Erdteile

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englisch: Continents; französisch: Les Parties du monde, continentes; italienisch: Parti del mondo, continenti.


Erich Köllmann und Karl-August Wirth unter Mitwirkung von Max Denzler (II. C), Hanno-Walter Kruft (II. A und B; V. A) und Ernst Kreuzer (IV–VI) (1965)

RDK V, 1107–1202


RDK IV, 1465, Abb. 11. Frederik van Valckenborch, 1612, Nürnberg.
RDK V, 1107, Abb. 1. Bern, 1. H. 9. Jh.
RDK V, 1107, Abb. 2. Florenz, 11. Jh.
RDK V, 1109, Abb. 3. Bamberg, M. 11. Jh.
RDK V, 1111, Abb. 4. Gent, um 1120.
RDK V, 1111, Abb. 5. Leipzig, M. 12. Jh.
RDK V, 1113, Abb. 6. Hildesheim, M. 12. Jh.
RDK V, 1115, Abb. 7. Wien, M. 14. Jh.
RDK V, 1115, Abb. 8. Brüssel, um 1360.
RDK V, 1117, Abb. 9. Mâcon, um 1480.
RDK V, 1119, Abb. 10 a und b. Giov. de Vecchi, um 1572-74, Caprarola.
RDK V, 1123, Abb. 11. Hendrick Goltzius, 1586.
RDK V, 1125, Abb. 12. Jonas Silber, 1589, Berlin.
RDK V, 1127, Abb. 13. D. Barendsz. (Entw.) und Jan Sadeler d. Ä. (Ausf.), 1581.
RDK V, 1127, Abb. 14. M. de Vos (Entw.) und A. Collaert d. J. (Ausf.), um 1595.
RDK V, 1129, Abb. 15 a und b. C. Mariotti (Entw.) und C. Grandi (Ausf.), 1603.
RDK V, 1129, Abb. 16. Claes Jansz. Visscher (Verleger), A. 17. Jh.
RDK V, 1131, Abb. 17. Dresden, um 1600.
RDK V, 1133, Abb. 18. Marcus Geeraerts d. Ä. (Entw.) und Mich. Snyders (Ausf.), vor 1604.
RDK V, 1133, Abb. 19. Francesco Brizio, um 1621.
RDK V, 1135, Abb. 20. Frans Franck(en) II, um 1636, Amsterdam.
RDK V, 1137, Abb. 21. Jan van Kessel, 1660, München.
RDK V, 1141, Abb. 22. Meister H. L., vor 1668, Dresden.
RDK V, 1143, Abb. 23. Hub. Quellinus, 1665-69.
RDK V, 1145, Abb. 24. Th. Regnaudin und Ét. Le Hongre, 1679, Versailles.
RDK V, 1147, Abb. 25. W. H. Kocks, 1700, Münster i. Westf.
RDK V, 1149, Abb. 26. Antonio Laghi (?), um 1705, Herrenhausen bei Hannover.
RDK V, 1149, Abb. 27. Andreas Schlüter, um 1703, Berlin (erhalten?).
RDK V, 1153, Abb. 28. St. Gallen, kurz nach 1707.
RDK V, 1155, Abb. 29. Joh. Rud. Byss, 1717, Pommersfelden.
RDK V, 1157, Abb. 30. C. D. Asam, zw. 1727 und 1730, ehem. München (zerst.).
RDK V, 1157, Abb. 31. Giov. Ant. Pellegrini (Schule), um 1736-37, ehem. Frankenthal (zerst.).
RDK V, 1161, Abb. 32. Werkstatt des Ehrgott Bernh. Bendel (?), um 1735, Klosterlechfeld bei Augsburg.
RDK V, 1161, Abb. 33. Franz Ignaz Berdolt, 1739, Landshut.
RDK V, 1163, Abb. 34. Franz Jos. Spiegler, 1749, Zwiefalten.
RDK V, 1163, Abb. 35. Joh. Wolfg. Baumgartner, um 1755, Augsburg.
RDK V, 1165, Abb. 36. Pieter van der Borght, M. 18. Jh., Wien.
RDK V, 1169, Abb. 37. D. Auliczek d. Ä., um 1765, Hamburg.
RDK V, 1169, Abb. 38. Joh. Göz (zugeschr.), 1760-62, Stuttgart.
RDK V, 1169, Abb. 39. Joh. Wilh. Lanz, um 1760, Mannheim.
RDK V, 1173, Abb. 40. Köln, M. 18. Jh.
RDK V, 1175, Abb. 41. Gottfr. Eichler d. J. (Entw.) und Jerem. Wachsmuth (Ausf.), um 1760.
RDK V, 1177, Abb. 41 a. Theodor de Bry, 1591.
RDK V, 1177, Abb. 41 b. Theodor de Bry, 1591.
RDK V, 1177, Abb. 41 c. Theodor de Bry, 1591.
RDK V, 1177, Abb. 41 d. Theodor de Bry, 1591.
RDK V, 1177, Abb. 41 e. Theodor de Bry, 1591.
RDK V, 1179, Abb. 42. Charles de Groff, 1768, München.
RDK V, 1185, Abb. 43. Anton Landes, nach 1761, Regensburg.
RDK V, 1185, Abb. 44. Innsbruck, 18. Jh.
RDK V, 1189, Abb. 45. Joh. Nieberlein, 1774, Dinkelsbühl.
RDK V, 1189, Abb. 46. Conrad Huber, 1791, Ingstetten Lkrs. Neu-Ulm.
RDK V, 1191, Abb. 47. Bernh. Rode, 1788.
RDK V, 1193, Abb. 48. Giov. Maria Cassini, 1792.
RDK V, 1195, Abb. 49. Priv.bes., 1. Dr. 19. Jh.
RDK V, 1197, Abb. 50. D. A. de Sequeira (Entw.) und J. Machado de Castro (Modelle), vor 1816. London.

I.

A. Begriff, Abgrenzungen

Die geographische Einteilung der Erde in E. (partes terrae; mißverständlich oft auch „Weltteile“ [partes mundi], s. u.) ist seit der Antike gebräuchlich, unbeschadet der Tatsache, daß zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Vorstellungen über die Form der Erde im ganzen bestanden. Die Ansichten über Ausdehnung und Beschaffenheit der einzelnen E. hängen stets von dem jeweiligen Stand der Kenntnis des „orbis terrarum“ ab, ebenso diejenigen über die Zahl der E. und über die Grenzen zwischen ihnen, die überdies in mehreren Epochen strittig waren.

Die ikonographische Bezeichnung „Erdteile“ umschreibt Darstellungen verschiedenen Inhalts. In wissenschaftlichen Darstellungen treten die E. vielfach für den Begriff „Erde“ ein. Mit gleicher Bedeutung sind die E. als Gefolge mythologischer Gestalten wiedergegeben: als Begleiter der Ceres kennzeichnen sie deren Wirken auf der ganzen Erde (vgl. Nagler, K.Lex. Bd. 23, S. 168 Nr. 143); noch deutlicher ist die Gleichung Erde = E., wenn die E. auf der von Atlas getragenen Erdkugel vorgestellt sind [25, Nr. 90].

Der Begriff „Erdteil“, wie er in der Ikonologie gebraucht wird, deckt sich nicht mit dem der Geographie. Die Bildkunde versteht darunter vor allem die Bewohner eines Erdteils, so daß für sie das allegorische Bild aller E. eine Formel für die Darstellung der ganzen Menschheit ist (so wie das Bild der neun Engelchöre die Gesamtheit der Engel repräsentiert).

Diese speziellere Auslegung des Begriffes verhilft zur Abgrenzung der allegorischen E.-Darstellungen von den ausschließlich geographisch oder kosmographisch motivierten kartographischen Wiedergaben der Erde in allen ihren Teilen (für die Berücksichtigung der E. im Kartenbild gibt es viele, hier allerdings nicht zu behandelnde Beispiele: s. Weltkarte, Landkarte, Globus, auch *Weltkugel als Attribut). – Vielfach wird zur ikonographischen Benennung von E.-Bildern der Begriff „Weltteile“ gebraucht; die „partes mundi“ (Himmel, Erde und Meer; s. Sp. 1124) haben mit den E. nichts zu tun. – In anderen Fällen hat die ungenügende Unterscheidung zwischen dem geographischen und dem ikonologischen E.-Begriff Unklarheiten entstehen lassen. So ist zwischen E. und „Weltgegenden“ – das sind die vier Himmelsrichtungen – öfters eine Verbindung geknüpft worden, obwohl diese kosmographische Einteilung grundsätzlich von derjenigen in E. verschieden ist; auch die Charakterisierung der vier Dimensionen der Erde (altitudo [oder: sublimitas], profundum, longitudo, latitudo), die, wie die Himmelsrichtungen, zumal durch allegorische Erklärung des Kreuzes Christi in Parallele zu den E. gebracht worden sind, steht mit den E. in keinem inneren Zusammenhang.

B. Namen der E.

Wie die einzelnen E. zu ihren Namen kamen, ist nur z. T. – bei den zuletzt entdeckten E. – mit Sicherheit zu sagen. Im ausgehenden 18. Jh. erhielt der fünfte E. den Namen ‚Australien’, der von lat. „australis“ (= südlich) abgeleitet ist und auf die geographische Lage des E. hinweist: dem von Kolumbus entdeckten, zunächst „Hispania Nova“ oder „Neue Welt“ („Novus Orbis“, „Mondo Nuovo“) genannten E. den Namen ‚Amerika’ zu geben, hatte der Kosmograph Waldseemüller nach 1507 vorgeschlagen: das Wort ist von dem ital. Namen Amerigo abgeleitet, daran erinnernd, daß durch die Reisebeschreibungen des Florentiners Amerigo Vespucci (1451–1512) das Abendland erstmals genauere Kenntnis von der neuen Welt erlangte. Die übrigen E.-Namen beruhen auf Benennungen der Antike, die von alters her vielfältig erklärt wurden.

,Afrika’: Der E. hieß bei den Griechen Λιβύη (nach der Teile seines Gebietes bewohnenden Völkerschaft der Λίβυες), bei den Römern Libya (Isidor von Sevilla, Etymologiae XIV, 5, 1 [nach Varro]: „Libya dicta quod inde Libs – das ist der nächste südliche Seitenwind zum reinen West – flat, hoc est Africus“). Auch im MA und in der Neuzeit ist noch öfters von einem E. Libya die Rede, wozu ferner eine an gleicher Stelle überlieferte andersartige Erklärung beitrug: „Alii aiunt Epaphum Iovis filium, qui Memphin in Aegypto condidit, ex Cassiopa uxore procreasse filiam Libyam, quae postea in Africa regnum possedit. Cuius ex nomine terra Libya est appellata.“ Lat. ,Africa’, ein Wort unbekannter Herkunft, war urspr. ein Sammelname für die Provinzen Africa proconsularis, Numidia und die beiden Mauretania (RAC Bd. 1, Sp. 173) und wurde erst später auf den ganzen E. übertragen (Plinius, Nat. hist. III, 3f.). Die im MA üblichen Worterklärungen stehen ebenfalls bei Isidor (a.a.O. XIV, 5, 2): „Africam autem nominatam quidam inde existimant, quasi apricam, quod sit aperta caelo vel soli et sine horrore frigoris. Alii dicunt Africam appellari ab uno ex posteris Abrahae de Cethura, qui vocatus est Afer.“

,Asien’: Ἀσία war seit unbekannter Zeit den Griechen der Name eines E.; sie erklärten das Wort etymologisch etwa im Sinne von „Moorland“ (Pauly-Wissowa Bd. z, Sp. 1534). Andere Interpretationen leiten es von assyrisch „açû“ (= Anfang [Sonnenaufgang]), aus dem Hebräischen („Mittelland“, „Grenzland“) oder von dem Wortstamm ἄσσα = Wasser – ἄσ(σ)ιος: der vom Wasser umgebene, im Meer liegende Kontinent – ab (Belege ebd.). Ein abweichender Typus der Erklärung führt den Namen auf Asie, Frau oder Mutter des Prometheus, auf Asies, Sohn des Kotys, oder auf die Ἀσιονεῖς in Maionien zurück (ebd.). Für das MA war die bei Isidor von Sevilla, Etymologiae XIV, 3, 1 fixierte Auslegung bestimmend: „Asia ex nomine cuiusdam mulieris est appellata, quae apud antiquos Imperium tenuit orientis.“

,Europa’: Der Name geht auf das griech. Εὐρώπη zurück, das aus εὐρύς und οπ zusammengesetzt ist (Pauly-Wissowa Bd. 6, Sp. 1287, mit antiken Erklärungen des Wortes; weniger wahrscheinlich sind Herleitungen aus dem Phönizischen oder Hebräischen: ebd. u. Sp. 1298). Seit dem 6. Jh. v. Chr. bezeichnet Europa das Gebiet nördlich des Mittelmeeres; seine Grenze im Westen ist die Straße von Gibraltar („Säulen des Herkules“), die Ostgrenze war lange umstritten (vgl. ebd. Sp. 1299). Der Zusammenhang mit der mythologischen Gestalt der Europa, s. dort, ist bereits bei Hippias von Elis hergestellt, der alle E.-Namen auf die von Töchtern des Okeanos zurückführte (Ἀσίη und Λιβύη waren die Halbschwestern der Europa; ebd. Sp. 1298). Nach einer der anderen Versionen wäre Europa des Agenor Tochter gewesen; so konnte Isidor von Sevilla (a.a.O. XIV, 4, 1) mit Bezug auf die Sage vom Raub der Europa erklären: „Europa quippe Agenoris regis Libyae filia fuit, quam Iovis ab Africa raptam Cretam advexit, et partem tertiam orbis ex eius nomine appellavit.“

C. Der unerforschte E.

Gelegentlich finden sich literarische und bildliche Belege dafür, daß man im späteren MA außer den drei, dann in den ersten Jhh. der Neuzeit außer den vier allgemein bekannten E. mit der Existenz eines vierten bzw. fünften E. rechnete. Dieser unerforschte Erdteil erhielt verschiedene Namen; ebenso verschieden war das Bild, unter dem man ihn vorstellte. Es ist vermutet worden, daß eine Äußerung des Marco Polo (1254–1324) den Anstoß gegeben habe, im Spät-MA von einem unbekannten Kontinent zu sprechen (Hyde [10], S. 23, ohne Quellenangabe). In der Neuzeit nährten Reiseberichte von den Entdeckerfahrten den Glauben an den noch unerforschten E.

In einer deutschen Historienbibel des 15. Jh. ist die Überzeugung ausgesprochen, daß „die vier lande Mascica, Masia, Europa vnd Affrica wegreiffent aller werlt gelegenheit gantz und gar“ (J. F. L. Theodor Merzdorf, Die dt. Historienbibeln des MA [= Bibl. des Lit.Ver. zu Stg., Bd. 100], Stg. 1870 [Neudruck: Hildesheim 1963], S. 58). Während „Masia“ als korrupte Schreibung für „Asia“ leicht erklärbar ist, steht für „Mascica“ eine befriedigende Deutung aus (Bezugnahme auf Machico, vgl. die Berichte über die Irrfahrten des englischen Ritters Machin?). Auf einer nicht nach 1461 geschaffenen Medaille von Franc. Laurana ist neben den drei alten E. ein vierter namens „Brumae“ – von „circulus brumalis“ (Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii VIII, 821: ed. Ad. Dick, Lpz. 1925, S. 433) – berücksichtigt worden (George Francis Hill, A Corpus of Italian Medals of the Renss. before Cellini, London 1930, S. 18 Nr. 63, Taf. 16).

Eine breitere Tradition hat die Annahme eines fünften E. Möglicherweise geht sie auf Antonio Pigafetta, Primo viaggio intorno al globo, den Bericht über die Weltumseglung des Magalhaes, zurück. Jedenfalls nennt Ortelius den unerforschten E. „Magellana“ und bildet ihn als schöne Nymphe ab, deren Gliedmaßen aber nur Stümpfe sind: „trunca manus et trunca pedes, vix cognita paucis“ [18, Sp. 56]; der Name Feuerland wird ein wenig romanhaft erklärt (ebd.), dürfte aber mit der alten Vorstellung von dem Land der größten Sonnennähe, in dem die Glut der Sonne menschliches Leben unmöglich macht, zusammenhängen. Ikonographisch hat sich der Name „Feuerland“ in einem Flämmchen als Attribut niedergeschlagen [18, Abb. 22]. Zwischen 1605 und 1607 stellte Matth. Kager an der Fass. des Augsburger Weberzunfthauses (1944 z.T. zerst.) „Fein artig die fünff thail der Welt“ dar, außer den vier bekannten E. „das vnbekante Landt / Gegen Süd: Sunst Feurlandt genandt“ (Bernh. Heupoldt, Kurtze doch aigentliche Beschreibung Erklärung unnd Außlegung der Gemähl am Weberhauß in Augspurg an dreyen underschiedlichen Orten, Augsburg 1607, V. 84 u. 87f. sowie Joh. Frdr. Göbel, Hist. Erklärung derer Gemähide außerhalb deß hierigen Weber-Hauses, Augsburg 1718, S. 11; die für die Restauration der Malerei 1913 angefertigten Kopien derzeit verschollen). – In einem Ballett, das 1649 zu Ehren des Vizelegaten und Generalgouverneurs von Avignon aufgeführt wurde, trat „der Herrscher über das unbekannte Land oder den fünften E.“ unter dem Namen „Pachacamas Yapu“ auf [10, S. 23]. – Eine Abbildung des bei Göbel (I, 1, S. 535) genannten Bildteppichs mit Darstellung von Australien (?) war nicht erreichbar.

II. Antike

Wenngleich E.-Darstellungen der Antike als solche selten sind (A), hat doch die antike Kunst die E.-Ikonographie der späteren Epochen z. T. stark beeinflußt: Personifikationen der Hauptstädte des Imperium Romanum, die ursprünglich nicht die Bedeutung von E. (-Repräsentanten) besaßen, dienten später als ikonographische Vorbilder für E.-Darstellungen (B); die Attribute der Personifikationen römischer Provinzen, besonders der Prov. Africa, gingen in der Neuzeit auf E.-Personifikationen über (C). Bereits in der Antike sind die Personifikationstypen der drei genannten Gruppen auswechselbar; in mehreren Fällen ist nicht sicher zu entscheiden, welcher der Gruppen eine Darstellung angehört.

A. Darstellung von E.

Die griechische Mythologie kennt mehrere Versionen über die Herkunft von Europa, Asia und Africa oder Libya (vgl. Pauly-Wissowa Bd. 6, Sp. 1298f.). Als Töchter des Okeanos haben sie zunächst keine Beziehung zu den E.; erst Hippias von Elis leitet von ihnen die Namen der E. her (Carl Müller, Fragmenta Historicorum Graecorum Bd. 2, Paris 1848, S. 61 fragm. 4). Damit ist literarisch der Personifikation der E. in der bildenden Kunst der Weg geebnet.

Im Zusammenhang mit imperialen Vorstellungen steht das Thema eines hellenistischen Marmorreliefs (Otto Jahn, Griech. Bilderchroniken, hrsg. v. Adolf Michaelis, Bonn 1873, S. 54ff., Taf. 6 M [Umzchg.]): zwei inschriftlich als ΕΥΡΩΠΗ und ΛΣΙΑ bezeichnete, jeweils mit einem Peplos bekleidete Frauen halten gemeinsam einen Schild, auf dem Alexanders d. Gr. Sieg über Darius in der Schlacht bei Arbela (Gaugamela), 331 v. Chr., geschildert ist. Beide Frauen tragen eine Mauerkrone, die Attribute, die sie in der Hand hielten, sind nicht mehr eindeutig zu bestimmen (Asien mit Schale?); Europa ist barfuß wiedergegeben, Asien mit Sandalen. Ikonographisch schließt an diesen Typus eine Gruppe von Münzen an, die unter Konstantius II. seit 343 geprägt wurden und die Reichshauptstädte Rom und Konstantinopel nebeneinander thronend und gemeinsam einen Schild haltend zeigen (Jocelyn M. C. Toynbee in: Journal of Roman Stud. 37, 1947, 138ff., Taf. 10ff.).

Ein aus der Casa di Meleagro in Pompeji stammendes Fresko (Neapel, Mus. naz., Inv.Nr. 8898), dessen Darstellung in der neueren Literatur oft – ob zu Recht? – als „Dido, von Aeneas verlassen“ bezeichnet wurde (Paul Hermann u. Reinhard Herbig, Dkm. der Mal. des Altertums, Mchn. 1934–50, Serie II, Taf. 214), galt früher als E.-Wiedergabe (Wolfg. Helbig, Wandgem. der vom Vesuv verschütteten Städte Campaniens, Lpz .1868, S. 223 Nr. 1113; einleuchtend besonders die Bestimmung der dunkelhäutigen Frau mit gekräuseltem Haar, die einen Elefantenzahn hält, als Afrika) oder als solche der personifizierten Alexandria zwischen Afrika und Asien (Roger Hinks, Myth and Allegory in Ancient Art [= Stud. of the Warburg Inst. Bd. 6], London 1939, S. 69).

Bei der oft als E.-Darstellung ausgegebenen Schilderung auf einem Bronzerelief des B.M. London (Archäol. Ztg. 42, 1884, Taf. 2, 2; Pauly-Wissowa a.a.O.) dürfte es sich um die Wiedergabe des Okeanos mit den Nereiden handeln.

B. Gruppen von Stadtpersonifikationen

Die ikonographischen Merkmale der antiken *Stadtpersonifikationen decken sich teilweise mit denen von E.- und Provinzdarstellungen (am Beispiel Alexandria – Afrika demonstriert von Hertha Sauer, Das Motiv nach-alexandrischer Köpfe mit Elefanten-Exuvie, in: Fs. Eugen von Mercklin, Waldsassen 1964, S. 156) und wirken vielfach auch auf nach-antike E.-Darstellungen ein. Hier interessiert nur die gruppenweise Wiedergabe der Hauptstädte des römischen Reiches (nach der diokletianischen Reichsteilung), weil diese leicht als Repräsentation der imperialen Macht in allen E. verstanden werden konnte.

In dem durch Nachzchgn. von 1620 überlieferten Kalender v. J. 354 waren der allein thronenden Roma Alexandria, Konstantinopel und Trier zugeordnet (Henri Stern, Le calendrier de 354 [= Inst. Franç, d’archéol. de Beyrouth. Bibl. archéol. et hist. Bd. 55], Paris 1953, Taf. 2f.; ebd. S. 124ff. über weitere Gruppen von Stadtpersonifikationen). Die helmbekrönte Roma hält in der Linken ein Zepter, in der Rechten einen Globus mit einer Viktoria (das Bild der Roma folgt einem von Münzen und einem konstantinischen Fresko aus der Domus Lateranorum, jetzt Rom, Mus. naz., bekannten Typus, wo allerdings der Globus noch Attribut der Viktoria ist, die auf der Handfläche der Roma steht; vgl. J. M. C. Toynbee a.a.O. Taf. 8, 1 u. 10, 5f. 8); die Hauptstadt des asiatischen Reichsteiles Konstantinopel ist von lichtertragenden Putten umgeben; sie hat eine Mauerkrone und hält mit der linken Hand einen Speer (sonst ein Zepter: ebd. S. 143), in der rechten einen Lorbeerkranz; neben ihr liegt ein Geldbeutel („fiscus“). Die auf afrikanischem Boden liegende Hauptstadt Alexandria hält Zweige, in ihrem Haar stecken Ähren, und im Hintergrund sind Getreideschiffe sichtbar. Trier schließlich, die römische Verwaltungshauptstadt nördl. der Alpen, ist wie Minerva mit Helm, Schild und Speer bewaffnet und legt ihre Hand auf einen gefesselten Barbaren. Wie in dem Kalender die Roma ist auf späteren E.-Darstellungen die Europa als Herrscherin vorgestellt; über die Berührungspunkte zwischen den übrigen Stadtpersonifikationen und nach-ma. E.-Bildern unterrichtet die Liste Sp. 1166ff.

