen sind die italienischen Beispiele vom 13. Jh. an wesentlich häufiger, wenngleich auch sie anfangs keine Motivtradition begründeten. Zu den frühesten Belegen gehört hier eine Miniatur in einem Antiphonar der Franziskanerkirche in Zara (Abb. 26): in dekorativem Zusammenhang erscheinen zwei geflügelte nackte E.-Kinder und ein drittes, dessen Körper mit einem Tuchzipfel dürftig verhüllt ist. Auch bei Giotto, der ein nacktes, einen Kranz bzw. ein Medaillon haltendes E.-Paar als Bildschmuck von Giebeln auf seinen Fresken abbildete (Curt H. Weigelt, Giotto [= Kl. d. K. 29], Bln. u. Lpz. 1925, Abb. 7), ist die Aufnahme des Typus als Übertragung eines von antiken Sarkophagen her geläufigen Motivs evident. Pietro Lorenzettis nackte Kinder-E. auf seinem Abendmahlsbild in der Unterkirche von S. Francesco in Assisi (M. Vloberg a.a.O. Bd. 1, S. 91 m. Abb.) halten Musikinstrumente bzw. ein Füllhorn in ihren Händen; hier scheint eines der frühen Beispiele dafür vorzuliegen, daß die antikisierenden Kinder-E. über die dekorative Bedeutung (die Kinder-E. in der Buchmalerei weiterhin haben: vgl. z. B. Rich. Offner, A Critical and Historical Corpus of Florentine Painting III, 2, 2, New York 1930, Anh. Taf. 17, 1) hinaus auch einen inhaltlichen Bezug zur Darstellung haben: das Gotteslob durch die Musik der E. und das Füllhorn unterstreichen die Bedeutung der Szene als Schilderung der Einsetzung des Altarsakraments. In der 2. H. 14. Jh. nahm die Zahl solcher und ähnlicher Bilder von Kinder-E. zu, nun auch in der Bildhauerkunst. Auffällig ist, daß die Tafelmalerei Italiens im Gegensatz zu Buch- und Wandmalerei nur zögernd den Typus der Kinder-E. aufgriff. Hier – bei den repräsentativen Altarbildern – begnügte man sich mit dem Abbau des byzantinischen E.-Typus und der Verarbeitung französisch-gotischer E.-Typen. Dabei kam es zu der allgemein-abendländischen Verkleinerung der E.-Gestalt, zur Verjüngung und zu lebhaft-aufwendiger Ausgestaltung der Flügel in Bezug auf Formen und Farbe sowie der Gewandung (modische Stoffe); italienische Sonderart macht sich in der antikisierenden Drapierung der Gewänder und oft auch in deren antikem Zuschnitt geltend. Schließlich ist auf die – im 14. Jh. noch sehr seltene – Kürzung der Gewandlänge hinzuweisen: an die Stelle der fußlangen Kleider traten bisweilen knielange (R. Offner a.a.O. Bd. III, 2, 1, Taf. 12). Bei der Masse der Darstellungen blieb es auch in Italien während des Trecento bei den um viele kleine jugendliche E. bereicherten szenischen Darstellungen (vgl. vor allem Kreuzigungsbilder und Schilderungen der Geburt Christi).
5. Der Begriff Kinder-E. wird nur bei Darstellungen, die in Zusammenhang mit der Antike stehen, ikonographisch eindeutig. Solche Bilder sind aber bis zur Frühzeit des 15. Jh. nur relativ seltene Vorläufer des Putten-E. Dieser E.-Typus unterscheidet sich von dem früheren des Kinder-E. dadurch, daß er auf Grund eines bewußten, auch theoretisch fundierten Rückgriffs auf die Antike zustande kam und daß von diesem Augenblick an die mehr oder weniger ausgeprägte inhaltliche Diskriminierung des älteren Kinder-E. aufgegeben wurde: der Putten-E. ist bereits bei Donatello und seinen Zeitgenossen ein jeder anderen E.-Gestalt inhaltlich ebenbürtiger E.-Typus. Sein Vorkommen unterliegt den gleichen Voraussetzungen wie das anderer E.-Typen, lediglich die Häufung solcher E.-Putten unterscheidet diese von thematisch analogen Darstellungen mit „großen“ E.; bei der Motivierung der gruppenweisen Darstellungen spielen nun allerdings genrehafte Motive eine große Rolle. Erst jetzt kann, auch bei Werken der transalpinen Kunst, von kindlich-unbeschwerten E.-Bildern gesprochen werden.
Noch für die deutsche Kunst des 15. und des frühen 16. Jh. bleibt die Verwendung der Begriffe Kinder- und Putten-E. problematisch. Es empfiehlt sich, als Putten-E. nur die nackten oder antikisch gekleideten E.-Kinder zu bezeichnen, deren Entstehung Kenntnis von Werken der italienischen Frührenss. voraussetzt (Abb. 49, 67f.), als Kinder-E. dagegen alle jene E., die die Errungenschaften der italienischen E.-Ikonographie im Sinne nordischer Vorstellungen modifizieren: so z. B. die mit Lumpen, Stoffetzen oder Kinderkleidung versehenen E. der Dürerzeit und die Abb. 69 entsprechenden Gestaltungen.
Als frühe Beispiele für Putten-E. in der dt. Kunst seien genannt: Braunschweig, Franziskanerkirche, sog. Votivrelief, 14. Jh. (Herb. Kunze, Die Plastik des 14. Jh. in Sachsen und Thüringen, Bln. 1925, Taf. 21); Rothenburg o. d. T., Spitalkirche, Sakramentshaus, Ende 14. Jh. (Inv. Bayern V, 8, 1, S. 406ff., Abb. 341).
6. Neben den genannten E.-Typen entstanden im späten MA zahlreiche eigenwillige E.-Bilder, die das Schwinden der allgemein verbindlichen Vorstellungen von der E.-Gestalt bezeugen. Auch hier hat man klar zu trennen zwischen gänzlich neuen Konzeptionen und solchen, die aus den Diminutionsformen der voraufgegangenen Epochen entwickelt wurden. Als tertium comparationis vieler dieser E.-Bilder stellt sich die Tendenz heraus, die E. als eine Art himmlischer Vögel abzubilden (der Vergleich von E. mit Vögeln ist bereits im 13. Jh. literarisch faßbar, z. B. hl. Mechthild, Buch besonderer Gnade I, 13: J. Müller a.a.O. S. 67). Unter den spät-ma. E.-Typen ist der gefiederte E. (Abb. 50, 62) der von der älteren Überlieferung am nachdrücklichsten verschiedene. M. Trens [57] rechnet damit, daß Umdeutungen bestimmter Michaelsdarstellungen bei der Konzeption dieses Gestalttypus’ eine Rolle spielten, doch dürfte es schwer sein, alle gefiederten E.-Bilder damit zu erklären. Diese sind zwar zahlenmäßig nicht sehr häufig, aber geographisch weit verbreitet; sie alle auf ein bestimmtes Vorbild zurückzuführen, etwa das Beispiel Claus Sluters am Sockel des Kalvarienberges in der Kartause Champmol, ist nicht möglich. Während in Burgund der Typus im 15. Jh. nur gelegentlich vorkommt (Archivolte des nördl. Westportals der Kath. St.-Maurice in Vienne, um 1410: Gg. Troescher a.a.O. Bd. 2, Abb. 128), ist er in Deutschland durch Skulpturen der Werkstatt des Nikolaus Gerhaert und in dieser geschulter Meister eingebürgert worden (Beispiele bei J. Sauer, Das Portalrelief der Albanskapelle in Oberschaffhausen u. s. ikonographische Bedeutung, ein Beitr. zur Ikonographie der Engel, Schauinsland 47/50, 1923, 43–51; Otto Wertheimer, Nic. Gerhaert, seine Kunst und seine Wirkung, Bln. 1929, Taf. 55 und 69 links; Edmund Hausen, Ein Engel vom Nördlinger Hochaltar, Oberrhein. K. 6, 1934, 72–92). Zur raschen Verbreitung des Typus’ dürften Kupferstiche beigetragen haben, vgl. etwa die des Meisters E. S. (L. 23, 31, 169). Im letzten Jahrzehnt des 15. Jh. erscheinen gefiederte E., z. B. im Werk Riemenschneiders in Würzburg und Hans Klockers in Brixen (B.N.M. Inv.Nr. MA 4094, aus Münnerstadt, um 1490–92: Kat. Th. Müller 1959 Nr. 131; ebd. Inv.Nr. MA 1952, aus Tramin, um 1490–95: ebd. Nr. 71). Unter den gemalten Beispielen dieses E.-Typus’ (Abb. 52, 62) ist der auf Grünewalds E.-Konzert des Isenheimer Altars wiedergegebene E. am bekanntesten. Einem gefiederten E. das Amt der Seelenwägung anzuvertrauen (Fresken in South Leigh, Oxfordshire, und in Bovey Tracey, Devon: L. Kretzenbacher a.a.O. Abb. 48f.), ist offenbar nur mancherorts üblich (s. a. [57]).
Eine charakteristische Typenbildung ist die schwanzartige Vervollständigung der E.-Gestalt in der niederländischen und deutschen Kunst (Abb. 54); die Flügel sind oft groß und kunstvoll-aufwendig gebildet (z. B. mit Pfauenfedern: Abb. 46; s. a. [53] S. 25–29; mit Schmetterlingsflügeln: Gem. von Hieron. Bosch im K.F.M., Inv.Nr. 1647 A). Das Abwehen des Gewandzeugs ist für viele Darstellungen typisch (Abb. 52, 54f., 63). Die oft überraschend kühnen Verkürzungen, die Fragmentierung der Gestalt in Form der Halbfigur oder der gruppenweisen Zusammenballung, dies und ähnliches erscheint letzten Endes noch als Stilmittel, das zur Diminution der E.-Gestalt dient.
VI. Gegenreformation
Die Gegenreformation brachte erneut bedeutsame Wandlungen der E.-Ikonographie, deren sichtbarste Folge eine große Zunahme an E.-Darstellungen war. Die Fülle von E.-Bildern zumal im 17. und 18. Jh. scheint sich jeder ikonographischen Systematisierung zu entziehen; die scheinbar unbegrenzte Zahl thematischer Anlässe und gestaltikonographischer Möglichkeiten für E.-Darstellungen ist aber tatsächlich das Ergebnis einer in ihren Grundlagen genau mit dem Charakter der religiösen Bewegung übereinstimmenden Entwicklung: Bekenntnis zur Tradition, Rückgriffe (im Dienste der Restauration) auf in der jüngeren Vergangenheit überlagerte Vorstellungen, Umdeutung und Neuerungen bestimmen die Wandlungen der E.-Ikonographie. Die Vielfältigkeit der Tendenzen, die sich einzeln oder auch miteinander verbunden auswirkten, begünstigte extrem verschiedene Anschauungen: sowohl die Aufwertung des E.-Bildes durch den E.-Kult und die Präzisierung der mit den E.-Vorstellungen verknüpften Inhalte wie umgekehrt die Abwertung des E.-Bildes durch äußerste Verallgemeinerung der E.-Anschauung.
Man hat versucht, diesen Gegensatz in der Unterscheidung zwischen inhaltlich bedeutsamen und dekorativen E.-Bildern zu kennzeichnen. Wenn auch dekorative Absichten die künstlerischen Darstellungsformen mit bestimmten, so lag doch der Anlaß, der erst die Möglichkeit zu solchen Darstellungen eröffnete, jenseits künstlerischer Entscheidungsfreiheit.
Hier ist nicht die künstlerische Form als dekorative Leistung zu würdigen, sondern nach den Ideen zu fragen, die sie zu veranschaulichen trachtet. Es zeigt sich dabei, daß – faßt man nur in einem der Epoche angemessenen Maße den Rahmen der kritischen Betrachtung nicht zu eng – wenige E.-Bilder „rein dekorativ“ sind; jene Darstellungen, die man dafür halten wollte, sind nur nicht durch ihre Form, sondern durch ihren Anbringungsort inhaltlich definiert – eine im 17. und 18. Jh. mehr als für alle früheren Epochen legitime Möglichkeit thematischer Bestimmung von (E.-)Bildern.
Die entscheidenden Neuerungen der gegenreformatorischen E.-Ikonographie hängen mit der Stellung der E. im kirchlichen Kult zusammen, die in betontem Gegensatz zum Protestantismus (s. u. VII. A und B) nachdrücklich erhöht wurde. Nicht nur die Gestalt des Engelsfürsten Michael, in der sich die Bestrebungen der Gegenreformation programmatisch verdichteten (s. a. Engelsturz), trat in den Vordergrund, sondern es wurden auch die Festtage der übrigen namentlich bekannten E. ausgestaltet; dazu kamen neue Engelfeste wie das Schutzengelfest, die Verehrung der hl. Erzengel, die zugleich als eine den Nothelfern analoge Heiligengruppe in die Andacht eingingen (die sieben hl. Zufluchten; vgl. oben Sp. 344), und schließlich die in Verbindung mit mariologischen Vorstellungen der Neuzeit vertiefte Zusammenschau von Maria und E. Auf eine knappe Formel gebracht könnte man von einer allgemeinen Angleichung der E.-Verehrung an die Heiligenverehrung sprechen. Damit verschmolzen die Vorstellungen von den um ihrer Verrichtungen im Dienste Gottes willen geehrten E. und von den lehrenden und verherrlichenden E. der spät-ma. Andachtsfrömmigkeit. Dies förderte einerseits das personhafte Begreifen der E., andererseits ließ es E. mehr als je zuvor zur bloßen Chiffre für exemplarisches Wirken und Sein werden.
A. Das Wirken der Engel als Bildprogramm
Systematische Übersichten über das Eingreifen von E. in die Geschichte beschränken sich in der Kunst der Gegenreformation nicht mehr auf einzelne typologische Gegenüberstellungen unter besonderer Berücksichtigung der E.-Erscheinungen in beiden Testamenten, sondern greifen Geschehnisse der Kirchen- und Heiligengeschichte (z. B. Seeschlacht von Lepanto), ja selbst der profanen Geschichte auf (etwa: E., insbesondere der Erzengel Michael, verhelfen Alexander d. Gr. zum Sieg über seine Feinde): das Wirken der Engel „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ wurde zu einer Beispielsammlung für das dauernde Regieren des Herrn der Heilsgeschichte. Dadurch konnte es – eine Neuerung in der E.-Ikonographie – zu Bildprogrammen kommen, deren einheitlicher Leitgedanke aus E.-Lehre und Berichten über E.-Erscheinungen gewonnen wurde.
Derartige Bildprogramme finden sich mehrfach in Pfarr- oder Kollegienkirchen, deren Titelheiliger der Engelsfürst Michael ist oder die das Schutzengelpatrozinium haben. Sie sind entweder einheitlich für den ganzen Kirchenraum konzipiert oder beschränken sich auf dessen liturgisch zentrale Raumteile wie Chor, Sanktuarium, Presbyterium und Vierung; auch in Kapellen mit E.-Titel kommen z. T. größere Bildprogramme vor. Weniger ausführliche heilsgeschichtlich-angelologische Bildprogramme finden sich gelegentlich auch an Fassaden. Derartige „Zyklen“ gibt es auch in illustrierten Büchern. Hier können die genannten Möglichkeiten jeweils nur an einem Beispiel besprochen werden.
In besonders anschaulicher Weise läßt sich die zyklische Konzeption des Bildschmucks einer ganzen Kirche an der 1717 stuckierten und ausgemalten Eichstätter Jesuitenkirche zu den hl. Schutzengeln studieren (Abb. 87 a). Der Stuck stammt von den Brüdern Franz und Gabriel Gabrieli, die meisten Malereien von dem Wormser Joh. Rosner; das Hochaltargemälde von Joh. Ev. Holzer kam erst 1739 in die Kirche, hält sich aber thematisch an das bereits 1717 größtenteils verwirklichte Programm, das aus 31 Fresken und 18 stuckierten E. besteht. Den Kern bilden die Fresken in den drei Langhausjochen und dem Chorjoch <7–24>, die auch jochweise inhaltlich wiederum eine thematische Einheit ausmachen: hier ist jeweils einer der großen Wirkungsbereiche der E. geschildert: „die E. im Dienste der göttlichen Führung <7—11>, der göttlichen Errettung <12–16>, der göttlichen Offenbarung <17–21> und der himmlischen Verherrlichung <22–24>“ (Andreas Bauch, Die Schutzengel-[Jesuiten-] Kirche in Eichstätt [= Kl. Kirchenführer Nr. 606], Mchn. 1954, S. 7). Die Deckenbilder der Mittelschiffs- und Chorgewölbe bilden, von Westen nach Osten fortschreitend, ebenfalls eine thematische Einheit: die Fresken im Kirchenschiff treten für die Epochen der Heilsgeschichte ein (Besuch der E. bei Abraham <9>: ante legem; E. greifen in die Makkabäerschlacht ein <14>: sub lege; E. offenbaren Judith den Ursprung ihres Sieges <19>, eine mariologische typologisierende Darstellung, die für die Epoche sub gratia steht); im Gewölbe des Chores ist die Huldigung der E. an die Dreifaltigkeit, die hier die Vollendung der Heilsgeschichte veranschaulicht, wiedergegeben <23>. Mit diesem Bild findet die im Westen der Kirche mit den lobpreisenden E. (fliegend mit Spruchband „laudate eum in corde“ <3> sowie singend und dirigierend, als Vertreter der vokalen und instrumentalen Musik (A, B)) anhebende Darstellung ihren bekrönenden Abschluß. Zugleich aber wird die Sinnbezogenheit der Bildanordnung auf die kultischen Verrichtungen im Kirchenraum deutlich: (3, A, B) gehören zur Orgel, <C> und <D> – ein E. mit Tränentüchlein und ein zweiter mit einem Schlüssel – beziehen sich auf die Beichte, auf die Predigt der über der Kanzel angeordnete posaunende E. <E> und sein Gegenüber mit aufgeschlagenem Buch <F>; am Choreingang erscheinen E. mit Patene und Meßkännchen (G) sowie Kelch (H), die auf die Eucharistie hinweisen. Die plastischen E.-Darstellungen im Chor verweisen auf Frömmigkeit und Tugenden; die gegenüber angeordneten E. haben stets das gleiche Attribut, <J> und <K> ein flammendes Herz, <L> und <M> ein Buch (den Psalter?), <N> und <O> halten den Finger vor die Lippen, <P> und <Q> adorieren und <R> und <S> inzensieren. Die Fresken sind in ihrer Anordnung auf komplizierte Weise mit den sich gleichsam verfugenden Haupt- und Unterthemen verknüpft. Nur dem nach Westen zu schreitenden, die Kirche verlassenden Gläubigen sind die Gemälde <1–6> sichtbar: E. verhindern die Opferung Isaaks <1> und der E.-Besuch bei Hagar in der Wüste <2> sind in Höhe des ersten Emporengeschosses auf die westliche Innenwand der Kirche gemalt, <4–6> auf die Brüstung der unteren Empore (E. speisen Christus in der Wüste, Mk. 1,13: <5>; E. bei der Taufe Christi: <4> E.-Erscheinung der Frauen am Grabe Christi: <6>). – Im westlichen Joch erscheinen die E. als Beschützer und Ermahner der Menschen: im Gewölbe der nördl. Seitenkapelle ist der Erzengel Raphael als Begleiter des jungen Tobias (Tob. 5) geschildert (Beischrift „protegunt“: <8>), an der Galeriebrüstung die Heimkehr des Tobias (ebd. Kap. 11f.; <7>). Während hier die E.-Assistenz dem jugendlichen Menschen gilt – auf dem Altarbild dieser Seitenkapelle erscheinen die drei Jugendheiligen Aloysius, Franz v. Borja und Stanislaus Kostka –, erfahren sie im Msch.-Gewölbe ein Erwachsener (E. besuchen Abraham, 1. Mos. 18, 1–16; <9>), in der südl. Seitenkapelle ein Greis (E. verkündigt dem alten Joseph die Empfängnis Maria, Mt. 1, 20–23; Beischrift „admonent“: <10>) und ein Toter (E. kämpfen um den Leichnam Moses’, 5. Mos. 34, 5f.; <11>). Das Altarbild schildert den Tod des hl. Joseph. – Die Fresken des nach O folgenden Joches stehen unter dem Leitgedanken der Errettung. E. bringen die Wasser des Teiches Bethesda in Wallung („sanant“; Joh. 5, 2–4; <15>). Der in seiner natürlichen Kraft gebrochene Jakob ringt mit einem E. um dessen Segen (1. Mos. 32, 22–32; <16>). Das Thema der Krankenhilfe bestimmt auch das Altarbild: der hl. Franz Xaver ist hier als Helfer in Krankheit und Not dargestellt. Die Darstellungen in der gegenüberliegenden Seitenkapelle ordnen sich unter das Motto „suscipiunt“: Lazarus wird von E. in den Himmel erhoben (Lk. 16, 22; <13>) und ein E. zeigt Johannes die Himmelsstadt (Apok. 21, 10–27; <12>); das Altarblatt enthält die Kreuzschlepper-Vision des hl. Ignatius von Loyola. Das Hauptbild im Msch. schildert mit dem Eingreifen von E. in die Makkabäerschlacht (2. Makk. 10, 29–31; <14>) die Errettung des Volkes Israel und geht damit thematisch über die in den übrigen Darstellungen dieses Joches nur Einzelnen geltende E.-Hilfe hinaus. – Im östl. Joch des Schiffes ist die Offenbarung durch E. behandelt: in der südl. Seitenkapelle verkündigen E. („nuntiant“) Zacharias, es werde ihm ein Sohn geboren werden (Lk. 1, 11–22; <21>), und empfängt Maria den Englischen Gruß <20>; auf dem Altargemälde huldigen E. der Maria regina angelorum. Das Hauptbild dieses Joches zeigt ebenfalls ein auf Maria bezügliches Thema: E. offenbaren Judith den Ursprung ihres Sieges (Judith Kap. 8ff., 13, 20; <19>). Die Weihnachtsbotschaft der E. (Lk. 2, 8–44, „evangelizant“; <18>) und die gemäß althergebrachter Vorstellung mit dem Stern von Bethlehem bzw. den hl. Drei Königen verknüpfte E.-Erscheinung des „Heidenpropheten“ Bileam (4. Mos. 22, 21–36; <17>) schmücken die nördl. Seitenkapelle, deren Altarbild die Kreuzigung Christi zeigt. Im Auszug dieses Altares erscheinen E. mit den Leidenswerkzeugen. – Im Chorgewölbe walten E. als Verkünder himmlischer Herrlichkeit: sie reinigen die Lippen des Propheten Jesaias mit der glühenden Kohle (Jes. 6, 6–8, Meßgebet vor dem Evangelium; „accendunt“; <24>) und trösten („solantur“) den Patriarchen Jakob, der im Traum E. auf der Himmelsleiter auf- und niedersteigen sieht (1. Mos. 28, 11–22; <22>). Die beiden genannten Ovalbilder rahmen das beherrschende Triumphbild des ganzen Programmes, die Anbetung der Dreifaltigkeit durch E. <23>, ein. – Die Fresken der Chorgalerien bringen weitere Exempla für die Errettung Bedrängter durch E.: ein E. kündigt Paulus die Rettung vor dem Schiffbruch an (Apg. 27, 21–25; <25>); Loth wird von einem E. aus Sodom geführt (1. Mos. 19, 15–30; <26>); E.-Erscheinung des Cornelius (Apg. 10, 30–32; <27>); ein E. besucht Daniel in der Löwengrube (Dan. 6, 22; <28>); Elia wird von einem E. gestärkt (1. Kön. 19, 3–19; <29>); ein E. vertreibt Heliodor aus dem Tempel (2. Makk. 3; <30>); ein E. begleitet die hl. Familie auf der Flucht nach Ägypten (Mt. 2, 13–15; <31>). Das Hochaltarblatt Holzers <32> zeigt – als Hinweis auf die vollzogene Einsetzung der Kirche und des Altarsakraments – die Rückkehr Christi in den Himmel und Repräsentanten der E.-Chöre. Auch in den hier nicht im einzelnen beschriebenen Ausstattungsstücken der Kirche, zumal der Kanzel mit dem mächtigen E.-Katecheten als Bekrönung und in den Altarauszügen (z. B. E. als Bringer und Befestiger des rechten Glaubens auf dem Franz-Xaver-Altar, analog der themengleichen Darstellung auf der Ehrenpforte vor dem Jesuitengymnasium in München, 1697; s. Engelchöre Abb. 10) ist immer wieder der Aufgaben und Funktionen von E. gedacht.
Neben solch komplexer und systematischer Programmgestaltung wirken die nur auf Teile des Kirchenraumes beschränkten Bildgruppen mit aus der E.-Lehre zusammengestellten Themen bescheiden; auch sie sind eine Neuerung der Gegenreformation. Als Zeugnis für derartige partielle E.-Programme sei die Pfarrkirche St. Michael in Bertoldshofen Krs. Marktoberdorf, Bayer. Schwaben, genannt, die 1733 durch Matthias Wolcker ihre Fresken erhielt (Abb. 87 b und 88).
In der Kuppellaterne ist die Huldigung von E.-Scharen vor Gottvater geschildert <1>, darunter der Gottesdienst im Himmel <2–4>, in den axial angeordneten Kuppelflächen Michaels Kampf um den Leichnam Moses’ <5>, Repräsentanten der Engelchöre <6–8>. In den Diagonalen finden sich hoch- und breitformatige Bildfelder mit folgenden Darstellungen: der E. der Pest schlägt die Israeliten (9); E. erscheint einem israelitischen Feldherrn (Josua?, Judas Makkabäus? <10>); E. verkündigen Judith den Ursprung ihres Sieges <11>; E. reinigt die Zunge des Jesaias <12>; E. entzündet Gideons Opfer <13>; Teufel (= gefallener E.) fliegt über den von seiner Frau und seinen Freunden verspotteten Hiob (<14>; Hiob 2, 7ff.); E. vertreibt die Stammeltern aus dem Paradies <15>; Daniel deutet dem König Belsazar das Menetekel (<16>; Dan. 5, 5ff.). In den Kartuschen befinden sich vier nicht mehr zu dem Bildprogramm im engeren Sinne gehörende Heiligendarstellungen.
In der als Taufkapelle dienenden Schutzengelkapelle in der Pfarrkirche St. Fridolin zu Säckingen a. Rhein, deren Fresken Francesco Antonio Giorgioli um 1721 schuf (Abb. 87 c), findet sich, wie häufiger nachweisbar, eine zyklische Schilderung der a.t. E.-Erscheinungen in einer Kirche ohne E.-Patrozinium, wo sie einen den E. geweihten Annexraum einheitlich ausstattet. Mittelpunkt des Bildprogrammes ist das Strahlendreieck mit dem Auge Gottes in der Laternenkuppel <1>. Die acht Wandflächen der Kuppellaterne sowie die acht Felder des kuppelartigen Gewölbes, das die Laterne trägt, sind jeweils mit einer a.t. Szene geschmückt: ein E. vertreibt die Stammeltern aus dem Paradies <2>; ein E. besucht Hagar am Brunnen in der Wüste (<3>; 1. Mos. 16, 7ff.); Michael kämpft um den Leichnam Moses’ <4>; der E. entzündet Gideons Opfer <5>; der E. der Pest bei David (<6>; 2. Sam. 24, 17); E. stehen den Israeliten in der Makkabäerschlacht bei <7>; E.-Erscheinung des Bileam <8>; ein E. speist Elia in der Wüste <9>; Michael besiegt den Satan <10>; Hinweis auf die Verkündigung an Maria <11>; E. hindert Abraham daran, Isaak zu opfern <12>; E. führt Habakuk zu Daniel in die Löwengrube <13>; E. bei den drei Jünglingen im Feuerofen <14>; zwei E. bei Loth <15>; Jakob sieht im Traum E. auf der Himmelsleiter <16>; E. geleiten Tobias <17>.
Seltener als die Ausstattung von Kircheninnenräumen mit einheitlichem „E.-Programm“ bestritt man den Fassadenschmuck mit einem solchen. Eines der schönsten Zeugnisse, auch seiner straffen Konzeption wegen, ist die Ehrenpforte, die anläßlich des 100jährigen Jubiläums der Münchner Michaelskirche 1697 vor dem Gymnasium errichtet wurde (s. Engelchöre Abb. 10): sie schildert die neun Engelchöre und die Aufgaben der E.-Liturgen.
Als wohl verbreitetstes, ausschließlich von Abbildungen biblischer E.-Erscheinungen und Vorstellungen der E.-Lehre bestrittenes „Bilderbuch“ sei Joh. Ulrich Kraus’ „Biblisches Engel- und Kunstwerk“, Augsburg 1694 (u. ö.), genannt. Eine andere Form der programmatischen Zusammenstellung in mehr typologischer Ordnung bietet Th. Galles Kupferstich „Angelica Confortano“ ([62] Bd. 1, S. 245 Abb. 169), während ein weiteres Blatt (ebd. Abb. 117) die Aufgaben der E. im Bilde zusammenfaßt („triplex angeli tutelaris officium“).
B. Engel und Sakramente
Die Gemeinschaftsfrömmigkeit der Gegenreformation sah das Verhältnis der E. zu Sakramenten und Kirche in neuem Licht. In den Mittelpunkt des Glaubenslebens rückte die kirchlich-sakramentale Feier. Es versteht sich, daß dies der Vorstellung von der Mitwirkung der E. beim liturgischen Vollzug neuerdings starken Auftrieb gab. Entscheidend ist aber, daß man beim Rückgriff auf das bis zum Ausgange des Hoch-MA funktionelle Verständnis der E.-Liturgendienste dieses umdeutete. Es verschmolz mit der aus dem Spät-MA überlieferten Anschauung, die die E. in Verbindung mit Symbolen der Sakramente bzw. auf deren Einsetzung hinweisende Szenen brachte und dadurch die Sakramente verherrlichte. Daraus entstand nunmehr eine Verherrlichung des sakramentalen Vollzugs: das Bild der E.-Liturgen wurde zu einem Triumphbild der Sakramente und der kirchlichen Institution, die deren Bewahrung und Spendung für sich in Anspruch nahm. An die Stelle der typologisch begriffenen Analogie zwischen E.-Liturgen und Klerikern der Kirche trat ein mehr kausales Verständnis, das sich in der bildkünstlerischen Veranschaulichung als allegorische Einheit kundgab.
In den Darstellungen von E. als den Vermittlern zwischen Himmel und Erde kulminiert die „Verhimmlischung“ der ecclesia mundana und die Verweltlichung der ecclesia coelestis. Aus der real geglaubten Anwesenheit und Mitwirkung der E. beim kirchlichen Gottesdienst wurde in dem Maße, wie die Kirche als Allegorie des himmlischen Jerusalem Realitätscharakter im Glauben gewann, dauernde Anwesenheit der E. in der Kirche. Als bildwürdiges Thema der Gegenreformation löste diese Vorstellung die bildliche Wiedergabe ganzer Heerscharen von E. in jeder Gestalt in den Kirchen des Barock und des Rokoko aus. Die hierbei verbreiteten Schilderungen genrehafter Motive sind gegenüber dem Thema des Ganzen gefällig-einladende Nebensächlichkeiten, die erst in der Aufklärung beim Schwinden des Glaubens an jene größere Einheit als wesentlich erachtet werden konnten und – dann allerdings konsequent – mit dem Verdikt des Dekorativen belegt aus den Kirchen verbannt wurden.
Die ständige Anwesenheit der E. in der Kirche als Extremfall der ewigen Anbetung galt zumal dem in der Gestalt der Hostie anwesenden Christus. Dadurch wurde sie überhaupt erst legitimiert. Sie konzentriert sich daher auf den Themenkreis der Eucharistie. Das gilt sowohl für den Bereich der Bildthemen als auch für die Plazierung von E.-Bildern.
1. Die Darstellungen von E.-Liturgen bei der Feier des Altarsakraments blieben, wie in der Spätgotik, im wesentlichen den Abbildungen bestimmter Messen vorbehalten (s. Sp. 430), hingegen vermehrten sich die Schilderungen von E., die die Kommunion austeilen (wie überhaupt die nach spät-ma. Auffassung in der Elevatio gipfelnde Durchdringung von liturgischer Feier und Hostienandacht an Bedeutung verlor, während die Austeilung der Kommunion an die Gläubigen größeres Gewicht erlangte; auch der besonders von den Jesuiten empfohlene häufigere Sakramentsempfang mag hier eine Rolle spielen).
2. Die Abbildung von E. mit Symbolen der Sakramente, in Begleitung von eucharistisch-sakramentalen Darstellungen Christi, übernahm die Gegenreformation vom Spät-MA, ohne jedoch diese in gleichem Maße in den Vordergrund zu stellen. Im Gegenteil: die Tendenz, jene Bilder durch szenische Darstellungen mit E. abzulösen (s. o. Sp. 432ff.), nahm stark zu. Als typisches Beispiel hierfür darf das Zurücktreten von Darstellungen der E.-Pietà gegenüber den inhaltlich weithin synonymen Schilderungen von Kreuzabnahme, Beweinung, Grabtragung Christi und Marienklage mit E.-Assistenz gelten; die diesen Szenen beigemessene eucharistische Bedeutung, die sich auf den Bezug zwischen dem bildlich wiedergegebenen Leichnam Christi und dem mystischen Leib Christi, der Hostie („gots lichnam“), stützt, kommt in ihrer Anordnung auf Altartabernakeln, Altarretabeln (vornehmlich Predellen) und in Sakristeien deutlich zum Ausdruck. Die E. üben vielfach Tätigkeiten aus, die sie mit Geräten, welche früher als E.-Attribute auf die eucharistische Bedeutung hinwiesen, umgehen lassen; man denke an die E. mit Kanne (Meßkännchen), Schale (Patene), Tuch (Abendmahlstuch) usw. auf Beweinungsbildern, an die verhüllten Hände, mit denen sie oft den Leichnam Christi berühren. Entsprechend wurde aus dem E. mit dem Kelch vielfach eine Darstellung Christi in Gethsemane bzw. des Abendmahls oder der Apostelkommunion mit anwesenden E.
Am wenigsten von solchen Umgestaltungen betroffen wurden Darstellungen von E. mit den Leidenswerkzeugen, die in der Neuzeit für alle möglichen Aspekte des Themenkomplexes Erlösung eintreten konnten und in denen sich Vergegenwärtigung des Leidens Christi und der dadurch gewonnenen Erlösung, Andacht und Sakramentssymbolik mischen.
Von größter Bedeutung ist der Wandel im Verhältnis von E.-Figur und Attribut. Das neue Verständnis der kirchlich-sakramentalen Verrichtungen kehrte die Rolle von E.-Figur und Attribut geradezu in ihr Gegenteil um. Das liturgische Gerät und entsprechend bestimmte Raumteile der Kirche, die der Bereitung und Spendung der Sakramente dienten, erlangten selbst Symbolcharakter, und die E.-Figuren verwiesen mehr attributiv auf den Vollzug der sakramentalen Verrichtungen, bei denen man sich jener Geräte oder Raumteile bediente.
Diese Verlagerung des Verständnisses hatte zur Folge, daß die Abbildung von E. bei liturgischen Verrichtungen als zu spezielle Schilderung zurücktrat gegenüber Abbildungen der ecclesia angelica, die der Dreifaltigkeit, deren Personen oder Symbolen bzw. der Monstranz (s. Eucharistie) ihre Huldigung entbietet: in dem allgemeinen Gotteslob sind Darstellungen des E.-Wesens und Dank für die Einsetzung der Sakramente vereint. Die Vorstellung von den E.-Liturgen ist nur noch als Grundlage für diese Erweiterung des E.-Bildes der Gegenreformation wirksam, jedoch nicht mehr im beschreibenden Bild. Dadurch aber wurde es möglich, Darstellungen von E. an dem jeweiligen Gerät und in den bestimmten Raumteilen „attributiv“ – nicht „dekorativ“ – anzubringen.
Das führte dazu, daß der vieldeutige Inhalt der einzelnen Darstellungen je nach Situation und Betrachtungsweise in verschiedenem Licht erscheint: erbauliche Betrachtung sieht sie als Bild himmlischer Herrlichkeit und eschatologischer Verheißung, als Darstellung von E. bei Verrichtung ihrer Hauptaufgabe und zugleich als Exemplum rechter Anbetung; ekklesiastisch-lehrhafter Anschauung ist sie vorbereitender Hinweis auf die Meßfeier, auf das Amt der Kirche und beim Gottesdienst sinnfälliges Abbild des Geglaubten. Das E.-Bild verliert seine inhaltliche Selbständigkeit und das Bildmotiv seine Eindeutigkeit: im weitesten Sinne wird es unbestimmt-vieldeutige materia meditandi, zugleich kann es in exaktester Form real Geglaubtes abbilden.
C. Schutz- und Geleitengel
Besonders weitreichende Folgen für die E.-Ikonographie löste die Gegenreformation dort aus, wo die Synthese der älteren Anschauungen der Idee des Schutzengels unterstellt wurde. Bereits im Motivschatz der hierher gehörigen E.-Darstellungen wird das Ausmaß der Neuerung offenkundig: in bislang ungewohnter Vertrautheit mit den Menschen – nicht nur Heiligen! – sind E. bei Verrichtungen und mit Attributen geschildert, die man den E. ehedem nicht zugewiesen hatte. Die Vorstellungen von der Art des E.-Dienstes gehen weit über die in der überkommenen E.-Lehre begründeten hinaus. Wie der Tätigkeitsbereich der E. zumal nach der Seite des menschlichen Wirkens hin vergrößert wurde, so verwendete man das auszeichnende E.-Bild nunmehr auch außerhalb der bislang gebräuchlichen Themenbereiche (Verherrlichung von Heiligen und Sakramenten). Alles liefe auf eine Verflüchtigung der überkommenen Glaubensvorstellungen hinaus, hätte nicht die neu beinhaltete Schutzengel-Idee einen Mittelpunkt gebildet, von dem aus sich die scheinbar regellos vielfältigen thematischen Erweiterungen begreifen lassen.
Als entscheidende Neuerung gegenüber der bisher geltenden Schutzengel-Vorstellung ist seit der Gegenreformation die Ausweitung des E.-Dienstes auf die Stärkung des menschlichen Willens zu tätiger Verwirklichung des Guten zu erachten. Rat und Beistand der E. verhelfen dem Menschen dazu, über seine unvollkommene Natur hinaus zu gelangen und nach dem Willen Gottes tätig zu sein, wobei die E.-Assistenz auf die Erwählung des Menschen beim Gericht abzielt. In dieser Vorstellung verschmolzen ganz verschiedene E.-Anschauungen zu einer neuen Einheit: die Ausführung der Gott wohlgefälligen und von ihm mit eschatologischer Lohnverheißung bedachten Tugendwerke ist dem Teufel verhaßt und seinen Nachstellungen in besonderem Maße ausgeliefert; nur dank des Exorzismus’ der Schutzengel können derartige Werke überhaupt glücklich vollendet werden. Die tätige Mitwirkung der E. kann als konkretes Mitarbeiten am Menschenwerk geschildert werden. Voraussetzung für diesen E.-Dienst ist das Obwalten des Willens, nach Inhalt und Absicht mit dem göttlichen Gesetze übereinstimmend zu handeln: die E. sind Gnadenboten, die den Menschen zu in heilsgeschichtlichem Sinne verdienstlichen guten Werken befähigen.
Bezeichnend für diese Einstellung ist auch, daß man E. (Michael) in „einer uns heute fast fremd berührenden Weise in nächste Nähe zum Heiligen Geist“ rückte ([16a] S. 8f.; vgl. die Darstellungen des Hl. Geistes als E., Sp. 495f.): wie der Hl. Geist den Erwählten ständiger Begleiter ist (vgl. Joh. 14, 16ff.), so auch die E., und wie der Hl. Geist an alles, was Christus sagte, erinnert (ebd. 14, 26), so auch die den Menschen mit ihrem Rat tröstenden E.
E.-Anwesenheit ist daher Zeugnis sowohl für die Rechtfertigung des menschlichen Wollens vor Gott als auch für Gottes Walten in der Geschichte.
Es handelt sich bei solchen E.-Darstellungen nicht mehr wie in der Bibelillustration um Schilderung von – im heilsgeschichtlichen Sinne exemplarischen – Eingriffen Gottes in die Geschichte vermittels des Botendienstes von E., auch nicht mehr um Exemplifikation der E.-Funktionen in der Heiligenlegende, sondern um die bildliche Vergegenwärtigung des heilsgeschichtlichen Ranges aller menschlichen Tugendwerke: diese werden durch E.-Beistand ermöglicht und durch die Anwesenheit von E. in ihrer Bedeutung ausgewiesen, E. veranschaulichen den Tugendlohn des geschilderten „guten Werkes“. Die szenisch-erzählende Abbildung eines Vorgangs wird zur Allegorese umstilisiert und dabei der heilsgeschichtliche Aspekt zur Betrachtung empfohlen.
Von diesen Voraussetzungen her lassen sich die E.-Darstellungen des großen Themenbereiches verstehen und je nachdem, welcher Gesichtspunkt in den Vordergrund gestellt ist, in drei Gruppen gliedern: 1. der Glaube des Menschen als Wurzel des menschlichen Willens zum vor Gott verdienstlichen Werk (= E. des guten Rats); 2. die Verdienstlichkeit des Werkes selbst; 3. der Tugendlohn des guten Werkes.
Weitere Folgen dieser ikonographischen Konzeption ergaben sich durch Spezialisierung und Abschwächung des religiösen Bezugs. Dient die E.-Hilfe dazu, den einzelnen Menschen gerechtfertigt aus dem Gericht hervorgehen zu lassen, so erlangt das Zeugnis der E. von ihrer Assistenz den Charakter der Fürsprache: ähnlich wie Heilige treten E. vor Gott als Überbringer irdischer Kunde und als Fürsprecher der Menschen.
Die Umkehrung des E.-Dienstes – sie handeln nicht mehr ausschließlich als vom Himmel herabkommende Gesandte, sondern auch als sich zu ihm emporschwingende Boten – ist nicht durchaus neu; daß E. Gebete der Menschen emportrügen, haben schon die Kirchenväter als wichtiges, sogar den „hohen E.“ anvertrautes Amt angesehen (s. o. Sp. 348 u. 450). Erst in der Neuzeit hat diese Anschauung häufiger bildliche Darstellung gefunden (Abb. 94; E. trägt eine Schale mit brennenden Herzen = Gebete der Menschen empor). Zahlreich sind die Legenden, in denen auf die Kunde der E. hin irdisches Geschehen durch Eingreifen des Himmels auf andere Bahnen gelenkt wird.
Völlige Abstraktion des E.-Bildes ermöglichte dessen Verwendung als Bildformel für Tugendpersonifikationen, wobei es sich vornehmlich – doch nicht ausschließlich – um allegorische Begriffe der religiösen Tugendenlehre handelt (voran Darstellungen der theologischen Tugenden). Die Illustrationen von Erbauungsbüchern und deren Titelseiten enthalten hierfür eine Fülle von Belegen.
Nachdem man E.-Darstellungen als Bildmittel der Allegorese begriff und verwendete, war es nur ein kleiner Schritt, sie als Bildmotiv sui generis anzusehen. Außerhalb der religiösen Kunst verwendet, entfielen die religiösen Bindungen des Begriffs Werkheiligkeit, und nach menschlichem Dafürhalten „wird dasjenige englisch genannt, was man mit besonderem Lobe herausstreichen will, was etwas vortreffliches und außerordentlich Ehrwürdiges an sich hat“ [21, S. 367 § 28]. Dem entspricht die Verwendung des „E.-Motivs“ in der bildenden Kunst: die ursprüngliche religiöse Bedeutung ging in dem allgemeinen Hinweis, das Dargestellte sei in bono zu verstehende Allegorie, auf. Es bestehen keinerlei formale Unterschiede in der Darstellung von E. in religiösem und in profanem Zusammenhang, wodurch die Unterscheidung in E., E.-Putten usw. auf der einen, Putten und Genien auf der anderen Seite bedenklich bleibt. Inhaltlich kann das gleiche „E.-Motiv“ ebensogut im Dienste der Allegorie der Religio wie in dem der Fama stehen, erst die Funktion einer Darstellung erlaubt da zu unterscheiden.
Wäre Baudous Goltziusstich (Hollstein 75) eine Darstellung auf Goltzius’ Epitaph, so hätte man den E., der ihm die Corona bringt, als Hinweis auf die Jenseitshoffnung des Gläubigen und Tugendhaften zu verstehen – so aber ist der E. „nur“ Überbringer der Laurea für den Maler Goltzius. Noch deutlicher zeigt sich die Einheit der Darstellungen im Selbstbildnis Cornelis Dirksz. Boissens (Hollstein 1): E. tragen Palette und Zeichenstock als individuelle Attribute sowie die (Märtyrer-) Siegespalme als verherrlichendes Attribut herbei. Der E., der als Diener eines Heiligen diesem die Attribute trägt (Abb. 86), kann z. B. ebensogut und in gleichwertiger Bedeutung Attribute von Allegorien und auf menschliches Tun bezügliche Geräte, etwa das Fernrohr der Feldmeßkunst und der Astrologie, Faß und Waage des Kaufmannes (über der Abbildung des Amsterdamer Handelskontors: B. A. Bolswert, Hollstein 362), Pfeil und Bogen des Jägers usw. vorweisen (viele Beispiele bieten die Buchtitelseiten). Er ist schlechthin immer „nuntius gloriae“ (Augustus Braun, Hollstein, German Engr. Bd. 4 S. 146). Als solcher tritt der E. häufiger als je zuvor auch als Wappenhalter auf.
Mit dieser Bedeutungsausweitung trat das E.-Bild in breiter Front aus dem Bereich der kirchlich-religiösen Kunst heraus; die Verselbständigung wurde um den Preis der Verflüchtigung des spezifisch religiösen Gehalts erkauft: die religiöse E.-Vorstellung ist seit dem Ende der Epoche, der die geschilderten Umdeutungen des E.-Bildes angehören, also etwa seit dem ausgehenden 18. Jh., zum Gegenstand konfessioneller Restaurations- und Reformbestrebungen geworden (s. u. VIII).
Innerhalb der christlichen Kunst brachte die „E.-Metapher“ eine sehr bemerkenswerte Wandlung des ganzen Bildgefüges mit sich. Die anonym-funktionelle E.-Darstellung griff weiter um sich; durch die Häufung von E.-Darstellungen in Verbindung mit Szenen der Heiligenlegenden büßten diese viel von ihrer einmaligen, durch den Bezug auf das Biographisch-Spezielle gegebenen Bedeutung ein. In dem Maße, wie ein Heiliger zu einem Typus von Heiligem wurde, wie aus der illustrativen Darstellung seines Todes und seiner Erhebung etwa ein Triumphbild exemplarischen Verhaltens wurde, schwächte sich die konkrete Bedeutung des E.-Bildes ab, und dieses wurde zur Repräsentation von Bedeutsamkeiten. Der Charakter der Exemplifikation tritt zurück; an seine Stelle rückte die – im Bild nur assoziativ veranschaulichte – Demonstration allgemeiner Glaubenshoffnungen: der schließlich irgendeinen Gläubigen erhebende E. bedeutet verherrlichende Vorwegnahme künftiger Ereignisse im Bild. Mit der Verminderung der inhaltlichen Bedeutung der Hauptfigur wuchs die Bedeutung von dem, was mit ihr geschieht, so daß die Demonstration des Typischen und Gültigen in Form der Allegorese ermöglicht wurde. Erneut, doch unter völlig veränderten Vorzeichen, rückt so das Bild der „heiligen E. beim heiligen Tun“ in den Vordergrund.
Die mannigfachen Möglichkeiten des Verständnisses ein und desselben Bildes reichen von der spekulativen Interpretation über die summierende Beschreibung der je nach Gesichtspunkt sich ergebenden Bildexegese (Predigten!) bis hinab zum schlichten Klassifizieren nach moralischer Qualität des Dargestellten in Gutes und Böses. Der kunstgeschichtlichen Betrachtung dieser Werke kann es nur um die Bildexegese zu tun sein, die sich ihr einerseits durch den Nachweis der historischen Voraussetzungen und andererseits durch den Blick auf die zeitgenössischen Relationen ergibt. In diesem Sinne seien hier einige charakteristische ikonographische Themen aus der Fülle gleichermaßen typischer Beispiele herausgegriffen.
1. Die E. des guten Rats – wie man E.-Darstellungen des oben zuerst genannten Themenbereichs nennen darf – sind vornehmlich in solchen Szenen anzutreffen, die als Fatti für die Begriffe der Religio und der theologischen Tugenden einstehen. Die E. befestigen nicht nur durch ihre Botschaft den Glauben (die Tituli zu den Darstellungen der Eichstätter Jesuitenkirche kennzeichnen diese E.-Funktionen mit den Worten „nuntiant“ und „evangelizant“), sondern erwecken die Liebe zu Gott durch ihre Lehre (die dem Menschen „wo Er lehrsam ist, gantz lieblich Ihm geht ein / und mit der Tugend Lust das Hertz Ihm möcht entzünden“: Titulus in Joh. Ulr. Kraus’ Bilderbibel, Augsburg 1725, zu Kupfer 107, wozu ein geflügeltes E.-Köpfchen, hier ein Seraph, abgebildet ist; s.a. Sp. 516; Eichstätt: „accendunt“). E. ermahnen Zweifelnde und trösten Betrübte („admonent“, „solantur“), indem sie Glauben und Hoffnung stärken. Sie melden den Menschen den Willen und die Absichten Gottes und bestimmen so menschliches Tun. Hierher gehören all die E.-Erscheinungen, die zu Kirchenbau, Klostergründungen, Dotationen usw. veranlassen (Abb. 84 u. 89), ferner die in der Neuzeit so zahlreich gewordenen Darstellungen von E. als Erklärern von und als Inspiration zu verdienstlichem Werk. Der ehemals auf Abbildungen von E. als Katecheten sowie des Hl. Geistes (Taube) und der Evangelistensymbole (Matthäus; E. diktieren den Evangelisten das Evangelium) beschränkte Themenkreis wurde erweitert (vgl. dazu im einzelnen Inspiration): Wissenschaftler aller Disziplinen schreiben ihre Bücher auf Eingebung von E. (vgl. Buchtitelseiten!), E. wachen über Menschen und Institutionen, denen die Erhaltung des rechten Glaubens obliegt, und „inspirieren“ deren Wirken (vgl. vor allem die zahllosen Bilderfindungen der Gegenreformation zum Thema Kirche). Katecheten- und Lektorendienste von E. im liturgisch-gottesdienstlichen Sinne erscheinen jedoch nur noch als (herkömmlich verbreitete) spezielle Gesichtspunkte einer allgemeinen Thematik, Ausnahmen insofern, als ihr Wirken der allgemeinen kirchlichen Sache und nicht der immer stärker in den Vordergrund gestellten Beratung des einzelnen Gläubigen im jeweiligen Falle dient.
2. Stärker noch steht der Begriff der Kirche thematisch im Mittelpunkt bei Darstellungen der zweiten Themengruppe. Der Kirchenbau ist vornehmster Anlaß für die würdigende Assistenz von E. Die E. traten an die Stelle der „erbauenden“ Tugenden, wie sie der Hirt des Hermas und viele nach ihm beschrieben hatten, sie klettern auf den Gerüsten herum, behauen Steine, vermessen, „bringen“ den Plan (Abb. 89) und beraten bei der Bauleitung. Die beliebten Schilderungen der Klostergeschichte in den Deckenmalereien der betreffenden Kirchen bieten zahlreiche Beispiele dafür. Wie bekannt diese Vorstellung war, zeigt sich daran, daß sie noch bei so nebensächlichen Anlässen wie Ofenkacheln als Bildschmuck anzutreffen ist (Abb. 84). Bezeichnend ist die antithetische Gegenüberstellung solcher Bilder mit denen des Turmbaues zu Babel, dem Werk menschlicher Hybris. Abbildungen des jüdischen Tempelbaues mit Hilfe von E. gehören als biblisierende Variante zu diesem Themenkreis, desgleichen Schilderungen des Baues der Arche Noah, in denen E. Noah und seinen Söhnen zur Hand gehen.
Man stellte sich den Kirchenbau als den Anschlägen des Erzfeindes besonders ausgesetzt vor. So verwundert es nicht, in vielen Legenden von Unfällen beim Kirchenbau zu hören, die aber dank der Hilfe von Schutz-E. ohne Folgen für die Betroffenen blieben. Die bekannteste Legende dieser Art ist von Pietro da Cortona in der Deckenmalerei der Chiesa Nuova in Rom geschildert (auch ältere Legenden ähnlichen Inhalts wurden in der Gegenreformation mit auffälligem Interesse bedacht).
3. Der höchste Tugendlohn des „guten Werkes“ ist die Auszeichnung dessen, der es vollbrachte, beim Gericht: bildlich durch die Wiedergabe der Verstorbenen in E.-Gestalt oder das E.-Geleit der Gerechtfertigten darzustellen. Die Vorstellung von E. als Psychopompoi erweiternd, läßt man E. die in ihrer Leibesgestalt Auferstehenden emporgeleiten. Die E. verrichten jenen Dienst, auf den ihr Wirken als Schutz-E. abzielte; das E.-Geleit erscheint somit als Extremfall und Erfüllung des Schutzengeldienstes. In gesteigertem Maße eignet daher Darstellungen des (Seelen-) Geleits durch E. alle Bedeutung des Schutzengelbildes, dessen Summe es ist. Während der Dienst der Psychopompoi an Heiligen sich auf die Heiligkeit der Erhobenen gründet und die Aufnahme des Motivs in Weltgerichtsdarstellungen einer gültigen Glaubensvorstellung Bildgestalt gab, haftete der seit der Gegenreformation sehr verbreiteten Schilderung der Erhebung von einzelnen nicht-heiligen Gläubigen so lange inhaltliche Unbestimmtheit an, als die Gründe der Erhebung Undefiniert blieben. Man ging daher dazu über, den tugendlohnenden Psychopompoi erläuternde Attribute beizugeben, bald allgemeine Verherrlichungsattribute, wie sie die Coronatio-E. aufweisen, bald individuelle (etwa berufsbezeichnende Geräte) oder auch Tugendenattribute. Im zuletzt genannten Falle wurden E. des Geleits und Tugendenpersonifikationen identisch.
Naturgemäß sind solche E. des Geleits (wie man die motivisch über die engen Grenzen der Psychopompoi-E. weit hinausgehenden Darstellungen nennen darf) in der Grabmal- und Epitaphkunst (beider Konfessionen) häufig wiedergegeben: es überwiegen Putten-E. mit Attributen aller Art und bei den verschiedensten Verrichtungen. Selbst die Skala der Erhebungsmotive ist vielfältig: sie reicht von den E., die das Bildnis des Verstorbenen halten (Abb. 115), bis zur „strengen“ Himmelswanderung des Toten an der Hand von E. oder in deren Armen.