C. Provinzpersonifikationen

Besonders nachhaltig haben Provinzpersonifikationen der Antike auf die E.-Ikonographie gewirkt, solche der Afrika (a) in höherem Maße als die der Asia (b).

a. Auf Münzen diente zur Bezeichnung der Provincia Africa gelegentlich der Elefant allein (Gian Guido Belloni, Le monete romane dell’età repubblicana [= Commune di Milano. Cat. delle raccolte numismatiche], Mailand 1960, S. 224 Nr. 2014: um 47–46 v. Chr.), meistens aber das Kopf- oder Brustbild einer Frau mit der Kopfhaut eines Elefanten auf dem Haupt (ebd. S. 195 Nr. 853, S. 225 Nr. 2019–21, S. 239 Nr. 2108, S. 249 Nr. 1015; alle 61 – 44–42 v. Chr.); in der Kaiserzeit konnte die Afrika auch als stehende oder liegende Frau vorgestellt werden (Max Bernhart, Hdb. zur Münzkde. der röm. Kaiserzeit, Halle a. d. S. 1926, Textbd. S. 104, Tafelbd. 74, 3–5. 8; Harold Mattingly, Coins of the Roman Empire in the B.M., III: Nerva to Hadrian, London 1936, S. 342 Nr. 808, S. 343 Nr. 810f.). Weitere Attribute sind u. a. Pflug und Kornähre (Belloni a.a.O. S. 225 Nr. 2019–21), Füllhorn, Korb mit Früchten, Löwe, Skorpion (Bernhart a.a.O.; Mattingly a.a.O.). Die bei Belloni (a.a.O. S. 225 Nr. 912) beschriebene Darstellung des löwenköpfigen „Genius Africae“ scheint die nachantike Kunst nicht übernommen zu haben.

Nicht nur auf Münzbildern sind Darstellungen der zur Person erhobenen „regio Africa“, die als göttliches Wesen verehrt wurde (Plinius, Nat.hist. 28, 5: ed. Carolas Mayhoff, Lpz. 1897, Bd. 4 S. 283), häufig anzutreffen. Auch dann ist die Elefantenkopfhaut das charakteristische Attribut.

Beispiele: Bronzebüste in Constantine (Georges Doublet u. Paul Gauckler, Mus. de C, Paris 1892, S. 41f. u. 100, Abb. a. Taf. 9); Marmorkopf in Cherchel, 1. Jh. n. Chr. (Stéphane Gsell, Bull. archéol. 1916, 56; Marcel Durry, Mus. de Ch., Supplement, Paris 1924, S. 37 u. 95f., Taf. 10. 4); Statue aus Lambaesis (Fasti Archaeol. Bd. 4, Florenz 1951, Nr. 4020); Rom, Thermenmus., Sarkophag, M. 3. Jh.: mit dem Ährenstrauß über einem Getreidescheffel als weiterem Attribut (sog. Annona-Typus; Wolfg. Helbig, Führer durch die öffentl. Slgn. klassischer Altertümer in Rom, Bd. 2, Lpz. 19133, Nr. 1273; J. M. C. Toynbee, The Hadrianic School, Cambridge 1934, Taf. 23, 2). – Unter den im 3. oder 4. Jh. entstandenen Mosaiken der Villa Romana del Casale bei Piazza Armerina ist die „regio Africa“ eine mit nacktem Oberkörper zwischen einem Elefanten und einem Tiger auf einem Felsblock sitzende Frau, deren rechte Hand in eine Baumkrone greift, während die linke ein Füllhorn hält; in der Nähe der Personifikation ist eine Reihe weiterer Attribute wiedergegeben: ein Ast mit Korallen, ein zweites Füllhorn und der sich aus dem flammenden Nest erhebende Phönix (Gino Vinicio Gentili, La Villa Erculia di Piazza Armerina. I mosaici figurati, Rom 1959, S. 42, Taf. 36). Für weitere Beisp. vgl. J. M. C.Toynbee a.a.O. (1934); Doro Levi, Antioch Mosaic Pavements Bd. 1, Princeton, London u. Den Haag 1947, S. 269 Anm. 36; H. Sauer a.a.O. [Sp. 1116f.], S. 152–60, Taf. 52–55.

b. In geringerem Maße als Darstellungen der Provincia Africa haben solche der Provincia Asia auf die E.-Ikonographie eingewirkt. Diese besitzen keine so ausgeprägten ikonographischen Kennzeichen wie jene und folgen mehr dem allgemeinen Typus antiker Provinzpersonifikationen. Auf den hadrianischen und antoninischen Münzen trägt Asia eine Mauerkrone (wie schon die ΑΣΙΑ auf der Dareiosvase des Mus. naz. in Neapel, eine Personifikation der griech. Städte Kleinasiens: Ludw. Curtius, Ἐϕημερὶς Ἀρχαιολογιϰή 100, 1937, 497), hält eine Schale in der Rechten oder ein Diadem oder den kaiserlichen „fiscus“ und in der Linken ein Ruder, gelegentlich ein Zepter oder einen Anker; bisweilen steht sie auf dem Bug eines Schiffes (Beisp. bei J. M. C. Toynbee a.a.O. [1934], S. 49ff. u. 148, Taf. 3, 1–4 u. 7, 9–11).

III. MA

Die Vorstellung, wonach die Erde in drei E. einzuteilen sei, übernahm das Mittelalter von der Antike, ebenso die Demonstrationsfigur, vermittels deren die geographische Systematisierung zum Ausdruck gebracht wurde (A). Diese hat jedoch nur sehr selten selbständige Bedeutung, sondern ist mit Vorstellungen durchsetzt, die inhaltlich weit über die erdkundliche Beschreibung hinausgehen. Das hatte zur Folge, daß die bildliche Darstellung der E. während des gesamten MA fast immer im Schatten der Vorstellungen verblieb, denen die E.-Einteilung integriert worden war. Die unscheinbare Demonstrationsfigur wurde als Attribut verwendet (B) und dabei gelegentlich, dem Hauptthema der betreffenden Darstellung Rechnung tragend, in Einzelheiten abgewandelt. Die Verquickung des geographischen E.-Systems mit heilsgeschichtlichen Interpretationen ließ Darstellungen und Bildmotive entstehen, in denen die E.-Thematik umschrieben wird, ohne daß sie unmittelbar bildlich zum Ausdruck gebracht wird (C): Personifikationen der E. waren im MA so gut wie ungebräuchlich (D).

Die Epochen des MA haben dennoch für die E.-Ikonographie zu Beginn der Neuzeit Bedeutendes geleistet; haben sie doch Vorstellungen überliefert und konzipiert, ohne die weder das rasche Aufblühen der E.-Ikonographie zu Beginn der Neuzeit noch die dabei verwendeten Bildkonzeptionen ganz verständlich wären. Nicht minder eng ist der Zusammenhang auf dem Gebiet der Ikonologie.

A. Formelhafte Darstellung der E.

Die schematische Bildformel, vermittels deren man im MA die geographische Einteilung der Erde in drei E. von unterschiedlicher Größe veranschaulichte, zeigt die Erde (orbis) als Kreis (rota, rotella) – bisweilen auch als Quadrat (wie St. Gallen, Stiftsbibl., cod. 621, S. 35) –, dessen eine Hälfte, gewöhnlich die obere, Asien einnimmt und in dessen zweite Hälfte sich Europa und Afrika teilen. Die Grundformel, als „orbis tripartitus“ oder „orbiculus“ bezeichnet, ist in beinahe allen ma. Enzyklopädien und für Schulzwecke gebrauchten Schriften enthalten (Abb. 1 ; ma. Merkvers: „Un T dentro / a uno O monstra il disegno / Come in tre parte fu diviso il mondo“); sie wurde bisweilen geringfügig variiert (Abb. 2 und 7) und diente als Grundlage für differenziertere kartographische Darstellungen der Erde (s. Landkarte, Weltkarte; einschlägige Lit. bei Leo Bagrow u. R. A. Skelton, Meister der Kartographie, Bln. 1963). Von den modifizierten Darstellungen des orbiculus interessieren hier nur solche, bei denen die Grundformel nicht (oder nicht primär) der erdkundlichen Beschreibung zuliebe erweitert wurde.

Die künstlerische Paraphrase des orbiculus hat das Linienschema der Formel durch Wasserstreifen ersetzt: nach (antiker wie) ma. Ansicht schwimmt das Festland der Erde auf dem Weltmeer (vgl. Erde, Sp. 1025ff.; Abb. 2) und werden die E. durch Meer oder Flußläufe voneinander geschieden (Mittelmeer, Nil oder Rotes Meer oder Persischer Golf, Indus); die einzelnen E. erscheinen als Inseln und sind bald mehr, bald weniger als Landschaft geschildert. Auch figürliche Motive können eingestreut sein; sie brauchen sich inhaltlich jedoch nicht nach Charakteristica des jeweiligen E. zu richten. Ansätze zur Konkretisierung kommen gelegentlich im Hoch-MA vor (vgl. etwa Moulins, Bibl. mun., ms. 1 [Bibel aus Souvigny], fol. 4v, 2. H. 12. Jh.: Ausst.Kat. „Mss. à peintures du VIIe au XIIe s.“, Paris, B.N., 1954, S. 112f. Nr. 331), doch erst im Spät-MA mehren sich die Beispiele (Abb. 9). Diese gestatten keine typenmäßige Gruppierung.

Vielfach ist der orbiculus mit Inschriften oder Bildzeichen versehen.

Die Inschriften bestehen, von den heilsgeschichtlich motivierten Angaben und nach Art eines Kartenbildes angeordneten geographischen Einträgen abgesehen, aus der Beschreibung der Ausdehnung jedes E. (Abb. 2), der Aufzählung der Provinzen (vgl. Sp. 1060, Abb. 30) oder aus den Namen der „Hauptstädte“ jedes E. sowie der Bezeichnung des Mittelpunktes der Erde (Abb. 7). Kunstgeschichtlich ist die zuletztgenannte Variante am interessantesten: sie überliefert in abgewandelter Form ein Bildkonzept der imperialen Ikonographie der Antike, das Stadtpersonifikationen (als Vertreterinnen der drei E.?) der Roma zuordnete (s. o. Sp. 1116f.). Jerusalem ist Erdmittelpunkt, Rom tritt für Europa ein, Karthago für Afrika und Babel für Asien. Untersuchungen darüber, ob diese Gruppe von Städten im MA zur indirekten Darstellung der E. diente, fehlen.

Die meisten der Bildzeichen, die in die Felder des orbiculus eingetragen wurden, entziehen sich der Deutung. Eine Ausnahme von dieser Regel macht eine kölnische Miniatur des 12. Jh. (Abb. 5): hier ist das Asienfeld mit einem roten, ein Bündel Strahlen aussendenden Stern geschmückt. Gemäß typologischer Auslegung von 4. Mos. 24, 17 (orietur stella ex Jacob) auf Christus, dessen Stern „in Oriente“ – d. h. nach der Lage der E.: in Asien – aufging (vgl. etwa Mt. 2, 9; s. a. Sp. 1129), kam es zu diesem Eintrag in den orbiculus.

Eine seltene Sonderform der schematischen E.-Wiedergabe ist die Abbildung der E. durch drei jeweils mit einem E.-Namen beschriftete Kugeln oder Scheiben. Eine augusteische Goldmünze, die seit ihrer Reproduktion in „Caroli Ducis Croyiaci et Arschotani ... Numismata“, Antwerpen 1654, Taf. 15, 15, oft abgebildet wurde, belegt den antiken Ursprung dieses E.-Bildes. Entsprechende ma. Darstellungen sind bisher nicht bekannt geworden, doch bezeugt die Nachricht des Kodinos über eine Jupiterstatue in Konstantinopel, daß man die Vorstellung als solche kannte (vgl. Karl Krumbacher, Gesch. der byzantin. Lit., Mchn. 18972, S. 425). In der Neuzeit taucht das Motiv dann wiederum im Bild auf: um eine vierte Kugel („America“) bereichert, bediente sich Wolfg. Kilian seiner, um die Vanitas – E. als vom Teufel hervorgebrachte Seifenblasen – zu schildern (Titelkupfer zu M. Staudacher, Centum affectus amoris divini, Dillingen 1647).

B. Die E.-Bildformel als Attribut

Sehr häufig wurde im MA der orbiculus als Attribut wiedergegeben und der Personifikation solcher wissenschaftlicher Disziplinen, deren Aufgabe die Erforschung der Erde ist (1), zugeteilt; ferner ist das Attribut an Herrscher oder Personifikationen herrscherlicher Macht vergeben (2) und, am häufigsten, an Christus (3). In allen Fällen ist zu prüfen, ob nicht der orbiculus nur als eine der – meist beliebig vertauschbaren – schematischen Darstellungen des Begriffes Erde verwendet wurde; es scheint kein Bildthema zu geben, bei dem nicht anstelle des orbiculus ebensogut ein anderes Attribut benutzt werden konnte, vgl. *Weltkugel als Attribut. Die Vertauschbarkeit einer Reihe von Attributen hat mehrfach zu integrierenden Darstellungen geführt. So konnte das Einteilungsschema des orbis tripartitus auf Attribute übertragen werden, deren Form mit der im MA gültigen Ansicht über die Gestalt der Erde nicht harmonierte. So hat man das E.-Schema oftmals einer Kugel aufgeschrieben; diese formale Verflechtung kann selbstverständlich nicht als Beleg dafür verstanden werden, daß man sich im MA mancherorts die Erde kugelförmig vorgestellt hätte.

Im folgenden ist auf einige Beispiele hingewiesen, bei denen das orbiculus-Attribut möglicherweise mit Absicht gegenüber sonst alternativ verwendbaren Attributen bevorzugt wurde (oder wenigstens als Mittel nuancierter Bildkonzeption verständlich ist). Die Übersicht deutet an, welche typischen Gesichtspunkte für die Wahl des orbiculus-Attributes sprechen konnten; eine vollständige Aufzählung aller Personen und Personifikationen, die das Attribut besitzen, ist nicht erstrebt.

1. Innerhalb des Wissenschaftssystems der freien Künste hat die Geometrie u. a. die Aufgabe, die Erde zu vermessen, und die Astronomie behandelt die Gesetze, nach denen die „machina mundi“ bewegt wird. Daher kann ihren Personifikationen und jedem ihrer Repräsentanten der orbiculus als qualifizierendes Attribut zugeteilt sein (die Annahme, daß wir im Cod. Sangallensis 817 eine Bildbeschreibung aus dem 10. Jh. besitzen, die das orbiculus-Attribut für die Geometrie erstmals belegt [Percy Ernst Schramm, Sphaira. Globus. Reichsapfel, Stg. 1958, S. 56], beruht allerdings auf irriger Interpretation des Textes: „trinarum machina rerum“ ist nicht mit dem „orbis tripartitus“ in Verbindung zu bringen, sondern bezieht sich auf die Dreiheit von Erde, Meer und Himmel, die von jener „machina Der Name des Attributs „[Sache“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.]“ bewegt wird).

Ein Beispiel für die Verwendung des Attributes, die nicht auf die Materie einer Disziplin zurückweist, ist die Personifikation des Jus civile, der Andrea da Firenze den orbiculus und ein zweischneidiges Schwert als Attribut gab (Florenz, S. M. Novella, Spanische Kapelle, nach 1350: [12] Bd. 2, S. 217 Abb. 243); von Vorstellungen aus der imperialen Ikonographie (s. u. B. 2) abgeleitet, dient hier der orbiculus als Hinweis auf die Rechtsgrundlage der Herrschaft und den legitimen Anspruch imperialer Macht, dem Recht überall Geltung zu verschaffen. Entsprechende programmatische Bedeutung besitzt auch das orbiculus-Attribut, wenn es Tugenden zuerkannt ist, deren Verwirklichung den Bewohnern aller E. anempfohlen oder von ihnen gefordert wird.

2. Im Bereich der imperialen Ikonographie ist das orbiculus-Attribut als Abbildung einer aus der Antike stammenden metaphorischen Umschreibung des Begriffes Weltherrschaft zu verstehen: diese besteht aus der Herrschaft über (die Bewohner) alle(r) E. Die gleiche Bedeutung kann auch vermittels anderer Zeichen ausgedrückt werden: durch Sphaera, Kugel, Globus, Reichsapfel usw. (vgl. P. E. Schramm a.a.O.). Wenn der orbiculus als Herrscherattribut dient, ist er in aller Regel dem Inhaber oder der Personifikation des Imperiums in die Hand gegeben (s. daher Reichsapfel). Auffälligerweise kommt der orbiculus meist auf Bildern von Herrschern der Antike vor, selten bei jeweils zeitgenössischen Herrschern (kein einziges Beispiel bei P. E. Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit, 1. Teil: bis zur M. des 12. Jh., Lpz. u. Bln. 1928).

Die Vorstellung vom Herrscher über alle E. ist in besonderem Maße mit Alexander d. Gr. verbunden. Schon die Antike sah in ihm den über alle Grenzen hinausstrebenden Welteroberer und -beherrscher (vgl. a. die Sp. 1115f. genannte Darstellung). Als Prodigium seiner Herrschaft über Asien und Europa ließen sich bei seiner Geburt zwei Adler auf dem Dachfirst des Palastes nieder (Justinus, Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi XII, 16, 5: ed. Otto Seel, Lpz. 1935, S. 121); im griech. Alexanderroman des Ps.-Callisthenes, wohl 2. H. 3. Jh. n. Chr. (III, 26), rühmt sich Alexander selbst der Eroberung dreier E. (ed. Carl Müller in Fr. Dübners Arrian-Ausg., Paris 1846, S. 137; in der lat. Übers. von Julius Valerius, Ende 3./A. 4. Jh., ist diese Textstelle erweitert), was im MA auch als Kennzeichen seiner Superbia ausgelegt wurde (so im Alexanderroman des Archipresbyters Leo von Neapel, 10. Jh.: ed. Frdr. Pfister [= Slg. mittellat. Texte, 6], Heidelberg 1913, S. 86. 28; s. a. S. 121. 4f.). Über viele Zwischenglieder erreichte diese Überlieferung noch Gerard de Lairesse, der in „Het Groot Schilderboek“ (Amsterdam 1707, Teil 1, S. 154ff.) als Exemplum der Eitelkeit einen Traum Alexanders darzustellen empfiehlt, in dem die E. Asien, Afrika und Amerika (!) gefesselt neben anderen Personifikationen auftreten.

Die Darstellung des Kaisers Augustus mit dem orbiculus-Attribut wurde durch das Zeugnis Isidors von Sevilla, demzufolge er die Kugel als Zeichen für die ihm im ganzen Erdkreis unterworfenen Nationen angenommen habe (Etymologiae XVIII, 3, 4), und vor allem durch das der Bibel begünstigt: „Factum est autem in diebus illis, exiit edictum a Caesare Augusto, ut describeretur universus orbis“ (Lk. 2, 1). Mit dieser Beischrift ist Augustus, den orbiculus in der Hand, in Ill. zu Lamberts von St-Omer „Liber floridus“ abgebildet worden (Abb. 4).

Die Erinnerung an Konstantin d. Gr., den ersten christlichen Weltherrscher, beschwor Cola di Rienzo bei dem großen ital. Verbrüderungsfest in Rom. Am 2. August 1347 verlieh er an die Stadt Perugia „felicis memorie imperatoris Constantini“ eine Fahne, die außer dem Bild des Kaisers die drei E. zeigte (Konrad Burdach, Vom MA zur Reformation Bd. 2, 1, Bln. 1913–28, S. 99 u. ö.; ebd. Bd. 2, 3 [1912], S. 114 u. Bd. 2, 4 [1912], S. 25f.). Die imperiale „E.“-Vorstellung hängt hier auf das engste mit dem Streben zusammen, den Glanz des römischen Imperiums wiederherzustellen.

Eher biographische Illustration liegt der Zuordnung des orbiculus zu Pompeius in Arnulfs von Orleans „Glosule super Lucanum“ (ed. Berthe M. Marti, Rom 1958, S. 452 u. 453) zugrunde, vgl. Erde, Sp. 999.

Auf dem um 1300 entstandenen Reisealtar König Christians I. von Dänemark ist der hl. Olaf von Norwegen zu Pferd abgebildet; er hält in seiner Rechten eine Axt, das Pferd schreitet über eine am Boden liegende Kugel, der das E.-Schema aufgeschrieben ist (mit korrupter Beschriftung). Die seltsame und beispiellose Anordnung des orbiculus ist bisher unerklärt (P. E. Schramm a.a.O. [1958], S. 84, Abb. 69 b). Sollte hier etwa, eingedenk christlicher Vergänglichkeitssymbolik (vgl. ebd. S. 86f.), die Nichtigkeit der weltlichen Herrschermacht gegenüber derjenigen der Heiligkeit zum Ausdruck gebracht werden?

Der Bezug E. – Weltherrschaft liegt auch dem Vorkommen des orbiculus-Attributs auf Darstellungen von Personifikationen imperialen Herrschertums, allen voran der Roma zugrunde. Als Beispiel sei die Ill. zum „Liber ystoriarum Romanorum“ in Cod. in scrin. 151, fol. 57v der Staats- u. U.B. Hamburg genannt (Rom, 2. H. 13. Jh.: Carlo Cecchelli, La vita di Roma nel medio evo Bd. 1, 1, Rom 1951–52, Abb. S. 608). Die thronende Roma, gekrönt und in ihrer Linken den orbiculus haltend, empfängt die Huldigungen von India und Gallia, denen Sonne bzw. Mond als Hinweise auf die geographische Lage der beiden „Provinzen“ beigegeben sind. Die mehr oder weniger von Vorbildern der römischen Kaiserzeit abhängige Darstellung vertritt einen Bildtypus, der eine der Voraussetzungen für die nach-ma. Personifikationen des E. Europa bildet (s. u. Sp. 1169f.).

Der Anspruch des Primats der römischen Kirche ist ebenfalls durch die Belehnung ihrer Personifikation mit dem orbiculus vorgestellt worden: in der genannten Hamburger Hs. ist fol. 123v die „Ecclesia Romana“ wiedergegeben (C. Cecchelli a.a.O. Abb. S. 609; Ausschnitt bei P. E. Schramm a.a.O. [1958], Abb. 73 b, ebd. S. 84f. unzutreffend als Personifikation der Kirche schlechthin bezeichnet). Sie steht auf zwei Drachen und einem Löwen („leo significat Imperium romanum“, Beischrift). Das orbiculus-Schema ist einem Globus in ihrer Rechten aufgeschrieben (seine Felder sind textiert: „africa“, „europa“ und, im Asien-Halbkreis, „totus mundus“), auf dem ein Engel mit einer Fahne steht, ein Nachfahre der antiken Viktoria und wie diese ein Siegeszeichen („triumphus clericorum“). In ihrer Linken hält sie ein Kirchenmodell („ecclesia dei“), ein Nimbus umgibt ihr Haupt.