Die gleiche Doppelbedeutung von E. und Tugenden haben wohl auch die in ihrer Gestalt so ungewöhnlichen und in ihrer Deutung so umstrittenen Helfer der auferstehenden Erwählten in Michelangelos Weltgericht. Die Durchdringung beider Vorstellungsbereiche ist hier in eine Gestalt eingegangen, die der überlieferten E.-Ikonographie (nicht nur der fehlenden Flügel wegen) ebenso fremd ist wie den herkömmlichen Bildformeln der Allegorie; auch antike Exempla erklären die Konzeption nicht, die den Zeitgenossen anfechtbar und den Nachkommen meist unverständlich erschien.
D. Gestaltikonographie, göttliche und heilige Personen als Engel
1. In der Neuzeit kamen für die Gestalt der E. zahlreiche neue Typen in Gebrauch. Ihre Herkunft, ihr Alter und ihre künstlerischen sowie theologischen Voraussetzungen sind bisher nicht untersucht.
2. Eine Sonderstellung innerhalb der E.-Ikonographie nehmen Darstellungen göttlicher und heiliger Personen als Engel ein. Zwar keineswegs auf die Kunst der Gegenreformation beschränkt, haben sie im Abendland doch erst in dieser nennenswerten Umfang. Sie sind charakteristisch für die Ausweitung der E.-Vorstellung im Barock und im Rokoko.
Bei den Darstellungen göttlicher und heiliger Personen in E.-Gestalt handelt es sich keineswegs um attributive Beigabe von Flügeln, um auf diese Weise eine metaphorische Vergleichung mit E. im Bilde sinnfällig zu machen. Vielmehr geht es darum, mit den Funktionen der E. übereinstimmendes Wirken der jeweiligen Personen durch Angleichen ihres Bildnisses an E.-Bilder anzudeuten und darüber hinaus jene Tätigkeiten als Gott wohlgefällig und als in einem engelgleichen, menschliches Maß übersteigenden Umfang verwirklicht zu schildern. Es ist festzustellen, daß die Verschmelzung mit E.-Bildern bei Personen stets auf Grund von Verrichtungen erfolgt, wohingegen sie bei Personifikationen auf dem Vergleich mit Charakterzügen der E. basiert (einem weiteren, ebenfalls völlig verschiedenen Bereich gehört die Darstellung des E. als Attribut an); das kommt bereits darin zum Ausdruck, daß solche Bilder sich zwanglos in die allgemeine Ikonographie der E.-Gestalt einfügen, während die zuerst genannten Themengruppen wesentliche Modifikationen aufweisen.
Für die Darstellungen des sog. Engels Jehovas sind lediglich die theologischen Voraussetzungen erforscht (Jos. Rybinski, Der Mal’akh Jahwe, Paderborn 1930). H. Schnell beschreibt diese Personifikation Gottes als „E. mit dem Szepter, oft mit einem Dreieck am Haupt, manchmal mit einem Stern auf der Brust“ ([63] S. 194 Anm. 1 mit Beispielen des Barock).
Abbildungen von Christus als Engel (oft als „E. des großen Rates“ bezeichnet; vgl. jetzt Cah. archéol. 10, 1959, 259–77–) fanden mehr Interesse bei Theologen als bei Ikonographen. Die in frühchristl. Zeit im Bereich der Gnosis mehrfach bezeugte Vorstellung (vgl. Bärbel Joseph, Christos Angelos. Die Anschauung von Christus als Bote und E. in der gelehrten und volkstüml. Lit. des christl. Altertums [= Theophaneia 3], Bonn 1941; RAC Bd. 5, Sp. 148f.) ist im Bereich der Ostkirche niemals ganz verlorengegangen (über ihr Vorkommen in der bogumilischen Theologie s. Erno Borst, Die Katharer [= Schriften der M.G.H. 12], Stg. 1953, S. 162; zur E.-Christologie s. a. Georg Kretschmar, Stud. z. frühchristl. Trinitätstheologie, Tübingen 1956). Ma. Darstellungen in Rußland nennt Nikodim Pavlovitsch Kondakov (Ikonografia Gospoda Boga i Spasa nachevo Jisousa Krista, St. Petersburg 1905), Beispiele aus Serbien verzeichnet Vlad. R. Petković (La peinture serbe au moyen-âge Bd. 2 [= Mus. d’hist. de l’art. Monum. serbes Bd. 7], Belgrad 1934, Taf. 3 u. 121). In der abendländisch-ma. Kunst gehören Darstellungen von Christus als E. des großen Rates zu den größten Seltenheiten; der Hortus deliciarum der Herrad von Landsberg, Ende 12. Jh., enthielt eines der wenigen Beispiele (Abb. 21). Eine eigene Gruppe bilden Wiedergaben des geflügelten Christlogos in der Psalterillustration (man vgl. etwa Hildesheim, Albanipsalter S. 96 u. 139). Über Vorkommen und Verbreitung des Christus-E. in der gegenreformatorischen Kunst sind derzeit noch keine näheren Angaben möglich.
Für Abbildungen der Muttergottes als Engel s. apokalyptisches Weib.
Die Grundlage für die Darstellung Johannes d. T. als E. bildet die auf das Kommen des Messias bezügliche Prophetie Maleachi 3, 1 („siehe, ich [Gott] will meinen E. senden, der vor mir her den Weg bereiten soll“). Bereits von Matthäus (11, 10) und von Markus (1, 2) ist Johannes d. T. als die Erfüllung dieser Weissagung eingeschätzt worden. Auf dieses Verständnis gehen Darstellungen des Vorläufers als E. zurück, deren Vorkommen sich auf die Kunst im Dienste der orthodoxen Kirche beschränkt.
Ebenfalls biblische Grundlage besitzt die Darstellung zweier bärtiger Männer in weißem Gewand und mit jeweils einem Flügelpaar bei der Himmelfahrt Christi. Nachdem Christus den Aposteln weitere Anweisungen für ihre Lehrmission erteilt hatte, fuhr er zum Himmel auf, und die Versammelten sahen ihm nach; da erschienen ihnen „zwei Männer in weißen Kleidern“ und forderten die Apostel auf, sich für ihren Auftrag zu rüsten (Apg. 1, 6–11). Ihre Erscheinung, ihre Gewandung und ihre Botschaft ließen die „Männer“ stets als E. gelten. Sie bärtig abzubilden, wie dies in der Neuzeit bisweilen geschah – in der prot. wie in der gegenreformatorischen Kirchenkunst (Abb. 99; Deckenmalerei von Johann Reiser d. J. in der Pfarrkirche Hausen Krs. Hechingen, 1786: Inv. Hohenzollern Bd. 1, S. 148, Abb. 263) –, ist jedoch mit dem Hinweis auf die Schriftstelle nicht hinreichend erklärt. Vielmehr sind die „Männer“ um ihres Zeugnisses von Christus willen als Vorbilder des Predigtamtes zu verstehen, und darin liegt das tertium comparationis zwischen E. und Aposteln.
Altkirchliches Verständnis, das die Apostel auch als E. bezeichnet, mag weiterhin die Entstehung von Bildern der Himmelfahrt mit bärtigen „Apostel-E.“ gefördert haben. Eines der seltenen ma. Beispiele für die Darstellung bärtiger E. bietet ein Reliquiar aus Limoges in Schweizer Priv.bes., um 1220 (Ausst.Kat. „Große Kunst des Mittelalters aus Privatbesitz“, Köln, Schnütgen-Mus., 1960, Nr. 91).
Wo immer in Legenden von himmlischen Erscheinungen, die über den Willen Gottes aufklären, die Rede ist, spielt die E.-Vorstellung mit. Ein typisches Beispiel bieten die Darstellungen der Ettaler Gründungslegende: ihr zufolge erschien Ludwig dem Bayer in seiner Bedrängnis ein Mönch und beriet ihn; nachdem er das Gelübde, ein Kloster zu gründen, abgelegt hatte, erschien der Mönch ihm neuerlich und übergab ihm das heute in Ettal als Gnadenbild verehrte Muttergottesbild. Man hat in Darstellungen der Legende (Abb. 97) den „Mönch“ als E. mit Tonsur und in Benediktinerkleidung geschildert (vgl. in diesem Zusammenhang auch E. von Severus, ΒΙΟΣ ἈΓΓΕ-ΛΙΚΟΣ. Zum Verständnis des Mönchlebens als „Engelleben“ in der chr. Überlieferung, Laacher Mitt. 21, 1957, 56–70).
Sehr selten kommen Darstellungen des musizierenden David in Gestalt eines geflügelten, gekrönten (und bärtigen) E. vor. Anlaß zu solchen Bildern bot nicht der metaphorische Vergleich 1. Sam. 29, 9 (hier erscheint David dem König Achis „wie ein E. Gottes“), sondern das E.-gleiche Gotteslob des Psalmisten (daneben kommen auch Abbildungen des geflügelten David vor, die auf wörtlicher Illustration von Ps. 55, 7 u. 139, 8f. beruhen, so im Albanipsalter in Hildesheim, 12. Jh.: ed. O. Pächt, C. R. Dodwell und Francis Wormald [= Stud. of the Warburg Inst. 25], London 1960, Taf. 57 d, 88 a). David als E. ist eine der singulären Varianten von Bildern Davids im Kreise von musizierenden oder psallierenden E. (an Orgelbrüstungen und -prospekten, Chorgestühlen, in Malereien über Orgeln).
Ebenfalls seltene Ausnahmen sind Abbildungen von Heiligen als E. Bereits Ch. Cahier hat auf solche Darstellungen hingewiesen (Caractéristiques des saints dans l’art populaire Bd. 1, Paris 1867, S. 26). Während es sich bei Schilderungen des hl. Thomas von Aquin als E. ([62] Bd. 2, S. 288 Abb. 205) in erster Linie um die Übersetzung seiner metaphorischen Charakterisierung als „doctor angelicus“ ins Bild handelt und Darstellungen des hl. Bonaventura als Seraph auf entsprechende Weise zustande kamen, liegen die Gründe für Bilder des hl. Vinzenz Ferrer als E. in dessen Wirken: seine eindringlichen Bußpredigten über die eschatologischen Ereignisse veranlaßten, den Heiligen nach der Weise eines das Gericht ankündigenden E. mit Flügeln und Posaune, mit der Ordenstracht der Dominikaner bekleidet, abzubilden (so z. B. auf der Kanzel der ehem. Dominikanerkirche zu Wimpfen am Berg: Braun, Tracht u. Attr. Sp. 724f.; Gem. eines Augsburger Meisters des 3. V. 18. Jh. Der Name des Attributs „[Person“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.?], München, Slg. A. Uhlik). Die Ikonographie der Bettelorden zeigt eine besondere Affinität zu solchen Darstellungen.
Eine komplizierte Ikonographie besitzen die Darstellungen des Hl. Geistes als E.
Bereits bei ma. Dreifaltigkeitsdarstellungen (vgl. etwa Adelheid Heimann, Trinitas Creator Mundi, Warburg Journ. 2, 1948, Taf. 6 a) ist mittels eines Flügelpaares auf die dritte Person der Trinität hingewiesen. Als geflügelter bärtiger Mann kommt der Hl. Geist aber erst in neuzeitlichen Bildern öfter vor, so bei Jacob Cornelisz. van Amsterdam (Ausst.Kat. „Middeleeuwse Kunst der Noordelijke Nederlanden“, Amsterdam 1958, S. 95 Nr. 97), Michael Ostendorfer (Reichenhall, St. Zeno, 1516: Inv. Bayern I, S. 2905, Taf. 282), Joh. Georg Bergmüller (Haimhausen Krs. Dachau, 1748: RDK IV 427/28, Abb. 10) oder seinem Sohn Joh. Baptist (Landsberg a. L., 1766: Die christl. K. 30, 1933/34, S. 125). Daß zwischen Hl. Geist und E. sehr enge Beziehungen bestünden, wurde schon in frühchristl. Zeit betont. Man ging z. T. sogar so weit, den Hl. Geist mit den E. zu identifizieren (so die Pneumatomachen), wogegen Athanasius polemisiert (1. Brief an Serapion von Thumis über die Homousie des Hl. Geistes, Kap. 11 u. 26f., vor 362: Migne, P.G. 26, Sp. 537ff., 589ff.). Aus neueren theologischen Untersuchungen geht hervor, daß – ähnlich wie im A.T. Jahwe und der E. Jehovas – im N.T. der E. des Herrn und der Hl. Geist mehrfach fast als Synonyma erwähnt sind (Emmanuel Heufelder, Das Geheimnis Gottes. E. und Menschen im Schöpfungs- u. Erlösungsplan nach der Apok., 1946 [Ms.]; Gust. Stählin, Christus u. d. E., in: Alfons Rosenberg, Begegnung mit E., Mchn.-Planegg 1956, S. 42f.; RAC Bd. 5, Sp. 149). Während die ältere theologische Literatur diesen Problemen nur vereinzelt Aufmerksamkeit widmete, hat man vom MA an öfter den Hl. Geist als E. abgebildet. Unter den Voraussetzungen, die das Entstehen solcher Bilder ermöglichten, spielen fraglos von den E.-Vorstellungen abgeleitete Anschauungen eine bedeutende Rolle (E. als Darstellungsform für Geistwesen schlechthin, feuriger Charakter, Zusammenhang zwischen E. und Winden, ferner – gemäß Lk. 12, 12; Joh. 14, 26 u. a. – die Lehrfunktion des Hl. Geistes, die zu den E.-Katecheten in Beziehung gebracht wurde).
Deutlich sondert sich eine zweite Gruppe von Darstellungen des Hl. Geistes als E. von der genannten ab: hier handelt es sich nicht um Dreifaltigkeitsbilder, sondern um Formeln zur Veranschaulichung der Idee Braut-Bräutigam. Das Fresko von Thomas Scheffler in der Marienkapelle zu Haunstetten bei Augsburg, 1742 (Abb. 96), z. B. ist durch die Beischrift „Sponsa Canti(cum canticorum) 4. C(ap.)“ erläutert. Der Hl. Geist, ein bärtiger E., sieben Flammenzungen (= Gaben des Hl. Geistes) einem Nimbus gleich ums Haupt, steckt der Sponsa-Ekklesia einen Ring auf (zur neuzeitlichen Auslegung des Verlöbnisses vgl. RDK II 1112). Trotz der auf das Hohelied verweisenden Beischrift dürfte dem Bild eher Apok. 22, 17 zugrunde liegen, wo Geist und Braut gemeinsam zur Vereinigung der Glaubensdurstigen in der Gemeinde und zum Empfang des Leben spendenden Wassers (Sakramente) aufrufen. Es handelt sich jedenfalls um ein ekklesiastisch-sakramental zu verstehendes Bild, dessen Inhalt als mystische Vermählung beider durch das und in dem Geheimnis der Sakramente zu bezeichnen ist. Von hier aus gesehen erst wird die Einbeziehung von E.-Vorstellungen erklärbar. Bilder der dominikanischen Mystikerin Kreszentia Höß v. Kaufbeuren ( † 1744), in denen der Hl. Geist als Jüngling dargestellt war, haben vielleicht die Darstellungen des Hl. Geistes als E. gefördert, wenn sie auch kaum die merkwürdige ikonographische Sonderform zur Gänze erklären. Auffällig ist immerhin, daß zumal augsburgische Künstler sich im 18. Jh. ihrer bedienten.
VII. Engel in der protestantischen Kunst
A. Abgrenzung gegen die gegenreformatorischen Darstellungen
Die E.-Bilder haben in der prot. und in der kath. Kirche eine sehr verschiedene Rolle gespielt. Während Theologie (E.-Kult, s. Sp. 343f. u. 470f.) und Frömmigkeit der kath. Restauration eine breite Grundlage für die Schaffung von E.-Darstellungen bildeten, sind die Voraussetzungen im Protestantismus ungünstiger, die prot. E.-Bilder seltener und ihre thematische Vielfalt geringer.
Dem Folgenden ist vorauszuschicken, daß – gemäß der Einstellung des Protestantismus zum Bild – alle Werke nur als Zeugnisse verstanden werden, die zur Erfüllung bestimmter kirchlicher bzw. religiöser Funktionen bestimmt sind. Die persönliche Einstellung des Künstlers zu konfessionellen Fragen spielt darum für uns hier keine Rolle; auch Sergels Werke z. B. sind, soweit sie kirchlichen Bedürfnissen dienen, prot. Kunst.
Man kann die prot. E.-Darstellungen nicht, wie es geschehen ist, als Zeugnisse unausgesprochener Re-Katholisierung und damit als Randerscheinungen abtun; seit der Reformation gibt es vielmehr eine lebendige Tradition des E.-Bildes, in der Trennendes und Gemeinsames mit der kath. E.-Ikonographie nebeneinanderstehen. Zu den – selteneren – E.-Darstellungen, die nach Bildform und Thematik eine prot. E.-Lehre voraussetzen, kommen zahlreiche, deren an sich konfessionell neutrale Ikonographie erst durch prot. Erklärung des Dargestellten als prot. E.-Bild erkennbar ist. Der Anteil des Prot. an der E.-Ikonographie ist sowohl durch die prot. E.-Lehre (s. VII. B) wie durch die Kritik an kath. Bildformeln bestimmt.
Im Prot. fehlen naturgemäß alle mit dem E.-Kult verbundenen E.-Darstellungen. Bis ins frühe 19. Jh. ist Michaels Kampf mit dem Drachen bzw. mit Luzifer (s. Sp. 344 und 508) außer in Illustrationen der Apokalypse nur selten dargestellt und gegenüber der kath. Auffassung grundverschieden erklärt worden; das prot. Gegenstück ist der Sieg Christi über Tod und Teufel. Trotz Luthers Eintreten für den Gedanken des Schutzengels (s. VII. B. 1) kommen Schutzengelbilder (VII. D. 3) selten, und dann gewöhnlich abweichend von der üblichen Form der Raphael-Tobias-Gruppe vor. Die im Prot. lebendige Vorstellung vom schützenden Beistand der E. fand meist durch Wiedergabe biblischer, bes. a.t. Exempla oder durch Allegorien Ausdruck; der E.-Dienst gilt häufiger der Seele des Verstorbenen als dem Lebenden. Die sieben Erzengel wurden als eigenbedeutsame Gruppe nicht dargestellt. Die neun Engelchöre kennt zwar die prot. E.-Lehre, doch die Kunst kaum. Darstellungen der Engelscharen (s. Sp. 417f.) gelten – Bilder der Theophanie ausgenommen – weniger der Wiedergabe des himmlischen Gottesdienstes als der Veranschaulichung katechetischer oder doxologischer Gedanken. Schließlich gibt es auch keine zyklischen Darstellungen der prot. E.-Lehre, obwohl ein verbreiteter Predigttyp für den Michaelistag (s. u. VII. B) ein ideales Konzept für E.-Programme hätte bilden können.
Ikonographisch stimmen Schilderungen biblischer Ereignisse, in denen E. vorkommen, in der prot. und kath. Kunst weitgehend überein. Doch hat die prot. E.-Lehre für einige n.t. Themen die Anwesenheit der E. abweichend von der kath. Auffassung begründet; diese Themen kehren in der prot. Kunst besonders häufig wieder (s. VII. D). Die Neigung, die E. als Gestalten von a.t. Strenge wiederzugeben, ist – zumal im Kontrast zu den heiteren Rokoko-E. der kath. Kirchenkunst – unverkennbar; sie wirkt im 18. Jh., oft mit Recht, als Festhalten an altertümlichen Bildvorstellungen (zur Gestalt-Ikonographie s. VII. C). Doch kommen, z. T. durch die konfessionelle Grenzen verwischenden künstlerischen Konstanten, auch alle in kath. Kirchen anzutreffenden Diminutionsformen in der prot. Kunst vor. Da sie aber nicht – wie im Katholizismus – auf die dekorative Einheit des Kirchenraums bezogen wurden, sondern ihre Wiedergabe auf Altar, Kanzel, Tauf stein, Kultgerät, Epitaph und Grabmal beschränkt blieb, ist ihr Verhältnis von dekorativer Absicht und inhaltlicher Bedeutung umkehrbar; selbst den nach formalen Gepflogenheiten angeordneten E., E.-Putten oder geflügelten E.-Köpfchen bleibt ein Rest von inhaltlichem Gewicht, der auf die Anwesenheit der E. bei sakramentalen Handlungen zurückdeuten soll. So wurde auch öfters die Gestaltung theologischer Gedanken ermöglicht, die man angesichts der Bildformen kaum erwarten würde: z. B. wenn E.-Köpfchen auf Epitaphen (laut Inschrift) die Züge des Verstorbenen tragen und zur Begründung dafür auf Mt. 22, 30 hingewiesen wird (s. Sp. 538 und Abb. 114).
Die bedeutendste Leistung der prot. E.-Ikonographie sind die Abendmahlsengel (RDK I 45f. u. 605) und die Taufengel, angelomorphe Geräte des Gottesdienstes, in deren künstlerischer Form und Verwendungszweck die lehrhafte Anschauung von der Anwesenheit der E. bei Abendmahl und Taufe sowie von dem ausschließlich auf den Dienst gerichteten Charakter der E. sinnfällig zum Ausdruck kommt. In kath. Kirchen fanden Abendmahls- und Tauf-E. kaum Nachahmung (obwohl doch ein Zusammenhang zwischen den prot. Abendmahls-E. und der Vorstellung von E.-Liturgen im Katholizismus gewiß ist, vgl. z. B. die Darstellung im Psalter der Queen Mary: M. Vloberg, L’eucharistie a.a.O. Bd. 2, Abb. S. 201). Die gleiche prot. Einstellung hat auch die Gestaltung von Kanzelengeln, E. als Trägern des Lesepultes und des Altartisches (anknüpfend an 2. Mos. 25, 10–20 bzw. 37, 1–9; vgl. RDK I 431–36, Abb. 1, 4, 7 u. 8; s. hier VII. D. 6) sowie E.-Darstellungen an Altarschranken (RDK I 603–05) begünstigt; die zuletzt genannten Beispiele sind zwar nicht nur in prot. Kirchen anzutreffen, haben aber hier größeres inhaltliches Gewicht als in kath. Kirchen. Der den E.-Trägern am prot. Altar entsprechende Bildtyp der kath. Kirchenkunst ist das von E. flankierte Altartabernakel (ebd. Sp. 605–11). Vorherrschend prot. ist die Gestalt des Jubelengels, ein ikonographischer Typus, in dem sich biblische und allegorische Vorstellungen mischen und der in der prot. Kunst vielfältig mit verschiedenem Inhalt aufgegriffen wurde (s. VII. D. 5). Bei der prot. Vorliebe für Geräte in E.-Gestalt überrascht es, vor dem 19. Jh. nur selten leuchtertragende E. vorzufinden: die Ablehnung von Altarleuchtern in der Reformierten Kirche (ebd. Sp. 518–23) kann dies, zumal sie weithin theoretische Forderung blieb, nicht allein erklären. Den Ausschlag scheint die negative Einstellung des Prot. zu den althergebrachten Vorstellungen vom liturgischen Amt des Akoluthen (s. Sp. 408ff.) gegeben zu haben. Die Zurückhaltung gegenüber Leuchterengeln, die für das Gewicht der Lehrmeinung bei prot. E.-Bildern zeugt, hat die prot. Kunst erst im 19. Jh. aufgegeben.
Die didaktische Absicht der prot. Bildkunst hatte in der E.-Ikonographie weitreichende Folgen. Allegorische Bilder (s. a. VII. D. 4), die den Leitgedanken der prot. Tugendlehre gewidmet sind, zeigen als Helfer der Menschen E., häufiger aber Personifikationen in E.-Gestalt (auch hierfür bietet die ma. Ikonographie bereits Vorbilder, s. etwa Seligpreisungen). Allein vom dargestellten Begriff her zwischen E. und E.artiger Personifikation zu unterscheiden, scheint im Bereich prot. Kunst kaum möglich, da die E.-Stilisierung allegorischer Gestalten nicht aus Gründen dekorativer Bereicherung, sondern in anspruchsvoller Verknüpfung von Vorstellungen der E.-Lehre und der Allegorie erfolgte. Als Eigenschaft von E. eingeschätzt, wird der jeweilige moralische Begriff zu einem an jeden Gläubigen ergehenden Auftrag Gottes: die Tugenden sind dem Menschen mitgeteilte Botschaften von verpflichtendem Ernst. Diese Grundeinstellung bestimmt auch, welche Personifikationen geflügelt abgebildet werden konnten. Die unmittelbare Beziehung zu Gott bzw. Christus unterscheidet die E.-artigen Personifikationen der prot. Kunst grundsätzlich von den religiösen Allegorien des Kath., auch wenn sie geflügelt sind. S. im übrigen Flügel als Attribut, Personifikation.
Die prot. Kunst zumal des 19. Jh. kennt eine weitere Gruppe geflügelter Personifikationen: aus dem Bereich der Kosmologie (Jahreszeiten, Tageszeiten, gelegentlich auch Planeten und Winde –dazu s. a. Erzengel –, ferner Zeit und Ewigkeit). Ob hier die alte, in der Literatur der Romantik nachweisbare Vorstellung von den E. als Trägern des Weltalls und Bewegern der Gestirne wiederbelebt wurde, muß offen bleiben.
In polemischen Darstellungen sind vielfach E. wiedergegeben; wie für die allegorisch-lehrhaften Personifikationen ist auch hier die Apokalypse häufig als Grundlage für die Bilder genutzt (s. Ludwig H. Heydenreich, Zs. f. Kg. 8, 1939, 20ff.; Flugblatt; Satire).
Eine eigene Gruppe unter den prot. E.-Bildern entstand durch die Übernahme spät-ma. Bildformeln, die sich mit der prot. Sakramentenlehre verknüpfen ließen und durch sie eine inhaltliche Bestimmung erfuhren: z. B. E., die das Blut des Gekreuzigten in Kelchen auffangen; E. mit Leidenswerkzeugen; E., die Christus in der Kelter beigegeben sind. Besondere Pflege fanden auch der Engelpietà verwandte Darstellungen Christi in Gethsemane. Die stets belehrende Tendenz des erbaulichen Bildes (s. a. Erbauungsbuch) hat die Übernahme von ma. Andachtsbildtypen, auf denen E. vorkommen, der prot. Kunst fast unmöglich gemacht. So eng seit Ende 16. Jh. auch die Wechselbeziehungen zwischen prot. und jesuitischen Erbauungsbüchern sind, so hat doch die Wiedergabe von E. im volksfrommen Andachtsbild des Prot. keine rechte Gegenliebe gefunden.
B. Prot. Engellehre
Die Reformation hat keine einheitliche, allgemeine E. - L e h r e hervorgebracht. Nur in der Ablehnung des E.-Kultes waren sich Lutheraner, Calvinisten und Zwinglianer einig. Sie begründeten ihre Einstellung mit dem (nach kath. Auffassung nur gegen die gnostisch-dualistische E.-Verehrung gerichteten) Bibelwort Kol. 2, 18.