3. Mit dem Bild des thronenden Christus ist das orbiculus-Attribut vornehmlich auf zweierlei Weise verbunden: auf Darstellungen der Majestas Domini und Ill. zu 1. Mos. 2, 1–3 (siebter Tag der Welt) hat Christus das Attribut wie ein Herrschaftszeichen in der Hand; wenn der thronende Christus seine Füße auf den orbiculus setzt (Abbildung 5), tritt dieser für den Begriff Erde ein (gemäß Jes. 66, 1; Apostelgesch. 7, 49; Mt. 5, 34f.; s. Erde, Sp. 1065ff.).

Der stehende Christus, der in seinen ausgebreiteten Armen einen großen orbiculus hält (vgl. Sp. 1060, Abb. 30), ist vergleichsweise selten dargestellt. Über diese sog. Syndesmos-Figur s. Erde, Sp. 1079f.

Nur selten finden sich Ill. des dritten Tages des *Sechstagewerkes, bei denen die Erde im orbiculus-Schema vorgestellt wird (z. B. Sp. 1057/58, Abb. 28). Diese angesichts der häufigen Vertauschung von Erde-Rota und orbiculus überraschende Tatsache erklärt sich wohl aus der im folgenden beschriebenen Vorstellung.

C. Heilsgeschichtliche E.-Interpretation und -Darstellung

Der Bezug auf heilsgeschichtliche Vorstellungen ist die Grundlage für die meisten E.-Darstellungen des MA, läßt man die Wiedergabe als orbiculus beiseite: sogar für alle bisher bekannt gewordenen Beispiele.

Nach ma. Lehrmeinung erhielt die Erde erst nach der Sintflut ihre „endgültige“ Gestalt. Auf diese bezieht sich das orbiculus-Schema. Nach der Sintflut „in ... tribus filiis Noe secunda origo saeculi surrexit, ut tres partes mundi a trium generatione implerentur“ (Hrabanus Maurus, De naturis rerum II, 1: Migne, P. L. 111, Sp. 34; ebenso äußern sich nahezu alle Autoren des MA): die drei *Söhne Noahs sind jeweils die Stammväter der Bewohner eines E. Die dem MA selbstverständliche Auffassung führte dazu, neben oder statt der E.-Namen die der Noahsöhne in die Felder des orbiculus zu schreiben. Die Bewohner Asiens stammen von Sem, die Afrikas von Cham und die Europas von Japhet ab.

Als die Sprachverwirrung den Bauarbeiten am Turm in Babel ein Ende setzte, „cessantes a proposito per orbem tripartitum in diversis regionibus secundum linguarum suarum varietates disseminati sunt“ (Vinzenz von Beauvais, Spec. hist. I, 62: Ausg. Douai 1624, S. 24). So kam Asien an die 27 Geschlechter Sems, Afrika an die 30 aus Cham und Europa an die 15 aus Japhet (Petrus Comestor, Hist. scholastica, Lib. Genesis 37: Migne, P. L. 198, Sp. 1087f.).

Diese Vorstellungen haben in der bildenden Kunst vornehmlich als Illustrationen zu Geschlechtsregistern, zumal nach den Weltzeitaltern geordneten, und zu Traktaten über die Sprachen der Menschheit einen Niederschlag gefunden.

So sind z. B. in den genealogischen Tabellen der Beatus-Hss. zu Beginn des zweiten Weltzeitalters entsprechend textierte orbiculi anzutreffen (Wilh. Neuß, Die Apokalypse des hl. Johannes in der altspan. und altchristl. Bibel-Ill. [= Span. Forschgn. der Görres-Ges. II, 2–3], Münster i. W. 1931, Taf.-Bd. Abb. 18/19); als Brustbilder in kreisrunden Medaillons, dem Stammbaum-Schema eingeschrieben, sind die Noahsöhne über das MA hinaus wiedergegeben worden (etwa: Holzschnitt-Ill. zum „Rudimentum noviciorum“, Paris 1536, Bd. 1 Bl. D 6r: Ruth Mortimer, French 16th C. Books, Cambridge/ Mass. 1964, S. 580 Nr. 469 m. Abb.). – In einer von genealogischen Tabellen entliehenen Form sind die Noahsöhne im Prüfeninger Cod. lat. 14 159 der B.St.B. München, fol. 187v dargestellt, hier zur Ill. eines Traktats über die Sprachen der Menschheit; im oberen und seitlichen Rahmen der Ill. sind die Gebiete, jeweils nach E. geordnet, aufgezählt (Boeckler, Regensburg Taf. 39 Abb. 43). Im übrigen s. *Söhne Noahs.

Der Zusammenhang E. – Noahsöhne ist oft heilsgeschichtlich ausgelegt worden. Hrabanus Maurus sieht in letzteren ein Vorbild der Kirche; das komme schon durch ihre Namen zum Ausdruck, die er nach Hieronymus, Lib. interpretationis Hebraicorum nominum (ed. Paul de Lagarde, Corp. Chr. S. L. 72, S. 63.11f., 67.11f. u. 71.13f.), erklärt.

Sem („nominatus“) ist Stammvater der Erwählten, weil aus seinem Geschlecht Patriarchen, Propheten, Apostel, das Gottesvolk und „ex ipsius quoque stirpe et Christus“ hervorgingen; Cham („calidus“) erhielt Afrika, wo er zur Strafe für sein Verhalten gegenüber dem trunkenen Noah durch die Glut der nahen Sonne dunkelhäutig wurde (so noch Peter Bayle, Hist. und Critisches Wörterbuch, ins Deutsche übersetzt von Joh. Chrn. Gottsched, Lpz. 1741, Bd. 1 S. 137; der Fluch lastet auch auf seinen Nachfahren, die als Erfinder der Idolatrie galten, nach anderen soll Cham selbst als Jupiter Aramon verehrt worden sein: ebd.); Japhet („latitudo“) ist der Stammvater der Europäer, der Heiden, denn aus diesen kam „multitudo credentium, ab eadem latitudine Japhet dictus est, quia conversatur in ecclesiis Israelitarum“ (a.a.O. [Sp. 1127]).

Diese Interpretation, durch die Vorstellungen aus den Genesiskommentaren in die enzyklopädische Überlieferung eingingen, hatte zur Folge, daß Vertreter der Bewohner je eines E. (1) und auch Repräsentanten der von den Bewohnern eines E. ausgeübten Religion (2) als Exempla der E. dargestellt werden konnten.

1. Allen Epochen des MA war die Vorstellung bekannt, die Drei Könige seien Nachkommen von jeweils einem der Noahsöhne und (auch) in dem Sinne Repräsentanten der Menschheit, als sie aus den drei E. kämen.

Die Kombination Drei Könige – E. fußt auf Augustinus (Hugo Kehrer, Die hl. Drei Könige in Lit. u. K. Bd. 1, Lpz. 1908, S. 34, m. Belegen) und ist durch Hrabanus Maurus – nach dem Vorgang des Claudius von Turin? – eingebürgert worden (Comm. in Mt. I, 2: „mystice autem tres magi significant gentilem populum ex tribus filiis Noe procreatum et a tribus partibus orbis ad Christi fidem venientem“: Migne, P.L. 107, Sp. 760; die oft zitierte angebliche Beda-Stelle ist ein hoch-ma. Exzerpt aus Hrabans Mt.-Kommentar: Fr. Stegmüller, Repertorium biblicum medii aevi Bd. 2, Madrid 1950, Nr. 1678). Inhaltlich entsprechende Bemerkungen finden sich u. a. auch in dem „Mitrale“ des Siccardus von Cremona (V, 9: Migne, P.L. 213, Sp. 235); geläufiger war jedoch die Ansicht über die Herkunft der Drei Könige, die mit den typologischen Gegenüberstellungen von Jes. 60, 1–6 und Ps. 72 [71], 10 harmonierte (vgl. RDK IV 477; so auch Petrus Comestor, Hist. schol., und – danach – Vinzenz von Beauvais, Spec. hist.).

Jedem ma. Drei Könige-Bild konnte diese Auslegung gegeben werden. Erst im späteren MA ist sie aber nicht mehr „interpretatio posterior“, sondern gewinnt Einfluß auf die Bildgestaltung selbst. Physiognomie und Gewandung können die Drei Könige als E.-Repräsentanten charakterisieren (s. Exoten); den Königen wurden Wappen verliehen, die ihre Herkunft aus Asien, Afrika und Europa andeuten.

In den Wappenbüchern des 14. Jh., zuerst wohl im „Wappenbuch von den Ersten, gen. ‚Codex Seffken’“ (ed. Adolph M. Hildebrandt u. Gustav A. Seyler, Bln. 1893, Bl. 41v), erscheinen Fantasiewappen der Drei Könige (Abb. 8): Kaspar (Asien) erhält als Wappenbild einen Stern mit senkrecht gestelltem, zugewendetem Halbmond, der gekrönte Wappenhelm trägt einen Judenrumpf; Balthasar (Afrika) führt einen Mohren im Wappen, der ein Fähnchen und oft auch einen Schild hält (bisweilen ist das Wappenbild Darstellungen des hl. Mauritius angeglichen), auf dem gekrönten Helm findet sich ein Mohrenrumpf; Melchior (Europa) hat Sterne im Wappen (die Zahl ist variabel, öfters sind es sechs: 3, 2, 1 oder neun), und auf einer Erhöhung über dem gekrönten Helm erscheint ein weiterer Stern (G. A. Seyler, Gesch. der Heraldik in: Joh. Siebmachers großes und allgem. Wappenbuch, Abt. A, Nürnberg 1885–89, S. 531; Wilh. Ewald, Rheinische Heraldik [= Rhein. Ver. f. Dpfl. u. Heimatschutz 27, 2], Düsseldorf 1934, S. 113f., Abb. 45 u. 158–160 a). Bisweilen ist versucht, andere Herkunftsvorstellungen mit Hilfe der Wappenbilder zu belegen (so ist 1483 in „Des Conrad Grünenberg ... Wappenbuch“, ed. Ad. M. Hildebrandt u. Gg. Starke, Görlitz 1883, Erg.-Bd. Taf. 15, das „Asien“-Wappen vergeben an „thaussany dz kungrich / dannen der hailgen dri kunig ainer wz“).

Die in den Wappenbüchern des späteren MA und der Neuzeit, bis in die 2. H. 17. Jh., ziemlich regelmäßig berücksichtigten Drei Könige-Wappen kommen nur im deutschen Sprachgebiet vor. In heraldischer Anordnung finden sie sich auf kölnischen Münzen (Beisp. bei H. Kehrer a.a.O. Bd. 2 [1909], Abb. 268 a, Nr. 3, 7 u. 11) und auf einem Fresko an der N-Seite der Herrenkirche im Kloster Maulbronn (Fot. Württemberg. Landesbildstelle Stg., Nr. 45 849).

Viel gebräuchlicher war es, dem Gebrauch der Zeit und des Rittertums entsprechend, die Zeichen auf die Fahnen des Gefolges der Drei Könige zu malen; aus dem häufigen Farbwechsel der Wappen auf Gemälden ist die Benutzung graphischer Vorlagen zu erschließen. Zumal Kölner und Nürnberger Maler der Spätgotik haben viele Beispiele hinterlassen. Unter den im Detail recht zahlreichen Varianten ist die Zuordnung von Himmelskörpern erwähnenswert: Kaspar-Asien erhält den Mond, Balthasar-Afrika die Sonne und Melchior-Europa Sterne (H. Kehrer a.a.O. Bd. 2, Abb. 267).

2. Die Repräsentation der E. durch die verschiedenen Religionen ihrer Bewohner ist eine bereits in karolingischer Zeit geläufige Vorstellung. In seinem „Carmen de rerum humanarum vicissitudine et clade Lindisfarnensis monasterii“ (Migne, P. L. 101, Sp. 805ff.) gedenkt Alcuin der drei E.: das gerade von den Mohammedanern überschwemmte Asien ist von den Gottesfeinden unterdrückt, Afrikas Bewohner huldigen der Idolatrie und „Hesperiae populus (die Europäer), quondam gens inclyta bellis, / Invisis sceptris servit ...“. Dieserart Erklärungen, zu denen auch die oben referierte typologische Interpretation Hrabans gehört (s. Sp. 1129), liegen dem interessantesten E.-Bild des Hoch-MA, der bisher nicht vollständig gedeuteten Miniatur fol. 154v des Cod.Bibl. 94 der St.B. Bamberg (Abb. 3), zugrunde.

Die um M. 11. Jh. in Köln entstandene Darstellung, mit einer folgenden zusammen zur Ill. von Joh. 1, 1ff. bestimmt, zeigt u. a. den von Seraphim verehrten Christus auf einer ungewöhnlich großen Erde-Rota thronend, in die ein mandelförmiges Feld mit dem Einteilungsschema des orbiculus einbeschrieben ist (in dem horizontalen Streifen ist der Text von Joh. 1, 3 eingetragen). Die obere Hälfte des orbiculus (= Asien) zeigt in der Mitte die von zwei Engeln flankierte Bundeslade, auf die Christus seine Füße setzt. Die Bundeslade ist ein bevorzugter Erscheinungsort der Gottheit, vgl. etwa 2. Mos. 25, 22; 29, 45; 32; 40, 34ff.; „wenn Gott ... auf dem Altar erscheint, soll dadurch eine Epiphanie ausgedrückt werden“ (RAC V, Sp. 857). Für die Asien-Darstellung im ganzen ist offenbar Ps. 99 [98] die Grundlage: „Der Herr ist König ...; er sitzt auf den Cherubim (der Bundeslade), ... Der Herr ist groß zu Zion“ (V. 1f.); die dem Gebot, Gottes Fußschemel anzubeten (V. 5), nachkommenden Männer sind Moses, Aaron und Samuel (V. 6; entsprechende Darstellungen in der Psalterillustration: Moses und Aaron in Proskynese vor Christi Fußschemel oder das Kreuz Christi verehrend, vgl. J. J. Tikkanen, Die Psalterill. im MA Bd. 1, Helsingfors 1895, S. 96). Der Darstellung der Semiten = Asienbewohner beim jüdischen Gottesdienst ist im linken unteren Feld der Götzendienst der Nachkommen Chams, der Afrikaner, und im rechten unteren Feld die Taufe der dem Christentum gewonnenen einst heidnischen Europäer gegenübergestellt. Die Taufhandlung verrichtet der hl. Johannes d. T.

Ob man im MA die drei Religionen auch in personifizierter Gestalt als indirekte E.-Darstellung wiedergab, wurde noch nicht untersucht.

D. Personifikation der E.

Die Personifikation der drei E. ist – nach dem erhaltenen Denkmälerbestand zu urteilen – im MA nur einmal nachzuweisen: an einem M. 12. Jh. in der Lütticher Werkstatt des Meisters vom Tragalter aus Stavelot entstandenen Leuchter (Abb. 6; Falke-Meyer S. 99, Taf. 21, Nr. 48 c, d). Asien ist eine reichgekleidete Frau, ihre Attribute sind eine halbkreisförmige Scheibe mit der Aufschrift „Asia“, das Asienfeld des orbiculus, sowie ein an einen Salbentopf gemahnendes Gefäß, das lt. Aufschrift auf die „divide“ Asiens hinweist; die Afrika trägt ein Gewand, das eine ihrer Brüste unbedeckt läßt, sowie ein Kopftuch, und als Attribute dienen ihr der ihr zukommende Viertelkreis des orbiculus sowie ein aufgeschlagenes Buch mit der Inschrift „scientia“, wodurch auf die Wissenschaften der Ägypter (welche die Juden bei ihrem Auszug mitnahmen, vgl. die topologische Erklärung von 2. Mos. 11, 2 u. 12, 35: s. *Israels Auszug aus Ägypten) hingewiesen werden soll (über die Erfindung einzelner Wissenschaften durch die Ägypter s. a. Geometrie und freie *Künste); Europa ist gerüstet, sie trägt ein Kettenhemd über einem langen Gewand, hat einen Schild (mit der Aufschrift „bellum“) und ein Schwert, ferner das Europa zugehörende Kreisviertel des orbiculus in den Händen (zur Vorstellung der kriegerischen Europäer s. o. Sp. 1132). Auf einem zugehörigen zweiten Leuchter sind die Personifikationen der Medizin, des „Conflictus“ sowie *„Theorie und Praxis“ vorgestellt, die jeweils mit einer E.-Personifikation harmonieren.

Auf Grund der Beischrift ASIA ist ein Email auf einem spanischen Ziborium mit einer nimbierten Halbfigur als E.-Darstellung bezeichnet worden (W. L. Hildburgh, Medieval Copper Champlevé Enamelled Images of the Virgin, Archaeologia 69. 1955, Taf. 58 c). Tatsächlich sind aber die Buchstaben Teil einer über mehrere Bildfelder hinweggeführten Inschrift: ... - AV/E M-AR / IA - GR / AS - IA/ PL-EN/A ...

IV.–VI. Neuzeit

IV.

A. Allgemein

In die drei ersten Jhh. der Neuzeit fällt die Blüte der E.-Darstellung. Ihr Beginn hängt eng zusammen mit den Veränderungen des Weltbildes und der geographischen Kenntnisse (Entdeckung Amerikas, Reiseberichte) zu Anfang der Neuzeit. Das Streben, Informationen über all jene neuentdeckten Teile der Erde zu erlangen, ließ den E.-Begriff aktuelle Bedeutung gewinnen und gab ihm zugleich neuen Inhalt. Die E. vertreten nicht mehr die von Gott gegebene Ordnung des „orbis terrarum“ (wie im MA), sondern werden zu klassifizierenden Begriffen: die geographische Bezeichnung dient dazu, zusammenfassend von Erdbewohnern zu sprechen, die ihrer Gestalt und ihren Lebensbedingungen nach tatsächlich oder scheinbar verwandt sind und in benachbarten Gebieten wohnen.

Der gewandelten E.-Vorstellung gemäß, rücken E.-Darstellungen nun in Bildzusammenhänge ein, die ihnen früher verschlossen waren oder erst durch die Ikonologie der Neuzeit konzipiert wurden (siehe B). Untrennbar damit verbunden ist eine neue Art, die E. im Bild vorzustellen: seit Beginn der Neuzeit ist die Personifikation der E. die Regel (s. V). Ihr gegenüber spielt die im MA bevorzugte umschreibende („indirekte“) E.-Darstellung eine ganz untergeordnete Rolle (s. VI).

Mehrfach findet man die Ansicht vertreten, die Vermehrung der E.-Zahl auf vier habe katalysierend auf die E.-Darstellung gewirkt: erst sie habe es möglich gemacht, die E.-Bilder in symmetrischer Anordnung, z. B. in den Ecken viereckiger Räume, abzubilden. Dies trifft aber nur sehr bedingt zu: die überlieferte Vorstellung von drei E. blieb nicht nur neben der neuen bestehen, sondern wurde sogar erst jetzt häufiger bildlich gestaltet (vgl. z. B. Abb. 11). Noch im 18. Jh. schildern Gerard de Lairesse (s.o. Sp. 1125) und William Blake drei E. (David V. Erdman, Warburg Journ. 15, 1952, S. 244, Taf. 49 d; für weitere Beispiele des 16.–18. Jh. s. Sp. 1193).

Einen weiteren Beweis dafür, daß die Aktualität des E.-Begriffes zu Beginn der Neuzeit und nicht die veränderte E.-Zahl die Entstehung von E.-Bildern förderte, bieten die Darstellungen einzelner E., die ebenfalls eine ikonographische Neuerung des 16. Jh. sind. Als Beispiele seien genannt: „Asia“ auf einer Majolika v. J. 1536 aus Faenza (s. Sp. 1172); „Afrika“ auf einer Medaille, die anläßlich der Eroberung von Tunis durch Karl V. (1535) geprägt wurde (s. Sp. 1175); für Europa-Darstellungen s. Sp. 1189.

B. Ikonologie

Die Rolle der E. in der Ikonologie der Neuzeit ist außerordentlich vielfältig. Die E. sind zu Trägern von im einzelnen recht unterschiedlichen Bedeutungen gemacht worden und können daher in zahlreichen Bildprogrammen vorkommen. Neben den inhaltlich motivierbaren E.-Darstellungen gab es jedoch offenbar stets auch solche, in denen die E. als selbständiger Bildvorwurf behandelt sind, als Thema, das den Anlaß zu anschaulich-reicher Schilderung fremdländisch-exotischer Pracht abgab. Die Grenzen zwischen dieser vornehmlich dekorativen E.-Wiedergabe und der inhaltlich bestimmten sind fließend, auch deshalb, weil (gerade im 16. und 17. Jh.) die ursprüngliche Verwendung gewisser E.-Darstellungen nicht mit Sicherheit zu ermitteln ist.

So hat man damit zu rechnen, daß eine stattliche Zahl der erhaltenen Beispiele als Schmuck für ephemere Bauten und Dekorationen entworfen wurde. Bisweilen können Kupferstichfolgen als Wiedergabe von Allegorien erwiesen werden, die ursprünglich in einem größeren Bildprogramm miteinander vereint waren (s. Sp. 1180); die Kombination von E., Elementen und Planeten z. B., die bei einer 1575 entstandenen Kupferstichserie von Delaune (als Reflex eines Bildprogrammes aus der Schule von Fontainebleau?) nachzuweisen ist, kehrt als Bildprogramm bis ins 18. Jh. mehrfach wieder (vgl. Abb. 40). Bei Zusammenstellung von skulpierten E.-Darstellungen mit anderen Bildwerken – etwa in der Gartenskulptur – genügt oft schon die Veränderung der ursprünglichen Aufstellung, um das Bildprogramm genauerer Beschreibung zu entziehen. Gerade im Bereich der profanen Kunst muß daher die ikonologische Charakterisierung der E. lückenhaft bleiben.

Das Vorkommen von E.-Bildern in der Neuzeit verteilt sich auf die profane und die sakrale Kunst. Im 16. Jh. sind E.-Darstellungen auf den Bereich der profanen Kunst beschränkt (1), seit dem 17. Jh. tritt zu diesem weiterhin intensiv gepflegten Darstellungsfeld (2 a) die Einfügung von E.-Bildern in religiöse Bildprogramme hinzu (2 b).

1. 16. Jh.

Während des 16. Jahrhunderts kommt die Gruppe der E. in Bildprogrammen der profanen Kunst vor, die entweder höfisch-imperialen oder kosmologisch-geographischen („wissenschaftlichen“) Vorstellungen gewidmet sind. Bezeichnend für die Rolle der E. in diesem Jh. ist das vergleichsweise lockere Verhältnis der E.-Bilder zu dem jeweils zentralen Thema: sozusagen additiv finden die E., oft in eigene Bildfelder eingeschlossen, in komplexen Bildthemen ihren Platz.

In ein kosmologisches Programm gehören die E.-Darstellungen in der Sala del Mappamondo in Caprarola (Abb. 10 a und b); geographischen Kartenbildern zugeordnet, haben sie eine ähnliche Funktion wie E.-Personifikationen in Verbindung mit Weltkarten (wie auf der des Joh. Bapt. Vrient): sie ergänzen das abstrakte Kartenbild und geben sinnfällige Hinweise auf die Besonderheiten der einzelnen E. (daneben hat man in den E.-Bildern eine allgemeinere Anspielung auf den weltweiten Ruhm der Familie Farnese, der Bauherren von Caprarola, zu sehen; dieser Concetto ist in der höfischen Kunst der Neuzeit stets lebendig geblieben). Im Bereich der bürgerlichen Kunst sind die E. ebenfalls als Bestandteil kosmologischer Bildprogramme dargestellt worden, z. B. in dem Fredenhagenschen Zimmer im Haus der Kaufmannschaft in Lübeck, 1572–83 (Hans Arnold Gräbke, Die Kunstschätze im Hause der Kaufmannschaft [Industrie- und Handelskammer], in: „100 Jahre Industrie- und Handelskammer und Kaufmannschaft zu Lübeck“, Lübeck 1953, S. 119 und 138); hier aber ersetzt die Demonstration humanistisch-gelehrter Bildung die imperialen Anspielungen.