Während die Reformierten sich auf Calvins systematischen Abriß der E.-Lehre, soweit sie in Verbindung mit der Weltschöpfung zu betrachten war, berufen konnten (Jean Calvin, Institution de la religion chrétien Bd. 1, Genf, Paris, Uccie u. Brüssel 1955, S. 113–22: Kap. 14, „Comment, par la création du monde et de toutes choses, l’Ecriture discerne la vrai Dieu avec ceux qu’on a forgés“, I § 3–12), sind Aufschlüsse über die lutherische E.-Lehre am besten aus den Predigten zum Michaelisfesttag zu gewinnen. Seit den dreißiger Jahren des 16. Jh. (Luther 1530, 1531, 1534 und 1544; Urbanus Rhegius, Ein Sermon von den guten vnd bösen Engeln, Wittenberg 1538; eine katechetische Schrift: Joh. Rivius, Das Gott einem jglichen menschen einen eigen vnd besondern Engel, dadurch er Jn beschütze, gegeben habe, verdeudscht durch Joh. Molitor, Wittenberg 1538) kennen wir solche, und sie bleiben für den ganzen hier zu behandelnden Zeitraum die wichtigste Quelle für die E.-Ikonographie in der prot. Kunst. Als weitere Quellen kommen in Betracht: Luthers Kleiner Katechismus, die Schmalkaldischen Artikel (II, 2, 28) sowie die Augsburgische Konfession und die einschlägigen Kommentare zu diesen sowie zur lutherischen Bibelausgabe (zumal [19]; die Agenden sowie die Gesangbücher geben weitere Auskünfte, Erbauungsbüchern sind solche erst nach kritischer Prüfung zu entnehmen. Systematische Darstellungen der Angelologie wie Joh. Gebhardts „Angelologia sacra“ von 1637 [18] sind selten und der scholastischen E.-Lehre näherstehend als die allgemeinen E.-Vorstellungen.
Den Lutheranern, deren Auffassungen hier stärker berücksichtigt sind als die der Reformierten, ist „dieser name Engel ein nam des ampts vnd nicht des wesens“ (Rhegius). In der Bibel wird nach Luther das Wort E. in verschiedenem Sinne gebraucht: für die durch den Christ-logos erschaffenen Geistwesen (1), für Christus (2) und für leibliche Personen (3).
1. Die meisten Berührungspunkte zwischen ev.-luth. und kath. E.-Lehre bestehen im Verständnis derjenigen E., „die da sind und heißen himmlische Geister, ohn Fleisch und Blute“ sind sie von Gott (= dem Wort Gottes) in großer Zahl geschaffen „zum Dienst der Christenheit, sonderlich im Kirchenampt“, daß er „durch sie die Welt regiere“ ([17] Bd. 34, 2, S. 222–87; Bd. 49, S. 570–87). Diese E. sind Geschöpfe, die Gott selbst seine Kinder nennt, „und von ihnen saget, daß sie bey dem anfange der Schöpfung ihn gelobet hätten“ ([19] I, 14, 56); sie sehen allezeit Gottes Angesicht und haben anschauende Erkenntnis der Dreifaltigkeit, der Schöpfung und Erlösung, der Eigenschaften Gottes und der sichtbaren Welt (ebd. I, 14, 57). „Weil sie an Gott nichts als Gutes erkennen, und selbst auch das Gute lieben; so entspringt daraus ein inniges und immerwährendes Lob Gottes“ (ebd. I, 14, 59), hieraus wiederum „ein freudiger und williger Dienst des majestätischen Gottes“ (ebd.).
Göttlicher Befehl verordnet den E., den Menschen zu dienen. Da sie aber nicht aus eigenem Entschluß handeln, kann nur Gott um Beistand der E. gebeten werden und der Dank dafür nur ihm bzw. Christus gelten. Der Dienst besteht vor allem darin, die Menschen vor den Nachstellungen der bösen E. zu schützen, ihnen gute Gedanken einzugeben, die sie bei der Erfüllung ihrer Pflichten und in ihrer Frömmigkeit fördern, sie auf den Weg der Tugend lenken und einen sanften Tod ermöglichen; wie den Lebenden sind die E. auch den Seelen der Verstorbenen Zeugnis für einen „gnädigen und barmherzigen Gott“ ([17] Bd. 34, 2, S. 277ff.): sie geleiten die Seelen zu den ewigen Freuden.
Die Schutzengel- Vorstellung beherrscht in weitestem Umfang die gesamte prot. E.-Lehre. Die Leser von Luthers Kleinem Katechismus sind angehalten, im Morgengebet um den Beistand von Gottes „heiligem E.“ zu beten, und für Luther selbst ist die Schutz-E.-Vorstellung die Veranlassung, das Michaelisfest in der prot. Kirche zu begehen. An diesem Tag soll „die Lere von den hl. E. dem Volck furgetragen werden“ (Kirchenordnung ... im Hzgt. zu Meckelnburg, Wittenberg 1554, Bl. 93 v), „auff das die Christen des Schutzes der lieben Engeln sich trösten vnd Gott darumb bitten lernen“ (Vitus Dietrich, Agend Büchlein für die Pfarrherren auff dem Land, Nürnberg 1556, Kap. 19; ähnliche Angaben wiederholen sich bis zum 2. V. 19. Jh. fast in allen Agenden). Da die E. um ihres Amtes, nicht um ihres Wesens willen geehrt werden, ist auch die Ordnung der E. allein nach der Beschaffenheit ihres jeweiligen Amtes bestimmt (s.a. Engelchöre); darüber hinaus offenbaren sich zumal im Schutz-E.-Amt die Unterschiede unter den E.: Größe und Stärke eines E. sind abhängig vom Rang dessen, der ihrem Schutz unterstellt ist: „Daher hat ein furst viel einen grossem und sterckern E., der auch weiser ist denn ein Graff, und ein graff einen grossern denn ein ander gemeiner man, Und so fort an“ ([17] Bd. 37, S. 152). Diese für die E.-Darstellungen im Luthertum bedeutsame Anschauung ermöglichte der Kunst, durch die Größe eines E. Wesentliches auszudrücken. Bezeichnend dafür, wie sehr die Schutz-E.-Vorstellung im Mittelpunkt der lutherischen E.-Lehre steht, ist des Rivius-Übersetzers Molitor Berufung auf „kath.“ Kunstwerke: die Vorstellung „ist auch durch viel alte gemeide angezeigt worden, inn welchen zusehen ist, wie die lieben E. vmb vnd neben dem menschen sein, helffen auch trewlich zugreiffen (usw.)“. Der theologische Grund für diese Hochschätzung ist das Verständnis des Schutz-E. als Beweis für die Gotteskindschaft der Gläubigen („Darinnen Gott wunderlich vnd gewis das Vetterliche zeichen seiner gütigkeit, beide des hertzens vnd der liebe, gegen solche geringe zu erkennen gibt vnd beweiset, der so gar vor sie [die Kinder] sorget, als wie ein fromer vater vor seine kinder“: Rivius a.a.O. Bl. E v–E ij).
Auffallend breiten Raum beanspruchen Vorstellungen vom E. -Dienst an den Verstorbenen. Es will fast scheinen, als habe man mit intensivem Bemühen um Vergegenwärtigung des Lebens nach dem Tode den Verzicht auf die liturgische Fürbitte für die Seelen der Verstorbenen kompensieren wollen. Mehr als in jedem anderen Bereich der prot. E.-Lehre machen sich hier volksfromme Anschauungen geltend, oft genug auch im Widerspruch zur orthodoxen Lehrmeinung. Die Einführung des Totensonntags (zunächst zum Gedächtnis der im Befreiungskrieg 1813 Gefallenen) ist – u. a. – auch als späte Anerkennung nicht primär kirchlicher Frömmigkeit zu erachten (Agenden des 19. Jh. bezeugen, daß der Totensonntag vielfach das Michaelisfest aus seiner Stellung verdrängt hat: die alte Einschätzung Michaels als Totengeleiter und Seelenwäger scheint da mitzuwirken).
Den Reformatoren ist die Übernahme der Vorstellung von E. als Psychopompoi in die prot. E.-Lehre zu verdanken. Bei Luther ist den E. das Amt zugeteilt, uns „an den Ort, dahin wir gehören, (zu) bringen“, uns dort zu empfangen; E. sind die „Mitgehülfen Gottes“, deren er sich bedient, um uns im Tode aufzufangen ([17] Bd. 34, 2, S. 270–80). So sind die E. Zeugnis für einen gnädigen und barmherzigen Gott; ihr Beistand im und nach dem Tode gehört zu den Glaubensgewißheiten. Von weitreichender Bedeutung für die Modifikation dieser Anschauung ist ganz wörtliches Verständnis von Mt. 22, 30 geworden. Daß die Seelen der Verstorbenen in der Auferstehung „gleich wie die E. Gottes im Himmel“ sein werden, erwähnen die Reformatoren regelmäßig, doch erst ihre Enkel haben sich über das metaphorische „Gleichwie“ hinweggesetzt und an diese Textstelle die Fragen nach der Stellung der E. zu den Menschen sowie nach Zustand und Eigenschaften der E.-Natur geknüpft. Man sah in der Verklärung der menschlichen Seele einen Gnadenakt Gottes, der die Menschen vor den E. auszeichnet (deren Status „nur“ dem einmaligen Schöpfungsakt verdankt wird: so z. B. [20], S. 371 Nr. 19). Es versteht sich, daß damit Erörterungen über den Charakter des E. – jetzt als Geistwesen sui generis verstanden – ausgelöst werden mußten und die Idee „Angelus / officii nomen / non nature“ (Rivius) zurücktrat. Die Eigenschaften der E. – in ermüdenden Aufzählungen verzeichnet – gewannen dadurch besondere Qualität, daß sie vor Gottes Angesicht bestehen durften und mit dem Zustand himmlischer Seligkeit – so folgerte man – in Einklang standen. Existenz und Eigenart der E. sind daher für den Menschen als Vorbild und Vergewisserung seines künftigen Lebens eingeschätzt worden. Von hier aus war es nur ein kleiner Schritt bis zur Allegorisierung der E.-Vorstellung: E.-Existenz ist daher des Menschen Tugendlohn und -vorbild, ist auch Personifikation göttlicher Vollkommenheiten.
Etwa gleichzeitig mit dieser Umwandlung der E.-Vorstellung ging man dazu über, den Schutz-E.-Gedanken auch auf die Leiber der Verstorbenen anzuwenden. So wie die E. auf Christi Leib „gewartet, da er im Grabe gelegen“, und um Moses’ Leichnam kämpften, so nehmen sie sich auch der Leiber der Verstorbenen an [20, S. 395].
Die Spannung, die im Inhaltlichen zwischen den Anschauungen der Reformatoren und denen ihrer Nachfolger bestand, ließ in Verbindung mit einer mehr metaphorischen E.-Vorstellung (s. 3; diese war aber ebenfalls in Schriften der Reformation begründet worden) ein allegorisches E.-Bild entstehen; dessen vieldeutige Erklärbarkeit hat zwar die Bildersprache bedeutend bereichert, die Ausschließlichkeit des Religiösen aber trat zurück.
So ist z. B. das Flügelwesen, das dem Verstorbenen Palme und Kranz bringt, sowohl E., der die Seele des Verstorbenen empfängt, als auch Viktorie, als allegorische Figur dem zugesellt, der einen guten Kampf gekämpft hat. Ob nicht gar bisweilen auch der Gedanke mitspricht, es sei die Seele des Verstorbenen mit den Attributen der Erwählung dargestellt, wird sich kaum entscheiden lassen.
Der E.-Dienst soll nach Luther besonders dem „Kirchenampt“ zugute kommen. Es fließen hierbei mehrere Vorstellungen zusammen:
a. Die E. sind ständiges Gefolge Gottes und Christi; da Christus dort, wo man sich in seinem Namen versammelt, anwesend ist, sind es auch die E. (z. B. Rivius, a.a.O. Bl. F ij v: „Sintemal denn die E. jnn der Gemeine, vnd nur alleine jnn der, die es wert, vnd Christi, ist, gegenwertig da sein ...“).
b. Beim Gottesdienst ist jeder Gläubige von seinem E. begleitet, der ihm beisteht und zum rechten Gebet und Verständnis des verkündigten Wortes verhilft. Zugleich ist der E. dem Gläubigen Vorbild in seinem Gotteslob und in der „unersättlichen Liebe Göttlichen Wortes“ [20, S. 879]; insbesondere ist ihre Freude, „daß den gefallenen Menschen in Christo Gnade erzeiget worden ist“ (ebd.), exemplarisch für der Gläubigen Dank für die Einsetzung der Sakramente. Immer wieder wird eingeschärft, daß die dritte Bitte des Vaterunser lehren soll, „daß eine schöne Ecclesia angelica ... im Himmel sey, der unsere mit Lob und Preis Gottes, und mit Gehorsam soll gleich seyn“ (ebd.).
c. Streng zu unterscheiden von der Vorstellung der E.-Liturgen in der kath. E.-Lehre ist die von der Anwesenheit der E. bei der Erteilung der Sakramente im Prot. und bei der Predigt. „Hl. E.“ sind „Taufzeugen“ (Chur Pfältzische Kirchen-Ordnung, Heidelberg 1684, S. 241), „damit alle ding gar ordentlich, Christlich vnd Andechtiglich, mit grosser Ehrerbietung vnd Reuerentz gehalten wird, Sintemal auch die lieben hl. E. gegenwertig vnd lust haben drein zu sehen, vnd jr Te Deum laudamus auch dabei mit singen ...“ (Christl. Kirchen Agenda, wie sie ... im Ertzhertzogthumb Oesterreich vnter den Enns gebrauchet wirdt, o. O. 1571, Bl. 16). Hier wie beim Abendmahl ist ihre Anwesenheit durch Lobpreis Gottes um seines Erlösung verheißenden Gnadenerweises gegenüber den Menschen willen begründet. Entsprechend gründet sich die Anwesenheit der E. bei der Predigt auf die Freude am Evangelium, Schutzengeldienst am Prediger und schließlich auf die E.-Metaphorese (s. 3). Die bildende Kunst hat – z. T. in Auseinandersetzung mit traditionellem, auf die Vorstellung vom E.-Liturgen zurückgehendem Bildgut – die Anwesenheit der E. bei Taufe, Abendmahl, Beichte und Predigt durch die Anbringung von E.-Darstellungen auf Taufsteinen, Altären, Altarretabeln, Kultgerät, Kanzeln und Beichtstühlen oftmals genauer ausgelegt als die lehrhafte theologische Literatur. Typisch dafür ist es, daß angelomorphe Kultgeräte wie Tauf- und Abendmahls-E. von der theologischen Literatur her nicht hinreichend erklärt werden konnten.
2. Nach verbreiteter Anschauung ist im A.T. einige Male Christus „mit solchem verdeckten Namen“ E. genannt worden [20, S. 873]. Diese Interpretation a.t. Texte ist keine Neuerung der Reformation. Hingegen ist die mehrfach vorkommende Auslegung, Michael sei ein Christusname, erst im Prot. ausführlich behandelt worden. Auch wenn sie nicht unwidersprochen blieb [20, S. 874], so darf man sie doch als allgemein vorherrschend ansehen (vgl. Michael, prot.). Als Begründung wird angeführt: Michael ist „der unerschaffene E., der Erzgesandte und Grossbote, welcher den grossen und verborgenen Rath der hl. Dreifaltigkeit von unserer Seligkeit zu offenbaren in die Welt kommen. Er ist an allen denen Orten zu verstehen, wo dem E. der Name Jehovah, göttliche Eigenschaften, göttliche Werke, oder göttliche Ehre beigeleget wird, ferner ist er der E. des Bundes und der Fürsprecher, welcher unser Gebet vorträgt“ ([21] S. 364 § 7–10). Luther (Predigt über Apok. 12, 7–13: [17] Bd. 49, S. 570–87) betont etymologische Gründe: quis ut deus könne rechtens nur fragen, wer sicut deus sei, „volkomlich wie Gott“ ist nur Christus. Gängigere Erklärungen späterer Zeit gehen von Sach. 1 und davon, daß Michael der Großfürst der E. sei, aus: durch seinen Kreuzestod habe sich Christus die E. Untertan gemacht (1. Petr. 3, 22), weshalb niemand denn er Regent und Großfürst der E. sein könne. Einen Überblick über die komplizierten theologischen Fragen zu diesem Thema bietet die anläßlich der Namengebung der Hamburger Michaeliskirche entstandene Diskussion (dazu: Walter H. Dammann, Die Michaeliskirche in Hamburg [= Stud. über chr. Dkm. H. 7/8], Lpz. 1909, S. 17f.).
3. Die für die Geschichte der prot. E.-Vorstellung besonders folgenreiche metaphorische Verwendung des E.-Begriffes hat in Zeugnissen der Reformation, in denen auf die altchristliche Auslegung von Apok. 1, 20; 2, 1 usw. auf die Bischöfe zurückgegriffen wurde, ihren Ausgangspunkt. „Mercket auff die heiligen leute, die den E. gleich sind“ (Rhegius a.a.O. Bl. F), heißt die Grundformel, nach der ein (von Willkür nicht immer freies) Identifizieren von biblischen und zeitgenössischen Personen mit E. einsetzte. Auch gottgefälliges Amt darf E.-Rang beanspruchen, Voraussetzung ist nur, daß derjenige, der das Amt innehat, „durch sein Ampt Gott dem Herrn hat helffen regieren“ ([17] Bd. 34, 2, S. 245). So ist „ein Prediger ... auch ein E. Gottes, gleichwie David ein E. genennet wird“ (ebd.). „Denn das es Origenes etwan dahin zeucht, das die Aposteln der Engele (das ampt jrer predigt, vnd das werck des Euangelij zuerfüllen vnd volbringen) zu gehülffen gebraucht haben, ..., weis ich nicht, ob mans auch füglichen dahin ziehen künde“, gibt Rivius (a.a.O. Bl. F) bei der Betrachtung von Apg. 12, 15 darum zu bedenken; denn Apostel und Propheten, zumal der oft Moses gegenübergestellte Johannes d. T. ([21] S. 364 § 6), sind alle „treue Diener Christi, die täglich mit dem Teufel kämpfen müssen“, „leibliche E.“ [20, S. 875]. Die Vergabung des E.-Namens nach Leistung im Dienste der Verwirklichung der Heilsgeschichte hat aber auch Petrus Waldus, Hus und Luther als E. mit dem ewigen Evangelio begreifen lassen ([21] S. 364 § 5), und schließlich „Wird dasjenige englisch genannt, was man mit besonderm Lobe herausstreichen will, was etwas vortreffliches und ausserordentlich Ehrwürdiges an sich hat“ ([21] S. 367 § 28). Damit war die Voraussetzung zur Vermischung von E.-Vorstellung und Personifikationen der einschlägigen didaktischen und moralischen Begriffe gegeben, wobei mehr und mehr das E.-Bild aus dem Bereich des religiösen Glaubens in den der sittlichen Selbstverantwortung gezogen wurde. Da „E.-Zungen“ (1. Kor. 13, 1) einen Begriff der höchsten Beredsamkeit auf hyperbolische Art ausdrückt [21, S. 367], sind z. B. E.-Personifikationen zu seiner Darstellung herangezogen worden. Die theologischen Tugenden erhielten Flügel, aber auch jeder andere personifizierte Begriff, der besondere Bedeutung im Zusammenhang mit der prot. Morallehre hatte, konnte E.-Gestalt annehmen. Vgl. Sp. 513 u. 533ff. Von hier aus ist Schleiermachers Feststellung über die E. zu verstehen: „Das einzige, was als Lehre über die E. festgestellt werden kann, ist dieses, daß, ob E. sind, auf unsere Handlungsweise keinen Einfluß haben darf und daß Offenbarungen ihres Daseins nicht mehr zu erwarten sind“ (§ 43). Er zieht damit nur die Summe aus einer jahrhundertelangen Entwicklung der E.-Vorstellung im Prot., die immer mehr sich der E.-Metaphorik zuwandte.
C. Gestaltikonographie
Das Bild der E. in der prot. Kunst konnte vielerlei Gestalt annehmen, doch scheint es zu keinem spezifisch prot. Bildtypus gekommen zu sein. Immerhin ist es möglich, gewisse vom stilbedingten Wandel des E.-Bildes unberührte Tendenzen in prot. E.-Darstellungen sowie die Vorliebe für bestimmte Gestaltungen zu erkennen. Ihrer Wirkung nach verschieden, ist diesen Tendenzen doch gemein, daß sie sich aus der geschichtlichen Situation im Reformationszeitalter herleiten. Dabei kann es sich sowohl um außerkünstlerische Fragen wie das Bildverständnis gemäß der prot. E.-Lehre als auch um künstlerische Gegebenheiten wie den Rückgriff auf das Gestaltvorbild antiker Flügelwesen handeln. Entscheidend für die dauerhafte Wirkung ist weniger das künstlerische Exemplum aus der Reformationszeit (als formaler Typus) als die von den gleichen geschichtlichen Voraussetzungen abhängige Konzeption der prot. E.-Lehre, die in jenem Exemplum eine erste bildliche Vergegenwärtigung gefunden hatte. In allen Epochen ist das E.-Bild des Prot. durch Neigung zu antikisierenden Darstellungen gekennzeichnet (1), durch Vorliebe für Diminutionsformen der E.-Gestalt (2) und, gewissermaßen komplementär dazu, durch Aufwertung des E.-Bildes zur Gestalt von a.t. Größe und Strenge bei gleichzeitiger Beschränkung des künstlerisch - repräsentativen Aufwands (3); schließlich durch die Übernahme von Bildformeln aus dem Typenschatz der Allegorie (4).
1. Für die E.-Ikonographie der beginnenden Neuzeit bedeutete die Wiederbelebung antiker Kunst das Zurückgreifen auf die Darstellung von Flügelwesen aus der Antike. Dabei hielten Putten, Eroten und Genien – nackte Kindergestalten mit und ohne Flügelchen – in der E.-Ikonographie ihren Einzug (s. u. 2), ebenso aber auch mit der Chlamys bekleidete Siegesgöttinnen. Von diesen Vorbildern konnte man im Prot. aus Gründen der Konfession besonders ausgiebigen Gebrauch machen: die Ablehnung der Vorstellung von E. als Liturgen (s. o. VII. A und B) und der herkömmlichen liturgischen Gewandung mußte Darstellungen von E. in Alben und mit Stolen als untragbar erscheinen lassen (trotzdem gibt es aber auch in der prot. Kunst solche E.-Bilder: Kanzel-E. in Beesdau Krs. Luckau, 1566: Inv. Brandenburg 5, 1, S. 12, Abb. 9; Bekrönung des Epitaphs Kilian Nacke † 1584, Pirna, Stadtkirche: Inv. Freistaat Sachsen 1, S. 116, Taf. 33). Der Rückgriff auf die Bekleidung der antiken Flügelwesen bot sich motivisch an. Da an die Seite des ikonographischen Interesses das künstlerische an der Gewanddrapierung trat, waren die Voraussetzungen für eine gründliche Aneignung des Vorbildes gegeben. Eine für die Folgezeit recht bedeutsame, zunächst als Begleiterscheinung des künstlerischen Rückgriffes einzuschätzende Neigung, den E.-Gestalten selbst mehr oder weniger weibliche Körperformen zu geben, ist unverkennbar. Ferner verankerten die von Anfang an in der prot. E.-Vorstellung vorhandene Tendenz zur Allegorisierung der E. und das vorwaltende Interesse an den E.-Funktionen bei relativer Gleichgültigkeit gegenüber der E.-Gestalt die Rezeption antiker Vorbilder: tatsächlich wird damit auch eine innere Nähe zur antiken Ikonographie von Flügelwesen erreicht, wie sie zuvor nie bestanden hatte. Bereits im 16. Jh. finden sich E.-Darstellungen, die den Beischriften zufolge als Personifikationen verstanden werden wollen; man vgl. etwa den E. mit Posaune, der über die Vorstellung von der Verkündigung der Frohbotschaft (= evangelium) zur Personifikation der Freude wurde, auf dem Epitaph M. Heintz † 1584 in der Stadtkirche Pirna (ebd. S. 118, Abb. 97; Beischrift: gaudium); er ist damit ein genaues Gegenstück zur Fama. Für diese Affinität zum antiken Exemplum, die jenseits der künstlerischen Stilentwicklung steht, hat man den latenten Klassizismus in der prot. Kunst ebenso mitverantwortlich zu machen wie die künstlerischen Renss.-Bewegungen.
Eine vorwiegend prot. Form der Umstilisierung des antiken Vorbildes ins Christliche ist die Monumentalisierung von Genien-, Putten- und Erotendarstellungen. Die Kindergestalten bekommen größeren Körperwuchs (ohne daß sich ihre Kleidung änderte), ältliches Aussehen und werden mit ernsthafteren Tätigkeiten befaßt (s. u. 2); diese frühreifen, an der Schwelle des Jünglingsalters stehenden E.-Gestalten konnten sich besonders im 17. Jh. die Gunst der Künstler erwerben. Die Bemühungen, diese E. mit einem antikischen Schönheitsideal zu verbinden, haben im Klassizismus zu Werken geführt, deren Hervorwachsen aus religiösen Vorstellungen und Bildformen sicher ist, während die tatsächlich im jeweiligen Fall zugrundegelegte inhaltliche Determinierung ungewiß bleibt.
2. Die zahllosen Diminutionsformen der E.-Gestalt haben seit je in der prot. Kunst einen festen Platz. Der vergleichsweise frühen Verbreitung kamen der Sprachgebrauch und die kunstgeschichtlichen Gegebenheiten im Reformationszeitalter entgegen. Die Umschreibung des E.-Namens durch verniedlichende Bezeichnungen wie „himmlische Kinder“, „liebe Geisterlein“, „Engel(lein) der Kleinen“ usw. (a) sowie die Tendenz, den in der Bibel am häufigsten vorkommenden E.-Namen Cherubim als „liebliche Angesichter“ in besonderer Weise zu vergegenwärtigen (b), sorgten für die Aufnahme solcher Diminutionsformen. Hinzu kam, daß die bei Betrachtungen über die Erschaffung der E. ziemlich regelmäßig zitierte Bibelstelle Hiob 38, 4–7, von „Kindern“ spricht.
a) Die durch den Humanismus stark belebte Vermischung der Bilder des spät-ma. E. und des antiken Genius’ hat in den Illustrationen zu reformatorischen Schriften zahlreiche Beispiele für die Darstellung von Kinder- und Putten-E. hinterlassen (Buchtiteleinfassungen von Georg Lemberger, Ambrosius Holbein, Cranach u. a., in denen mit Vorliebe anstelle der zunächst bevorzugten Darstellungen biblischer Szenen spielende Putten[-E.] mit kurzen Flügelchen abgebildet sind; bei Titelseiten der wichtigsten Bücher der Reformation, Bibel und Katechismus, überwiegen aber heilsgeschichtliche und didaktische Themen). Mögen auch die Beispiele der zwanziger und dreißiger Jahre des 16. Jh. als modischer Buchschmuck ohne inhaltliches Gewicht entstanden sein, so sicherte ihnen doch der Zusammenhang mit den Texten der Reformatoren besondere Aufmerksamkeit, die in den beiden letzten Dr. 16. Jh. zu dem Bemühen führte, E.-Putten bei religiös motivierbaren Tätigkeiten zu zeigen. Für viele Beispiele sei Caspar Sommersteins Bildniskupferstich des Regensburger Superintendenten Barth. Rosinus, 1583 dat., genannt: hier predigt ein nackter Putten-E. von einer Art Kanzel herab und ein zweiter posaunt das Evangelium aus. Solche Motive finden sich auch in der Epitaphkunst der Zeit allenthalben. Am kirchlichen Mobiliar machte die bald mehr dekorative, bald mit religiösen Vorstellungen verbundene Darstellung von E.-Putten rasch Schule, nachdem Werke wie die Kanzel der Torgauer Schloßkirche (die Luther weihte) entstanden waren (Oskar Thulin, Altar und Kanzel der Torgauer Schloßkirche, Zs. der Luther-Ges. Jg. 1957, H. 2, S. 86–90).