E.-Darstellungen treten als Schmuck ephemerer Dekorationen, die aus politischen Anlässen geschaffen wurden, in den Dienst imperialer Vorstellungen. So schmückten Personifikationen der vier E. eine der zum Einzug Erzhzg. Ernsts von Österreich 1594 in Antwerpen errichteten Dekorationen (Antoinette Doutrepont, Martin de Vos et l’Entrée triomphale de l’Archiduc Ernest d’Autriche à Anvers en 1594, Bull. de l’Inst. hist. belge de Rome 18, 1937, 152ff., Abb. 5–10), einer in Antwerpen schon früher belegbaren Tradition gemäß: E. auf der Ehrenpforte an der Coeportstrate, 1549 anläßlich des Einzugs von Prinz Philipp errichtet (ebd.). Auch 1599 sind die E. als Bestandteil von Einzugsdekorationen in Antwerpen wieder bezeugt (ebd. S. 152 Anm. 7). Die Antwerpener Beispiele sind hier stellvertretend für entsprechende E.-Darstellungen an anderen Orten genannt. – Ein politischer Anlaß, die beabsichtigte Hochzeit Rudolphs II. mit der Infantin Isabella Clara Eugenia, war der Grund für den Auftrag an Jonas Silber, eine „Weltschale“ zu verfertigen, deren Bildschmuck kosmologische und imperiale Vorstellungen vereint (Abb. 12). Beispiel rein imperialer Ikonologie ist der Kupferstich, den Goltzius i. J. 1586 schuf und Rudolph II. widmete (Abb. 11; bereichert um die Personifikation der Amerika und mit einem Reichsadler anstelle der Roma wiederholte Crispyn de Passe d. Ä. den Goltzius-Kupferstich im Gegensinn als Titelblatt eines 1634 erschienenen Werkes: [23] Bd. 15, S. 217 Nr. 655).

Bei höfischen Festen huldigen die E. denen, zu deren Ehren das Fest veranstaltet wurde, so 1579 in Florenz dem Brautpaar Francesco I. de’Medici und Bianca Capello (vgl. Alois M. Nagler, Theatre Festivals of the Medici, New Haven und London 1964, Abb. 33) oder dem 1596 getauften Kind des Landgf. Moritz von Hessen-Kassel bei dem für dieses in Kassel veranstalteten Ritterspiel, wo in einem allegorischen Drama, das den Argonautenstoff behandelte, nach den Jahreszeiten und den freien Künsten die E. auftraten (Rich. Alewyn und Karl Sälzle, Das große Welttheater. Die Epoche der höfischen Feste, Hamburg 1959, S. 92).

Auch der Tod eines Fürsten konnte E.-Darstellungen veranlassen: bei Trauerfeiern schritten klagende E.-Personifikationen im Trauergefolge einher, wie es Menestrier von einer Totenfeier in Florenz anläßlich des Ablebens von Philipp II. berichtet (1598; [10] S. 238). Nach Hyde [10], S. 233, sollen die trauernden E.-Personifikationen, die Cl. J. Visscher verlegte, bei verschiedenen Trauerfeiern als Vorbild gedient haben (Abb. 16).

2. 17.–M. 19. Jh.

a. weltlich

In der profanen Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts leben alle im 16. Jh. geprägten Concetti fort, werden jedoch häufig variiert. Dabei ist gelegentlich die Rückwirkung religiöser E.-Darstellungen, die seit dem 17. Jh. entstanden, zu beobachten. Mehr als früher ist die bürgerliche Kunst an der Entstehung von E.-Bildern beteiligt; ihr Beitrag ist allerdings in ikonologischer Hinsicht oft Werken der höfischen Kunst verpflichtet, ein anderer Teil zeigt mehr oder weniger dekorative Verwendung von E.-Bildern (serienmäßige Wiederholung gängiger graphischer E.-Bilder, s.a. Sp. 1180). Die additive Darstellungsweise des voraufgegangenen Jh. bleibt auch weiterhin erhalten, doch treten in zunehmendem Umfang neben sie Beispiele, in denen die E.-Anordnung bedeutungsmäßiger Subordination entspricht oder in denen die E. in größeren Bildzusammenhängen handelnd in Erscheinung treten. Im letztgenannten Falle stellte sich bald das Problem ein, wie die E.-Personifikationen denjenigen anderer Begriffe zuzuordnen seien.

Für E.-Darstellungen in kosmologischer Bedeutung, d. h. als Bild der Erde in ihren Teilen, ist die Kombination mit Jahreszeiten-, Elementen-Personifikationen und (oder) Planetengottheiten bezeichnend. In der Freskodekoration des Pal. Pamphili in Valmontone, 1660ff. von P. Francesco Mola, sind die Jahreszeiten, die Elemente und die E. zusammengebracht (Lina Monalto, Commentari 6, 1955, 267–85, Taf. 76 Abb. 2 u. Taf. 77 Abb. 4). Im Treppenhaus der Neuen Abtei zu Schöntal a. d. Jagst sind 1745 von Joh. Bapt. Ferradini die Jahreszeiten rund um ein Deckenbild mit den E. angeordnet (Inv. Württemberg, Ehem. O.A. Künzelsau, S. 368, mit unzutreffender Deutung). Die gleiche Kombination konnte auch in religiöse Bildprogramme übernommen werden. Im Treppenhaus, das zur Bibliothek des Benediktinerstiftes Altenburg, N.Ö., führt, stellte Joh. Jak. Zeiller 1742 E. und Elemente dar, einem Kuppelfresko zugeordnet, auf dem über Wahrheit und Lüge Chronos (= die Zeit) eine Frau, nach dem von einem Putto gehaltenen Attribut zu urteilen: die Ewigkeit, umgreift.

Mit Elementen und Planetengottheiten sind die E. auf einer Tischdecke aus der M. 18. Jh. wiedergegeben (Abb. 40; s. a. Sp. 1137); ferner schmücken E.- und Elemente-Darstellungen Schüsseln [25, Nr. 95]. Ähnliche Gruppierungen finden sich in der Gartenskulptur häufig. In dem Zyklus der Gartenskulpturen in Versailles, 4. V. 17. Jh., sind außer den E. die Elemente, die Jahreszeiten, die Stunden und dazu die vier Weltreiche, s. u. Sp. 1141, dargestellt (Gaston Brière, Le Parc de V. Sculpture decorative, Paris 1911, S. 21ff., Taf. 37; durch Nachstiche haben diese E.-Bilder vorbildlich gewirkt: Simon Thomassin, Recueil des figures, groupes ... de Versailles, Amsterdam 1695, Kupfer 103–06). Der Skulpturenzyklus im Park zu Ognon ist heute nicht mehr als ein einheitliches Programm zu fassen; die E. säumen das Wasserbecken „Le Miroir d’eau“ (Marg. Charageat, Bull. de la Soc. de l’hist. de l’art français 1949 [1950], 89–93). Weitere E.-Gruppen befinden sich noch heute u. a. in den Gärten zu Herrenhausen b. Hannover (Abb. 26), Veitshöchheim bei Würzburg (Heinr. Kreisel, Der Rokokogarten zu V., Mchn. 1953, S. 41ff. und 61, Abb. 40–43) und im sog. Schaffergarten des Stiftes Lambach, O.Ö., wo die E. die Gestalt von Zwergen haben (Inv. Österreich 34, S. 209, Abb. 206f.); vgl. a. Peter Volkelt, Saarbrücker Hefte 14, 1961, 32–48, und ebd. 17, 1963, 57-66.

E.-Gruppen von rein geographischer Bedeutung sind vergleichsweise selten. Sie kommen am ehesten in Verbindung mit Weltkarten und als Bildschmuck von wissenschaftlichen Geräten wie Uhren, Kompaß, Windrose u. dgl. vor (vgl. z. B. Jb. d. Kb. Slgn. in Wien 59, 1963, S. 48, Abb. 49f.; [25] Nr. 105, Abb. S. 26; „Kensington Palace. An Ill. Guide to the State Apartments“, London 1958, Abb. S. 29). Ein Erdglobus mit den vier E. im Mus. Cinquantenaire in Brüssel, 17. Jh., hat als Gegenstück einen Himmelsglobus, den die vier Elemente schmücken. Jeweils auf einer Insel sitzend, scheinen die E.-Personifikationen von Wohlhaupters Deckengem. im Treppenhaus des Schlosses Fasanerie in Adolphseck bei Fulda, nach 1737, auf die Vorstellung von den auf dem Weltmeer schwimmenden Kontinenten hinzuweisen (Fot. Marburg 79 674). Geographische Bedeutung ist den E.-Personifikationen Cassinis beizumessen (Abb. 48). Vornehmlich geographische Gesichtspunkte waren für die Entstehung von Jan van Kessels E.-Bildern bestimmend, deren jedes von 16 Stadtansichten aus dem betreffenden E. gerahmt ist (Abb. 21). Schließlich gehören in die Reihe der geographischen E.-Darstellungen auch die vielteiligen Dekorationen, die einzelne Räume zu „Erde-Zimmern“ machen. Als Beispiel sei die um 1783 von Jean Jacques François Lebarbier für die Bildwirker-Manufaktur Beauvais entworfene E.-Gruppe genannt, die für den Hof bestimmt war und im Auftrag Ludwigs XVI. 1789–91 als Geschenk für George Washington wiederholt wurde (die Revolution verhinderte die Auslieferung); die vier Wandbehänge werden inhaltlich ergänzt durch zwölf Fauteuils, deren gewirkte Bezüge auf je drei Sesseln je einen E. darstellen (Personifikationen auf dem Rückpolster, charakteristische Tiere und Pflanzen auf dem Sitz), und zwei Sofas mit je zwei E.-Personifikationen [9, S. 269–72]. Zu den geographischen Vorstellungen treten vielfach völkerkundliche oder, wie im Falle der Bildteppiche aus Beauvais, historische Hinweise hinzu.

Besonders zahlreich und vielgestaltig sind auch im 17. und 18. Jh. E.-Darstellungen, die imperiale Vorstellungen zum Ausdruck bringen. Der Gedanke der Huldigung ist häufig der Anlaß für die Entstehung solcher höfischer E.-Bilder. Ein oft wiederkehrender Concetto ist die Zuordnung von E.-Darstellungen zu solchen der vier Weltreiche (nach Dan. 2, 36–43 und 7), wie sie z. B. im Zyklus der Gartenskulpturen in Versailles vorliegt (s. o. Sp. 1140).

Wie bereits im 16. Jh. kommen die E. in Einzugsdekorationen und Festprogrammen vor. Auf einer anläßlich des Einzugs von Kaiser Matthias in Nürnberg (1612) von Frederik van Valckenborch entworfenen Ehrenpforte bilden sie die Bekrönung der beiden Nebentore (RDK IV 1465, Abb. 11). Zum Einzug Philipps III. in Lissabon (1619) wurde ein von den Kaufleuten errichteter Triumphbogen mit den vier E. geschmückt, die lt. Inschriften die Machtausbreitung der Monarchie bezeichnen sollten. Die E. wurden mit vier berühmten Helden der Antike in Beziehung gesetzt, die den orbis terrarum zu Lande und zu Wasser durchstreift hatten (Jason, Herkules, Odysseus, Theseus) und als mythologische Vorbilder die gegenwärtigen Unternehmungen präfigurieren sollten (vgl. Ewald M. Vetter, Der Einzug Philipps III. in Lissabon 1619, Spanische Forschgn. der Görresges. 19, 1962, S. 202ff., Abb. 3). Bei dem Fest, das der spanische Vizekönig 1658 aus Anlaß der Geburt des Prinzen Philipp Prosper in Neapel gab, fuhren die E.-Personifikationen auf reich geschmückten Wagen, die für den jeweiligen Kontinent charakteristische Tiere zogen [10, S. 21 m. Abb.]. Einwirkung solcher Darstellungen sind zumal im Kunstgewerbe und im Schmuck von Bürgerhäusern nachweisbar (vgl. Abb. 28).

In einer politischen Allegorie auf die Abdankung Kaiser Karls V. von Fr. Franck(en) II (um 1636; Abb. 20) dient die Anwesenheit der E. der Huldigung und der Verherrlichung der durch die Habsburger repräsentierten Kaiseridee. Dies ist auch der Grundgedanke des Bildschmuckes auf dem Lobkowitzer Kaiserpokal, den Hanns Reinhardt Taravell um 1650 im Auftrag Ferdinands II. anfertigte (Gerh. Bott in: Fs. Harald Keller, Darmstadt 1963, S. 301–34, Abb. 1 und 7 a–d). Auf dem Deckengem. der Gesandtentreppe des Schlosses in Versailles, 1674–78 unter Charles Le Brun ausgeführt (zerst., in graphischen Wiedergaben überliefert), saßen die E. neben Schilderungen der Kriege Ludwigs XIV. und Personifikationen der Geschichte, der Künste und der dem Herrscher zugeschriebenen Tugenden und Eigenschaften (Pierre Marcel, Ch. Le Brun, Paris 1909, S. 61ff., Abb. S. 93 und 96; Ausst.Kat. „Ch. Le Brun, 1619–1690. Peintre et Dessinateur“, Versailles 1963, S. LXIV). Der hier anklingende Gedanke, durch die E.-Bilder den Ruhm des Herrschers zu unterstreichen, hat wohl auch die wenig spätere Aufstellung der E.-Personifikationen über den Büsten antiker Imperatoren im Marmorhof zu Versailles bestimmt (1679; Abb. 24). Zugleich ist die E.-Gruppe Hinweis auf politischen Machtanspruch. Zwei Jahre nach der Erhebung Preußens zum Königreich berücksichtigte Schlüter in dem Herrschaftsprogramm, mit dem er den Rittersaal des Berliner Schlosses schmückte, die E. (Abb. 27; Heinz Ladendorf, A. Schl., Bln 1937, Abb. 91–94). Um 1720 personifizierte Carlo Carlone die habsburgische Monarchie und stattete sie mit den Kennzeichen des E. Europa aus (Fides, Mars = Kriegskunst, Handel, Künste und Wissenschaften; s. u. Sp. 1169f.); die E. huldigen ihr (Aukt.Kat. Weinmüller, Mchn., 18.–19. 3. 1964, Nr. 1118, Taf. 182). „Damit wir den Österreichern nicht zu schmeicheln scheinen, sind in den vier Ecken des Gewölbes (im Festsaal des Niederösterr. Landhauses in Wien) die vier Weltteile ... anzubringen, welche mit dem Finger auf Landkarten zeigen, was von den Österreichern in der Wirklichkeit, nicht der Fabel nach, besessen wird“, erläutert der Konzeptor des Bildprogrammes seinen Entwurf [6, S. 2], den Antonio Beduzzi 1710 ausführte. Zur Verherrlichung des Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn und seines guten Regiments sind die E. in der Deckenmal. des Treppenhauses im Schloß Pommersfelden aufgeboten (Abb. 29; Heinr. Kreisel, Das Schloß zu P., Mchn. 1953, S. 25–30, Abb. 22). An dieses Programm knüpfte Tiepolo in seiner Dekoration des Treppenhauses in der Würzburger Residenz, 1750–53, an [16; 17]. Die hier geschilderte Verherrlichung des Fürstbischofs Carl Phil. von Greiffenclau übertrug Tiepolo 1766 anläßlich der Dekoration des Thronsaales und der „Saleta“ im Madrider Königsschloß auf die Apotheose Spaniens bzw. die Huldigung vor der spanischen Monarchie (Antonio Morassi, G.B.T. His Life and Work, London 1955, S. 35ff., Taf. 79–90 und Abb. 59). Tiepolos Werke sind zugleich Höhepunkt und Abschluß des zu äußerster Prachtentfaltung gebrachten Typs der imperialen E.-Darstellung. Die Bildteppiche nach Lebarbier (s. o. Sp. 1141) sind bezeichnend für die im 4. V. 18. Jh. einsetzende rückläufige Tendenz der höfisch-imperialen E.-Darstellung: die E.-Gruppe ist traditionsgemäßer Bedeutung entsprechend als Thema gewählt, in der Darstellung aber sinken die E.-Personifikationen gegenüber den historisch-politischen Schilderungen – Amerika: Unabhängigkeitskrieg; Afrika wird von Marie-Antoinette beschenkt – zu Nebenfiguren ab, denen kaum mehr Gewicht als einer topographischen Angabe zukommt. In einfacherer Darstellung kommen die E. auch im 19. Jh. im Dienste der politischen Allegorie vor (Abb. 50).

Im Bereich der bürgerlichen Kunst sind die E. in Bildprogrammen nachzuweisen, die städtischer oder genossenschaftlicher Repräsentation dienen, und in solchen, die private Ansprüche befriedigen wollen.

A. Quellinus stellte 1656–58 auf einem der Giebel des Amsterdamer Rathauses die E. dar, die – als Hinweis auf den weltweiten Handel der Stadt Amsterdam – ihre Schätze herbeibringen (Abb. 23). 1767 schilderte Gregorio Guglielmi in einem Deckengem. des Augsburger Schaezlerpalais Europa als Beherrscherin des Handels in den übrigen E. (Tilman Breuer, Die Stadt Augsburg, Mchn. 1958, S. 87f.). Die in allen E. (fünf!) gleich große Bedeutung der Weberei ließen sich die Augsburger Weber 1605–07 von Matthias Kager an die Fass. ihres Zunfthauses malen und trugen Sorge, daß ihr Concetto durch literarische Erklärungen bekannt wurde (s. o. Sp. 1114).

Als Anspielung auf seine „weltweiten“ Reisen ließ sich der Besitzer des Herrenhauses zu Gelting im Festsaal seines Anwesens zwischen 1777 und 1783 von (Michel) Angelo Taddei ein höfisches E.-Programm kopieren (Inv. Schleswig-Holstein Bd. 6, S. 124ff., Abb. 263ff.). – Ganz in die Sphäre des Privaten gehört das Andenkenbild, das eine deutsche Auswanderin nach Amerika ihrer Schwester hinterließ: geleitet von der Personifikation des E. Amerika schreitet sie, Blumen streuend, hinweg (Abb. 49).

Eine spezifisch bürgerliche Komponente der E.-Ikonologie ist die Verknüpfung von E.-Bildern mit Darstellungen moralisierenden Inhalts. Ein charakteristisches Beispiel bietet die Folge von zehn Relieffeldern am Frankenfeldschen Haus in Wernigerode i. Harz (Breitestr. 72 [408], 1674 dat.: Inv. Prov. Sachsen Bd. 7, S. 133ff.). Auch Gerard de Lairesses moralisierende Beurteilung der Weltherrschaft ist in diese Reihe von E.-Darstellungen zu rücken (s. o. Sp. 1125). Ein Stich nach Joh. Gottfried Haid (1710–76), ausgeführt von Gottlieb Rugendas und von J. Gg. Hertel verlegt, zeigt die E. um eine Weltkugel geschart, die Diogenes mit seiner Laterne durchbricht: „Die Welt – Mundus. Wer von derselben will ein kluges Unheil fällen, / muß wie Diogenes, dieselbe sich vorstellen“, erläutert die Beischrift (Exemplar in der St. Gr. Slg. Mchn., Inv.Nr. 1961: 1185 D).

Auch die Wirkung von religiösen E. -Darstellungen ist in der bürgerlichen Kunst größer als in der höfischen. Dem Betrachter des Kamins, der sich ehem. in einem Münsteraner Patrizierhaus befand (Abb. 23), wird durch E.-Personifikationen, die eine Darstellung des Sündenfalles umrahmen, vor Augen gestellt, daß er wie die ganze Menschheit sündig sei und die Strafe des höllischen Feuers (real im Kaminfeuer geschildert) zu erwarten habe; sofern er jedoch David, Simson, der Jael und der Judith nacheifert, wird ihm nach dem Aufenthalt im reinigenden Fegfeuer (Inschrift: „transitoria“) himmlischer Lohn. Kosmologische Bildprogramme, in denen die E. neben Elementen und Jahreszeiten wiedergegeben sind, werden um den Namen Gottes in einem Dreieck angeordnet, und die E. verehren die dreifaltige Gottheit: Stuckdecke aus dem Bürgerhaus Wassergasse 4 zu Königsberg/Ostpr., um 1715 von Matthias Pörtzel (?; Anton Ulbrich, Gesch. der Bildhauerei in Ostpreußen, Königsberg 1926–29, Bd. 2 S. 439–42, Abb. 510f.). Auch der Reliefschmuck des Erkers am Haus zum Pelikan in St. Gallen, kurz nach 1707 entstanden (Abb. 28), ist mit religiösen Vorstellungen durchsetzt. Die E., die auf Wagen einherfahren – wie bei höfischen Festaufzügen –, repräsentieren die Menschheit; der seine Jungen mit dem eigenen Blut nährende Pelikan, der den Erker bekrönt, steht in einem der Dornenkrone Christi nachgebildeten Nest und symbolisiert den Erlösertod Christi; Engeldarstellungen in mannigfacher Form weisen ebenfalls auf den religiösen Grundgedanken hin.

b. religiös

Als Bestandteil religiöser Bildprogramme sind die E. vor allem in Kirchen, aber auch in Klostergebäuden und in Privaträumen des Adels und des Bürgertums anzutreffen. In vielen Fällen scharen sich die E. um eine Weltkugel, auf der mehrfach Person oder Gegenstand, auf den die E. Bezug nehmen, wiedergegeben ist (z. B. Abb. 45). Ein anderer Typus der Anordnung zeigt die E. jeweils in einzelnen Bildfeldern, die um das inhaltlich übergeordnete Hauptbild herum angeordnet sind (so Abb. 34). Je nach dem Thema des Hauptbildes oder des zentralen Bildgegenstandes können die E.-Darstellungen verschiedene Bedeutung haben: sie repräsentieren die ganze Welt und alle ihre Bewohner, in engerem Sinne die gesamte katholische Kirche; Völker, denen das Evangelium verkündet wird oder die es erhoffen; die Teile der Welt, in die die Lehre der Kirche verbreitet und in denen sie verteidigt wird; die Gemeinschaft der Christen in allen E., die Gott, Maria oder Heiligen ihre Huldigung erweisen oder sich zu einem Glaubenssatz bekennen; die sündige Menschheit, die der Erlösung harrt oder zur vermittelnden Fürsprache eines Heiligen ihre Zuflucht nimmt.

Die Darstellung der E. an der Decke in einem der (zerst.) Steinernen Zimmer der Münchner Residenz, 1611–17, war dem Bild der Kirche („Chiesa Apostolica Romana“) zugeordnet; die Beischrift „Omnes gentes haereditas tua, / Et posseßio tua termini terrae“ erklärt, wie die Zusammenstellung zustande kam (Ranuccio Pallavicino, I Trionfi Dell’Architettvra Nella sontuosa Residenza di Monaco, Augsburg 16802, S. 31f.). – Die von Heiden bewohnten E., in denen das Evangelium Aufnahme fand oder noch finden soll, führte Markus Heiden [5] als Personifikationen auf dem Fuß eines Bechers vor, der das Schiff der Kirche symbolisiert; in seinem erläuternden Text schreibt er: „... wie wir Teutschen weyland von Heydnischen Herkommen sind, und in heydnischer Blindheit ... des rechten selig machenden Glaubens und Erkenntnuss Christi gemangelt, biss wir ... sind bekehret worden. Bey Erinnerung diss, habe ich erstlich umb den Fuss ... viererley Nation Voelker geschnitten, durch welche koennen die 4. Theil der Welt verstanden werden, dass GOtt der HErr nicht allein der Jueden, ... sondern auch der armen Japhiten und Heyden, GOtt seyn woll, und dass die armen Heyden gleichsowol zum Schiff der christlichen Kirchen beruffen ...“ [5, S. 92].