Neben solchen durch das Bildmotiv oder wenigstens durch den Anbringungsort (s. a. Sp. 384) inhaltlich aufgewerteten Schilderungen von Putten- und Kinder-E. gibt es eine ganze Reihe weiterer Beispiele, die antikes und humanistisches Bildgut tradieren; hierher gehört z. B. – ein Lieblingsmotiv prot. Sepulkralkunst – der die Lebensfackel auslöschende „Todesgenius“. Wappen, Bildnismedaillons u. dgl. haltende E.-Putten, die freilich schon vor der Reformation in den Bilderschatz der christlichen Kunst eingegangen waren, konnten bisweilen durch das prot. Bildverständnis überraschendes inhaltliches Gewicht bekommen: als Hinweis auf das Wirken beschützender E. und auf das Wirken der E. zur Befestigung des rechten Glaubens sowie des weltlichen Regiments (vgl. etwa den Buchtitel zu Luthers Schrift „Widder den newen Abgott vnd allten Teuffel der zu Meyssen sol erhoben werden“, Wittenberg 1524: zwei E. halten das Schweißtuch mit dem Abdruck des Antlitzes Christi und, anolog dazu, zwei andere Luthers Wappenbild). Eine absolut sichere Abgrenzung gegen nicht-religiöse Darstellung von geflügelten Putten ist nur dort möglich, wo die Handlungen der Putten gegen Grundzüge der prot. E.-Lehre verstoßen.
b) Geflügelte E.-Köpfchen – Cherubim – spielen in der frühesten reformatorischen Buchillustration bereits eine große Rolle. Sie bevölkern z. B. die Wolkenmandorla, die die Dreifaltigkeit bzw. deren Personen oder Symbole umgibt; oft sind Kinder-E. mit ihnen zusammen wiedergegeben. Man wird in diesen Fällen die Cherubim kaum als beabsichtigten Hinweis auf einen bestimmten E.-Chor anzusehen haben, vielmehr als künstlerisches Mittel, auf engstem Raum möglichst viele E. oder auch E. in einfachster Weise (Holzschnittillustrationen) abzubilden. In anderen Fällen bediente man sich ihrer, um eine tiefenräumliche Gliederung zu erzielen: im Vordergrund erscheinen große E., dahinter kleinere Kinder-E. und schließlich in der Bildtiefe E.-Köpfchen. Als Zwickelfüllungen von Altarretabeln, Orgelprospekten, Kanzeln, Taufen, Epitaphen usw. oder als „Besatz“ von Architekturgliedern des kirchlichen Mobiliars finden sich Cherubimköpfchen in unübersehbarer Zahl, sowohl zwei- als auch vierfach geflügelt. Wie sehr man sich aber hüten muß, hier sogleich von ausschließlich dekorativer Verwendung zu sprechen, zeigt z. B. Virgil Solis’ Illustration zu Martin Luther, Ein New Kunstlich Betbuchlein, Nürnberg (H. Petri) 1568: durchaus sinnvoll ist in den Rahmenleisten nur bei der Himmelfahrt Christi ein E.-Köpfchen dargestellt. Für die spätere protestantische Kunst haben vor allem die religiösen Allegorien der Reformationszeit (s. Sündenfall und Erlösung; man vergleiche hierzu Oskar Thulin, Cranach-Altäre der Reformation, Bln. 1955, S. 126–148) sowie die allgemeinen und persönlichen „Bekenntnisbilder“ (zum Begriff s. Sp. 521; Confessio Augustana; Reformation) als vielbenutzte Exempla gedient.
3. Die biblischen Berichte von E.-Erscheinungen sind in der prot. Kunst meist ziemlich glanzlos abgebildet – die Werke Rembrandts und einiger anderer Künstler blieben, aufs Ganze gesehen, seltene Ausnahmen. Die E. sind stämmige, gedrungene Gestalten von erdenschwerer Leiblichkeit, nur durch ihre Flügel oder ihr Herzuschweben als Mittler himmlischer Botschaft ausgewiesen. Ihre Anwesenheit pflegt das irdische Szenarium des Bildes nicht zu sprengen, ihre Erscheinung ist mit menschlichem Maß zu begreifen, und nur ihre Größe weist allenfalls auf ihren göttlichen Auftrag: sie sind bisweilen an Körpermaß den Menschen um sie herum überlegen. Alle Bedeutung haftet an dem von den E. mitgeteilten – nicht dargestellten – Gotteswort (man beachte die Häufigkeit der Beischriften, die Kapitelangaben oder vollen Text bieten). Von dem heilsgeschichtlichen Vorgang soll der Glanz der E.-Gestalt nicht ablenken: die prot. E.-Lehre, nach der E. nur Verrichter von Dienstleistungen sind, findet darin ihren Niederschlag, daß in den Darstellungen die E.-Gestalt selbst ziemlich unwesentlich wird (auch unter diesem Gesichtspunkt verdient die Vorliebe für Diminutionsformen Beachtung). Das Ziel der Veranschaulichung ist das biblische Historienbild, und je weniger es im einzelnen der dem Betrachter nacherlebbaren Realität widerspricht, desto sicherer glaubt man sich des rechten Verständnisses als heilsgeschichtlicher Fatto sein zu dürfen. Die zahlreichen prot. Veröffentlichungen, die gegenständliche Anweisungen für bildende Künstler enthalten (und an deren Spitze Luthers Bemerkungen zur Bibelillustration stehen), lassen daran nicht den geringsten Zweifel. Sie wenden sich z. B. gegen die verspielte Buntheit der E.-Flügel, gegen auffallende Gewandung der E. usw. Zweifellos kam die allgemeine E.-Ikonographie des 17. Jh. den prot. Vorstellungen stärker entgegen als die der Folgezeit; es ist daher durchaus nicht immer nur provinzielle Stilverspätung dafür verantwortlich, daß uns viele prot. E.-Darstellungen des 18. Jh. altertümlich und unzeitgemäß anmuten.
4. Die E.-Darstellungen des Prot. griffen vielfach Bildvorstellungen aus dem Typenschatz der Allegorie auf. Die als Ganzes oder partiell angeeigneten Formeln spielen bei der Wahl der Gewandung und ihrer Farbe, bei der Haarfarbe und beim Alter und vor allem bei den Attributen eine große Rolle. Die Möglichkeit, allegorische Bildtypen für die E.-Ikonographie zu nutzen, beruht auf der prot. E.-Lehre (s. o. VII. B. 3). Da ihr die E. nicht Wesenheiten, sondern Handlungsträger im Sinne heilsgeschichtlich- oder moralisch-didaktischer Allegorie sind, sind die E. stets durch ihre Tätigkeit zu legitimieren. Das konfessionelle Bildverständnis leitet daraus die Berechtigung ab, vor allem nach dem Sinn der bildlich geschilderten Tätigkeit zu fragen, wodurch Attribute und Motive zum Schlüssel der Bildexegese werden. Die Eigenbedeutsamkeit des Motivs und die mehrfach genannte Tendenz zur Allegorisierung der E.-Vorstellung wirkten zusammen und ließen E.-Darstellungen entstehen, die, aus der Verschmelzung religiöser und profaner Anschauungen hervorgegangen, inhaltlich mehrdeutig sind. Diese Mehrdeutigkeit ist als bewußtes Kunstmittel in der prot. E.-Ikonographie benutzt worden.
5. Bärtige E., soweit es sich nicht um die Verschmelzung der Bilder des Evangelisten Matthäus und seines E.-Symbols oder Darstellungen des Hl. Geistes bzw. Johannes d. T. handelt (s. Sp. 492ff.), kennt die prot. Kunst nur gelegentlich (Abb. 99, 103). Sie sind die bildliche Erscheinungsform der E.-Metaphorese (s. VII. B. 3), die jedem aktiv an der Verwirklichung der von Gott offenbarten Heilsgeschichte Beteiligten den E.-Namen zubilligt.
6. Bei Rembrandt häufen sich E.-Darstellungen erst in der mittleren und späteren Zeit seines Schaffens [65]. Hier finden sich auch die persönlichsten Wiedergaben, während er zuvor wie stilistisch so auch ikonographisch in der Tradition der italienischen Kunst steht.
E.-Putten bilden auf der Radierung B. 44 (1634) eine übermütige Gesellschaft; in liturgischer Gewandung erscheint ein Putten-E. in der Darstellung des Marientodes, B. 99 (1639). Gem. wie die Auferstehung (1636; München, A. Pin.) und die Hl. Familie in der Zimmermannswerkstatt (1645; Leningrad, Eremitage) zeigen den italienischen Einschlag besonders deutlich. Viele E.-Bilder Rembrandts kommen auf seinen Schilderungen der Vision Daniels, der Tobiasgeschichte und des Gebets Christi in Gethsemane vor, wobei die Bevorzugung gerade dieser Themen auf eindringliche Beschäftigung mit der Schutz-E.-Vorstellung hindeutet (vgl. vor allem die um 1650 entstandene Darstellung der Vision Daniels in Berlin, dazu Rich. Hamann, Rembrandt, Bln. 1948, S. 337ff.). Neben dem geläufigen Typus des E. mit Flügeln kannte Rembrandt auch flügellose E., die als Zeugnis für sein unmittelbares Verhältnis zur Bibel dienen: die E., die Jakob, Gideon und Manoah erscheinen, sind dort nicht ausdrücklich als Flügelwesen bezeichnet; Rembrandt hat sie – wie andere vor ihm (vgl. [43], S. 341 u. ö.) – zumeist ungeflügelt dargestellt (Opfer Manoahs, Gem. in Dresden, 1641; Zchgn. Benesch V, 866 u. 871). Bärtige E. kommen als Besucher zu Abraham (Radierung B. 29, 1656; Abb. 103); sie gehen – insbesondere der weißbärtige E. mit dem orientalischen Kopfputz – auf eine von Rembrandt kopierte indische Miniatur der Mogulschule zurück (Benesch V, 1187).
D. Themen
Ein Überblick über Themen mit E.-Darstellungen sowie deren Vorkommen ist durch die Bedingungen, unter denen sie entstanden, erschwert. Die gebräuchlichen Untersuchungsmethoden der Ikonographie gestatten nur in Ausnahmefällen eine den Werken gemäße Würdigung, nämlich dann, wenn typenmäßige Gruppierung nach künstlerisch-formalen Gesichtspunkten möglich ist. Da aber im Prot. das Interesse am Bild nicht seiner Form und seinem Gegenstand, sondern wesentlich seiner abstrakten Erklärung galt, ist der künstlerischen Gestaltung so viel Freiheit gelassen, daß es innerhalb ihres Bereichs nur sporadisch zu echter Typenbildung kam. Eine solche erfolgte hingegen auf dem Gebiet des Bildverständnisses. Von diesen, von der künstlerischen Erscheinung ganz abgelösten Typen ist bei Untersuchungen über prot. Ikonographie auszugehen. Im folgenden werden die E.-Darstellungen am Äußeren prot. Kirchen nicht berücksichtigt, da für diese gewöhnlich Bildprogramme, die über die E.-Ikonographie hinausführen, erst die Schlüssel zum Verständnis liefern. Für die Beispiele des Klassizismus und des 19. Jh., die nur teilweise noch nach den in den voraufgegangenen Epochen gültigen Maßstäben zu messen sind, s. u. VIII.
Bei Darstellungen der Dreifaltigkeit, Gottvaters (1), Christi (2) oder deren Symbolen finden sich häufig E. Dieses E.-Gefolge ist im Sinne eines Attributes verwendet: durch Anbetung, aber auch schon durch bloße Anwesenheit (denn viele Diener zu haben ist des Herrschers Ehre: [20] S. 876) verherrlichen die E. die göttlichen Personen. Das E.-Gefolge als repräsentative Umgebung der Dreifaltigkeit kommt sowohl als eigenes Thema als auch in Verbindung mit Schilderungen biblischer Theophanien sowie Darstellungen lehr- und bekenntnishaften Charakters vor. Bei der Verwendung als selbständiges Thema pflegt der Ort der Anbringung das Bildverständnis jeweils in bestimmte Richtung zu weisen. Bevorzugt wurden dabei Orte, die im Sinne der Glaubenslehre, vornehmlich der Sakramentenlehre, betont werden sollten (Altar, Altarraum). Bei szenischen Darstellungen benutzte man die Schilderung, um die heilsgeschichtliche Bedeutung des Vorgangs zu unterstreichen; solche didaktische Absicht ist zumal in der Auswahl unter den biblischen Theophanien, die mit E.-Gefolge abgebildet wurden, erkennbar.
1. Für alle Darstellungen des von E. umgebenen Gottvaters (bzw. des Christ-logos) als Deus creator – es handelt sich dabei um Wiedergaben der Schöpfung in summarischer Weise sowie Illustrationen zum ersten der Sechstagewerke und zum ersten Sabbat (1. Mos. 2, 2f.) – konnte man auf ältere Bildtraditionen zurückgreifen. Die E. sind hier – gemäß Hiob 38 (bes. Vers 7) – ausschließlich als Hinweis auf ihr immerwährendes Gotteslob dargestellt, nicht als tätige Assistenten des Schöpfers. Die vorwiegend illustrierende Bedeutung trat aber schon früh zurück gegenüber lehrhafter Aussage. In der Schöpfung wurde Gott als Initiator und Herr der Heilsgeschichte gefeiert. Von dem Text 1. Mos. 1–2 abgelöst, wurde die Darstellung über die Illustration zum ersten Hauptstück des Glaubensbekenntnisses und der dritten Bitte des Vaterunsers zu einer in jedwedem Bildzusammenhang verwendbaren Formel. Zumal heilsgeschichtlich-didaktische Bilder zu den Themen Sündenfall und Erlösung oder Gesetz und Gnade haben sich ihrer häufig bedient. Mit ihrer Verwendung auf Altarretabeln (Auszug, Bekrönung) und als Thema der Deckenmalerei in Altarräumen hat es eine andere Bewandtnis: E. erstatten vorbildlich und stellvertretend für die Menschen den Dank für die Einsetzung des Abendmahlsakramentes. In vielen Fällen ist durch musizierende E. (s. Musik der E.) besonders auf die Idee der Verherrlichung hingewiesen, die durch Ablehnung der herkömmlichen Vorstellung von der Mitwirkung der E. bei der Meßfeier bedeutend an inhaltlichem Gewicht gewann. Oft treten Beischriften erläuternd hinzu: der Text der großen Doxologie, Lk. 2, 14 oder Jes. 6, 3. Auch hierfür sind Illustrationen zum Glaubensbekenntnis (Art. 9), die seit der Reformationszeit gewöhnlich die Spendung des Abendmahls und die Predigt zeigen (s. a. Wolfg. Wegner, Zs. f. Kg. 1957, 239–59; Holzmüllers Holzschnittfolge des Credo, B. 1–12), zum Ausgangspunkt für die Verbreitung des Motivs geworden. Ganz entsprechend zu erklären sind die Darstellungen musizierender E. auf Kanzelschalldeckeln und Orgelprospekten. Die ganz im Allgemeinen bleibende Bedeutung des Motivs ermöglichte es, jede Darstellung einer Theophanie durch musizierende E. zu bereichern, gleichviel, ob es sich um eine solche nach biblischem Text oder um rein lehrhafte Allegorien handelt.
Einige Male sind bei a.t. Theophanien die E. als aktive Gehilfen Gottvaters geschildert, obwohl davon die a.t. Quelle nichts meldet. Sie haben Moses z. B. – gemäß Galater 3, 19 – die Gesetzestafeln zu reichen (vgl. dazu [19] I, 14, 57); die Vorstellung von der Mitwirkung der E. beim Bau der Stiftshütte ist im Prot. besonders ausgebaut worden und hat – da sie und ihre Ausstattung für den eigenen Kirchenbau als Vorbild schlechthin galten – eine ganze Reihe ikonographischer Konsequenzen nach sich gezogen. Es „wurde von den E. Mosi im Bilde gezeiget, wie die Stiffts-Hütte und alle Geräthe derselben sollten verfertiget werden“. E. bringen Moses ein „Modell“ (!) der ganzen Anlage. Die über den biblischen Bericht hinausgehende E.-Assistenz bei andern a.t. Darstellungen erklärt sich zumeist als Übertragung von Bildformeln aus verwandten Schilderungen, so etwa die posaunenden, den Toten aus den Gräbern aufhelfenden und sie geleitenden E. bei Wiedergabe der Vision von der Auferweckung der Totengebeine (Ezechiel 37), die – wiederum über Katechismusillustrationen (11. Art. des Glaubensbekenntnisses) – aus dem Motivkreis von Apokalypse und Weltgericht entliehen sind.
Bei gewissen n.t. Themen pflegt im Prot. häufiger als im kath. Bereich Gottvater in der E.-Mandorla dargestellt zu werden. Oft will es scheinen, als habe man die Gläubigen durch Darstellung aller Personen der Dreifaltigkeit bzw. des Auftraggebers der E. vor einer Überbewertung des E.-Dienstes bei der Verkündigung an Maria und an die Hirten sowie bei Christi Gebet am Ölberg bewahren wollen. Auch bei den n.t. Themen handelt es sich vorwiegend um solche, die mit großer Regelmäßigkeit in den Illustrationen zum Glaubensbekenntnis und zum Vaterunser vorkommen (s. VII. D. 2).
2. Weit größer ist die Zahl der Christusdarstellungen mit E.-Gefolge (für solche des Christ-logos als creator mundi s. o. VII. D. 1). Nach dem Cranachschen Vorbild ist häufig das nackte Christkind mit Kreuz, welches bei der Verkündigung an Maria vom Himmel herabschwebt, von einer Wolkengloriole mit E. umgeben. Im Stall zu Bethlehem wimmelt es vielfach von E.(-Putten und -Kindern) mit und ohne Flügel, die das neugeborene Kind mit Gesang loben (Abb. 100; s. a. Geburt Christi). Beide Darstellungen sind zur Illustration des dritten bzw. zweiten Glaubensartikels üblich. Die E. freuen sich der Geburt Christi „nicht um ihrentwegen, sondern um der Menschen willen, deren Heil und Seligkeit sie so hoch achten“ ([21] S. 366 § 22). Die ziemlich regelmäßig als Sonderform des Dreifaltigkeitsbildes geschilderte Taufe Christi bot gern genutzten Anlaß zur Darstellung vieler E.: sie umschweben Gottvater und assistieren bei der Taufe (Abb. 104). Das Thema ist, abweichend von der ma. Tradition, zur Illustration des zehnten Glaubensartikels aufgegriffen worden und läßt sich vor allem bei einer stattlichen Gruppe von Bekenntnisbildern aus dem ersten Jahrhundert der Reformation nachweisen, Darstellungen der Taufe Christi, welcher Reformatoren und prominente Anhänger des neuen Glaubens beiwohnen. Zu dieser Gruppe gehören außer den Holzschnitten (die oft für den Inhalt der Darstellung aufschlußreiche Beischriften besitzen: Monogrammist L F, Mitte 16. Jh.) auch zahlreiche Epitaphbilder (so etwa: Inv. Bayern V, 7 Abb. 85). Während bei den Wundern Christi E. fast nie assistieren (wie sie es in der gegenreformatorischen Ikonographie manchmal tun), höchstens bei Schilderungen von Joh. 5, 4, spielen sie im Themenkreis der Passion und von ihm abgeleiteten Darstellungen sakramentalen Inhalts eine große Rolle. Wie bei Bildern der Taufe so hat man auch bei Ölbergdarstellungen zu unterscheiden zwischen der E.-Gloriole (um Gottvater) und E., denen die Aufgabe zukommt, Christus „in dem tiefsten Stande seiner Erniedrigung zu stärken“ ([19] I, 14, 59), indem sie ihm Kelch und (oder) Kreuz bringen, ihn stützen (ein der Engelpietà nahekommendes Bildmotiv) usw. Die Auslegung des biblischen Berichtes als konzentrierte Bildform für die Gesamtheit der Passion („das Leiden, welches er [= Christus] den Menschen zu gut über sich genommen“: [21] S. 745 § 3) hat sie in engsten Bezug zum Sakrament des Abendmahls gerückt und zahlreiche Ölbergbilder mit E.-Scharen und E.-Helfern als Altarbilder entstehen lassen. Besonders hervorzuheben sind die – verbreiteten – vielfigurigen plastischen Darstellungen, die, einer Tabernakelarchitektur eingestellt, als Altarretabel verwendet wurden und wie eine späte Wiederkehr spät-ma. Ölberggruppen in Figurentabernakeln anmuten (Abbildung 111).
Die zahllosen Darstellungen der Kreuzigung und des Gekreuzigten mit E., die das aus Christi Wunden fließende Blut auffangen, Christus verehren, Palmzweige, Kranz bzw. Kreuz tragen oder Spruchbänder haltend den Himmel bevölkern, sind der prot. Kunst als Erbe des Spät-MA zugekommen. Der Kontinuität im Künstlerischen steht eine eigentümlich zwiespältige Meinung im theologischen Schrifttum des Prot. gegenüber. Hier finden sich bald ausführliche Betrachtungen darüber, daß Christus in der Passion „von Gott und denen hl. E. verlassen“ war [20, S. 395], bald Schriften, die eine für die prot. E.-Lehre tragbare Interpretation zu geben trachten (als spätes Beispiel: eines ungenannten Verfassers Werk über „Die Engel bey dem Kreuze Jesu“, Dresden und Lpz. 1783). Gerade beim Hauptbild aller prot. Kunst wird daher die Rolle der E.-Darstellung als Mittel, auf lehrhafte Vorstellungen eindrücklich hinzuweisen, besonders deutlich. Wie so oft verhelfen Spruchbandtexte zu eindeutigem Bildverständnis; als Zitat erscheint am häufigsten Joh. 3, 16 (in heilsgeschichtlicher und sakramentaler Bedeutung; Abb. 110). Der Hinweis auf das Sakrament des Altars wurde dadurch konkretisiert, daß man E. außer dem Kelch auch die Oblate als Attribut gab, bisweilen sogar das Abendmahlstuch (wobei auf Sarkophagen auch nur ein einzelner Abendmahls-E. abgebildet werden konnte: Inv. Dänemark, Kopenhagen Bd. 4, Abb. 499 u. 697).
Anstelle des Gekreuzigten kann auch eine andere auf Christi Erlösertat hinweisende Darstellung treten: das Lamm Gottes (Abb. 109, aus Apok. 5, 9 entwickelte Allegorie der Erlösung), Christus in der Kelter (Darstellungen auf Abendmahlsgerät und Epitaphen sowie in Erbauungs- und Gebetbüchern; in der Regel ist nur ein E. wiedergegeben, der Christus stützt oder das Blut aus seiner Seitenwunde in einem Kelch auffängt), Sieg Christi über Tod und Teufel (mit Beischrift von Joh. 16, 13; in allen Fällen sind hier die E. als E.-Mandorla wiedergegeben); öfter ist auch der Ecce-homo-Christus (als gegenüber dem Schmerzensmann bevorzugte Darstellung) in E.-Begleitung wiedergegeben, wobei der Engelpietà formal sehr ähnliche Bilder entstanden. Wesentlich ist, daß diese Darstellungen, die im Spät-MA als eucharistische Andachtsbilder geläufig waren (s. Eucharistie), im Prot. mit Entschiedenheit in den Dienst der Didaktik gestellt wurden und daher mit großer Vorliebe als Illustrationen dienten. Anbringung auf Kultgeräten und Epitaphen ist als „Anwendung“ solcher Lehrbilder zu erachten, was oft durch die Benutzung graphischer Vorlagen bestätigt werden kann.
Die Auferstehung Christi hat man in der prot. Kunst sehr häufig mit E., die an dem Geschehen aktiv beteiligt sind (nicht nur den Auferstehenden umschweben), wiedergegeben. Angesichts der in der prot. Kunst traditionellen Exaktheit bei der Übersetzung der biblischen Schriftquellen in Bilder fällt besonders auf, daß die Zahl der E. mehrfach größer ist als die in der Bibel (beim Besuch der Frauen am Grabe) genannte. Es gibt wohl kein zweites biblisches Thema in der prot. Kunst, für das die Anwesenheit der E. vielschichtiger motiviert wurde als beim Auferstehungsbild.
Zwar „gehört die Auferstehung zur Erlösung“ – damit ist bereits die über den Vorgang selbst hinausweisende Bildidee definiert –, „dazu Christo kein E. geholfen“ [20, S. 396]; da aber Christus durch seinen Kreuzestod sich die E. untertan gemacht hat, müssen E. den Stein hinwegnehmen, „auf daß man sehen sollte, wer der Mann sey, der im Grab gelegen und was es für ein Herr sey, und was er für Diener habe“ (ebd.). Ferner wird durch „derer E. Gespräch“ die Auferstehung zu einer der „Früchte des Baumes des Lebens Christi“: E. erinnern die „Vorübergehenden“ (!), daß der Herr sein Leiden und Auferstehen „zuvor gesagt, und wissen die Worte“ [20, S. 400]. Sie sind hier auch als Künder des Evangeliums, Vorbilder des Predigtamtes, anwesend, haben die gleiche Funktion wie die Apostel bei der Himmelfahrt (daher auch „Apostel-E.“: Abb. 99). Von hier aus ist auch die Darstellung posaunender E. zu Seiten des Auferstehenden verständlich: zur biblischen Grundlage – Ps. 47, 6 und 150, 3 – tritt die tief verwurzelte Vorstellung vom Posaunen-E. als Darstellung des Evangeliums – die E. werden eine Art „fama Christi“. Um der Deutlichkeit des Gedankens willen hat man daher Auferstehungsbildern vielfach die Ausführlichkeit der Erzählung genommen und nur Christus mit zwei anbetenden oder posaunenden E. dargestellt.
In den eschatologischen Themenkreisen spielt die E.-Darstellung eine sehr große Rolle, auch abgesehen von Bildern des Weltgerichts und zur Apokalypse, die – „ein prophetisch Buch und dieses kein Glaubens-Articul“ ([21] S. 364 § 5) – vor allem eine wahre Fundgrube für Vorstellungen der Engelmetaphorik war und vielfach als Kronzeuge für religiöse Allegorien und Satiren (M. Gerungs Holzschnitte!) beschworen wurde. Dem heilsgeschichtlichen Tenor der prot. Lehre gemäß ließ sich für diese Themen eine Fülle von Darstellungsanlässen inhaltlich begründen, die bald auf die Vollendung der Geschichte (Altarbilder), bald auf die des einzelnen Gläubigen (Sepulkralkunst, s. u. 7) bezogen wurden. Besondere Verbreitung erlangte eine dreifigurige Gruppe, bestehend aus dem Weltenrichter und zwei E. (entweder anbetend oder mit Posaune oder auch Buch des Lebens oder Palmzweig). Sie findet sich unzählige Male als Bekrönung von Epitaphen und Altarretabeln, hier bei der Abfolge Abendmahl (Predella) –Kreuzigung (Altarbild) – Auferstehung bzw. Himmelfahrt (Auszug) geradezu als Norm. Diese Dreifigurengruppe darf als eine Art prot. Variante des Bildes der Majestas Domini erachtet werden.
Vielfach übernehmen die E. wichtige Verrichtungen: während die posaunenden E. als traditionelles Bildmotiv hier nur um der Häufigkeit ihrer Darstellung in der Katechismusillustration (11. Art. des Glaubensbekenntnisses) zu erwähnen sind, verdient Beachtung, daß man gerne jedem der Auferstehenden einen E. als Beistand zuteilte: zahlreiche prot. Predigten und Schriften weisen darauf eigens hin. Die ganze Vielfalt der künstlerischen Möglichkeiten, die die prot. Kunst aus dem eschatologischen Bilderkreis gewann, wird jedoch vornehmlich in den Heilsallegorien und in der –oft sehr persönlich gehaltenen – Ikonographie der Sepulkralkunst deutlich.