Das für das Lhs. der Jesuitenkirche S. Ignazio in Rom konzipierte Bildprogramm, das Pozzo 1691–94 ausführte, verknüpft das Bild der E. mit der Idee der (Welt-) Mission; es hat wie kaum ein zweiter Concetto die E.-Ikonologie der Folgezeit beeinflußt, nicht zuletzt auch durch die beschreibende Erklärung, die Lione Pascoli dem Langhausfresko Pozzos widmete: „E rappresentar volendo l’immenso zelo del Santo [Ignazio] in voler propagare per tutto il mondo la religione cattolica delinea in lontananza Gesù colla croce vibrando dal petto un raggio di luce, che va ... a ferir quello del Santo, ... Scagliasi la luce ripercossa in quattro altri raggi in altre quattro parti, e con uno ferisce l’Europa, coll’altro l’Africa, col terzo l’Asia, e l’America col quarto, ciascuna delle quali in figura d’amazzone bizzarramente vestita indica l’esser suo col suo geroglifico“ (Vite de’Pittori, Scultori ed architetti moderni, Rom 1736, Bd. 2 S. 259).

Dieses Programm ist von den Jesuiten als exemplum erachtet und häufig aufgegriffen worden, wobei sich aus Rücksicht auf das jeweilige Patrozinium gewisse Modifikationen als notwendig erwiesen. Die Nachfolge des Programmes ist aber nicht auf Jesuitenkirchen beschränkt: Mitglieder der Societas Jesu haben auch für Kirchen anderer Orden Bildprogramme entworfen und dabei mehr oder weniger ordenseigene Vorstellungen beibehalten.

Am engsten schließt das Programm der Mannheimer Jesuitenkirche an das römische Vorbild an: in der Kuppel sind Episoden aus dem Leben des Ordensgründers geschildert, darunter in den Pendentifs die E. (die 1748–56 von Phil. Hier. Brinckmann geschaffenen Fresken im Krieg beschädigt und wiederhergestellt: Emil Lacroix, Dt. K. und Dpfl. 1962, 53–64). In der 1751 von Christoph Thomas Scheffler ausgemalten Studienkirche der Jesuiten in Dillingen stehen die E. – hier durch Völker der einzelnen Kontinente vorgestellt – als Zeugen dafür, daß der Marienkult seitens der Jesuiten in allen E. gefördert wird. Der anonyme Konzeptor des Bildprogrammes erklärt, die E. vermehrten „den Ruhm der Himmelskönigin in der Jesuitenkirche ... je schneller für sie in diesem Teil unsere Arbeit vorwärts ging“ (Wilh. Braun, Chr. Th. Sch., ein Asamschüler, Stg. 1939, S. 61ff.). Im Kongregationssaal der Jesuiten in Ingolstadt verehren die E. Maria als Gnadenquell der Christenheit (Erika Hanfstaengl, C. D. Asam [= Münchner Beitr. z. Kg. Bd. 4], Mchn. 1939, S. 136ff., Taf. 44f.).

Beinahe alle Orden im deutschen Sprachgebiet übernahmen die Zuordnung von E. und Missionsgedanken. Für die Ursulinen in Straubing verfaßte P. Xaver Gumpp S.J. 1738 ein Bildprogramm, nach dem „Undten auf der Erden ... die 4 Theil der weit ..., ... ihre affect gegen die Mutter Gottes machen ...“; Cosmas Damian Asam, der das Programm ausführte, verband damit den Gedanken der Mission und der Verteidigung des Glaubens in allen E. [8, Abb. 8]. Unausgeführt blieb das 1734 von P. Deinhard S.J. für die Wallfahrtskirche Gößweinstein entworfene Bildprogramm, das einer der beredtesten Zeugen für die Verbindung von E. und Mission ist. Es heißt da, „anstatt der 4 Evangelisten können gemahlet werden die 4 theil der Welt, wie solchen 4 theilen die Apostlen verkündiget haben dießes geheimnus SS Trinitatis“ (es folgt eine detaillierte ikonographische Anweisung, wie die einzelnen E. abzubilden seien: [7]).

Auf Grund der erhaltenen schriftlichen Bildprogramme und von zeitgenössischen Erklärungen, in denen die Wiedergabe der E. ausdrücklich als Hinweis auf die Verbreitung des Glaubens in allen E. erklärt ist, können zahlreiche weitere Bildprogramme mit christologischen Themen als Zeugnisse für den Missionsgedanken angesehen werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn die E. zu Darstellungen der Missio Apostolorum (Aussendung der Apostel; Schlüsselübergabe an Petrus; Pfingstfest; Gastmahl im Hause Simons) hinzugefügt sind.

Die 1702 von Jos. Waldmann gemalten, 1891 zerst. Fresken im Gewölbe der Innsbrucker Spitalkirche zeigten Szenen aus dem Leben Petri und die Aussendung der Apostel, denen die E. zugeordnet waren [14, S. 29]. Das gleiche Thema behandelte Franz Jos. Spiegler 1739 im Treppenhaus des Benediktinerklosters St. Peter im Schwarzwald (Eva Pohl, Leben und Werk des „Historien und Freskomahlers“ Fr. J. Sp., Diss. phil. Bonn 1952, S. 65). Ein Apostelzyklus, um E.-Bilder bereichert, erhielt sich in der Kirche zu Hippach im Zillertal (1746 dat.; [14] S. 29). – Der Schlüsselübergabe an Petrus wohnen die E. auf dem Deckengem. des Jos. Jais in der alten Kirche von Weerberg i. Tirol, 1745, bei [14, S. 29]. Im Chorfresko der Pfarrkirche St. Peter und Paul zu Prittriching Lkrs. Landsberg, von Joh. Anwander um 1753 geschaffen, überreicht der Glaube – als Kirche – dem Apostelfürsten die Schlüssel, unterhalb der Thronstufen versammeln sich die E. um eine Weltkugel (Fot. ZM 86 812). – C. D. Asam ordnete um 1730 in der Scheinkuppel des Lghs. der Zisterzienser-Klosterkirche Fürstenfeld die E. den Darstellungen des Pfingstfestes und der Kreuzvision des hl. Bernhard von Clairvaux, dies eine ordensgemäße Abwandlung der Ignatius-Darstellung von S. Ignazio in Rom, zu (Norbert Lieb, Barockkirchen zwischen Donau und Alpen, Mchn. 1953, Taf. 16). –

Nach 1740 ließ der Benediktinerabt des Stiftes Lambach, O.Ö., durch Wolfg. Andreas Heindl im Sommerrefektorium seines Klosters die E. in ein Programm einreihen, das die göttliche Berufung des Benediktinerordens mit dem Lehrauftrag Christi an seine Jünger, vorgestellt durch das Gastmahl im Hause Simons, vgl. Mt. 26, 13; Mk. 14, 9, verknüpft (Ernst Guldan, Jb. d. Musealver. Wels 1957, 135; Inv. Österreich 34, S. 190ff., Abb. 184f.). Als Beispiel für die Behandlung des gleichen Themas im Bereich der Augustinerorden sei das 1757 von F. A. Scheffler gemalte Deckenfresko in der Augustiner-Chorherren-Stiftskirche zu Baumburg a. d. Alz, Obb., genannt: im Zentrum des Bildes ist der Empfang des Ordensgründers im Himmel geschildert; am Rand wird der Personifikation Europas das Kreuz übergeben, das sie der Weltkugel einpflanzt; Personifikationen der E. Asien und Afrika bilden Europas Gefolge, während Amerika, als Häretiker wiedergegeben, unter der Last der Weltkugel zusammenbricht. In einem weiteren Bildsektor ist die Ankunft des hl. Augustinus (zu Schiff) in Missionsländern geschildert, wo ihn exotisch gekleidete Fürsten empfangen, wo er sich aber auch, geschützt vom Schild des Glaubens, der Angriffe von Nichtgläubigen zu erwehren hat (Fot. ZM 82 080–83).

Wie als Missionare des Glaubens können die Vertreter aller kirchlichen Stände und Gemeinschaften auch als Verfechter bestimmter Lehrsätze der Kirche auftreten, in ihrer Nähe die E., denen die Lehre unterbreitet werden soll. Auf dem 1744 von Franz Martin Kuen geschaffenen Deckengem. in der Bibliothek des Benediktinerklosters Wiblingen ist geschildert, wie Ordensbrüder die Lehre von der Erlösung in allen E. kundtun. Die Darstellung dieses Themas in einer Bibliothek weist darauf hin, daß alles wissenschaftliche Studium dem Streben unterstellt sein soll, die wahre Lehre auszubreiten (Adolf Feulner, Kloster W., Augsburg 1925, S. 11, Taf. 3).

Dieser Gedanke hat in der Anbringung von E. -Darstellungen an Kanzeln sinnfälligen Ausdruck gefunden. Auch hier ist der Grundgedanke mannigfach variiert.

Die E. an Kanzeln wiederzugeben ist im 4. V. 17. Jh. aufgekommen. Die ältesten Beispiele stammen aus den Niederlanden (Beispiele bei [13], Abb. 112, 114f., 117). Die E., lebensgroße oder fast lebensgroße Figuren, stehen oder knien unter dem Kanzelkorb oder tragen ihn. Die deutsche Kunst übernahm im 18. Jh. die Anregung, rückte jedoch gewöhnlich die E. an andere Stelle: sie finden auf dem Schalldeckel oder, häufiger, am Kanzelkorb ihren Platz, wobei sie an Größe verlieren und öfters die Gestalt von Putten annehmen, mehrfach sogar nur noch durch (Putten-) Köpfe mit für die E. bezeichnenden Kopfbedeckungen vorgestellt werden. Die meisten dt. Beispiele gehören den Jahren zwischen 1720 und 1770 an.

Als Bekrönung eines Schalldeckels erscheinen die E. um 1725 in der Stephanskirche zu Schwendi Lkrs. Biberach (Fot. Jeannine Le Brun, Konstanz, B 255/5). Die E.-Putten an der Kanzelbrüstung in der Wallfahrtskirche St. Georgenberg bei Schwaz in Tirol stammen von Johann Michael Fischler [14, S. 30]. In St. Peter in Mainz umrahmen die E. am Kanzelkorb, der zwischen 1748 und 1756 von Peter Heinr. Hencke geschnitzt wurde, die Tiara über dem gekreuzten Schlüsselpaar (Hanna Mayer, Dt. Barockkanzeln, Straßburg 1932, S. 138ff.; Fot. Marburg 15 453f.). Zu Füßen der Apostelfürsten sitzen die E. auf dem Schalldeckel der Kanzel, die Chrn. Lengauer 1755 für die Dorfkirche zu Ebbs in Tirol schnitzte [14, S. 30]. In der Dillinger Studienkirche finden sich die um 1760 von Joh. Mich. Fischer geschnitzten E. in Gesellschaft zweier Engel, deren einer das Monogramm Christi emporhält, während der andere ein Spruchband mit der Inschrift „In omnem terram exivit sonus“ (Ps. 19 [18], 5) vorweist (Inv. Bayern, Schwaben Bd. 6, S. 216 Abb. 132). Der unbekannte Schnitzer der E. an der Kanzel der Pfarrkirche zu Hohestadt Lkrs. Ochsenfurt stellte die E. als Putten neben den Apostelfürsten am Kanzelkorb dar (um 1771; Inv. Bayern III, 1, S. 126). Die E. repräsentierenden Köpfchen über Voluten und die Evangelisten bilden den Materno Bossi zugeschriebenen Skulpturenschmuck der Kanzel in der Kirche zu Sulztal Lkrs. Hammelburg (ebd. III, 14, S. 115 Abb. 79). – Die E.-Putten an der Kanzel der ehem. Wallfahrtskirche Maria Hilf auf dem Lechfeld (Abb. 32) gehören zusammen mit Kirchenvätern und Evangelisten zu einem Bildprogramm, dessen inhaltlicher Mittelpunkt die Gestalt des apokalyptischen Weibes bildet (Norbert Lieb, Kloster Lechfeld [= Kl. Kirchenführer Nr. 622], Mchn. 1955, S. 12, Abb. S. 10f.). Daß die E. an Kanzeln auch in speziellerer Bedeutung vorkommen können, zeigt das Beispiel der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen: hier sind die E. Träger der benediktinischen Ordensregel (nach 1764: Joh. Jos. Morper, Die Kanzel in V., Bamberg 1960, S. 7).

Die zweite große E.-Themengruppe innerhalb der christlichen Ikonologie beruht auf der Vorstellung von den E. als handelnden Personifikationen, die stellvertretend für ihre Bewohner agieren. Sie leisten Huldigung und Verehrung. Es fällt auf, daß E.-Darstellungen dieses Themenbereiches erst im späteren 18. Jh. häufiger mit Beischriften versehen sind, die die Bedeutung der E. erhellen.

So liest man unter der Erdkugel, um die sich die E. scharen, „Te Deum laudamus“, und Personifikationen der Kirche und des Glaubens flankieren die Inschrift (Lauingen, Augustinerkirche, Deckenmal. von J. B. Enderle, 1791). Eine zeitlich nahestehende Darstellung der E. rund um eine Weltkugel, die die Monstranz verehren, schuf Dionys Roman Weiß in der Pfarrkirche zu Vorderburg bei Kempten; auf ihren Sinn weist die Beischrift „Die ganze Welt soll dich anbetten“ hin (Psalm 66 [65], 4; Inv. Bayern VII, 8, S. 943, Abb. 814). Auf einer Augsburger Federzchg. aus der M. 18. Jh. (Aukt.Kat. Karl & Faber, Mchn., Nr. 80, 14.–16. 5. 1962, Nr. 281, 2) knien E.-Personifikationen neben der Erdkugel, auf der ein Strahlen aussendendes Kreuz errichtet ist, um die vierte Bitte des Vaterunsers zu veranschaulichen (Fot. RDK). Ausgehend von diesen Beispielen und solchen, in denen durch ausführlichere bildliche Aufschlüsselung eine Verwendung der E. in grundsätzlich gleichem Sinne außer Zweifel steht, sind zahlreiche andere Beispiele diesem Themenbereich zuzuweisen.

Bei den – vergleichsweise seltenen – E.-Darstellungen auf Altargemälden und an Altären ist der Gedanke der Huldigung dominant; er kann aber mit der Absicht biographischer Charakterisierung verbunden sein: die E.-Skulpturen am Franz-Xaver-Altar in der Jesuitenkirche zu Hall, Tirol (1720?), sind fraglos auch als Hinweis auf das Missionswerk des Heiligen einzuschätzen [14, S. 31]. Auf Altargem. haben u. a. Hilarius Auffenbacher (Telfs, Tirol, Hochaltar der Franziskanerkirche, 1710: [14] S. 30), C. D. Asam (Abb. 30) und Otto Gebhard(t), s. Sp. 1159, die E. dargestellt. Wie Heilige waren die E.-Skulpturen Joh. Bapt. Straubs am Gnadenaltar in Maria Hilf zu München-Au aufgestellt (1734–35: Rüdiger Klessmann, Zs. f. Kw. 10, 1956, 80ff., Abb. 8f.).

In Wallfahrtskirchen kommen E.-Darstellungen sehr häufig vor. Sie verehren das jeweilige Gnadenbild oder verrichten die gleichen Handlungen wie die Wallfahrer an der betreffenden Gnadenstätte. So erhebt J. B. Zimmermann das Marienbrünnlein in Wemding Lkrs. Donauwörth zum Gnadenquell für die Bewohner aller E. (Inv. Bayern VII, 3, S. 573, Abb. 558): in seinem Fresko v. J. 1754 läßt er die E. an die Gnadenstätte treten und das heilbringende Wasser schöpfen, denn „Alle Theill der Gantzen Erden / Durch mein (= Mariä) Gnad Begossen werden“ (vgl. – selbst für die Inschrift – die Deckenmal. von Franz Ant. Weiß in der Marienkapelle Kranzegg Lkrs. Sonthofen i. A.: ebd. VII, 8, S. 497). Außer den an anderen Stellen erwähnten Beispielen sei auf das Deckengem. des Joh. Jais in Dormitz bei Nassereith, Tirol, verwiesen (1746; [14] S. 30). Auffallend selten gilt die Verehrung der E. der Gestalt Christi, häufiger jedoch der Eucharistie oder anderen mit Christus zusammenhängenden Titeln.

Im Deckengem. des Lhs. in der Benediktiner-Klosterkirche Ochsenhausen, 1725–27 von Joh. Gg. Bergmüller ausgeführt, spendet die Kirche dem ausgesetzten Allerheiligsten Weihrauch; die durch Tiere vorgestellten E. treten an die Stufen des Altares heran, um die Eucharistie zu verehren. Das gleiche Thema hat J. B. Enderle zweimal behandelt, 1753 in der Pfarrkirche St. Stephan zu Kirchdorf bei Mindelheim und 1754 in der Pfarrkirche St. Klemens zu Herbertshofen. Beide Male fährt die Kirche (oder der Glaube) in einem von Cherubim gezogenen Wagen über Wolken dahin und bietet die Monstranz zur Anbetung dar; die E.-Personifikationen verehren sie. Wie auch in Ochsenhausen steht der Anbetung die Bestrafung Ungläubiger antithetisch gegenüber. Anstelle der Monstranz, die den mystischen Leib Christi birgt, können die E. auch das hl. Blut verehren: Jos. Degenhart ordnet in seinem Deckenbild im Lghs. der Expositurkirche St. Sebastian und Rochus zu Hägerau im Lechtal (Tirol), 1787, die E. um eine Erdkugel, die vom Blute des Lammes getränkt ist, während die Monstranz von Engeln angebetet wird. Noch 1832 stellte Jos. Renzier in Mittewald am Eisack, Tirol, die E. bei der Verehrung der Eucharistie dar [14, S. 31].

Die Verehrung des eucharistischen Christus durch die E. ist auch zum Thema des Bildschmucks von Monstranzen (wie der 1739 von Franz Ignaz Berdolt in Augsburg geschaffenen: Abb. 33) geworden. – In der Pfarrkirche St. Alexander zu Niedersonthofen 1. Allgäu sind die E. auf dem Tabernakel des Hochaltares wiedergegeben (Inv. Bayern VII, 8, S. 565).

Auf einem um 1760 von Franz Ant. Maulpertsch gemalten Ölgem. verehren die am Abgrund der Hölle stehenden E. den Namen Jesu (Aukt.Kat. Weinmüller, Mchn., 2.–3. 12. 1964, Nr. 1427, Taf. 82). – Das Herzjesu beten die E. auf Joh. Gg. Bergmüllers Gewölbemal. in der ehem. Klosterkirche N.-D. in Eichstätt an (1721; Inv. Bayern VI [V], 1, S. 364, Taf. 41; vgl. auch [14], S. 31). – Gemeinsam mit der personifizierten Kirche und Heiligen adorieren die E. das Kreuz Christi, das ihnen Engel bringen (Wallfahrtskirche Hl. Kreuz in Biberbach bei Augsburg, Deckenmal. im Chor, M. 18. Jh.: Fot. L. Aufsberg, Sonthofen, Nr. 77 701).

Wie dem Glaubensgeheimnis kann die Anbetung der E. auch der Gottesmutter Maria sowie einzelnen lehrhaften Vorstellungen gelten, vorab der von der unbefleckten Empfängnis Mariä.

In der Deckenmal. im Chor der Augustiner-Chorherren-Stiftskirche Neustift bei Brixen schildert Matth. Günther 1743 die E. huldigend vor der Immaculata (als Königin; Herm. Gundersheimer, M.G. Die Freskomal. im süddt. Kirchenbau des 18. Jh., Augsburg 1930, S. 29 und 79, Abb. 35). 1748 wiederholte Günther dieses Thema im Lhs. der Pfarrkirche zu Altdorf Lkrs. Kaufbeuren (ebd. S. 38, Abb. 54), wonach 1769 J. B. Enderle seine Fresken in der Wallfahrtskirche U.L.F. zu Buggenhofen bei Dillingen schuf. Zwischen 1744 und 1756 schnitzte Jos. Christian die Reliefs des Chorgestühls in Zwiefalten, einen Zyklus des Marienlebens, in den die Verehrung der Immakulata durch die E. eingereiht ist (Gerh. Woeckel, Joh. Jos. Chr. von Riedlingen, Lindau und Konstanz 1958, Abb. 11; dort fälschlich als Abtssitz bezeichnet).

Im Zentrum des Deckenbildes, das J. B. Zimmermann 1731 in der Wallfahrtskirche Steinhausen schuf, ist Maria im Kreise von Heiligen wiedergegeben, zum Hochaltar hin der Sündenfall der Stammeltern; in dieser Fassung des Themas Sündenfall und Erlösung ist den E. die Erdenzone des Bildes zugewiesen, wo sie die von der Erbsünde befleckte, der Erlösung harrende Menschheit vorstellen (Alfons Kasper und Wolf Strache, Steinhausen, Stg. 1957, Abb. 2 f. und 44–54). Als Bild der sündigen, erlösungsbedürftigen Menschheit dienen auch die E.-Personifikationen, die um ein Bild des Sündenfalles angeordnet sind und den Schmuck eines Prunkkamins bilden (Abb. 25). Unterhalb der Marienkrönung, der alle Heiligen beiwohnen, schildert J. B. Enderle die E. 1741 in der Deckenmal. der Günzburger Frauenkirche (Jul. Schöttl, Die Kirche zu U.L.F. in Günzburg / Donau, Mchn. 19532, Abb. S. 5). In der Benediktiner-Abteikirche Zwiefalten stellte F. J. Spiegler die E. in den Pendentifs der Vierungskuppel dar (Abb. 34), deren Bildschmuck die Aufnahme Mariä in den Himmel und ihre Krönung bildet. Die Inschrift am Triumphbogen nennt das Gesamtthema: „Regina Sanctorum omnium“. Maria ist Königin der Heiligen im Himmel (Kuppelbild) wie der Erdbewohner (E.-Personifikationen; Ernst Fiechter, Zwiefalten, Augsburg 1927, Taf. 8). – Der bereits herrschenden Königin Maria läßt Chrn. Thomas Scheffler die E. auf dem Deckenfresko des Betchores in der Wallfahrtskirche U. L. F. in Witzighausen Lkrs. Neu-Ulm huldigen (1740). Das gleiche Thema behandelte Conrad Huber 1791 in der Pfarrkirche St. Martin zu Ingstetten (Abb. 46).