3. Für die Vorstellung von den Schutz-E. hat die prot. Kunst keine eigenen Bildtypen von Bedeutung hervorgebracht. Wie im prot. Schrifttum, so ist auch in der bildenden Kunst ihrer mittels biblischer Exempla gedacht. Die in zwanzig verschiedene Möglichkeiten der „Beywohnung der H. Engel bei den Menschen“ rubrizierte Aufzählung bei Arndt [20, S. 371] und summarischere in den Handbüchern für Prediger verweisen auf die speziellen Interpretationen der einzelnen biblischen Schriftstellen, von denen die meisten Predigten zum Michaelisfest leben. Allegorisch-didaktische Bilder, die derselben Vorstellung gewidmet sind (etwa: Inv. Schweden, Uppland 2, Abb. 158; Inv. Pommern, Krs. Kammin Taf. 155; Inv. Bayern, Ofr. 1, S. 181–83), stehen weit zurück gegenüber Darstellungen des Guten Hirten, welcher der christozentrischen Grundhaltung des Prot. in dieser Hinsicht mehr entspricht als der Schutz-E.
Da es auch zu den Aufgaben der Schutz-E. gehört, Menschen gute Gedanken einzugeben, hat prot. Bildverständnis ferner die Vorhänge oder Draperien zurückschlagenden E. als Hinweis auf die Enthüllung der Wahrheit begriffen. Das Bildmotiv ist vornehmlich in der Sepulkralkunst geläufig, wo es jedoch eine Bedeutungssteigerung erfahren hat (s. u. VII. D. 7). Im übrigen s. Schutzengel, prot.
4. Jeder Systematisierung entzogen sind die zahllosen E. - Darstellungen in allegorischen Bildern. Hier ist – oft in echt barocker Weise – Bekanntes und Geläufiges umgedeutet und gedanklich kompliziert worden, so daß ohne die Hilfe erklärender Beischriften bisweilen die zugrunde gelegte Bildidee kaum verständlich wäre. Daneben finden sich vielfach Kompilationen gängiger Vorstellungen. Mit Darstellungen von E. als Verteidiger des Glaubens (Matthias Zündt, Schiff des Glaubens, 3. V. 16. Jh.) oder solchen des himmlischen Jerusalems nähert sich die prot. Kunst gegenreformatorischen Vorstellungen.
Vor allem hat sich naturgemäß die prot. E.-Metaphorik in den allegorischen Bildern ausgewirkt. Die „Tugenden-E.“ bilden einen vorerst noch ganz unübersehbaren Bereich der prot. Ikonographie.
5. Abgesehen von den angelomorphen Kultgeräten wie Abendmahls-E., Tauf-E. (Abb. 113) und in gewisser Weise auch Kanzel-E. (Abb. 107) finden sich in prot. Kirchen bisweilen plastische E.-Figuren, die frei im Kirchenraum schweben. In der Literatur werden sie öfters Jubel-E. genannt, ohne daß dieser Begriff kunstgeschichtlich oder theologisch bisher genauer definiert worden wäre.
Zum Art. Abendmahls-E. (RDK I 45f.) ist noch nachzutragen, daß diese – den Empfängern des Abendmahls ein Tuch vorhaltenden – E.-Paare nicht nur in Ost- und Westpreußen vorkommen, sondern auch in Mitteldeutschland (Inv. Sachsen-Weimar-Eisenach 2, S. 342); ferner sind nicht alle Beispiele ihrer urspr. Verwendung entzogen (vgl. Inv. Westpreußen 4, S. 12; s. a. RDK I 605).
Die Jubel-E. zusammen mit Tauf-E. zu erwähnen ist insofern berechtigt, als sie vielfach aus solchen durch Restauration entstanden sind und in vielen Fällen heute ungewiß ist, ob ein erhaltenes Bildwerk urspr. ein Tauf- oder ein Jubel-E. war. Wenn stilistisch die Anfertigung solcher E.-Figuren als gleichzeitig mit der Entstehung von Altarretabeln und Orgelprospekten zu erweisen ist und nicht die gesamte Kirchenausstattung gleichzeitig erfolgte, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß die schwebenden E. als Jubel-E. konzipiert wurden. Wie bei dem angelomorphen Kultgerät, so läßt sich auch für die Jubel-E. noch keine hinreichende Begründung für ihre Entstehung, die vorerst nur allgemein in die Zeit nach dem Dreißigjähr. Krieg datiert werden kann, geben. Man hat mehrere Bildtypen zu unterscheiden: den posaunenden Jubel-E., der auf die Verkündigung des Evangeliums weist bzw. zu Gottes Lob musiziert; den einen Palmzweig haltenden E., der auf die Verheißung des ewigen Lebens bzw. das Evangelium hindeutet (sinngemäß erhielten daher E. bisweilen Posaune und Palmzweig als Attribute: Abb. 106); den ein Spruchband ausbreitenden E. (Ausnahme: ein Buch haltender E., Inv. Kgr. Sachsen 34, Abb. 467), wobei der aufgeschriebene Spruchbandtext bisweilen seine urspr. Verwendung erschließen läßt: Mt. 19, 14; Mk. 10, 14; Gal. 3, 27; Tauftext sowie „Durch das Bad der Wiedergeburt“ charakterisieren die Tauf-E., während Jubel-E. eher Lk. 2,14 und Jes. 6, 13 als Text haben. Hilfe zur Benennung bieten E.-Darstellungen in Deckenmalereien, die gewöhnlich die E.-Bilder genau auf das unter ihnen stehende kirchliche Mobiliar abstimmen: hier finden sich ikonographische Analogien zu Tauf- und Jubel-E. Verbindungen zwischen den beiden letztgenannten Typen sind gelegentlich bezeugt. Posaunende Jubel-E. wurden auch auf den Schalldeckeln der Kanzeln und an Orgelprospekten (hier auch paarweise) angebracht.
In Verbindung mit Kanzelaltären und seitlich von Altarretabeln stehen häufig E. mit Palmzweigen, Kränzen, vereinzelt auch mit Füllhorn und Fackel als Attributen, die ihre inhaltliche Bedeutung im einzelnen zu erkennen geben. Der attributlose E. mit emporweisender Gebärde, vielfach dem Gesims, das Altarbild und -auszug trennt, vorgeblendet, dient als Hinweis auf die stufenweise Abfolge des Erlösungswerkes Christi, das im Bildschmuck des Retabels vergegenwärtigt wird.
Neben dem Altar aufgestellte E.-Figuren mit einem Tablett, auf das die Opfergaben der Gemeinde gelegt werden (z. B. Inv. Bayern V, 3, S. 11), oder E., die Aufhängevorrichtungen für Tauftücher halten (Schweinfurt, Stadtpfarrkirche, Taufkapelle), sind gelegentlich vorkommende, doch nicht allgemein bekannte Typen des angelomorphen Geräts.
6. Das Bemühen, vermittels der Gestaltung des Altares auf die Bundeslade in der Stiftshütte hinzudeuten, ist bereits bei dem ältesten bekannten, 1544 von Luther geweihten Altar der Torgauer Schloßkirche (RDK I 431, Abb. 1) zu erkennen. Formale Analogiebildungen nach dem a.t. Exemplum sind im 17. und 18. Jh. immer wieder anzutreffen, zumal im Klassizismus. Man hat es dabei mit dem Abbilden von Cherubim nicht so genau genommen und auch die Zahl der E. nicht sklavisch nach der biblischen Beschreibung bemessen. Statt der Bundeslade tragen die E. die Mensa des Altars, gelegentlich den Sarkophag Christi. Es war auch möglich, die plastische Gruppe als Altarretabel hinter den Altartisch zu stellen. Die E. auf Felsen stehen oder knien zu lassen, um damit auf die auf Fels gegründete Kirche zu verweisen, blieb bildlichen Darstellungen vorbehalten.
7. Breitesten Raum beanspruchen E.-Darstellungen in der prot. Sepulkralkunst (worunter hier Grabmal- und Epitaphkunst verstanden werden soll). Sie sind, gleichgültig in welcher Gestalt sie erscheinen und bei welchen Verrichtungen sie geschildert sind, als Hinweis darauf zu verstehen, daß „wir werden (nach Christi Richterspruch) auch sein ἄγγελοι“ [20, S. 876]; dieser mit größter Regelmäßigkeit in Predigten, Kirchenlied und Erbauungsbüchern gedachten Vorstellung von der E.-Gleichheit der Erwählten, die ikonographisch insofern wenig bedeutsam war, als es ihr allein auf die Tatsache der E.-Darstellung ankam, stehen konkretere Anschauungen von den speziellen Aufgaben der E. beim Dienst an Leib und Seele von Verstorbenen gegenüber. Diese allein haben zu motivischer Typenbildung geführt.
Charakteristisch ist, daß es nur ausnahmsweise zur Konzeption breit angelegter Bildthemen kam (strebte man solche an, so bestritt man sie mit der Darstellung von Bibelthemen oder Heilsallegorien); die Regel sind einzelne E. oder auch kleinere E.-Gruppen bei bestimmten Tätigkeiten. Die beliebig miteinander zu vereinigenden Motive schildern die verschiedenen Formen der Mitwirkung von E. beim Weltgericht und unmittelbar nach dem Tod des Gläubigen geleistete Dienste. Die Bildtopoi sind jeweils als pars pro toto Hinweise auf die komplexen, übergeordneten Themenkreise, denen sie entnommen sind, zugleich aber besitzen sie – als Schilderung eines in sich abgeschlossenen Vorganges – eine gewisse inhaltliche Autonomie.
Die wichtigsten Tätigkeiten der E. sind beim Tod: Totenklage, Abwehr der seelenhungrigen Teufel, Empfang der Seele, Auszeichnen der frommen Seele, Geleit der Seele und Pflege des Leichnams; beim Gericht: Blasen der Posaune, Auferwecken des bestatteten Leibes, Assistenz bei der Auferstehung, Vorführung vor den Weltenrichter, Enthüllung der Wahrheitsfülle, Advokatur zugunsten des vor Gericht Stehenden und schließlich Gemeinschaft mit den Erwählten. Die meisten dieser Motive reichen in die Epitaph- und Grabmalkunst des MA zurück.
Das gilt vor allem für die Darstellung von E. als Psychopompoi.
Auf dem Sarkophag des Generalleutnants Wrangel † 1675 und seiner 1709 † Gemahlin in der Riddarholmskyrka zu Stockholm sind zwei reliefplastische E. wiedergegeben, die die in Gravurtechnik abgebildete Seele des Verstorbenen emportragen (Inv. Schweden, Stockholm 2, Abb. 416). Das Grabmal der Dorothea Cramer † 1689 in Georgenthal Krs. Ohrdruf (Inv. Thüringen, Hzgt. Sachsen-Coburg u. Gotha 2, S. 40f.) zeigt die sich von den Reichtümern der Welt abwendende und von einem E. aufgenommene Verstorbene. Anläßlich des Todes der Schweizer Hausgenossin der Dresdner Hofmalerfamihe Graff schuf Chodowiecki 1798 einen Kupferstich (Engelmann Nr. 883), auf dem neben der befreundeten Familie die von einem E. emporgetragene Seele der jungen Toten dargestellt ist. Obwohl vom E.-Geleit der Seelen in der Literatur des Prot. ständig die Rede ist, kommt es auf Grabmälern für im Erwachsenenalter Verstorbene nur relativ selten vor. Seine größte Verbreitung fand es auf Kindergrabsteinen, was ganz zweifellos auf die Evangelienperikope am Michaelisfesttag (Mt. 18, 1–11) zurückgeht, die stets gern wahrgenommene Gelegenheit bot, vom „E. der Kleinen“ zu sprechen (nach Luthers Vorbild: [17] Bd. 34, 2, S. 247f.). Niederdt. Beispiele zeigen vom späten 16. Jh. bis ins frühe 19. Jh. häufig ein Kinderbild in frontaler Haltung, daneben einen (kleineren) E., dessen lebhafte Bewegung die starre Haltung des sonntäglich herausgeputzten oder mit dem Taufgewand bekleideten Kindes kontrastiert (vgl. Inv. Hannover II, 11, Krs. Peine, Taf. 45 a; ebd. III, 5 [= H. 21], Taf. 23; ebd. III, 6 [= H. 27], Taf. 30 d; Carl Schuchhardt, Die Hann. Bildhauer der Renss., Hannover 1909, Nr. 132 u. 138f.). Ungewöhnlich ist es, daß der E. sich bückt, um das liegende Kind aufzuheben (Abb. 108). Handelt es sich um ein Doppelgrab, so pflegt der kleine E. zwischen den Kindern zu stehen und sie bei der Hand zu nehmen (ebd. Nr. 110; Inv. Hannover III, 6 [= H. 27], Taf. 30 b und III, 4 [= H. 18], Abb. 241). Im 18. Jh. lockerte sich die Verbindlichkeit der Typen (Beispiel mit herzufliegendem E.: Inv. Hannover II, 9 [= H. 24], Taf. 24 b). Interessant ist, daß kath. Kindergräber im Hildesheimer Gebiet stets eine abweichende Darstellung besitzen: entweder folgt diese der Raphael-Tobias-Gruppe, dem Typus des Schutzengelbildes (ebd. Taf. 8f.), oder beim Typus des Doppelgrabes steht ein gegenüber den Kindern stets größerer E. zwischen diesen (ebd. Taf. 7 d). Offenbar hat die prot. Vorstellung, daß die Größe der E. abhängt von Amt und Würde desjenigen, dem sie zugeteilt sind, zu der Darstellung der kleinen E. auf Kindergräbern geführt. – Für erweiterte Schilderungen sei die Darstellung eines E., der das tote Kind dem Auferstandenen vorführt, auf dem Epitaph M. B. Georg in der Heiliggeistkirche zu Dinkelsbühl, um 1652, genannt (Inv. Bayern V, 4, S. 98, Abb. 83).
Das wohl verbreitetste Motiv in der prot. Epitaphkunst, auch auf Bildnissen gelegentlich anzutreffen, ist der E., der Palmzweig oder Kreuz, Kranz oder Krone herbeiträgt. Das aus der weltlichen und der Heiligenapotheose geläufige Motiv solcher Coronatio-E. ist in der Reformationszeit nur selten auf Werken prot. Kunst anzutreffen, vermutlich weil ihm die zunächst zurückgewiesene Vorstellung von E. als Tugendlohnern zu sehr anhaftete. Auf welche Weise es schließlich doch in den Bilderschatz der prot. Kunst einging, läßt sich noch nicht mit Bestimmtheit sagen.
Anfangs scheint man darauf bedacht gewesen zu sein, diesen Coronatio-E. stets in Verbindung mit der Dreifaltigkeit oder einer ihrer Personen abzubilden, um ihn unmißverständlich als Gottesboten zu charakterisieren. Außerdem scheint er zunächst weniger auf einzelne Personen bezogen zu sein als auf Begriffe: er testiert das Bekenntnis zum „rechten Glauben“ (vgl. deshalb auch die Darstellungen auf Bekenntnisbildern. s. o., und lehrhaften Allegorien). Im Verlauf des 17. Jh. nahm das Motiv Doppelbedeutung an: es bezeugt jetzt auch den Glauben des Einzelnen, daß „omnia coelitus“ (Inv. Dänemark, Sorø 2, Abb. 14 S. 734), und ist seitdem auf Bildnissen häufiger (z. B. Bildnis der Anna Ermes und ihrer beiden verstorbenen Kinder, die von E. emporgetragen bzw. empfangen werden, in der Erfurter Kaufmannskirche, 1645: Inv. Prov. Sachsen N.F. 2, 2, Abb. 363 b; ebd. Abb. 483 Beispiel Rhein Pastorenbildnis), außerdem weist das Motiv aber auch auf die Zuversicht, beim Weltgericht zu den Erwählten gezählt zu werden, hin: Palmzweig und Kranz sind Zeichen der Seligkeit. Die „Coronano“ derer, die einen guten Kampf gekämpft haben, ließ sich aber auch allegorisch unter dem Bild der Siegesgöttin feiern. Da auch die Bildformen von E. und antiker Viktorie sich durchdrangen (s. VII. C. 1), kam es in der 2. H. 18. Jh. zu kaum mehr ausschließlich nach religiösen Vorstellungen bestimmbaren Darstellungen: aus dem herbeifliegenden Coronatio-E. wurde mehr und mehr die neben dem Toten stehende E.-Viktorie (vgl. z. B. Sergels Entwürfe für ein Gustav-Adolf-Monument: Ragnar Josephson, Sergels Fantasi Bd. 2, Stockholm 1956, S. 357 Abb. 452–455) - Die bedeutendsten Zeugnisse für die allegorisch-religiöse Doppelbedeutung gehören bereits dem 19. Jh. an (s. a. VIII).
Typisch für die Verknüpfung von E.-Bild und Personifikation ist das 1774 von Joh. Lorenz Sanwald, dem letzten seines Geschlechts, für sich und „Seine in Gott wohnende Herrn Vätter und AnHerre“ errichtete Epitaph in der Michaelskirche zu Schwäb. Hall (Abb. 115). Das Hauptthema der Darstellung ist den vier letzten Dingen gewidmet: der Tod entwurzelt den Stammbaum der Familie, das Gericht wird durch die Personifikation der Gerechtigkeit, die dem Stifter einen Kranz reicht, und einen E. mit Posaune vorgestellt; ein stürzender Teufel repräsentiert die Hölle; ein E., der ein Füllhorn ausgießt, und ein weiterer mit einem Palmzweig veranschaulichen Erwählung und himmlische Freuden. Die E.-Bilder sind konsequent nur für die Ankündigung des Weltgerichts und den Begriff „Himmel“ herangezogen.
Die gleiche Entwicklung wie der Coronatio-E. hat auch der Posaunen-E. in der prot. Sepulkralkunst durchlaufen. Zunächst als Abbreviatur der Weltgerichtsdarstellungen konzipiert, verschmolz die Darstellung bereits im 16. Jh. mit allegorischen Concetti (s. Sp. 513), besonders mit der Fama (vielleicht bieten Castra doloris die frühesten Beispiele gewollter Doppeldeutigkeit, wie ja überhaupt die – vom Prot. auch begünstigte – Durchdringung des weltlich-höfischen und des kirchlichen Zeremoniells der Allegorisierung des religiösen E.-Bildes wesentlichen Vorschub leistete). Aufklärung, Klassizismus und Romantik haben lediglich die E.-Metaphorik der religiösen (heilsgeschichtlichen) Bezüge entkleidet und diese durch allegorisch-geschichtliche ersetzt (s. Sp. 543f.).
Von dieser inhaltlichen Umstilisierung ist auch das Bild des E. mit dem Buch betroffen worden: aus dem Buch = Bibel oder auch dem Buch des Lebens, in das nach ältester Vorstellung ein an der Himmelspforte sitzender E. die guten Taten der Menschen schreibt (vgl. Zs. f. Kg. 20, 1957, S. 50 Anm. 12), wurde das Buch der Geschichte.
Das Bild des E. mit von ihm beschriebenem Buch ging als Darstellung der E.-Advokatur beim Weltgericht in die prot. Sepulkralkunst ein, wurde aber zunehmend mehr überlagert von der Vorstellung des in das Buch der Geschichte den Tod eintragenden E.: die Personifikation der Historia unterwanderte die religiöse Bildexegese. Auf gleiche Art wurde aus dem E. mit dem geschlossenen Buch als Fidesdarstellung (im weitesten Sinne) die Personifikation der Memoria.
Auch wo diese Entwicklung sich nicht in der Assimilation von Bildtypen vollzog, sind ihre Triebkräfte am Werk. Der E., der am Gerichtstag die Toten in den Gräbern weckt (Abb. 112), wurde mehr und mehr verdrängt von dem den zusammensinkenden Sterbenden auffangenden E. (etwa: Josephson a.a.O. Bd. 2, Abb. S. 357) bzw. dem E., der den Lebenden abberuft (Inv. Schweden, Stockholm 1, Abb. 177): immer stärker tritt der theologisch-heilsgeschichtliche Aspekt zugunsten des unmittelbaren Bezuges auf den einzelnen Menschen zurück.
Es hat freilich in der prot. Sepulkralkunst von Anfang an Bildmotive gegeben, die anthropozentrische Vorstellungen erweckten. Hier wäre vor allem das Motiv der E. -Trauer zu nennen, das nur mit einem dünnen Firnis religiöser Bedeutsamkeit überzogen wurde: da die E. sich der frommen Menschen freuen, empfinden sie über deren Tod Trauer. Die E.-Trauer um den Verstorbenen will diesen als Gerechten erweisen und als Versprechen, ihm am Gerichtstag beizustehen, verstanden werden.
Aus der ma. Grabmalkunst ist das Motiv der Draperien oder Vorhänge zurückschlagenden E. überkommen. Wie zahlreiche Beischriften beweisen, hat man diesem Motiv im Prot. eine inhaltliche Bedeutung zuerkannt, die man hinter seinem dekorativen Charakter kaum vermuten würde: ständig findet sich der Hinweis auf 1. Kor. 13, 12, daß unser im Leben bruchstückhaftes Erkennen einst abgelöst werde von der Fülle anschauender Wahrheitserkenntnis. Wie man sich die Erlangung von gültiger Einsicht im Erdenleben durch den ratenden Beistand von E. (s. o. VII. D. 3) erklärte, so schrieb man auch die Enthüllung der himmlischen Wahrheit der E.-Hilfe zu. Schon bei Daniel Hopfer haben E. den Mantel der Gestalt des Hl. Geistes zurückzuschlagen, daß die darunter geborgenen Flammenlohen der Erkenntnis sich verströmen können. Diesen Vorgang meint das Bildmotiv auch dann noch, wenn nur E.-Köpfchen in der flatternden Draperie erscheinen. Bestätigt wird dieser Zusammenhang in vielen Fällen dadurch, daß die 1. Kor. 13, 13 genannten theologischen Tugenden zum weiteren Bilderbestand jener Werke gehören.
Aus der Vielzahl der Beispiele seien erwähnt: Epitaph von Rohr † 1731 in Ganzer, von einem Bildhauer des Glume-Kreises (Inv. Brandenburg I, 3, Abb. 18); die Bekrönung des Familienbegräbnisses Steinbeck auf dem Neustädter Friedhof in Brandenburg (ebd. II, 3, Abb. 82); Sergels Cartesiusmonument (Josephson a.a.O. Bd. 1, S. 282f. Abb. 391 u. 392) zeigt dieses Bildmotiv in Verbindung mit einer E.-Viktorie.
Bemerkenswert ist, daß öfter E.-Putten mit Sanduhr, Sense und anderen Todesattributen zum weiteren Figurenschmuck der mit dem Draperiemotiv versehenen Werke zählen, bisweilen auch selbst den Vorhang zurückschlagen. An ihre Stelle können auch Totengerippe, Chronosdarstellungen und Personifikationen der Zeit treten. Die Möglichkeit, dem urspr. religiösen Inhalt das allegorische Thema „die Zeit enthüllt die Wahrheit“ zu assoziieren, ist offenbar absichtlich gesucht worden, wobei nach und nach aus den das Tuch beiseiteschlagenden E. die Enthüllung von E.(-Scharen) als Gefolge der Dreifaltigkeit wurde und E. hier den Zustand himmlischer Seeligkeit repräsentieren. Das eindrucksvollste Beispiel hierfür ist Tessins Projekt für die Ausgestaltung des Mausoleums der Herzogin Hedwig Sophie von Holstein (Ragnar Josephson, Tessin, Stockholm 1930, Bd. 1, Abb. 178): der Wandel des E.-Bildes vom E. als amtierenden Gottesboten bis zum E. als Chiffre himmlischer Herrlichkeit wird mit solchen Werken eindringlich vor Augen gestellt.
Es gibt schließlich noch eine beträchtliche Zahl von E.-Darstellungen auf Grabmälern und Epitaphen, die nicht in eine der genannten typischen Motivgruppen eingeordnet werden können. Sie behandeln in thematisch eigenwilliger Konzeption die Vorgänge am Gerichtstag unter besonderer Berücksichtigung der Mitwirkung von E.; denn zwar „fehet uns Gott selbst auff im Tode, aber er brauchet darzu seiner Mitgehülffen“, der E. ([17] Bd. 34, 2, S. 275). Diese Werke, die bisweilen die kompliziertesten theologischen Anschauungen künstlerisch zu vergegenwärtigen suchen, bilden zweifellos die interessanteste Gruppe der hier zu betrachtenden Denkmäler; da sie jedoch gewöhnlich einmalige Erfindung bleiben und ausführlichen Kommentars bedürfen, können hier nur wenige Beispiele Beachtung finden.
Zu den reicheren Arbeiten gehört das Kaufmannsgrabmal Sohr † 1728 auf dem Nikolaikirchhof in Görlitz (Abb. 112), auf dem figurenreich die Auferstehung des Verstorbenen am Tag der Wiederkunft Christi geschildert ist. Der durch Inschriften erläuterte Bericht beginnt mit der Darstellung eines E.-Putto, der eine Tafel mit einem Totenkopf und der Aufschrift „Das sind wir (wenn die Gerichtsposaune ertönt)“ hält: die Nacktheit des E.-Putto unterscheidet ihn von allen übrigen E. und weist darauf hin, daß es sich hier nicht um einen E., sondern um Leib (Totenkopf) und Seele (Putto) des Verstorbenen handelt. Daneben ist am Fuße eines früchteschweren Baumes der von einem E.-Knaben erweckte Tote – ungeachtet seines Alters jugendlich-ideal abgebildet – im Augenblick der Wiedervereinigung von Seele und Leib dargestellt; er hält ein Buch vor sich mit der Inschrift „Gott winkt mir“. Da „Der Baum vergeht, die frucht besteht“ (um einen Ast geschlungenes Spruchband), die wahre Frucht des Lebens aber der Glaube an den Gekreuzigten ist (von E. gehegtes, [z. T. verlorenes] Bild des Gekreuzigten oder des Kreuzes Der Name des Attributs „[Sache“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.!]), kann der Hoffnung und Liebe Hegende (E.-Knabe mit Anker und brennendem Herz) sich erheben. Ein bekleideter E. hält eine Tafel mit einem Stern (= E., gemäß Apok. 1, 20) und der Beischrift „So werden wir“ und wendet sich mit sehnsüchtig ausgestreckten Armen dem aus den Wolken kommenden Heiland zu. „Dann erben sie (die Toten) den Himmel vor das Grab“, heißt der letzte der erläuternden Verse.
Das Grabmal der 1770 † Frau Psilanderhielm in Sollentuna (Abb. 114) besitzt nur spärlichen Bildschmuck, u. a. zwei geflügelte E.-Köpfchen, deren Anordnung einem weit verbreiteten Schema folgt. Erst durch die Inschrift, die besagt, daß die E.-Köpfe die Bildniszüge der Verstorbenen tragen, gewinnt der Schmuck besonderes Interesse als so einfache wie entschiedene Veranschaulichung der Vorstellung, „daß wir denen H. Engeln dermahleins ... gleich werden“ [20, S. 368].
In hervorragender Weise gaben die beim Tod von Landesherren hergerichteten Trauerdekorationen und Castra doloris Gelegenheit zu E.-Darstellungen, wobei das höfische Modell bald die konfessionellen Anschauungen verwischte, bald sie zu charaktervollster Ausprägung brachte. Die gleiche Idee wie beim Sohr-Grabmal ist in Tessins Trauerdekorationen für die Riddarholmskyrka in Stockholm anläßlich der Leichenfeiern für Karl XI. behandelt, die Metamorphose des Verstorbenen zu einem (E.-)Stern (R. Josephson, Tessin a.a.O. Bd. 1 Abb. 153f.).
VIII. 19. Jh.
Im ausgehenden 18. Jh. und in der 1. H. 19. Jh. mißbilligte man die Überfülle von E.-Bildern, mit denen das Rokoko einzelne Darstellungen und Kircheninnenräume bevölkert hatte. Die Zahl der E.-Bilder ging stark zurück. Man verzichtete auf alle „unnötigen“ E.-Darstellungen und empfand solche, die der künstlerischen Gruppenbildung und der lebendigen Bildgestaltung zuliebe E. bei genrehaftem oder beiläufigem Tun zeigen, als Widerspruch zur ernsten Würde religiöser Kunst.
Die bildende Kunst im Dienste des Protestantismus wurde von den neuen Bestrebungen nachhaltiger betroffen als die katholische Kirchenkunst, die, fester gefügten Traditionen unterworfen, es im allgemeinen bei einer Sentimentalisierung der sparsamer verwendeten E.-Bilder bewenden ließ (die thematisch herkömmlichen Darstellungen sind im folgenden nicht weiter berücksichtigt). Auch bei der für die E.-Ikonographie besonders wichtigen Wiederbelebung von Bildformen und -themen längst vergangener Epochen griff die kath. Kirchenkunst in höherem Maße auf historische Vorbilder und Anregungen zurück als die protestantische. Die Neuerungen in der E.-Ikonographie sind, zumal in ihren bedeutendsten Zeugnissen, keiner der Konfessionen ausschließlich zuzurechnen; sie gehören einer überkonfessionellen christlichen Kunst an (vgl. Cornelius’ Einstellung: Ernst Förster, P. v. C., Bln. 1874, Bd. 2 S. 16). Die Konfessionszugehörigkeit der Künstler, auf die bei der Vergebung kirchlicher Aufträge nach dem 30jähr. Krieg öfters geachtet wurde (vgl. z. B. Werner Fleischhauer, Barock im Hzgt. Württemberg, Stg. 1958, S. 76), spielt – wenn überhaupt – nur noch in ländlichen Bezirken oder bei streng konfessionellen Auftraggebern eine Rolle.
Zweifel der Aufklärung an der Existenz von Geistwesen haben sich in der bildenden Kunst der Zeit viel weniger ausgewirkt als die Wandlungen der Frömmigkeit. In dem Maße wie außerkirchliche Frömmigkeit, Besinnlichkeit und fromme Einkehr als legitime Erscheinungsformen des Glaubens allgemein anerkannt wurden, trat die Vorstellung vom E. als himmlischem Liturgen und von der heilsgeschichtlichen Funktion des E.-Dienstes zurück. Die E. wurden zu „guten Geistern“, die den Menschen bei der Verwirklichung und Wahrnehmung all dessen, was ihnen schön, wahr und gut erscheint, zur Hand gehen. So bringen E. den aufgeputzten Christbaum (Ludw. Richters Radierung „Die Christnacht“, 1854/55), oder es erscheint über einer Landschaft mit Kirchgängern ein großer E. mit Glöckchen und Rauchfaß (Ludw. Richters Holzschnitt „Sonntagsmorgen“, aus dem „Vater unser“, Bl. 3, 1856). Kirchenglocken läutende E., wie sie das (durch den Steindruck Chr. Beckers weiten Kreisen bekannt gewordene) Bild „Die Menschwerdung Christi“ von Jos. von Führich, 1838, zeigt, sind gleichermaßen typisch für die Wiedergabe zum Gottesdienst auffordernder E. („venite adoremus“); dieser Funktion der E. hat man im 19. Jh. besonderes Gewicht beigemessen. In Verbindung mit der Naturfrömmigkeit entstand eine stattliche Zahl von Darstellungen, die das Wirken der E. in der Natur zeigen (Blumen gießende E.: Ludw. Richter, Holzschnitt zu J. P. Hebel, Allemannische Gedichte, hochdeutsch von R. Reinick, Lpz. 1851, S. 117; ferner Joh. Friedr. Hoff, A. L. R., Maler und Radierer. Verzeichnis seines gesamten graphischen Werkes, hrsg. von Karl Budde, Freiburg i. Br. 19222, Nr. 1605; s. a. „Ps. 65“ und „Frühlings Einzug“ mit Inschrift „... wacht auf, ihr Schläfer, zu Taten aus der Ruh, / Euch ruft’s ein Bote Gottes, der Frühling ruft’s euch zu“: ebd. Nr. 488 u. 452). Jahres- und Tageszeiten, Monate und Elemente, gelegentlich sogar die drei großen Kirchenfeste (Heinr. von Wörndle, Joseph Führich’s Werke, Wien 1914, Nr. 313), wurden in E.-Gestalt personifiziert. Wie E. frommes Menschenwerk fördern, so verehren sie frommes Werk: sie beten die Dichterharfe Goethes an (C. G. Carus, „Goethes Grab“, Gem. in der K.halle Hamburg, 1832). Die bildende Kunst bediente sich illustrierend bzw. mit „poetischer Erfindung“ eines literarischen E.-Bildes, das gelegentlich – aber nicht notwendig – aus überkommenen religiösen Anschauungen erwachsen war. Auch biblische Stoffe sind von den literarischen E.-Vorstellungen ergriffen worden: bei D. Humbert de Superville (1770 bis 1849) läßt ein riesiger nackter Schutz-E. die Arche Noahs gefahrlos auf den Wogen der Sintflut treiben (Aquarell im Leidener Kk., Fot. Netherl. Art Inst. L. nr. 17252), Illustrationen zu poetischen Bearbeitungen biblischer Themen kamen in Mode (etwa Ill. zu Milton, Paradise Lost). Wie einzelne Perikopen (Ludw. Richter, Ps. 65: siehe oben) konnten auch religiöse Allegorien (Führichs „Vertraue“: Heinrich von Wörndle a.a.O. Nr. 638) und erbauliche Gedichte unter Verwendung von E.-Bildern illustriert oder interpretiert werden (Alphons M. von Steinle, Edw. von Steinle. Des Meisters Gesamtwerk in Abb., Kempten u. Mchn. 1910, Nr. 195 u. 203). Die allgemeine Subjektivierung des E.-Bildes machte vor der religiösen Kunst nicht halt. Selbst so gewichtige Zeugnisse für das Bemühen, die religiöse E.-Vorstellung bildlich zum Ausdruck zu bringen, wie die Abb. 118 wiedergegebene Zchg. Caspar David Friedrichs bezeugen sie: wie den Menschen ist auch den E. der Anblick von Gottes Angesicht entzogen, sie sind über den Wolken lebende Geschwister der Menschen, der gleichen Einsamkeit ausgesetzt wie diese (Friedr. Schlegel hatte das Religiöse als „eine originelle Anschauung des Unendlichen“ definiert).
Das Fortleben von überkommenen Vorstellungen der E.-Lehre wurde vornehmlich durch Traditionalismus und Rückgriffe auf künstlerische Gestaltungen früherer Epochen gewährleistet (vgl. z. B. Abb. 116). Die neue Vorliebe für die Wiedergabe biblischer Themen und von Ereignissen aus der Kirchengeschichte schränkte auch dort die Zahl der E.-Bilder ein, wo die kontinuierliche Bildüberlieferung nicht abbrach. Schilderungen aus der Kirchengeschichte kamen so gut wie immer ohne die „Lektoren-E.“ aus; bei Heiligenapotheosen erscheinen wenige E., oftmals nur ein einziger, ohne daß die Reduktion mit einer Aufwertung der E.-Gestalt verbunden wäre (eine der frühesten „sachlichen“ Begründungen für die Kleinheit der E. bietet die 1781 anonym erschienene Schrift Joh. Peter Melchiors „Versuch über das sichtbar Erhabene in der bildenden Kunst“). In Bibelillustrationen gehört das E.-Bild zur exakten Illustration; selbständige inhaltliche Bedeutung kommt ihm fast nie mehr zu. Am stärksten an die Traditionen hielten sich Legendendarstellungen, zumeist auf das Bild des Heiligen zugeschnittene, um die Andeutung einer legendären Begebenheit bereicherte Schilderungen. Um erbaulicher Wirkung willen wurde auch bei Darstellungen, die den Bibelbericht ausschmücken, der gleiche Erzählton erstrebt (Führich, Gang Mariä über das Gebirge, 1841). Die Hinzufügung von E., die einst auf die heilsgeschichtliche Bedeutung des historischen Vorganges verwies, dient jetzt zur Unterstreichung der künstlerischen Absicht, „das verschiedenartige Streben der Menschen in ihrem Wandel auf Erden durch verschiedenartige Personen und Geschichten aus der Hl. Schrift symbolisch“ darstellen zu wollen (Joh. David Passavant, Ansichten über die bild. Künste usw., 1820, S. 90f.). Einer der meistbehandelten Themenkreise war die Schilderung des Familienglückes am Exemplum der Hl. Familie. Die E. nehmen an den Kinderspielen Christi teil (vgl. etwa Steinles E.-Schaukel: Gesamtwerk a.a.O. Nr. 214 u. 224, die Beteiligung der E. bei der Herbergsuche in Bethlehem oder die vielfältig ausgesponnenen Erzählungen von Wundern und Geschehnissen bei der Flucht nach Ägypten).
Die Darstellungen im Kircheninnern konzentrierten sich auf wenige Stellen. Während Altarretabel und Epitaph, einst bevorzugte Tummelplätze ganzer E.-Scharen, zumeist völlig ohne E.-„Dekor“ auskamen, wurden E.-Bilder an Triumphbogen und in der Apsiskalotte öfters beibehalten (Abb. 117); historischen Vorbildern (z. B. Findelhaus in Florenz) verdanken die mit geflügelten E.-Köpfchen geschmückten Friese ihre Entstehung.
Typisch für die Modifikation der E.-Vorstellung, auch der religiösen, ist der Wandel der Schutzengel-Idee. Die E. sind beinahe nur noch zum Schutze von Kindern und zum Grabdienst zugelassen. Beliebt wurden am Bett schlafender Kinder wachende E.; neben ausgesprochenen Schutz-E.-Diensten (vgl. z. B. H. v. Wörndle a.a.O. Nr. 639) erscheinen E., die sich mit Kindern tummeln. Die Beischrift zu einer Zchg. Steinles von 1849, auf der E. neben einem ein Vogelnest aushebenden Kind dargestellt sind, macht den Wandel der E.-Auffassung deutlich: „Engel, die Gott zugesehen, / Sonne, Mond und Sterne bauen, / Sagen: Herr, es ist auch schön / Mit dem Kind ins Nest zu schauen“ (Gesamtwerk a.a.O. Nr. 195). Bei Ludwig Richter garantiert die Anwesenheit der E., daß der „Traum der Kindheit“ nicht gestört werde. Stets erscheinen die E. als Wächter darüber, daß das seelische Befinden in dem Zustand verbleibt, den es erreicht hat; sie wandeln bestehende Verhältnisse nicht mehr. Das Geschick und die Taten von Erwachsenen aber verstand man als Walten ihres „Genius“.
Literarisierung der E.-Vorstellung und das Bemühen, die in der vorausgegangenen Zeit oft vieldeutigen E.-Bilder inhaltlich zu präzisieren, verbanden sich und führten zur Entstehung eines eigenartigen ikonographischen Zwischenbereichs, in dem sich religiöse E.-Vorstellung und Allegorie durchdringen. Der seiner religiösen Funktionen entkleidete E. wurde säkularisiert; dem E.-Bild blieb aber selbst als Bildchiffre – kraft der ihm traditionell anhaftenden qualitativen Bedeutung – ein eigener inhaltlicher Wert. Der „E. des Friedens“ oder der „E. des Sieges“ – um nur die im Sprachgebrauch der Zeit häufigsten Bezeichnungen zu erwähnen – ist den Personifikationen der entsprechenden Begriffe qualitativ überlegen, weil er, im Gegensatz zu diesen, den jeweilig verwirklichten Zustand als einen dem Himmel genehmen kennzeichnet. Zwar führen E. diese Zustände nicht mehr in heilsgeschichtlicher Mission herbei, aber sie legitimieren sie nachträglich als etwas den heilsgeschichtlichen Absichten und Zielen Dienliches. Dies als Mißbrauch oder Preisgabe des religiösen E.-Bildes anzusehen, erscheint nur z.T. gerechtfertigt; man kann in diesem Prozeß auch eine Durchtränkung der Geschichtsallegorie mit christlichen Vorstellungen sehen (man denke an Novalis). Diese „E.-Allegorie“ kam in erster Linie der Ikonographie der patriotischen Begeisterung in und nach den Befreiungskriegen zugute (man denke z. B. auch an die Schilde mit Schlachtennamen vorweisenden E. in der Befreiungshalle in Kelheim, deren ikonographische Ahnen die Lektoren-E. sind). Bezeichnenderweise steht auch die „E.-Allegorie“ im Dienst überpersönlicher Vorstellungen, freilich nicht mehr innerhalb des kirchlichen Ordo. Reliefs auf Denkmälern, angefangen vom „Schutzgeist Germaniens“ auf Schadows Blücherdenkmal in Rostock, 1815–18 (RDK I 364, Abb. 14), bis zu den Varianten des Michaelsbildes („deutscher Michel“), bieten zahlreiche Beispiele für solche „E.-Allegorien“. Weiterhin häuften sich Darstellungen von „E. des Trostes“ (Steinle: Gesamtwerk a.a.O. Nr. 210), „E. der Freude“ und E. anderer allgemein menschlicher Gefühlszustände und Seelenregungen. Die Grabmäler und Grabsteine der Zeit von etwa 1780 bis 1830, die öfters auch früher Epitaphen vorbehaltene Vorstellungen behandeln, bezeugen die vielfältigen ikonographischen Möglichkeiten solcher sentimentalischen E.-Bilder. Die Seele als E. abzubilden blieb auch jetzt noch weniger geläufig, ganz im Gegensatz zum poetischen Gebrauch der Metapher (über die Ähnlichkeit der Verklärten mit E., die bereits in frühchristlicher Zeit betont wurde, s. RAC Bd. 5, Sp. 158f.). Es ist hervorzuheben, daß Säkularisierung und Subjektivierung des E.-Begriffes, die der Geistesgeschichte als Bruch mit der Überlieferung gelten muß, keine Zäsur in der formal-ikonographischen Tradition hervorrief.
Die Gestaltikonographie der E. zeigt in der Hauptsache drei verschiedene Strömungen. Neben der künstlerischen Wiederbelebung historischer Vorbilder (des Spät-MA und der Renss., vgl. z. B. Abb. 116) steht weitgehende, z. T. völlige Angleichung des E.-Bildes an die Darstellung antiker Flügelwesen im Klassizismus; zumindest künstlerisch gleichberechtigt sind die kaum von Überlieferungen gelenkten subjektiven Gestalterfindungen (William Blake). Eine Neuerung in der E.-Ikonographie bedeutet die bewußte Auswahl des Gestalttypus’ je nach der vorliegenden künstlerischen Aufgabe. Schinkels Entwürfe (vgl. im einzelnen Schinkelwerk) unterscheiden fast regelmäßig zwischen E.-Bildern, die für Kircheninnenräume bestimmt sind, und solchen, die Kirchenfassaden schmücken sollen; diese nutzen die ikonographischen Möglichkeiten, die die „E.-Allegorie“ bot, jene suchen vielfach in historischen Bildformeln eine Legitimation.
Die Unterscheidung zwischen dem E.-Bild im Inneren der Kirche und am Äußeren des Baudenkmals führt auf die heikle Frage zurück, inwieweit die „E.-Allegorien“ und die E.-Bilder der erbaulichen religiösen Genremalerei den Namen E., der doch einen religiösen Anspruch bedeutet, verdienen. Die Frage kann, je nach dem individuellen Gesichtspunkt, verschieden beantwortet werden; lehrhafte Systematik und kirchliche Programmatik wird sie entschiedener verneinen als geschichtliche Betrachtungsweise.
Zu den Abbildungen
1. Istanbul, Archäol. Mus. Inv.Nr. 4508, Sarkophagrelief. Marmor, 63 × 150 cm. Konstantinopel, Ende 4. Jh. Nach David Talbot Rice, The Art of Byzantium, London 1959, Taf. 9.
2. Rom, S. M. Magg., Verkündigung an Maria, Ausschnitt. Mosaik. Zwischen 432 u. 440. Nach Carlo Cecchelli, I mosaici della Basilica di S. M. Magg., Turin 1956, Taf. 51.
3. London, B.M., Engel als Diakon. Inschrift: ☩ ΔΕΧΟΥ ΠΑΡΟΝΤΑ / KAI ΜΑΘΩΝ ΤΗΝ AITIAN („Nimm hin, empfange das, was da ist, und nachdem du auch die Ursache kennengelernt hast ...“; die Übersetzung wird Herrn Dr. Wolfg. Hörmann, Mchn., verdankt). Elfenbein, 43 × 14,3 cm. Konstantinopel, Ende 5. Jh. Fot. Ausst. „Byzantine Art“, London 1958, S 121.
4. Leningrad, Eremitage, Patene aus der Gegend von Poltawa. Silbertreibarbeit, 18 cm Dm. Byzantinisch, Ende 6. Jh. Nach Wolfg. Fritz Volbach, Frühchr. K., Mchn. 1958, Abb. 245.
5. Washington, Dumbarton Oaks Coll., Anhänger. Goldguß, 6,5 cm Dm. Zypern, um 600. Nach W. F. Volbach a.a.O. Abb. 248.
6. St. Gallen, Stiftsbibl. Cod. 51, S. 266, Kreuzigung Christi. Irisch, um 750–60. Fot. Morscher, St. Gallen.
7. Rom, S. Paolo f. l. m., Bibel-Hs. (sog. Bibel von S. Callisto), fol. 307 v, das himmlische Jerusalem. Sog. Schule von Corbie, um 870. Fot. Bildarchiv Maria Laach 716, 1/2.
8. Berlin, Schloßmus., Engel. Bergkristall; dem Kreuzreliquiar des Rogerus aus Herford aufmontiert. Westdt. (?; Lothringen?), 9. Jh. Nach Früh-ma. K. in den Alpenländern, Akten des 3. internat. Kongr. f. Früh-MA-Forschg., Olten u. Lausanne 1954, Abb. 68.
9. Trier, Stadtbibl. Cod. 24 (Perikopenbuch des E.B. Egbert von Trier), fol. 19 v, Taufe Christi. Reichenau, um 980. Fot. Marburg 59 678.
10. Nürnberg, G.N.M. (ehem. Gotha), Codex aureus Epternacensis, fol. 20, Engel mit Buch (Inschrift: „Vos homines hominis Mathei credite scriptis / ut de quo narrat homo Ih[esu]s premia reddat“). Echternach, um 1020–30. Fot. Mus.
11. Mainz, Altertumsmus. Inv.Nr. 0, 1792, Engel mit dem Lamm Gottes. Elfenbein, 4 × 12,5 cm. Mainz (?), 1. H. 11. Jh. Fot. Mus.
12. Neuenberg bei Fulda, St. Andreas, Engel. Wandmalerei in der Krypta. Fulda, um 1023. Fot. Marburg 187995.
13. Freiburg i. Br., Slg. H. Herder, thronender Christus mit Engelgefolge, Ausschnitt (Gesamtabb. Goldschmidt, Elfenbeinskulpturen Bd. 3, Abb. 306). Elfenbein, 10,8 cm br. Köln, M. 11. Jh. Fot. unbekannt (ZM).
14. Madrid, Mus. Arqueologico Inv.Nr 2092, Engel predigen Heiligen die Seligkeiten („beati qui lugent“, Mt. 5, 5; „beati qui persecutionem ...“, Mt. 5, 10). Elfenbein, ca. 6 × 15 cm. Von einem Kästchen. Spanisch, um 1063 (?). Nach Goldschmidt a.a.O. Bd. 4, Abb. 94.
15. Daphni bei Athen, Klosterkirche, Engel. Mosaik. Ende 11. Jh. Fot. unbekannt (Verf.).
16. New York, Metrop. Mus., Kreuzständer. Bronzeguß, 13,5 cm br. Lothringen oder Lüttich, 3. V. 12. Jh. Fot. Metrop. Mus., Rogers Fund, 1919 (44 202).
17. München, St.B. Clm. 15 903 (Perikopenbuch vom Nonnberg bei Salzburg), fol. 86 v, Darstellung aus der Kreuzlegende. Salzburg, um 1140. Fot. Bibl.
18. St. Florian N.Ö., Stiftsbibl. Cod. III, 208 (Missale), fol. 118, Meßallegorie. Salzburg od. N.Ö., 2. H. 12. Jh. Nach Swarzenski, Salzburg, Taf. 110, 374.
19. Erwitte Krs. Lippstadt, Westf., Pfarrkirche, Engel mit Spruchband auf der Himmelsleiter. Stein. Um 1167. Fot. L.A. f. Dpfl. Westfalen, Münster i. W.
20. München, St.B. Clm. 13074, Engel weiht einen Altar, Ausschnitt (Gesamtabb. Boeckler, Regensburg Abb. 59). Regensburg-Prüfening, 4. V. 12. Jh. Fot. Bibl.
21. Hortus deliciarum, fol. 64 v, Christus als Engel des großen Rats, Ausschnitt. Inschriften: Sach. 3, 4 u. 5. Oberrhein, Ende 12. Jh. Nach Straub-Keller Suppl. Taf. 21 bis (ebd. auch Gesamtabb.).
22. Bevagna, Umbrien, S. Michele, linkes Kämpferrelief des Hauptportals. Umbrisch (Meister Ridolfo und Binello), um 1200. Nach Harald Keller, Umbrien, Wien u. Mchn. 1959, Abb. 77.
23. Arles, St. Trophime, Kapitell der Mittelsäule des Hauptportals. 4. V. 12. Jh. Fot. Marburg 31 406 (Ausschnitt).
24. Fritzlar, Stiftskirche St. Peter, Patene. Silber, graviert, 25 cm Dm. Inschrift: „constat in altari carnem de pane creari / da deus in rebus quod sumitur in speciebus.“ Deutsch, A. 13. Jh. Fot. Marburg 8972.
25. München, St.B. Clm. 8271 (Brevier aus Michelbeuren), fol. 121, Initiale D(eus) zum Fest des hl. Michael. Salzburg, zwischen 1161 und 1190. Fot. Bibl.
26. Zara, Chor der Franziskanerkirche Hs. 2 (Antiphonar), fol. 3, Initiale, Ausschnitt. Oberitalien (?), um 1250. Nach Beschr.Verz. 6, S. 15, Abb. 6.
27. Rom, Vatikan. Pinakothek, Engel als Thronassistenten, Ausschnitt (Gesamtabb.: Röm. Jb. f. Kg. 2, 1938, S. 315 Abb. 271). Gem. a. Holz, Maße des Details ca. 35 × 50 cm. Rom, um 1220–30. Nach ebd. S. 352 Abb. 290.
28 a und b. Reims, Kath., Engel in den Strebepfeilertabernakeln der Südseite des Lhs. (a) und am Chor (b). 2. Dr. 13. Jh. bzw. um 1220. Fot. Marburg 184 164 u. 184 229.
29. Meißen, Dom, Engel mit Rauchfaß. Stein, ungefaßt. Mitteldt. (Werkstatt des Naumburger Meisters), zw. 1245 u. 1274. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, 57 063.
30. London, V.A.M., zwei stehende Engel. Holz, ungefaßt, 75 cm h. Reims, 2. H. 13. Jh. Fot. Alfred Carlebach, London, 5123/27 –1949.
31. Schwäb. Hall, Vorhalle der Stadtpfarrkirche St. Michael, Michael bezwingt den Drachen. Sandstein, gefaßt. Um 1300. Fot. Oscar Poss, Regensburg, 15–1345/24 a.
32. Ehem. Berlin, Schloßmus. (1945 zerst.), Kapellenkreuz mit Reliquien haltenden Engeln. Silber, fast ganz vergoldet, mit transluzidem Tiefschnittschmelz, 68 cm h. Aus dem Basler Münsterschatz. Basel, M. 14. Jh. Fot. Mus.
33. Erfurt, Städt. Mus., Marienklage. Sandstein, 1,16 m h., Reste alter farbiger Fassung. Magdeburg-Halberstadt, um 1360–70. Fot. St. Bildst. 3425.
34. Breslau, K.G.M. Inv.Nr. 58:15, Muttergottes aus Hermsdorf (?) Krs. Ohlau. Holz, 98 cm h. Schlesien, um 1360. Fot. Mus.
35. Bozen, Dominikanerkirche, Totentanz. Freskomal. in der Johanneskapelle. Italienischer Meister, um 1340–45. Fot. O. Poss, Regensburg, K 913.
36. Innsbruck, Tiroler L.M. Ferdinandeum, Krönung Mariä. Gem. a. Holz, obere Partie vom r. Innenflügel eines Altars aus Schloß Tirol. Meran, zw. 1370 und 1372. Fot. O. Poss, Regensburg, K 51.
37. Rothenburg o. d. T., St. Jakob, Glasgem. Scheibengröße je 96 × 47 cm. Franken, 4. V. 14. Jh. Fot. Dt. Ver. f. Kwiss., Bln.
38. Köln, Schnütgen-Mus. Inv.Nr. P 214, Kasel, Ausschnitt (Gesamtabb.: Kat. 1958 Nr. 70). Blaue Seide mit applizierter Goldstickerei auf Rot: England, um 1400; Borte: Köln, M. 15. Jh. 113 × 71 cm. Fot. Rhein. Bildarchiv 94 804.
39. München, St.B. Clm. 8201 (Mettener Sammel-Hs.), fol. 94 v, Meßallegorie, Ausschnitt. Niederbayerisch, um 1414/15. Fot. Bibl.
40. Claus Sluter, trauernder Engel vom Sockel des Kalvarienberges im Großen Kreuzgang der Kartause von Champmol. Stein, 82 cm h. Um 1399 bis 1401, unter Mitwirkung von Claus de Werve. Fot. Hugo Schnell, Mchn.
41. Madern Gertener, Engelpaar mit Kranz. Sandsteinrelief über dem Portal des Ruprechtsbaues des Heidelberger Schlosses. Um 1400–10. Fot. DKV.
42. Sigmaringen, Schloß, Christus am Kreuz und Engel. Glasgem., 91 × 58 cm. Aus Saulgau. Schwaben, um 1410–20. Fot. Dt. Ver. f. Kwiss., Bln.
43. Prag, Nat.Gal. Inv.Nr. DO 2094, Beweinung Christi. Tempera auf mit Lwd. bespanntem Holz, 95 × 85,5 cm. Böhmen (Meister von Hohenfurt), um 1350. Fot. unbekannt (ZM).
44. München, B.N.M., Maria als Tempeljungfrau. Gem. a. Holz, 1,92 × 0,90 m. Aus der sog. Judenkapelle in Bamberg. Fränkisch, um 1430. Fot. Mus.
45. Bicci di Lorenzo (1373–1452), exorzierende Engel, Fragment aus einer Darstellung der Engelchöre. Tempera a. Holz, 46 × 39 cm. Fiesole, Mus. Bandini. 2. V. 15. Jh. Fot. Reali, Florenz, 69 866.
46. Stefan Lochner, Engel als Seelengeleiter, Ausschnitt aus dem Weltgerichtsbild des Flügelaltars von St. Laurenz in Köln (Gesamtabb.: Otto H. Förster, St.L., Ffm. 1938, Abb. S. 13). Gem. a. Holz, Gesamtmaße 1,22 × 1,76 m. Köln, W.R.M. Um 1430–40. Fot. O. Poss, Regensburg, K 646.
47 a und b. Treis Krs. Kochem a. d. Mosel, Alte Pfarrkirche, Chor bzw. Konsole des Chorgewölbes. M. 15. Jh. Fot. Rhein. Bildarchiv, Köln, 55 429 bzw. L.A. f. Dpfl. Rheinland-Pfalz, Mainz, 216/27.