In Verbindung mit anderen Szenen aus dem Leben Mariä dargestellt, sind die E. gewöhnlich Hinweise auf die Mitwirkung Mariä beim Werk der Erlösung und – vielfach untrennbar damit verbunden – auf die Maria von den E.-Bewohnern erwiesene (oder zu erweisende) Verehrung. In der Wallfahrtskirche Birnau ordnete Joh. Bernh. Götz die E. einem Bild Maria in der Hoffnung zu, was den bei der Kirchweihe (1750) Anwesenden wie folgt erklärt wurde: „Die Erden vergisset ihrer Pflichten nicht. Alle Welt-Theil liegen an den Staflen ihres Throns“ (Herm. Bauer, Das Münster 14, 1961, S. 325, Abb. S. 326). 1756 fügte J. B. Enderle zu dem Hauptbild im Lhs. der Wallfahrtskirche U. L. F. in Mussenhausen Lkrs. Mindelheim die E., die jeweils für sich in einem Bildfeld dargestellt sind, hinzu; im Hauptbild ist der Tempelgang Mariä geschildert, darüber Gottvater, neben dem die von der Schlange umringelte Weltkugel liegt: auch hier sollte wohl auf die Rolle Mariä im Heilsplan hingewiesen werden.

Beliebt waren E.-Darstellungen in Verbindung mit solchen von Maria als Königin des Rosenkranzes, zumal im Kreise des Dominikanerordens.

Auf dem Deckenbild J. B. Enderles in der Pfarrkirche St. Martin in Schwabmühlhausen Lkrs. Schwabmünchen, 1759, ziehen die E. (Putten) den Wagen, auf dem Maria thront, durch eine Ehrenpforte, der 15 Medaillons mit den Ill. zu den drei Rosenkränzen appliziert sind; der (legendäre) Stifter des Rosenkranzgebetes, der hl. Dominikus, und die hl. Katharina von Siena flankieren die Ehrenpforte (Fot. ZM 74 367). In einer anderen Fassung des gleichen Themas übergeben die beiden Hll. den E.-Personifikationen den Rosenkranz, während Maria vom Himmel zu den E. herabsteigt (J. B. Enderle, Fresko in der Pfarrkirche zu Sontheim Lkrs. Memmingen). In der Klosterkirche der Dominikanerinnen zu Altenhohenau a. Inn, Obb., 1774 von Joh. Mich. Hartwagner, streuen Engel vom Himmel Rosen und Rosenkränze herab und übergibt Maria den Rosenkranz an den hl. Dominikus, zu dem die E. ihre Hände flehend erheben: durch das Rosenkranzgebet kann der Weltenrichter gnädig gestimmt werden. Diesen Aspekt des Themas schildern auch J. Wannenmacher in der Dominikanerkirche zu Rottweil (1755; Fot. ZM 82 019) und Andreas Brugger in der Rosenkranzkapelle der Pfarrkirche zu Ailingen Lkrs. Tettnang (hier wendet Maria das Strafgericht, das ihr Sohn über die E. verhängen will, ab; Fot. St. Amt f. Dpfl. Stg., Nr. 6064). Die Überreichung des Rosenkranzes an die E. stellte Phil. Jak. Greil 1787 in Kappl dar [14, S. 30].

Die Skapulierübergabe war in der 1859 abgebrochenen Kirche zu Telfs, Tirol, von Ant. Zoller wiedergegeben (1740; [14] S. 29f.).

Vielfach ist die Darstellung der E. in den Dienst der Heiligenverehrung gestellt, zumal die Ordensgründer erfahren die Anbetung der E.

Im besonderen ist der hl. Benedikt zusammen mit den E. dargestellt worden, die von ihm oder durch einen Engel das Buch mit der Regula S. Benedicti erhalten: Ochsenhausen, Benediktiner-Abteikirche, Deckenmal. im Chor, 1729 von J. G. Bergmüller; Augsburg, Städt. Kslgn., Entwurf für ein Altargem. von Otto Gebhard(t) (1700–73: Adolf Feulner, Die Slg. Hofrat Sigmund Röhrer im Besitze der Stadt Augsburg, Augsburg 1926, S. 8, Kat. I, 49, Abb. 17, wo der Hl. fälschlich als Augustinus bezeichnet ist). E.-Personifikationen begleiten den Triumphwagen, auf dem der hl. Benedikt in den Himmel fährt, auf dem Deckenbild der ehem. Benediktiner-Klosterkirche zu Thierhaupten Lkrs. Neuburg a. Donau, um 1762–65 (Fot. ZM 114 333). In der ehem. Benediktiner-Abteikirche St. Stephan in Würzburg übertrug Conrad Huber 1789 das gewöhnlich auf die Mission und die Verkündigung des Evangeliums bezogene Bibelzitat Ps. 19 [18], 5 auf die Verherrlichung des hl. Benedikt (und seines Ordens: Inv. Bayern III, 12, S. 354, Taf. 34). Vgl. auch Sp. 1152 (Kanzel in Vierzehnheiligen).

Von dem hl. Filippo Benizzi, dem „Gründer“ der Serviten (deren 5. Generalprior er war, und die ihm die innere Stärkung ihres Ordens verdanken), empfangen die E. die Ordenskonstitutionen: Wandmal. des Matteo Bonecchi in der Capp. del Capitolo der SS. Annunziata in Florenz (Walter und Elisabeth Paatz, Die Kirchen von Florenz Bd. 1, Ffm. 1940, S. 119).

Die ehem. auf der Prager Karlsbrücke aufgestellte Skulpturengruppe des Ferd. Maxim. Brokoff, die den Gründer der Societas Jesu, den hl. Ignatius von Loyola, und die E. darstellte, ging 1890 bis auf einige Reste zugrunde (diese jetzt im Lapidarium des Mus. der Hauptstadt Prag, wo sich auch der farbig gefaßte Holzbozzetto zu dem Werk befindet: V. V. Stech, Die Barockskulptur in Böhmen, Prag 1959, Taf. 3). – S. a. Sp. 1147f.

Als Beispiel für die Darstellung von E. in Verbindung mit Heiligen, die keine Ordensgründer waren, sei C. D. Asams Wandmal. in der Münchner Asamkirche genannt (entstanden 1732–35): hier ist ein Johann-Nepomuk-Altar, an dem eine Messe für Kranke und Gebrechliche gelesen wird, gezeigt; der Altar steht unter einer Kuppel, deren Pendentifs Bilder der Evangelisten schmücken und deren Kuppelwölbung E.-Darstellungen einnehmen. Für die hier als Bild im Bilde gegebene Darstellung finden sich, was ihre Anordnung anbelangt, in der tatsächlich gebauten und mit Malereien versehenen Architektur keine Parallelen.

V. Personifikation der E.

Die weitaus meisten E.-Darstellungen aus sämtlichen Epochen der Neuzeit sind Personifikationen. Sie besitzen ikonographisch eine außerordentliche Vielfältigkeit; diese ist eine glückliche Folge davon, daß es niemals E.-Bildtypen von allgemeiner Verbindlichkeit gab. Wohl aber sind gewisse Grundzüge der E.-Personifikation erkennbar (A), die in höherem Maße auf gleichgerichtete Absicht der Charakterisierung als auf die Wirkung einzelner E.-Bilder (oder E.-Gruppen) zurückzuführen sind; dem gleichen Umstand ist es zu danken, daß bei aller Variabilität in der Auswahl von Attributen, die jeweils für einen E. kennzeichnend sind (oder sein sollen), doch gewisse Übereinstimmungen bestehen, die einer listenmäßigen Übersicht über die wesentlichen Attribute abzulesen sind (s. Sp. 1166ff.).

Die zu einer E.-Gruppe gehörenden drei oder vier E.-Personifikationen sind in der Regel gleichartig dargestellt, dennoch ruht die Ikonographie einer jeden E.-Personifikation auf besonderen Voraussetzungen. Im 16. Jh. und in der Frühzeit des 17. Jh. hat man die sehr verschiedenartigen (Bild-) Quellen erschlossen und verarbeitet und damit für alle E.-Darstellungen die Grundlage geschaffen. In dieser Epoche wurden bestimmte typische Merkmale für die Wiedergabe der einzelnen E. ausgebildet (B). Einzelne E.-Gruppen aus dieser Zeit sind bis ins 18. Jh. hinein beliebte Vorbilder geblieben (C). Vom 2. V. 17. Jh. an bis zu dem beinahe rätselhaft schnellen Erlöschen des Interesses an E.-Darstellungen im ausgehenden 18. Jh. bietet die E.-Ikonographie das Bild gefälliger Kompilation (D; die wenigen, stets in der Tradition des 18. Jh. stehenden Beispiele aus der 1. H. 19. Jh. sind in diesem Abschnitt mitbehandelt).

A. Allgemeine Grundzüge, Attribute

Ein Überblick über die Grundzüge der E. -Personifikation in der Neuzeit ergibt folgendes Bild:

Das Geschlecht der E.-Personifikationen ist, den latein. E.-Namen gemäß, zumeist weiblich (Abb. 10–18, 20–29 usw.). Seit dem frühen 17. Jh. kommen innerhalb einer E.-Gruppe neben den weiblichen auch einzelne männliche E.-Personifikationen vor (Abb. 34,37); gelegentlich besteht fortan die E.-Gruppe aus zwei Paaren (Abb. 30, 45f.). Sämtliche E. einer Gruppe durch Männer vorzustellen wurde erst im 18. Jh. möglich. In diesem Jh. gab man die E. bisweilen auch durch Gestalten wieder, die in ihrem Geschlecht nicht eindeutig bestimmbar sind; zu solchen können auch die E. in Gestalt von Putten (und Puttenköpfchen) und Zwergen gezählt werden (Abb. 32).

Rassische Merkmale zur Unterscheidung der E. fanden nur langsam Aufnahme in die E.-Ikonographie. Europa wird, wie seine Bewohner, mit weißer Hautfarbe dargestellt, ebenso in vielen Beispielen auch Asien, dessen Bild vornehmlich von Vorstellungen über das mohammedanische Kleinasien bestimmt wurde – auf den Fernen Osten hinweisende Motive mehren sich erst im 18. Jh. (Abb. 30 und 40). Das Exotische prägt das Aussehen Afrikas und Amerikas: beider Hautfarbe ist dunkel (trotz früher schriftlicher Zeugnisse, die für Afrika negroides Aussehen fordern – z. B. [4] –, hat die bildende Kunst erst seit 2. V. 17. Jh. dieses Verlangen erfüllt (Abb. 20, 22–26 usw.). In Einzelfällen besitzt in E.-Darstellungen des 18. Jh. auch Asien negroide Züge (Abb. 42).

In der Regel erscheinen die E.-Personifikationen in ganzer Gestalt. Erst im 18. Jh. mehren sich die Ausnahmen von dieser Regel, z. B. werden nur die Köpfe der E.-Personifikationen abgebildet. Die Körperhaltungen sind vielfältig und in der Mehrzahl der Beispiele bei den E.-Personifikationen einer E.-Gruppe gleich (Abb. 11, 22, 23, 25, 28, 32, 40, 44, 47, 50); die einzelnen E. stehen aufrecht (Abb. 11f., 15 a und b, 18, 22f., 26, 30–34, 37, 44f., 48ff.), sitzen oder thronen (Abb. 24, 37, 41, 47f.; 14, 29, 40, 47), fahren auf Triumphwagen (Abb. 28), „reiten“ auf ihren Attributtieren (Abb. 16, 40 [Amerika], 43), knien (Abb. 20, 29, 33, 44–46) oder lagern sich am Boden (Abb. 13, 17, 27, 35 usw.). Unterschiedliche Haltung unter den E.-Personifikationen einer Gruppe findet sich zuerst, um Europa eine Sonderstellung zuzuweisen: Europa thront, die übrigen E. stehen oder knien vor ihr, gelegentlich müssen sie der Europa huldigen, ihr Gaben darbringen. Wenn die E. nebeneinander aufgereiht sind oder wie in einer Prozession gehen, nimmt Europa selbstverständlich den ersten Platz ein. Um die Demut des christlichen Europa zu betonen, kann aber umgekehrt allein Europa kniend, einen Gegenstand des Glaubens anbetend, wiedergegeben sein (Abb. 30). Wenn durch äußere Merkmale auf die Rangfolge der E. hingewiesen wird, pflegt gewöhnlich Asien an die Seite Europas zu treten (Abb. 48); diesem E.-Paar gegenüber stehen Afrika und Amerika zurück. Nur ausnahmsweise ist einem dieser E. eine Sonderstellung eingeräumt (so der Amerika bei Pozzo, s. Sp. 1165).

Die Gewandung gehört zu den wichtigsten Mitteln der E.-Charakterisierung. Europa und Asien sind gewöhnlich reich gekleidet, Europa trägt häufig eine Krone (die vereinzelten Beispiele für Asien-Darstellungen mit spärlicher Bekleidung gehören fast alle dem 16. und A. 17. Jh. an). Die Kleidung der Asia wird zunehmend mehr von völkerkundlichen Nachrichten über das Leben in diesem Kontinent bestimmt: im Sinne der Berichte „richtige“ Bekleidung löst den fantastischen Kleiderputz von orientalischer Pracht ab, der Asien-Personifikationen in die Nähe von Drei-Königs-Bildern stellte. – Spärliche Kleidung – Lendenschurz oder Federröckchen – ist für Afrika- und Amerika-Personifikationen gebräuchlich (Abb. 23, 25f., 32, 47f., 50). Nur im 16. und A. 17. Jh. erscheinen die beiden öfters auch völlig nackt (Abb. 11 und 18). In der Folgezeit nahm die Stoffülle der Bekleidung zu, meist ließ man jedoch die Gliedmaßen und einen Teil des Körpers unbedeckt (Abb. 13, 17, 24, 28, 30, 35, 39, 41, 45f.). Völlig bekleidete Amerika- und Afrika-Personifikationen kommen aber in allen Jhh. vor, vergleichsweise häufig im 18. Jh. (Abb. 20, 22, 35, 44, 49). Über Einzelheiten der Gewandung s. Sp. 1169ff. (Ikonographie der einzelnen E.).

Die Kennzeichnung der einzelnen E. erfolgte aber vor allem durch Attribute, die in der Mehrzahl aus der Tier- und Pflanzenwelt gewählt wurden. Obwohl sie jeweils für einen E. typisch sein sollen, sind sie in hohem Maße austauschbar. Wie durch Beifügung von geographischen und (oder) zoologischen Bildern die E.-Schilderung gelegentlich zu einem natur- und landeskundlichen Lehrstück gemacht werden kann (ein Extremfall dürften die vier Gem. des Jan van Kessel in den St.Gem.Slgn. München sein: um jedes der ohnedies schon überreich mit Beigaben aller Art ausgestatteten E.-Bilder ist ein Rahmen von 16 Städteansichten gelegt – wie es häufig auf Landkarten anzutreffen ist –, und im Vordergrund einer jeden wimmelt es von Tieren aller Art: Abb. 21), konnte sie dadurch, daß man jeder E.-Personifikation ein bald mehr, bald weniger figurenreiches Gefolge gab, zum kostüm- und sittenkundlichen Schaustück erweitert werden. Historische Anspielungen können hinzutreten (Abb. 29), desgleichen Hinweise auf die Religionen und Kultgebräuche, so daß – zumal im 18. Jh. – E.-Darstellungen von einem im Detail kaum mehr übersehbaren Reichtum entstehen; in dieser Fülle verliert allerdings das einzelne Attribut an Bedeutung: es ist nicht mehr ikonographisch qualifizierend wie früher, sondern Teil eines Ensembles, das im ganzen die E.-Charakterisierung leistet. Der Versuch, alle Beigaben solcher Bilder als signifikante Attribute zu werten, würde nur zu einer regellosen Fülle von Überschneidungen führen.

Nachfolgend sind ausgewählte E.-Darstellungen des 16.–18. Jh. aufgeführt, anhand deren eine repräsentative Übersicht über die Attribute der einzelnen E.-Personifikationen gegeben werden kann; die Beispiele stehen in chronologischer Reihenfolge, mit Ausnahme der nur als Belege für Sonderfälle herangezogenen Beispiele x–z.

In der alphabetischen Liste der Attribute sind die Beispiele a–w so vollständig ausgewertet, wie es die besten jeweils erreichbaren Abbildungen gestatteten. Kursiv abgesetzt sind solche Attribute, die häufig vorkommen und einen E. verhältnismäßig eindeutig bezeichnen; der Name des E. ist dann ebenfalls kursiv gedruckt, und die in solchen Fällen zahlreichen Beispiele bleiben in der Übersicht ungenannt. Bei ikonographisch weniger typischen Attributen und solchen, die nur ausnahmsweise vorkommen, wird hingegen auf die Beispiele verwiesen.

Beispiele:

a: Giov. de Vecchi, Wandgem., um 1572–74, Caprarola, Pal. Farnese, Sala del Mappamondo: vgl. die poetische Beschreibung von Ameto Orti [3, S. 128f.] sowie Leopoldo Sebastiani, Descrizzione e Relazione del ... Pal. di Caprarola, Rom, 1741, S. 99; Abb. 10 a und b;

b: Étienne Delaune, Kupferstiche, 1575 (Robert-Dumesnil Nr. 197–200): [22] S. 555 Nr. 4513;

c: Dirck Barendsz. (Entw.) und Jan Sadeler d. Ä. (Ausf.), Kupferstiche, 1581 (Nagler, K. Lex. Bd. 15, S. 557 Nr. 169): [19] Abb. 3 und 5 (Afrika, Amerika); Abb. 13;

d: Titelkupfer zu Abraham Ortelius, Theatrum orbis terrarum, Antwerpen 1595: [18] Abb. 22;

e: Adriaen Collaert d. J., Kupferstiche, um 1595 (Le Blanc Nr. 358–61): [19] Abb. 7f. (Amerika, Europa); A. Doutrepont a.a.O. (Sp. 1139), Abb. 8 (Asien). Vgl. die Zchgn. des Marten de Vos im Mus. Plantin-Moretus, Cab. des Estampes, Inv.Nr. A. IX. 4–7: ebd. Abb. 5, 7, 9f.; Abb. 14;

f: Marcus Geeraerts d. Ä. (Entw.) und Phil. Galle sowie Mich. Snyders (Ausf.), Kupferstiche, vor 1604: [23] Bd. 7 S. 102 Nr. 48–51; [22] S. 37 Nr. 232; Knipping [13], Abb. 110 (Europa); Abb. 18;

g: Phil. Galle, Prosopographia, Antwerpen (um 1600), Kupferstiche: [22] S. 557 Nr. 4527; van Marle [12], Abb. 356f. (Asien, Europa); Knipping [13], Abb. 116 (Amerika);

h: Ehem. Wien, Slg. Alfred Walcher, Plaketten, Bleiguß um 1600: Edm. Wilh. Braun, Die dt. Renss.-Plaketten der Slg. A. W., Wien 1918, Nr. 171–74, Taf. 50–53;

i: Carlo Mariotti (Entw.) und Carlo Grandi (Ausf.), Ill. zu Ces. Ripa [4]; Abb. 15 a und b;

j: Frans Franck(en) II, Ölgem., um 1636, Amster­dam, Rijksmus.: Cat. of Paintings 1960, Nr. 935; Abb. 20;

k: Rintie Jans, Silberplatte, 17. Jh., Leeuwarden, Fries Mus.: Johan Willem Frederiks, Dutch Silver, Den Haag 1952, Bd. 1 Abb. 182;

l: Andrea Pozzo, Deckengem., 1691–94, Rom, S. Ignazio (Lhs.): Herm. Voss, Die Mal. des Barock in Rom, Bln. 1924, Abb. S. 312f.;

m: Andreas Schlüter, Skulpturen, um 1703, ehem. Berlin, Schloß, Rittersaal: Heinz Ladendorf a.a.O. (Sp. 1143), Abb. 91–94; Abb. 27; vgl. auch Schlüters Reliefs im Haus Kamecke, Berlin, um 1712 (zerst.): ebd. Abb. 167–70;

n: Joh. Ulr. Kraus, Heilige Augen- und Gemüths-Lust ..., Augsburg (um 1706), Kupferstich Nr. 15;

o: Antonio Beduzzi, Deckenmal., 1710, Wien, Niederösterr. Landhaus: [6] Abb. 1–5;

p: Joh. Rud. Byss, Deckenmal., 1717, Pommersfelden, Treppenhaus: H. Kreisel a.a.O. (Sp. 1144), Abb. 22f.; Abb. 29;

q: Francesco Solimena, Ölgem., nach 1735, Rom, Gall. Doria Pamphili: Ferd. Bologna, F. S., Neapel 1958, Abb. 208 (Europa);

r: Cosmas Damian Asam, Deckenmal., 1738, Straubing, Ursulinenkirche: Erika Hanfstaengl a.a.O. (Sp. 1148), Taf. 47;

s: Phil. Hieron. Brinckmann, Fresken, 1748–56, Mannheim, Jesuitenkirche: Leo Barth, Die Jesuitenkirche in M., Mannheim 1933, Abb. S. 24f.;

t: Franz Jos. Spiegler, Deckenmal., 1749, Zwiefalten, ehem. Benediktiner-Klosterkirche: N. Lieb a.a.O. (Sp. 1149), Taf. 89; Abb. 34 (Asien);

u: Giov. Batt. Tiepolo, Deckenmal., 1752–53, Würzburg, Residenz, Treppenhaus: [17] Taf. 81ff.;

v: Anton Landes, Stuckplastik, nicht vor 1761, Regensburg, Stiftskirche U.L.F. zur Alten Kapelle: Andreas Senestréy in: „Die Stiftskirche U.L.F. zur Alten Kap. in R.“, Regensburg 1938, Abb. S. 122–30; Abb. 43;

w: Giov. Maria Cassini, Vorsatzkupfer z. G. M. C, Nuovo Atlante Geografico Universale, Rom 1792; Abb. 48;

x: François Chauveau, Federzchg., 1668, Paris, Bibl. Opéra Théatre: [10] Abb. S. 19;

y: Kupferstich in Giac. Certani, Maria Vergine Coronata, Reggio 1675: [10] Abb. S. 26;

z: Kupferstiche in Conte di Castriglio, Feste celebrate in Napoli per la nascita del Serenissimo Prencipe di Spagna, 1658: [10] Abb. S. 21f.

Attribute:

Adler Europa: p (Abb. 29);

Affe Amerika: h – k – Abb. 23; Afrika: u – Abb. 40;

Ananas Amerika: m – Abb. 23;

Axt Amerika: Abb. 25;

Bär Europa: e (Abb. 14) – f; Amerika: x;

Bogen (Waffe) Amerika: Abb. 15 a, 24 ff., 32, 40f., 50; Afrika: c (Abb. 13) – f – k – t – Abb. 35 und 48; Asien: Abb. 47;

Bücher Europa: Abb. 23 und 48;

Drache Afrika: b – h – o – q; Amerika: y; Einhorn Asien: h; Elefant (Elefantenkopfhaut, -stoßzahn) Afrika: Abb. 13, 17f., 23–25, 35, 38f., 44, 48, 50; Asien: b – e – h – u – Abb. 25 und 33; Amerika: m;

Gürteltier Amerika: e – j (Abb. 20) – Abb. 23 (und 25?);

Hängematte Amerika: d; Afrika: m; Helm Europa: Abb. 47;

Himmelsglobus Europa: p (Abb. 29); Afrika: Abb. 40;

Hirsch Europa: e (Abb. 14) – b – h; Amerika: u;

Hund Europa: u; Indianerkopfputz Amerika: Abb. 15 a, 20, 23–26, 28, 30, 32, 40f., 44–50;

Kaiman s. Krokodil

Kamel Asien: Abb. 15 b, 23, 27f., 34, 48, 50; Afrika: s – u;

Kanone Europa: Abb. 47;

Köcher Amerika: Abb. 15 a, 20, 25f., 32, 41, 45f., 50; Afrika: c (Abb. 13) – h – t – Abb. 17, 32, 35, 38; Asien: Abb. 33 und 48;

Kopf (pfeildurchbohrt) Amerika: Abb. 15 a;

Korallen Afrika: j (Abb. 20); Amerika: Abb. 41;

Korb Amerika: Abb. 23 und 41;

Kreuz (Golgatha) Asien: o – u;

Krokodil (Kaiman) Afrika: e – f – h – k – v – Abb. 11, 28, 35; Amerika: i (Abb. 15 a) – s – u – Abb. 23f., 26, 40f., 50;

Krone Europa: Abb. 12f., 20, 23, 25, 28ff., 32, 40, 43–46, 48, 50;

Krummschwert Asien: c – k – v – Abb. 30 und 33;

Lanze Afrika: c (Abb. 13) – f – w (Abb. 48) – Abb. 44; Amerika: f – g – k – Abb. 20 und 41;

Löwe Afrika: b – c (Abb. 13) – h – i – m – o – Abb. 18, 23ff., 28, 37 ff., Asien: b – h – n – s – u – Abb. 11, 33, 44; Amerika: i;

Malerwerkzeuge Europa;

Marschallstab Asien: Abb. 33f., 44, 46;

Mauerkrone (Turm) Europa: a – Abb. 31; Asien: a;

Musikinstrumente Europa: Abb. 48;

Nashorn Asien: b (?); Amerika: h; Afrika: z;

Obelisk Asien: u;

Ohrringe Afrika: Abb. 18, 20, 24f., 30, 35, 46f.; Amerika: Abb. 41 und 45; Asien: Abb. 25; Europa: Abb. 43;

Papagei Amerika: a – k – u – v – Abb. 28; Afrika: Abb. 23;

Pelikan Afrika: u

Pfeil Amerika: Abb. 15 a und 48; Afrika: c – k – t;

Pferd Europa: Abb. 14, 23, 28, 43, 48, 50;

Pyramide Afrika: c (Abb. 13) – s;

Rauchgefäß Asien: Abb. 15 b, 23, 25, 28, 33, 45, 47f., 50; Afrika: n – u; Amerika: Abb. 46;

Reichsapfel Europa: Abb. 12, 29, 44;

Schätze (Reichtum) Europa: Abb. 11; Asien: Abb. 11, 20f., 23, 46, 48; Afrika: Abb. 11, 20, 24f., 46; Amerika: Abb. 10 a und 20;

Schlange Afrika: f – i – Abb. 18 und 23; Amerika: h;

Skorpion Afrika: a – i;

Sonnenschutz Afrika: Abb. 13, 17, 22f., 28, 35, 40, 45; Asien: s; Amerika: c – t;

Stier (Rinder) Europa: Abb. 14, 16, 23, 25, 29;

Strauß, Straußenei Asien: k – Abb. 23; Afrika: u – Abb. 37;

Tabakspfeife Amerika: Abb. 23;

Tempel Europa: Abb. 40;

Tiara Europa: Abb. 46;

Turban Asien: Abb. 23, 27f., 30, 32, 40, 42, 45–48, 50;

Waffen Europa: Abb. 16; Asien; Afrika; Amerika;

Weinstock Europa: e (Abb. 14) – g – q – Abb. 23;

Weltkugel Europa: Abb. 14;

Zepter Europa: Abb. 12, 14, 20, 28ff., 32, 40, 48; Asien: h – n – t – Abb. 30 und 40; Afrika: v;

Ziege Europa: b – e (Abb. 14) – h – Abb. 11; Amerika: f;

Zweig(e) Afrika: d – e – f – t – Abb. 18; Asien: i (Abb. 15 b) – q – Abb. 21 und 23; Europa: b.

B. Ikonographie der einzelnen E. von 1500–1630

Die Ikonographie der einzelnen Erdteile ist das Ergebnis der Verschmelzung verschiedenartiger Bildquellen und Anregungen. Die wichtigsten – bei der Konzeption der jeweiligen E.-Personifikation in unterschiedlichem Maße wirksamen – Quellen sind: Vorbilder der Antike, zumal Münzbilder (s. o. Sp. 1118 und 1120); ma. Darstellungen von Provinzen und Städten; Personifikationen von Begriffen und Eigenschaften sowie Institutionen, die inhaltlich mit der betreffenden E.-Vorstellung zu verbinden waren; Illustrationen zu Reiseberichten und exotische Darstellungen. Bei der Annäherung der einzelnen E.-Bilder aneinander hat die im 16. Jh. allgemein gebräuchliche Bildform der Personifikation, aber auch das Vorbild anderer, festen Bildtypen folgender Gruppen von Personifikationen (z. B. der Elemente, die auf ihren Tierattributen „reiten“) Pate gestanden. Etwa zu Beginn des 30jährigen Krieges war inhaltlich das Bild, das man sich von den einzelnen E. machte, im wesentlichen geprägt; die bis dahin geschaffenen Bildformeln bleiben, da sie bald die eine, bald die andere Eigenschaft eines E. auf Kosten der übrigen stärker betonen, gegenüber jenen abgerundeten E.-Vorstellungen zurück und sind weniger umfassend als diese. Daher wurden sie fast immer als mehr oder weniger ergänzungsbedürftig empfunden und vielfach im Hintergrund und auf dem Bildrahmen zusätzliche charakterisierende Details angebracht.

(Sofern die im folgenden genannten Beispiele in der Liste Sp. 1164ff. erwähnt sind, werden sie ohne Literaturnachweis aufgeführt.)

1. Europa

Europa nimmt unter den E. den ersten Rang ein (s.a. Sp. 1161): sie herrscht als Königin, sie ist die Trägerin der Kirche, unter ihrem Schutz gedeihen Handel, Wissenschaften und Bodenkultur, sie ist in der Kriegskunst erfahren und repräsentiert alle Staaten (und Provinzen) ihres Kontinents. Diese Einschätzung bestimmt die Auswahl ihrer Attribute: Herrschaftszeichen, Weltkugel, Füllhorn, Kirchengebäude, Tiara, Pferd, Rinder, Weintraube, Waffen – bisweilen trägt Europa eine Rüstung – sowie Instrumente und Geräte, die Gelehrte und Künstler handhaben.

Zur Personifikation der Europa griff man auf die Darstellung allegorischer Begriffe aus dem Bereich der imperialen, kirchlichen und der wissenschaftlich-lehrhaften Ikonographie zurück. Im besonderen haben Wiedergaben der Roma, solche der Antike wie auch des MA, die Darstellung der Europa mitgeprägt; die mit jenen sich eng berührenden Personifikationen von *Provinzen und *Städten besitzen ebenfalls zahlreiche Übereinstimmungen mit Europa-Bildern. Eine ganze Anzahl Attribute teilt Europa mit den Personifikationen der Kirche und der *Religion, die bisweilen auch in ihrer Gestalt und Gewandung Europa-Darstellungen sehr ähnlich sind. Mehr im humanistischen Sinne konzipierte Europa-Personifikationen griffen auf den Bildtypus der Athena-Minerva zurück und übernahmen von diesem außer Helm, Rüstung und Lanze auch das Attributtier, die Eule.

Schon zu Beginn der Neuzeit ist Europa wiederholt als Königin vorgestellt und ihre Gestalt als Landkarte stilisiert: Spanien bildet den Kopf, Frankreich die Brust, Italien ist der rechte Arm, der den Reichsapfel (= Sizilien) hält, Dänemark der linke mit dem Zepter; der Rhein fließt unter der Brust und die Donau in der Mitte des Körpers entlang. So stellte sie Johannes Putsch (durch italien. Vorbilder angeregt?) i. J. 1537 dar (Leo Bagrow, A. Ortelii Cat. Cartographorum, Dr. A. Petermans Mitt. aus Justus Perthes’ geograph. Anstalt, Ergänzungsheft 210, Gotha 1930, 2. Teil, S. 46f.). Der Kölner Matth. Quadt wiederholte 1587 diese Darstellung auf einem Kupferstich (Regensburg, St.B.), der zwei Jahre später Jonas Silber als Vorlage für die Reliefdarstellung des E. Europa auf der „Weltschale“ diente, die er im Auftrag Rudolfs II. schuf (Abb. 12). Den Schalenfuß umrahmen, gleichsam der Europa huldigend, die übrigen drei E. als kleine vollplastische Figuren [20]. Giov. de Vecchi stellte die Europa in Caprarola mit einer Erdkugel dar, zum Zeichen, daß sie der erste der E. sei.

Die Konstanten der Europa-Darstellung und gleicherweise die Variationsbreite zeigen niederländische Kupferstiche des späten 16. und A. 17. Jh. sowie die Europa-Personifikation des Cesare Ripa. Diese Werke stellen Europa stets als Königin vor, kennzeichnen aber durch spezifische Auswahl der Attribute die Auswirkung ihres segensreichen Regimentes auf jeweils verschiedenen Gebieten.

Im Kupferstich des älteren Jan Sadeler ist die Fruchtbarkeit des Landes (Füllhorn mit Ähren und Früchten) und die Viehwirtschaft der Bewohner hervorgehoben (Rinder und Pferde). Marten de Vos charakterisiert 1594 die auf der Weltkugel sitzende, gekrönte Herrscherin Europa als Herrin der Wissenschaften (Buch auf ihrem Schoß), der Seefahrt (Kompaß), der mechanischen Künste (oder des Handwerks?: Uhr) und des Landbaues (Weinrebe). Adriaen Collaert, der diese Zchg. stach (Abb. 14), eliminierte die Geräte und verweist auf die Kriegskunst der Europa (Schlachtenbild), auf die Viehzucht (Rinder, Schaf, Ziege, Schwein?, Pferde) sowie den Landbau (Weinrebe). Als Herrin über fruchtbare Ländereien, in der Kriegskunst wie in der (friedlichen) Landwirtschaft erfahrene Königin schildern Phil. Galle und Michiel Snyders den E. Europa [13, Abb. 110].

Bei Ces. Ripa sitzt Europa auf zwei Füllhörnern (Überfluß der Länder) vor einem Pferd (dem Herrscher zukommendes Reittier); Kriegsgerät aller Art (Kriegskunst), Buch, Musikinstrumente und Handwerkszeug der Maler (Wissenschaften und Künste) liegen neben ihr. Abzeichen weltlicher und geistlicher Macht sind der Europa zuerkannt: als Repräsentantin der „perfetta e verissima Religione“ erhält sie hier erstmals einen Tempel als Attribut; die Weltkugel kommt bei Ripa nicht vor, doch wurde diese in außerital. Ausg. der „Iconologia“ später interpoliert (vgl. Ausg. Paris 1644, Teil 2 S. 8f., Abb. S. 6; Amsterdam 1698, Bd. 2 S. 27; Augsburg um 1760, Pars 2, Nr. 102).

Ein Stecher, der für Cl. J. Visscher arbeitete, vollzog die Verbindung von Darstellungen des E. Europa mit solchen der mythologischen Gestalt Europa und glich die Personifikation dem Bild der Minerva an (Abb. 16). Bereits 1586 hatte Goltzius, des mythologischen Stoffes eingedenk, der personifizierten Europa den Stier als Attribut gegeben (Abb. 11); die Verschmelzung von E. Europa- und „Raub der Europa“-Bildtypen nahm er jedoch noch nicht vor. Sie ist auch in der Folgezeit ziemlich selten geblieben (vgl. z. B. Landshut, ehem. Jesuitenkirche, Fuß der von Franz Ignaz Berdolt 1739 in Augsburg geschaffenen Monstranz: Abb. 33; Ausst.Kat. „Eucharistia“, Mchn. 1960, Nr. 247).

2. Asien

Asien, wo das Hl. Land und Jerusalem liegt, gilt als die Mitte der Welt (s. a. Sp. 1122). Von Asien nahm das Christentum seinen Ausgang. Die Eroberung Asiens durch die Mohammedaner, ein bereits im MA der Vorstellung von Asien integriertes historisches Faktum (s. o. Sp. 1132), war allgemein so gegenwärtiges Wissen, daß die Beschaffenheit von Land und Leuten des Vorderen Orients das Bild der Asia wesentlich bestimmte. Aus letzten Endes biblischen Textstellen las man heraus, Asien sei reich an Edelsteinen, Gewürzen, Weihrauch und fruchtbaren Landstrichen. So ist die Asia zu reicher, mit Edelsteinen besetzter Kleidung und Gewürzsträuchern, Weihrauchfaß, Blumen, Turban wie auch christlichen Symbolen als Attributen gekommen.

Bei Darstellungen sind ihrer Herkunft und Absicht nach unterschiedliche Tendenzen am Werk. Exotisch-folkloristische Ausgestaltung ist für die Asien-Ikonographie der Niederländer bezeichnend (a); der Rückgriff auf antike Münzbilder der Provincia Asia ist für Italien charakteristisch (b), doch sind auch hier seit Ripa Motive der niederländischen Ikonographie gebräuchlich geworden (c).

a. Bei Goltzius (Abb. 11) ist die Asia verhältnismäßig knapp charakterisiert: ein Löwe begleitet die eine Urne haltende Frau, deren Haupt eine kleine spitze Kopfbedeckung schmückt. Diese ist in verschiedenen modischen Varianten von den niederländischen Stechern der folgenden Jahrzehnte wiederholt worden, so von Adriaen Collaert, der die Asia auf einem Kamel sitzend wiedergab und ihr als weiteres Attributtier einen Elefanten zugesellte; ebenso folgenreich wie die Bildformel der auf ihrem Attributtier reitenden Asia war die Einführung des Rauchfasses als Asienattribut. Durch Spitzhaube mit weit herabhängendem Schleier, Rauchfaß und Phantasiekostüm, dessen auffälligstes Detail der einem Dolman ähnelnde Schnürverschluß ist, haben Jan Sadeler d. Ä. und Phil. Galle die stehende Asia gekennzeichnet. Statt des Rauchfasses (vgl. Chr. Margrafs Punzenstich auf der Kugellaufuhr von 1596: Jb. d. Kb. Slgn. in Wien 59, 1963, S. 48, Abb. 49f.) kann Asien auch ein pokalförmiges Räuchergefäß halten [18, Abb. 22]; ein Turban ersetzt seit dem 17. Jh. öfters die Spitzhaube [10, Abb. S. 233]. Als Hinweis auf das für Pflanzenwuchs gedeihliche Klima Asiens ist von etwa 1600 an der Asia ein Zweig in die Hand gegeben worden (Margraf, s. o.; vgl. auch die niederländische oder süddt. Bleigußplakette, s. oben Sp. 1164, h). Als charakteristische Beispiele für das Fortleben der Bildtradition seien die Asien-Personifikationen des Frans Franck(en) II und des A. Quellinus genannt (Abb. 20 und 23).

b. In Italien haben antike Bildformeln während des 16. Jh. die Asien-Ikonographie bestimmt. Während der Rückgriff auf antike Terra-Darstellungen (Majolika von 1536, vgl. Erde Sp. 1096) vereinzelt blieb, haben hadrianische Münzbilder der Prov. Asia dauerhafteren Einfluß erlangt. Giov. de Vecchis Asien-Bild in Caprarola entlieh alle Attribute von jenen Vorbildern: die Mauerkrone, die Schale, den Schiffsbug und den Anker („L’Asia ... con Torrette in testa, con una Tazza d’oro in mano, Prora, ed Ancora a piedi“: L. Sebastiani a.a.O. [Sp. 1164], S. 99; Abb. 10 b). Auch Ripa [4, S. 163] verweist auf das Vorbild antiker Münzen: Asia soll einen Schiffsbug und ein -ruder als Attribute haben, außerdem aber auch eine Schlange oder drei Pfeile – offenbar hatte sein Gewährsmann ihm unklare Details der Münzbilder in dieser Weise rekonstruiert.

c. Bedeutenderen Einfluß als durch den Hinweis auf die antiken Münzen gewann Ces. Ripa durch seine „moderne“ Bildkonzeption für die Asien-Personifikation, die allein auch in den Ill. seiner Iconologia berücksichtigt ist (Abb. 15 b). Sie stellt nichts weiter als eine Kodifizierung der in den voraufgegangenen Jahrzehnten in den Niederlanden gebräuchlichen Ikonographie der Asia dar: die dolmanartige Schnürjacke (im Text ist von ‚reicher Gewandung’ die Rede), das Rauchfaß und die „ghirlanda di fiori e frutti“ sowie das ruhende Kamel kennzeichnen den Bildtyp Ripas für die „Ninfa Asia“.

3. Afrika

Afrika ist der E. unter der Sonne, bewohnt von den Nachfahren des Noahsohnes Cham (siehe hierüber Spalte 1128), die in Armut leben und deshalb kaum Kleider besitzen. Gleichzeitig aber wird der Reichtum der Äcker gerühmt, auf denen Getreide im Überfluß gedeiht; aus dem Landesinneren kommt der Balsam, von den Küsten die Korallen. In Afrika leben Löwen, Schlangen, Drachen und Skorpione sowie der Elefant, der auch – wie man aus der Bibel und von antiken Autoren wußte – für Zwecke des Krieges abgerichtet wurde. Die bildende Kunst stellt demgemäß die Afrika dunkelhäutig, nackt oder spärlich bekleidet und mit Korallenschmuck vor; sie hält ein Füllhorn mit Ähren und Früchten oder einen Zweig (dieser ist ihr bisweilen um das Haupt gewunden). Die genannten Tiere sind ihre Attribute; statt des Elefanten oder neben ihm kann sie durch dessen Exuvien, die ihr als Kopfbedeckung dienen, gekennzeichnet werden. Da die afrikanischen Bewohner der Mittelmeerküsten dem Islam angehören, hat man gelegentlich auch die Afrika-Personifikation mit langem Gewand und einem Turban versehen und sie so der Asiens angenähert. Wenn exotische Vorstellungen die Wiedergabe bestimmten, trägt Afrika Federschurz und Federkrone und ist mit Pfeil und Bogen ausgerüstet; dann ähnelt sie stark den üblichen Personifikationen der Amerika.

Die Ikonographie der Afrika ist wesentlich von Vorbildern aus der Antike (s. o. Sp. 1118ff.) bestimmt. Für die auf die Eroberung von Tunis durch Karl V. (1535) geprägte Medaille, auf der die Afrika vor einer Palme sitzend und vor einem Schiffsbug abgebildet ist, lieferte eine antike Darstellung der Provinz Judaea das Vorbild (P. Markwart Herrgott O.S.B., Nummotheca Principum Austriae I, 2, Freiburg i. Br. 1752, S. 125f., Taf. 29 Nr. 146). Der Rückgriff auf antike Münzbilder ist zumal für die italienischen Darstellungen aus dem 16. Jh. bezeichnend. In Caprarola stellte Giov. de Vecchi Afrika „con Pelle d’Elefante in Testa, scorpione alla destra, frutta autunnali alla sinistra“ vor. Gestützt auf die Antike, bringt Valeriano Elefant und Skorpion in Verbindung mit Afrika [2, S. 119f.]. Ces. Ripa [4, S. 335ff.] beruft sich 1603 auf römische Münzbilder und schildert Afrika als kurzgeschürzte, Korallenschmuck tragende Frau, die Elefantenexuvien als Mütze trägt, in der Rechten einen Skorpion hält und in der Linken ein Füllhorn mit Ähren. Löwe, Drachen und Schlangen sind ihr beigesellt. Auf die dunkle Hautfarbe, die Ripa vorschreibt, hat der Illustrator seiner „Iconologia“ jedoch verzichtet.

Künstler des Nordens sind im 16. und A. 17. Jh. bei der Afrika-Personifikation eigene Wege gegangen. Sie schöpften Darstellungen der Folklore aus, um den Reichtum des Landes und die Religion seiner Bewohner zu kennzeichnen, verzichteten aber auf die Verarbeitung antiker Afrika-Bilder. Andere antike Anregungen, Darstellungen in der Art der Alexandria im Kalender von 354 [s. o. Sp. 1117], könnten in dem Kupferstich des Michiel Snyders nach Marcus Geeraerts d. Ä. verwendet sein: hier hält Afrika, eine schlanke, hochgewachsene Frau, in der erhobenen Rechten ein Bündel Zweige, ihr Haupt ziert ein Blätterkranz (Abb. 18). Galle stellt in einer „Prosopographia“ – ebenso wie der Stecher des Titelkupfers zu Ortelius’ „Theatrum“ – Afrika als das Land unter der Sonne dar: diese erstrahlt über der einen Blütenzweig haltenden Afrika-Personifikation. Jan Sadeler d. Ä. deutet die Religionszugehörigkeit der Afrikabewohner an: zu Füßen der Afrika, die sich mit einem breiten Strohhut vor der Sonnenglut schützt, liegen Turban, Pfeil und Bogen. Im Hintergrund sind Attributtiere (Löwe, Elefant) und Bewohner des E. wiedergegeben (Abb. 13). Den „mohammedanischen“ Turban trägt auch die Afrika, die Klaus Berken für die Vertäfelung des Fredenhagenschen Zimmers, heute im Haus der Kaufmannschaft in Lübeck, zw. 1572 und 1583 schnitzte (H. A. Gräbke a.a.O. [Sp. 1139], S. 119, 138 u. 145); ebenso kleidete Cl. J. Visschers Kupferstecher die vor zwei Löwen sitzende Afrika mit einem Turban und in weite Kleider [10, Abb. S. 233]. Wenn auch die niederländische Afrika-Ikonographie später noch mehrfach zu belegen ist (s. u. Sp. 1180f.), so trat sie doch – im ganzen gesehen – gegenüber dem italienisch-antikischen Bildtypus stark zurück.

4. Amerika

Amerika bevölkern wilde, kriegerische Menschen, die Götzendienst treiben und z. T. Menschenfresser sind; ihre Kleidung besteht nur aus einem Lendenschurz (aus Federn). Diese Charakterisierung ist die Grundlage für alle Amerika-Darstellungen in sämtlichen Epochen der Neuzeit. Ihr gemäß ist die Amerika nackt oder hat einen Federschutz, trägt eine Federkrone, hält Bogen, Pfeil(e), Köcher und menschliche Körperteile (besonders häufig einen abgeschlagenen Kopf).

Bei keiner zweiten E.-Personifikation ist deren Entstehung so genau zu verfolgen wie bei dieser. Sie entwickelte sich aus Illustrationen zu Reisebeschreibungen des neuen Kontinents, zumal denen der Vespucci-Briefe. Bereits deren Erstausgabe enthält einen Holzschnitt, der die Entdeckungsfahrt schildert und eine größere Gruppe südamerikanischer Indianer wiedergibt; diese drängen sich auf ihrem Kontinent angesichts der von Ferdinand von Aragon ausgesandten Erkundungsflotte zusammen (Lettere delle isole nuovamente trovate, Florenz 1505–06: [24] Nr. 80). In einer zur gleichen Zeit in Rostock erschienenen Ausg. von Vespuccis „Mundus Novus“ wird nur ein Indianerpaar dargestellt, das die gesamte Bevölkerung repräsentieren soll: der Mann mit wildem Kopf- und Barthaar hält quer vor seinem Körper einen mannshohen Bogen und hoch über seinem Kopf zwei riesige Pfeile; ihm steht seine nackte Frau gegenüber, die Rechte zur Brust erhoben, die Linke gesenkt, und ihr wirres Haar reicht bis zu den Kniekehlen herab [24, Nr. 66]. In einer 2 bis 3 Jahre jüngeren Antwerpener Ausgabe [24, Nr. 70] hält der Mann nur noch den Bogen. Die Frau verdeckt mit ihrer rechten Hand die Scham und zeigt mit der Linken auf ihren Mann; ihr Haar ist von gleicher Fülle wie auf dem Rostocker Holzschnitt. Hier ist für die Darstellung der Indianerin der Bildtypus der Eva aus Schilderungen des Sündenfalles aufgegriffen worden. Eine dritte Darstellung des Indianerpaares findet sich bei dem älteren Jan Sadeler: es steht in einer exotischen Landschaft, die den Hintergrund einer sitzenden Personifikation der Amerika bildet. Zur Haarfülle der Frau kommt Federschmuck hinzu. Ungefähr zur gleichen Zeit stellte Phil. Galle die Frau allein dar, gab ihr den Bogen, den zuvor der Mann trug, in die Hand und hängte ihr einen Köcher um; zu Füßen der Frau liegt ein Menschenkopf. Das Haar, auf dem eine Federkrone sitzt, reicht wieder bis zu den Knien. Aus der Abbildung einer Indianerin ist eine Personifikation der Amerika geworden.