48. St. Arnual bei Saarbrücken, Engel mit Leuchtern, Wappen und Helm von der Tumba des Gf. Johann von Nassau † 1472 und seiner beiden Frauen. Um 1472. Fot. Staatl. Bildstelle 5917.
49. Giov. della Robbia (Werkstatt), Altarziborium. Majolika. Inschrift: „Hic panis qui de celo descendit.“ Florenz, SS. Apostoli. Um 1500. Fot. Alinari 3659.
50. Gernsbach in Baden, Pfarrkirche, Sockelzone des Sakramentshauses. Stein, ungefaßt. Oberrhein, 3. Dr. 15. Jh. Nach Oberrhein. K. 6, 1934, S. 90 Abb. 16.
51. Münster i. Westf., L.M., Engel als Seelenwäger. Gem. a. Holz, 85 × 31 cm. Westfalen (Meister von Liesborn), um 1465. Fot. Anni Borgas, Münster.
52. St. Florian N.Ö., Stiftsslg., Dreifaltigkeit. Gem. a. Holz. Österreich, um 1470–80. Fot. O. Poss, Regensburg, AS 32 152/3.
53 a und b. Memmingen, U. L. F., Engel mit Kerzen und Meßglöckchen bzw. mit Musikinstrumenten und Spruchbändern. Deckenmal. im Chorgew. (a) bzw. Freskomal. in der Laibung einer Lhs.-Arkade (b). Schwaben, 2. H. 15. Jh., rest. A. 16. Jh. Fot. L. Aufsberg, Sonthofen, 35 804 und 35789.
54. Köln, W.R.M. Inv.Nr. 119, Engelgruppe, Ausschnitt aus einer Darstellung der Verherrlichung Mariä (Gesamtabb.: Heribert Reiners, Die Kölner Malerschule, M.-Gladbach 1925, Taf. 32). Gem. a. Holz, Gesamtmaße 1,63 × 1,97 m. Köln (Meister der Verherrlichung Maria), 2. H. 15. Jh. Fot. O. Poss, Regensburg, K 632.
55. Jan de Beer, lobsingende Engel, Ausschnitt aus einer Darstellung der Geburt Christi (Gesamtabb.: Friedländer Bd. 11 Taf. 14). Gem. a. Holz, Gesamtmaße 71 × 57 cm. Köln, W. R. M. Inv.Nr. 480. Antwerpen, um 1515–20. Fot. O. Poss, Regensburg, K 641.
56. Paris, Louvre, singende Engel, Ausschnitt (Gesamtabb.: H. Reiners a.a.O. Abb. 193). Gem. a. Holz, Gesamtmaße 1,24 × 0,45 m. Köln (Meister der Hl. Sippe), 4. V. 15. Jh. Fot. Mus. (F. 6773).
57. Köln, W. R. M. Inv.Nr. 179, musizierender Engel, Ausschnitt (Gesamtabb.: H. Reiners a.a.O. Abb. 220). Gem. a. Holz, Gesamtmaße 1,44 × 1,06 m. Köln (Meister des Bartholomäusaltars), um 1500. Fot. O. Poss, Regensburg, K 619.
58. Hans Witten, Bekrönung der sog. Schönen Tür der St. Annenkirche in Annaberg, Ausschnitt (Gesamtabb.: Walter Hentschel, Sächsische Plastik um 1500, Dresden 1926, Abb. 70). Inschriften (v. unten nach oben): „Non nobis d(omi)ne sed tibi, veritatem sugerenti creanti cum redemptore, ab aevo (?) adoratore sit gloria, humano (?) mei (?) per infinita secula seculorum Amen“, Antiphon zum Trinitatisfest; „Ac tu pro nobis intercede de cujus conceptione gaudent angeli et colaudant filium dei“, „Memento salutis autor quot nostri quondam corporis ex illibata virgine nascendo formam sumpseris“, der Liturgie am Fest der Empfängnis Mariä entnommen; auf der Abb. nicht sichtbare Inschriften: Ps. 123, 3f.; 67, 2 und 33, 22. Stein, Fassung 1883. Um 1512. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, 53 970.
59. Köln, Schnütgen-Mus. Inv.Nr. A 33 u. A 34, Leuchterengel. Nußbaum, vollrund, 94 u. 92 cm h.; ehem. geflügelt, Reste der urspr. Fassung. Westfalen, 2. H. 15. Jh. Fot. Rhein. Bildarchiv, Köln, 94 970.
60. Hans Witten, Engeldiakon als Pultträger. Holz, gefaßt, 2,01 m h. Ebersdorf i. Sa., Stiftskirche. Um 1515. Fot. Dt. Fotothek, Dresden.
61. Köln, Schnütgen-Mus. Inv.Nr. 860 a und b, Engeldiakone mit Spruchbändern. Inschriften: Sprüche Salomos 28, 13 u. unklare Textstelle (l. Engel), Lk. 15, 7 u. Mt. 3, 2 (r. Engel). Linde, gefaßt, 1,27 und 1,20 m. Mittelrhein, um 1530. Fot. Rhein. Bildarchiv, Köln, 94 968.
62. München, St. Gem. Slgn. Inv.Nr. W. A. F. 993, Messe des hl. Ulrich (?). Gem. a. Holz, 1,78 × 0,86 m. Schwaben, 4. V. 15. Jh. Fot. Mus.
63. Jörg Ratgeb, inzensierender Engel. Gem. a. Holz, 65 × 94,5 cm. Teil der Predella vom Herrenberger Altar, 1518/19. Stuttgart, Württ. Staatsgal. Inv.Nr. 1523 e. Fot. Mus.
64. Zürich, Priv.bes., Hl. Familie. Gem. a. Holz, 51 × 35,5 cm. Nördl. Niederlande, A. 16. Jh. Fot. Willi Theiler-Büchi, Zürich.
65. Jacob Cornelisz. van Amsterdam, Versuchung Christi. Gem. a. Holz, 1,63 × 0,90 m. Aachen, Suermondt-Mus. Um 1515. Fot. Mus.
66. Graz, Joanneum, Engel retten den hl. Ferreolus (?). Gem. a. Holz, 67 × 40 cm. Österreich, um 1515–25. Fot. L. Aufsberg, Sonthofen, 32 267.
67. Hans Witten, Taufstein. Tuff (?), 1,20 m h., neu gefaßt. Inschriften: „Euntes docete omnes gentes baptizantes eos in nomine patris et filii et spiritus sancti“ (Spruchband der Engel); am Rand der Cuppa: „Nisi quis renat(us) fuerit ex aqua et spiritu sancto non potest intrare regnum celorum“, Joh. 3, 5. Annaberg, St. Annenkirche. Um 1515. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, 53 937.
68. Tilman Riemenschneider, Detail vom Grabmal des Lorenz von Bibra, B. von Würzburg. Sandstein. Würzburg, Dom. 1519ff. Fot. Ludwig von Herrnbäck, Würzburg.
69. München, B.N.M. Inv.Nr. 54/50 L u. 54/51 L, Kinderengel. Holz, gefaßt, 44,5 u. 45 cm h. Aus Ingolstadt. 2. V. 16. Jh. Fot. Mus.
70. Matthias Gerung, Engel beschützen die Himmelsstadt, Ausschnitt. Holzschnitt, Blattgröße 23,4 × 16,3 cm. München, St. Graph. Slg. Inv.Nr. 1928: 81. Zw. 1544 und 1553. Fot. Slg.
71. Paul Lautensack (1478–1558), Engel ministrieren beim Gottesdienst im Himmel. Federzchg., laviert, 21 × 15 cm. Aus einem Sammelband mit Ill. zu Lautensacks theologischen Schriften. Berlin, Kk., Signatur 79 C 4. 1. H. 16. Jh. Fot. Wolfg. Wegner, Mchn.
72. Lambert van Noort, Vermählung des Tobias. Federzchg., Maße unbekannt. Sign. u. 1562 dat. Amsterdam, Rijksprintenkabinet. Fot. Marburg 230 376.
73. Frdr. Sustris und Hieron. Thoma, Stuckdecke der mittleren Lhs.-Kapelle in St. Michael in München. 1589. Fot. Erwin Schalkhaußer, Mchn., 215/11.
74. Hubert Gerhard, Engel mit Geißelsäule und Hahn. Stuck. Aus einer Folge von Nischenfiguren im Lhs. von St. Michael in München. Um 1590. Fot. Erwin Schalkhaußer, Mchn., 223/10.
75. Ill. zu Mich. Hoyer, Flammulae amoris, Antwerpen 1629: Seraph (brennende Gottesliebe) entzündet das Herz des Christen. Kupferstich, 9 × 5,7 cm. Nach der Ausg. Mchn. 1680, S. 178. Fot. Verf.
76. Titelkupfer zu Jeremias Drechsel, Zodiacus christianus etc., Mchn. 1622. Kupferstich, 9,1 × 4,7 cm. Nach der Ausg. Mchn. 1632. Fot. Verf.
77. Phil. Sadeler, Ill. zu Jerem. Drechsel, Horologium auxiliaris tutelaris angeli, Mchn. 1622. Kupferstich, 7,3 × 4,1 cm. Nach der Ausg. Mchn. 16297, fol. 1. Fot. Verf.
78. P. P. Rubens, hl. Sebastian. Gem. a. Lwd., 1,53 × 1,18 m. Rom, Gall. Naz. d’arte antica. Um 1606/ 1607. Fot. Anderson, Rom, 1195.
79. München, Residenzmus., Schatzkammer, Monstranz. Gold, 55,5 cm h. München, A. 17. Jh. Fot. Grete Eckert, Mchn.
80. Cornelis Schut II, Engel mit Monstranz. Federzchg., 33,8 × 25,2 cm. Hamburg, K.halle Inv.Nr. 38 677. Um 1630–36. Fot. Mus.
81. Kaisheim bei Donauwörth, ehem. Zisterzienser-Klosterkirche, musizierende Engel. Stuck. Brüstung der Orgelempore. Um 1670/80. Fot. Lore Hamacher, Konstanz, Kh 31.
82. Balthasar Permoser u. Joh. Jos. Hackl, Kanzelkorb. Holz, geweißt. Dresden, Propsteikirche. 1711. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, 55 892.
83. Egid Quirin Asam, Tabernakel des Hochaltars der Klosterkirche Osterhofen, Ndb. Holz, gefaßt. 1732. Fot. O. Poss, Regensburg, o. Nr.
84. Salem, Refektorium des ehem. Zisterzienserklosters, Engel beim Klosterbau. Ofenkachel. 1733. Fot. L. Aufsberg, Sonthofen, 77 336.
85. Lorenz Luidl, Leuchterengel. Holz, neu gefaßt. Stadl Krs. Landsberg a. Lech. Um 1730. Fot. Herbert Nagel, Mchn.
86. Egid Quirin Asam, Engel mit Heiligenattributen, Detail vom Johann-Nepomuk-Altar der Klosterkirche Osterhofen. 1732. Fot. O. Poss, Regensburg, AS 4824.
87. Planschemata von Bildprogrammen des 18. Jh. Zchg. des Verf.
88. Matthias Wolcker, Deckenmal. im Sanktuarium der Michaelskirche in Bertoldshofen Krs. Marktoberdorf, Bayer. Schwaben (vgl. Abb. 87, b). 1733. Fot. Walter Glock, Mchn.
89. Joh. Gg. Bergmüller, Vision des hl. Norbert. Deckenmal. im Lhs. der ehem. Praemonstratenser-Klosterkirche Steingaden, Obb. 1741–44. Fot. Bernhard Rupprecht, Mchn.
90. Franz Anton Maulbertsch, Schlacht bei Clavijo. Deckenmal. in St. Jakobus in Schwechat b. Wien. 1765 (1945 zerst.). Fot. H. G. Balack, Wien.
91. Hindelang im Allgäu, Dreifaltigkeitskapelle, Engel des Geleits. Freskomal. 2. Dr. 18. Jh. Fot. L. Aufsberg, Sonthofen, 38 454.
92. Ignaz Günther, Schutzengelgruppe. Lindenholz, urspr. gefaßt, 1,77 m h. 1763. München, Bürgersaal. Fot. Max Hirmer, Mchn., 1. G. 490/2.
93. Matthias Obermayer (zugeschr.), Engel einer Verkündigungsgruppe. Holz, gefaßt. Straubing, Spitalkirche. 3. V. 18. Jh. Fot. W. von Poswik, Mchn.
94. Joh. Gg. Gaill, Engel trägt Gebete empor. Deckenmal. im Altarraum zu St. Sebastian in Bad Aibling, Obb. 1769. Fot. W. Glock, Mchn.
95. Weihenlinden bei Bad Aibling, Obb., Wallfahrtskirche, Emblem „Tutela receptis“. Deckenmal. im Lhs. 1736. Fot. W. Glock, Mchn.
96. Thomas Christian Scheffler, Braut und Bräutigam. Deckenmal. im Lhs. der Muttergotteskapelle in Augsburg-Haunstetten. 1742. Fot. W. Glock, Mchn.
97. Franz Zwinck, Vision des Kaisers Ludwig des Bayern. Wandmal. Egling b. Landsberg a. Lech, St. Vitus. Um 1773. Fot. Arthur Schlegel, Mchn.
98. Mich. Ostendorfer, Darstellung nach Apokalypse 7, 1–10. Öl a. Holz, 81 × 75 cm. Landshut, Filialgal. der Bayer. St.Gem. Slgn., Inv.Nr. H. G. 751. 2. V. 16. Jh. Fot. O. Poss, Regensburg, AS 32440.
99. Heinr. Holzmüller, Himmelfahrt Christi, Ausschnitt aus einem Blatt der Holzschnittfolge des Glaubensbekenntnisses. Ausschnitt ca. 22,5 × 9,5 cm. München, St. Graph. Slg., Inv.Nr. 176 415. Um 1545–50. Fot. Slg.
100. Heinrich Göding (1531–1606), Geburt Christi. Gem. a. Holz, ca. 1,10 × 0,90 m. Sign. u. dat. „1585 HBG“. Pirna, Stadtkirche. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, 101 252.
101. Stockholm, Storkyrka, allegorische Darstellung. Gem. a. Holz. Mittelbild vom Epitaph eines Domherrn in Frauenburg, Ostpreußen (sog. polnisches Epitaph); nach 1626 nach Schweden verbracht und durch schwedische Inschriften erläutert (vgl. Inv. Schweden, Stockholm 1, S. 388f.). 1. V. 17. Jh. Fot. Antikvarisk-Topografiska Arkivet, Stockholm.
102. Hans Walther, Marienklage mit Engeln. Alabaster, 61 × 45 cm. Hauptbild des Epitaphs D. von Sebottendorf, Stadtkirche Pirna. Um 1585. Fot. Inst. f. Dpfl. Dresden, I/198.
103. Rembrandt Harmensz. van Rijn, Abraham bewirtet die drei Engel. Radierung, 16 × 13,1 cm. 1656. Nach Rich. Graul, R. (= Meister der Graphik Bd. 8), Lpz. 1923, Taf. 176, 313.
104. Jakob (oder Johann) Jäger, Taufschale. Silber, 6,2 cm h., 50 cm Dm. Stockholm, Jakobskirche. Augsburg, um 1660. Fot. Antikvarisk-Topografiska Arkivet, Stockholm.
105. Claus Gabriel (zugeschr.), Taufe. Holz, ungefaßt, Fußplatte 54 × 54 cm. Glücksburg in Schleswig, Schloßkapelle. Zwischen 1635 und 1642. Fot. L.A. f. Dpfl. Schleswig-Holstein.
106. Jürgen Heitmann, Posaunenengel. Holz, ca. 2,70 m (von der Fuß- bis zur Palmzweigspitze). Oberndorf Krs. Land Hadeln, Niedersachsen. 3. V. 17. Jh. Fot. Denkmalarchiv des Landes Niedersachsen, 8894.
107. Oettingen Krs. Nördlingen, prot. Stadtpfarrkirche, Kanzelengel. Holz, gefaßt. 1677 dat. Fot. Lala Aufsberg, Sonthofen, 68 965.
108. Johann Arend Hoyer (?), Grabmal Magdalena Dorothea von Windheim † 1658. Stein, 1,33 m breit; Reste alter Bemalung. Barsinghausen Krs. Gifhorn, Kirche. Um 1658. Nach Carl Schuchhardt, Die Hann. Bildhauer der Renss., Hannover 1909, Taf. 37, 109.
109. Behlendorf Krs. Lebus, Brandenburg, Kirche, Altargem. nach Apok. 5, 9. Maße unbekannt. Um 1688. Nach Inv. Brandenburg 6, 1, Taf. 1.
110. David Klöcker gen. Ehrenstrahl (1629–98), Kreuzigung Christi. Gem. a. Holz, 7,4 × 3,0 m. Stockholm, Storkyrka. Sign. und 1695 dat. Fot. Antikvarisk-Topografiska Arkivet, Stockholm.
111. C. G. von Rodewitz, Altar der Dreifaltigkeitskirche in Görlitz. Holz, gefaßt. 1713. Fot. unbekannt (Schles. Bildarchiv 11 246).
112. Görlitz, Nikolaikirchhof, Grabmal Joh. Sohr † 1728. Stein, ungefaßt. Fot. unbekannt (Schles. Bildarchiv 2917).
113. Simon Merzer (?), Taufengel. Holz, gefaßt. Rüdenhausen, Ufr., Kirche. 1. V. 18. Jh. Fot. Fürstlich Castellsches Archiv, Castell, Ufr.
114. Joh. Adolf Göthe (1743–1825), Epitaph Catarina Louisa Psilanderhielm † 1770, Ausschnitt (Gesamtabb. Inv. Schweden, Uppland 4, 2, S. 654 Abb. 636). Stein, ca. 3,25 m h. Sollentuna, Uppland. Um 1770. Fot. Antikvarisk-Topografiska Arkivet, Stockholm.
115. Schwäb. Hall, Michaelskirche, Epitaph der Familie Sanwald. 1774. Fot. Württ. Landesbildstelle, Stg., 30 164.
116. Konrad Eberhard, Grabmal Prinzessin Maximiliana Josepha Carolina von Bayern † 1821. Marmor. München, Theatinerkirche. Fot. W. Glock, Mchn.
117. Berlin, Chor der Elisabethkirche, Triumphbogen u. Apsis mit Malerei nach Entw. von Karl Frdr. Schinkel (1833), ausgeführt von Scheel (1835 voll.). Fot. Staatl. Bildstelle 6620, 4.
118. C. D. Friedrich, anbetende Engel. Zchg. (Bleistift, Pinsel u. Sepia), 18,5 × 26,7 cm. Hamburg, K.halle, Inv.Nr. 41 116. 1. Dr. 19. Jh. Fot. Mus.
Literatur
Theologie (allgemeine Einführung): 1. Wetzer-Welte Bd. 4, Sp. 503–23. – 2. J. Turmel, Histoire de l’angélologie, Rev. d’hist. et de litt. relig. 3, 1898, 289–308, 407–34, 533–52; ebd. 4, 1899, 217–38, 289–309, 414–34, 537–62. – 3. Dict. de théologie catholique Bd. 1, Paris 1903, Sp. 1189–1271. – 4. Bächtold-Stäubli Bd. 2, Sp. 823–39. – 5. Josef Pohle, Lehrbuch der Dogmatik Bd. 1, neu bearb. v. Josef Gummersbach, Paderborn 1952. –6. Otto Hophan, Die Engel, Luzern 1956. –7. Joh. Brinktrine, Die Lehre von der Schöpfung, Paderborn 1956. – 7 a. R.G.G. Bd. 23, Sp. 465–69. – 7 b. Buchberger, Bd. 33, Sp. 863–74. – 7 c. RAC Bd. 5, Sp. 53ff. – (Bibel:) 8. Fridolin Stier, Gott und sein Engel im A.T. (= A.t. Abhdlgen. 12, 2), Münster 1934. – 9. Heinr. Schlier, Mächte u. Gewalten im N.T. (= Quaestiones disputatae 3), Freiburg i. Br. 1958. – 10. Joh. Michl, Die Engelsvorstellung in der Apokalypse des hl. Johannes, I: Die Engel um Gott, Mchn. 1937. – 11. J. Collins, The Monistic Philosophy of the Angels, Washington 1947. – (Liturgie:) 12. B. Botte, L’ange du sacrifice et l’épiclèse de la messe romaine, Recherches de théologie ancienne et médiévale 1, 1929, 285–308. – 13. Erik Peterson, Das Buch von den Engeln. Stellung u. Bedeutung der hl. Engel im Kultus, Lpz. 1935. – 14. Hans Düllmann, Engel und Menschen bei der Meßfeier, Divus Thomas 27, 1949, 281ff. – 15. Jean Daniélou, Les anges et leur mission d’après les Pères de l’Église, Paris 1951. – 16. O. Heimig, Der Engel in der Liturgie, Liturgie u. Mönchtum (Laacher Hefte) 21, 1957, 38–55. – 16 a. Burkard Neunhäuser, Der Engel im Zeugnis der Liturgie, Archiv f. Liturgiewiss. 6, 1959, 4–27.
Prot. Quellen: 17. Martin Luther, Werke, Weimarer Ausgabe, Weimar 1883ff. – 18. Joh. Gebhardt, Angelologia sacra, Jena 1637. – 19. Joh. Gustav Reinbeck, Betrachtungen über die in der Augspurgischen Confeßion enthaltene und damit verknüpfte Göttliche Wahrheiten, 9 Teile in 5 Bänden, Bln. u. Lpz. 1733–47 (gezählt nach Artikel [= I] und Betrachtungen [= 1,1]). – 20. Joh. Arndt, Postille usw., herausg. von Paul Daniel Longolius, Hof 1737. – 21. Gottfried Büchner, Biblische Real und Verbal Handconcordanz usw., Jena 17654.
Kunstgeschichte, allgemein: 22. Juan Interian de Ayala, El Pintor Christiano, Madrid 1782, Teil 2 S. 493ff. (Erstausg. 1730). – 23. Adolphe-Napoléon Didron, Iconographie des anges, Ann. archéol. 11, 1851, 347–62; ebd. 12, 1852, 168–76; ebd. 18, 1858, 33–48. – 24. Mrs. Jameson, Sacred and Legendary Art Bd. 1, London 1857, S. 41–131. – 25. F. Wiegand, Der Erzengel Michael in der bild. K., Stg. 1886. – 26. Heinrich Detzel, Chr. Ikonographie, Freiburg i. Br. 1894, Bd. 1, S. 131–42 –27. Oskar Wulff, Cherubim, Throne und Seraphim, Altenburg 1894. – 28. Mich. Engels, Die Darstellung Gottes des Vaters, der getreuen und gefallenen Engel in der Malerei, Luxemburg 1894. – 29. E. C. Clement, Angels in Art, London 1901. – 30. Guido Menasci, Gli angeli nell’arte, Florenz 1902. – 31. Bergner S. 444–47. – 32. Max Osborn, Die Engel in der dt. K., Velhagen & Klasings Monatsh. (Dez.) 1910, 481–96. – 33. Cabrol-Leclercq Bd. I, 2, Sp. 2080–2161. – 34. Molsdorf S. 272 (Reg.). – 35. Anna Maria Renner, Der Erzengel Michael in der Geistes- und Kunstgeschichte, Saarbrücken 1927. – 36. Paul Perdrizet, L’archange Ouriel, Seminarium Kondakovianum 2, 1928, 241–76. – 37. Künstle I, S. 239–54. – 38. Leopold Schmidt, Die Attribute der Engel in der dt. Volksauffassung, Zs. f. Volkskde. N.F. 7, 1935, 250–73. – 39. Gustav Friedr. Hartlaub, Die Engel, Atlantis 8, 1936, 726–36. – 40. Jurgis Baltrušaitis, Cosmographie chrétienne dans l’art du moyen-âge, Paris 1939. – 41. Hans W. Hegemann, Der Engel in der dt. K., Mchn. 19502. – 42. Michel Gasnier, Saint Michel Archange, Paris 1944. – 43. Frits Lugt, Man and Angel, Gaz. des B.-A. 86 (25), 1944, 265–82 u. 321–46. – 44. Pie-Raymond Régamey, Anges etc., Paris 1946. – 45. Timmers S. 1054 (Reg.). – 46. Réau II, 1, S. 30–55. – 47. Ausst.Kat. „Engeldarstellungen aus zwei Jahrtausenden“, Kunsthalle Recklinghausen 1959.
Zu III: 48. Georg Stuhlfauth, Die Engel in d. altchr. K. (= Archäol. Stud. z. chr. Altertum u. MA, Heft 3), Freiburg i. Br., Lpz. u. Tübingen 1897. – 49. Karl Felis, Die Niken und die Engel in altchr. K., Rom. Quartalschrift 26, 1912, 3–25. – 49 a. Ragna Enking, Beitr. zur Darstellung des Engels in der altchr. K., Diss. Jena 1921. – 50. Alfons Clemens Maria Beck, Genien und Niken als E. in der altchr. K., Diss. Gießen, Düsseldorf 1936. – 51. A. Voirol, Die Wandlung der griech. Siegesgöttin zum christl. Engel nach den antiken Münzbildern, Jb. d. Ges. Pro Vindonissa 1943/44, Brugg 1944. – 52. Franz Landsberger, The Origin of the Winged Angels in Jewish Art, Hebrew Union College Annual 20, 1947, 227–54.
Zu IV und V: 53. Henriette Mendelsohn, Die Engel in d. bild. K. Ein Beitrag z. Kg. der Gotik u. der Renss., Bln. 1907. – 54. Max de Fraipont, Les origines occidentales du type de saint Michel debout sur le dragon, Rev. belge d’archéol. et d’hist. de l’art 7, 1937, 289–301. – 55. Jeanne Villette, L’ange dans l’art d’Occident du XIIe au XVIe s., Paris 1940. – 56. Arno Schönberger, Über die Darstellung von Engeln als Liturgen in d. ma. K., Diss. Mchn. 1941 (masch.). – 57. Manuel Trens, Els àngels plumífers, Miscel.lània Puig i Cadafalch Bd. 1, Barcelona 1947 bis 1951, S. 383–87. – 58. Lottlisa Behling, Zur Engeldarstellung in der dt. K. um 1000, Beitr. z. christl. Philosophie 6, 1950, 25–37. – 58 a. Marie-Thérèse D’Alverny, Les anges et les jours, Cah. archéol. 9, 1957, 271–300.
59. Jacob Burckhardt, Beitr. z. Kg. von Italien (Das Altarbild), zuerst Basel 1898; Gesamtausgabe Bd. 12, ed. Heinr. Wölfflin, Bln. 1930, S. 51–65. – 60. Alfr. Gotthold Meyer, Kinder, Putten u. Engel in der Renaissanceplastik (1893), in: Gesammelte Reden u. Aufsätze, Bln. 1905, S. 31–39. – 61. Margrit Lisner, Die Sängerkanzel des Luca della Robbia, Diss. Freiburg i. Br. 1955 (masch.).
Zu VI: 62. Knipping Bd. 1 u. 2. – 63. Hugo Schnell, Der Baierische Barock, Mchn. 1936.
Hinweise gaben: Prof. Dr. Theodor Klauser, Bonn (frdl. Übermittlung der Fahnenkorrekturen seines Art. „Engel“ im RAC Bd. 5; zit. als [64]); Prof. Dr. Otto Demus, Wien; Prof. D. Dr. Hans Frhr. von Campenhausen, Heidelberg; Prof. Dr. Arno Schönberger, Bln. (steuerte ein in Kap. IV teilweise benutztes Ms. bei); Dr. Wolfg. Wegner, Mchn. (Engeldarstellungen bei Rembrandt; zit. [65]).
Verweise
Empfohlene Zitierweise: Wirth, Karl-August , Engel, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. V (1960), Sp. 341–555; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=93198> [04.04.2022]
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