Die genannten (oder ihnen entsprechende italienische) Beispiele dürften Ces. Ripas Konzeption der Amerika beeinflußt haben: Amerika hält einen Bogen und in Höhe des Kopfes einen Pfeil; der Menschenkopf liegt zu ihren Füßen. Ihr Haar, mit Federn besteckt und kürzer als sonst, ist in Flechten gelegt. Neben Amerika sitzt ein Kaiman (Abb. 15 a; in späteren Ausg.: ein Krokodil); die Amsterdamer Ausg. der „Iconologia“ Ripas (1698, Bd. 2 S. 27) übernahm diese Ill. Nur das mit Pfauenfedern geschmückte Haar fällt wieder aufgelöst und wirr bis zu den Schultern herab, niederländischer Bildtradition gemäß.

Wie die von Ripa der Amerika zugeteilten Attribute können auch andere von Reisebeschreibungen oder von diesen abhängigen Ill. auf Landkarten hergeleitet werden: Affe, Papagei (Abb. 10 a), Gürteltier, Raubtierkatzen, Hirsch, Keule, Ananas, Elefant und Drachen (Belege in der Liste Sp. 1166 ff.).

Auf dem Titelblatt der Vespucci-Briefe, Ausg. Paris 1503–04, hocken zwei Affen neben einem Baumstamm [24, Nr. 60, Taf. 11]. Indianer, die ein Menschenmahl zubereiten, zeigt die kartographische Wiedergabe des südamerikanischen Kontinents im Straßburger Ptolemaeus von 1522, neben ihnen ein bärenartiges Fabeltier mit übergroßen Zitzen [24, Nr. 143, Taf. 51]. Eine von Michiel Colyn 1598 edierte Beschreibung Guianas enthält einen Kupferstich, der das Leben der Eingeborenen schildert: nackte Indianer tauchen nach Perlen; ein Mann, der (nach fernöstlicher Art) mit einem Kormoran fischt, hält eine Keule; Hirsch, Schildkröte, Krokodil und Löwe repräsentieren die Tierwelt des Landes („Drukkers weekblad autolijn“, Kerstnummer 1964, S. 31). Auf einer Entwurfszchg. des Jan van der Straet für einen Kupferstich, den Phil. oder Theodor Galle ausführte, füllen menschenfressende Indianer, Tapir, Ameisenbär und eine Ananasstaude die Umgebung, in der sich die Begegnung des Amerigo Vespucci mit der Amerika abspielt [19, Abb. 1].

Bisweilen ist das Bild der Amerika unmittelbar auf die Porträtierung nach Europa verbrachter Menschen und Tiere gegründet (z. B. auf Pogginis Medaille für Philipp II., 1561–62: George Kubler in: Mitt. d. kh. Inst. Florenz 11, 1964, 149–52).

C. E.-Gruppen um 1600

Von den im ausgehenden 16. Jh. und A. 17. Jh. entstandenen E.-Gruppen haben vor allem drei in der Folgezeit häufig als Vorlagen für E.-Darstellungen des 17. und 18. Jh. gedient: zwei niederländische Kupferstichfolgen (a, b) und Ces. Ripas E.-Darstellungen (c); in allen Fällen handelt es sich um Werke der Graphik, wodurch ihre Kenntnis sich rasch verbreiten und an vielen Orten genutzt werden konnte.

a. Die Stiche des Jan Sadeler d. Ä., 1581 (Abb. 13), waren in den Niederlanden, in Frankreich und im gesamten deutschen Sprachgebiet verbreitet und wurden besonders von Goldschmieden, Gießern und Töpfern benutzt.

Um 1600 griff sie z. B. François Briot auf und kopierte sie auf dem Rand seiner Marsschüssel (Exemplare in Dresden, Mus. f. K.handwerk [Hans Ulr. Haedeke, Zinn, Braunschweig 1963, S. 165ff., Abb. 120], und im Bargello zu Florenz: Fot. Alinari 2817, dort als französ. Arbeit des 16. Jh. bezeichnet). Der Nürnberger Goldschmied Caspar Enderlein übernahm 1611 Sadelers E.-Darstellungen im Schmuck einer Kanne (Exemplare in Leipzig, Mus. f. Kgwb. [Haedeke a.a.O. S. 193, Abb. 147; s. a. O. Erwin Hintze, Nürnberger Zinn, Lpz. 1921, Abb. 59], und in Hamburg, Mus. f. K. u. Gewerbe, Inv.Nr. 1887, 155 a, b; ferner in Rankweil, Vorarlberg, Pfarrkirche U.L.F. Heimsuchung: Inv. Österreich 32, Abb. 536 u. 538); ein Nürnberger Zinnhumpen aus der selben Zeit zeigt die gleichen E.-Abbildungen (Dresden, Mus. f. K.handwerk: Abb. 17), ebenso die wohl schon um 1600 entstandene Zunftkanne der Fleischer aus Joachimsthal im selben Mus. (Inv. Nr. 30 287: Dt. Fot. Dresden Nr. 148 421). Die E.-Darstellungen auf einer Silberschüssel von Rintie Jans aus Leeuwarden (nachweisbar zw. 1646 und 1673) lehnen sich im Figürlichen an die Stiche Sadelers an, zeigen aber in der Wahl der Attribute und in der Gestaltung der Hintergründe Abweichungen (Ankeveen, Priv.bes.: J. W. Frederiks a.a.O. [s. Sp. 1165], Bd. 2 S. 278, S. 280 Abb. 181); dieses Beispiel bezeugt, daß Sadelers E.-Kupferstiche nicht nur ikonographische Vokabel, sondern auch Quelle für künstlerisch-formale Anregungen waren.

Kopien der Sadeler-Kupferstiche (von Cornelis van Daten [1638–64]: [19] S. 211) dienten ihrerseits wieder als Vorlage für Kunsthandwerker: vgl. z. B. zwei Frankfurter Steingutteller, Ende 17./ A. 18. Jh. [19, Abb. 2 und 4].

b. Die E.-Darstellungen, die Marten de Vos für die Festdekorationen zum Einzug Erzhzgs. Ernsts von Österreich in Antwerpen (1594) schuf (oder nach diesen kopierte?), wurden durch Kupferstich-Reproduktionen des Adriaen Collaert bekannt (Abb. 14).

Zu der stattlichen Gruppe früher Repliken gehören die A. 17. Jh. von einem dt. Miniaturisten verfertigten, bisher unveröffentlichten E.-Darstellungen in der St. Graph. Slg. München (Inv.Nr. 1948/ 86–89). Nach Collaerts Kupferstichen waren Kacheln auf einem Ofen in der Burg Trausnitz bei Landshut modelliert (zerst. beim Brand von 1961; Fot. Ofenbildarchiv Fritz Blümel, Mchn.-Pasing). Die E.-Darstellungen an der Fassade des Frankenfeldschen Hauses in Wernigerode, Breite Straße 72 (408), v. J. 1674 gehen ebenfalls auf Collaerts Kupferstiche zurück (Fot. Dt. Fotothek Dresden Nr. 133 658; s. Sp. 1145).

Wie eine Zchg. von Gottfr. Bernh. Goetz (ehem. Slg. Hyde, jetzt Metrop. Mus. in New York: [19] Abb. 16) und der Dekor einer um 1740 entstandenen Meißener Schale [19, Abb. 18] zeigen, bewährten sich die von de Vos geschaffenen E.-Bildtypen noch im 18. Jh. als Vorbilder.

c. Die Wirkung der E.-Bildtypen, die Ces. Ripa in seiner „Iconologia“ beschrieb, erklärte und im Bild wiedergab (Abb. 15 a und b), ist vielschichtiger als die der niederländischen Kupferstiche und schwerer als diese zu beurteilen. Bereits die Ill. zu den zahlreichen Auflagen und Übersetzungen seines Werkes sind nicht durchweg strenge Kopien der originalen Bildkonzeptionen (vgl. z. B. Abb. 15 a und 41), indessen doch fast alle aus Ripas Bildbeschreibungen hervorgegangen: die Geschichte der Ripa-Ill. ist der Stammbaum komplizierter Filiationsverhältnisse, der sich in der praktischen Anwendung der jeweiligen E.-Darstellungen weiter verästelt. Neben der formal-ikonographischen Wirkung, die Ripa-Ill. ausübten, steht die quellenmäßige der Bildbeschreibung, wie sie sich in den schriftlich fixierten Bildprogrammen niederschlug und zu zahlreichen E.-Darstellungen führte, die ikonographisch mehr oder weniger mit Ripa übereinstimmen, formal aber von den Ripa-Ill. unabhängig sind.

Neben Übernahmen der Ripaschen E.-Gruppe sind oft solche einzelner E.-Darstellungen, im besonderen der Amerika (Abb. 15 a), nachzuweisen. Allein diese griff Andrea Pozzo in seinem Deckengem. in S. Ignazio in Rom auf (s. o. Sp. 1147f.); ebenso bediente sich Luca Giordano dieses Vorbildes in stärkerem Umfang als der drei übrigen E.-Bildtypen Ripas, deren Kenntnis nur noch geringfügige Einzelheiten verraten (etwa das aufgeschlagene Buch zu Füßen der sitzenden Europa; Gem. im Mus. naz. di S. Martino, Neapel, Fot. Mus. 34 945f., 34 948f.). Nach 1743 widmete Francesco Solimena dem E.-Thema vier Gem. (Entwürfe?): seine Amerika-Personifikation geht über Pozzo auf Ripa zurück, dessen Europa-Personifikation bei Solimena in abgewandelter Form nachklingt. In Corrado Giaquintos E.-Gruppen folgt wiederum die Amerika-Personifikation Ripas Vorbild getreuer als die übrigen (Mario d’Orsi, C.G., Rom 1958, S. 72, Abb. 80–83). Die Vorbildlichkeit Ripas für Jac. Guaranas nach 1750 geschaffenes Deckengem. im Pal. Rezzonico in Venedig hingegen (Pompeo Molmenti, Tiepolo, Paris 1911, S. 61) beschränkt sich auf die Europa-Darstellung.

Außerhalb Italiens ist der Einfluß Ripas ebenfalls groß gewesen. Häufig sind allerdings von E.-Gruppen nur einzelne in Abbildungen erreichbar, so daß nicht entschieden werden kann, ob nur diese oder alle E.-Personifikationen Ripas aufgegriffen wurden: als Beispiele hierfür seien zwei Werke aus dem späten 17. Jh. genannt, bei denen vorläufig nur für die Europa-Personifikation der Bildtyp Ripas als Vorbild erwiesen werden kann: eine Brüsseler Teppichfolge nach Kartons von D. Teniers II [9, Abb. S. 263] und eine Silberstatuette von 1695 im Schatz der Kath. zu Toledo (Antonio Igual Ubeda, El siglo de oro, in: Hist. de la Cultura Española, Barcelona 1951, S. 598f., S. 334 Abb. 97). – In Deutschland belegen Fresken von Joh. (Gg.?) Roth oder dessen Schule im Waldburg-Zeilschen Schloß in Kißlegg, um 1725, die Wirkung Ripas (Fot. ZM 82 587), aus dessen stehenden E.-Personifikationen hier sitzende gemacht wurden. Der Einfluß Ripas in Deutschland ist mehrfach überschätzt worden. Von den Gartenskulpturen in Herrenhausen bei Hannover, A. 18. Jh. (aus Salzdahlum: Gert von der Osten, Niederdt. Beitr. z. Kg. 1, 1961, 251–58), und dem Saarbrücker Schloßgarten (P. Volkelt a.a.O. [Sp. 1141]), sind nur Afrika und Amerika (Abb. 26) von Ripa (direkt?) abhängig, Europa und Asien folgen anderen Bildtraditionen; die Bozzetti Giov. Giulianis für die Afrikaskulpturen der Seitengebäude des Palais Liechtenstein in der Rossau schließen nicht an Ripa an (Elfriede Baum, G. G., Mchn. 1961, S. 28, Abb. 32f.), sondern stehen in einer Überlieferung, die von den Niederlanden ausgeht.

Die Rolle der „Iconologia“ Ripas als Schriftquelle ist nur fallweise zu bestimmen. Von gebildeten Auftraggebern, die sich ihrer als Hilfsmittel bedienten, ist buchstabengetreue Übernahme aller E.-Charakteristika Ripas von vornherein kaum zu erwarten, zumal sie öfters den E.-Darstellungen bestimmte historische oder auch religiöse Anspielungen einzubeschreiben suchten. Die Problematik ist mit besonderer Deutlichkeit an E.-Darstellungen in Versailles erkennbar. Die Attribute der beiden sitzenden E.-Paare, welche die Seitenflügel des Marmorhofes bekrönen, sind mit den von Ripa beschriebenen in hohem Maße identisch, die Darstellungen jedoch mit keiner Ripa-Ill. in Verbindung zu bringen (Abb. 24; Gaston Brière, Le Chateau de V., Paris 1911, Bd. 1 Taf. 8); von den E. an der Decke des Vestibüls der Schloßkapelle (ebd. Bd. 2 Taf. 100f.) besitzen Afrika, Amerika und Asien so zahlreiche Berührungspunkte mit Ripa, daß man sie als deren Varianten bezeichnen darf; der Europa hingegen fehlen alle Merkmale, die Ripa nennt. In beiden E.-Gruppen ist Europa – unter Bezug auf die höfische Ikonographie? – im Typus der Athena-Minerva vorgestellt.

D. 1630-M. 19. Jh.

Für die E.-Personifikationen der Zeit von etwa 1630 bis M. 19. Jh. ist die Ausfächerung des bereits Vorhandenen charakteristisch. Bei zeitweise modischer Beliebtheit der E.-Darstellung erreichte sie eine solche Vielfalt, daß eine Übersicht nach formal-ikonographischen Gesichtspunkten hier nicht gegeben werden kann; im folgenden seien die wichtigsten Tendenzen der E.-Ikonographie angedeutet (1; 2) und als Beispiel einige Sondertypen aufgeführt (3), unter denen die Darstellung eines (jeden) E. durch eine Personifikation mit mehr oder weniger großem Gefolge der interessanteste ist (4).

Generell sind zwei Strömungen erkennbar: die eine wird durch das Bestreben gekennzeichnet, die ehedem fast immer in größere Bildprogramme eingefügten E.-Personifikationen aus dem Zusammenhang herauszulösen und als selbständiges Bildthema zu behandeln (1); die andere verrät das Bemühen, unter Zuhilfenahme ikonographischer Mittel die E.-Personifikationen konkreter auf das jeweilige Thema des Bildprogrammes zu beziehen (2).

1. Die Verselbständigung der E.-Personifikationen erfolgte auf zweierlei Weise: die E. wurden zum Dekorationsmotiv (a) oder zum eigenen Bildthema (b). In beiden Fällen konnte man die ikonographische Überlieferung unverändert benutzen; wo es zu Neuerungen kam, entsprechen diese in der Regel den in anderen E.-Darstellungen aufgekommenen und sind nicht als Folge des besonderen Verwendungszweckes zu erklären.

a. Als figürlich-dekorativer Schmuck von Gefäßen und Geräten des bürgerlichen Haushaltes wie der höfischen Kultur erscheinen die E. bald in vollständiger Zahl als E.-Gruppe, bald paarweise oder auch einzeln (in den zuletzt genannten Fällen ist damit zu rechnen, daß die übrigen E. auf zugehörigen Stücken vorgestellt waren). Mit besonderer Vorliebe brachte man E.-Personifikationen auf Geschirr und Tafelgerät an (Beispiele bei [25]). Hier – wie auf Ofenkacheln – machen handwerkliche Arbeiten, die die E.-Personifikationen nach graphischen Vorbildern schildern (Abb. 17), die Masse der Beispiele aus; die für Zwecke des Hofes angefertigten Werke unterscheiden sich vielfach nur durch die Verwendung kostbareren Materials (Abb. 22) oder durch sorgfältigere Ausführung von jenen Produkten (vgl. etwa das Königsberger Gießgefäß mit den E. Europa und Asien – nicht Afrika [wie Sponsel Bd. 4, S. 40, Taf. 50 d] – im Grünen Gew. in Dresden).

E.-Personifikationen finden sich als einziger Schmuck ferner auf Schalen (z. B.: Iglauer Zinnschalen v.J. 1622 im Mus. f. K.handwerk in Dresden), Tellern ([19] S. 212f. Abb. 2 und 4) und Gläsern [25, Nr. 83–88] sowie auf Tafelaufsätzen aus jeglichem Material (aus Elfenbein: [5] S. 83 Abb. 1; aus Porzellan: [25] Nr. 25 m. Abb.). Bei Ofenkacheln kommen E. sowohl in dekorativer Verwendung wie als Teile eines Bildprogrammes vor; plastisch ausgeformte E.-Darstellungen finden sich u. a. auf Kacheln in den Städt. Slgn. zu Offenburg (Oberrhein. K. 10, 1942, S. 110, Abb. 7 und 9; s. a. [25], S. 16ff.), in Verbindung mit anderen Personifikationen auf Kacheln (Köln, K.G.M., Inv.Nr. E 4171), Ofenplatten aus Eisenguß (Karlsruhe, Bad. L.M.: Oberrhein. K. 10, 1942, S. 110, Abb. 8) oder dem sog. E.-Ofen der Nürnberger Burg, 17. Jh. (Herb. Nagel, Kachelöfen des 15.–17. Jh., Darmstadt 1954, S. 20, Abb. 8).

E.-Personifikationen kommen als Dekorationsmotive auf Geräten beinahe aller Arten vor. Als beliebige Beispiele seien die Schlitten im Schloß Harff Krs. Bergheim, 18. Jh. (Inv. Rheinprov. 4, 3, S. 80), und die Fragmente genannt, die unter Inv.Nr. 1892. 37a–d im Mus. f. K. und Gewerbe in Hamburg aufbewahrt werden (Mittelrhein [?], 1. H. 18. Jh.). Ein Wandschirm des 1. V. 18. Jh., der auf Leder gemalte E.-Personifikationen zeigt (Aukt.Kat. M. Lempertz, Köln, Nr. 434 vom 7.–10. 5. 1952, Nr. 843), mag hier zugleich die sicher zum größten Teil untergegangenen Beispiele aus der Tapetenmalerei repräsentieren (s. auch [25], S. 26f.). – Eine Zwischenstellung zwischen Dekoration und inhaltlich qualifiziertem Bildprogramm nehmen vielfach Bildteppiche ein.

E.-Gruppen als vollplastische Zierstücke sind im 18. Jh. in fast allen Porzellanmanufakturen entstanden (Abb. 37, 39; vgl. [25], S. 9ff. sowie Ludwig Schnorr von Carolsfeld, Porzellan der europäischen Fabriken, 5. Aufl., bearb. von E. Köllmann, Braunschweig 1956, S. 76, 104, 238, 321, 430; ferner Limbach: Hamburg, Mus. f. K. und Gewerbe, Fot. Nr. 4104 und 4021; Vincennes: Serge Gauthier, Les porcelainiers du XVIIIe s. franç., Lausanne 1964, S. 169). Neben den zahlenmäßig überwiegenden E.-Personifikationen wurden gelegentlich auch andere Bildtypen benutzt (s. Sp. 1196 zu Abb. 38). Vollfiguren aus anderem keramischen Material sind vergleichsweise selten (E.-Gruppe aus Fayence, Straßburg, M. 18. Jh.: Straßburg, Slg. Bernheim). – Zur Dekoration von Innenräumen, z. T. in Verbindung mit Kaminen gebracht, verwendete man mit einer gewissen Vorliebe E.-Büsten. Beispiele: Bronzebüsten auf Marmorsockeln, Kamingarnitur des Louis XVI im Amsterdamer K.handel; überlebensgroße Bleigüsse, M. 18. Jh., im Schloß Kommern Krs. Euskirchen (Inv. Rheinprov. 4, 4, S. 103); Charles de Groffs E.-Büsten im Residenzmus. München (Abb. 42; Museumsführer Hans Thoma 1958, S. 22); München Cuvilliéstheater, gegen 1735 von Joh. Bapt. Straub (Joh. Lachner und Hildegard Steinmetz, Das Alte Residenztheater zu München, Starnberg und Mchn. 1960, Abb. S. 24, 47, 59).

b. Wiedergabe von E.-Personifikationen als selbständiges Bildthema ist in der Regel folkloristisch-genremäßige Schilderung. In ihrer einfachsten Form besteht sie aus genremäßiger Gruppierung der E.-Personifikationen: vgl. die als zwei Gärtnerehepaare vorgestellten E.-Personifikationen auf zwei Gem. der 1. H. 18. Jh. im Mainfränk. Mus. in Würzburg, die urspr. vielleicht zur Dekoration eines Gartensaales bestimmt waren.

2. Die Integration der E. -Personifikationen in größere Bildprogramme, soweit sie mit ikonographischen Mitteln geschah, ist in ihrer einfachsten Form durch den Austausch der üblichen E.-Attribute gegen solche, die dem jeweiligen Thema (oder Darstellungsort) besser entsprachen, vorgenommen worden. Charakteristische Beispiele finden sich zumal im Bereich der religiösen E.-Ikonographie. So haben alle E.-Personifikationen, die Joh. Gg. Bergmüller 1721 in der ehem. Klosterkirche N.-D. in Eichstätt wiedergab, ein brennendes Herz als Attribut: das Bildprogramm, das die Verehrung des Herzens Jesu (unter reicher Benutzung von Herzemblemen) schildert, erklärt die Abwandlung (s. a. Karl-August Wirth, Herzemblematik, im Erscheinen). Mit Rücksicht auf die lokalen Gegebenheiten ist allen E.-Personifikationen, die Joh. Bapt. Zimmermann 1754 in der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein bei Wemding darstellte (s. Sp. 1152f.), ein Schöpfgefäß als Attribut gegeben. Häufiger allerdings als die Veränderung aller E.-Personifikationen ist diejenige von einer einzigen der E.-Gruppe, vor allem der Europa. Anspielungen auf historische Persönlichkeiten oder Ereignisse veranlaßten zumeist die Umgestaltung. Die am wenigsten in die ikonographische Tradition eingreifende Konkretisierung war die Ausstattung der Europa-Personifikation mit Bildniszügen. Das früheste Beispiel ist die Darstellung der Europa mit den Zügen der Infantin Isabella Clara Eugenia auf der Weltschale des Jonas Silber (Abb. 12; nach [20], S. 258ff.). Die Europa-Personifikation im Park von Veitshöchheim, 1767–68 von Ferd. Dietz, soll (nach H. Kreisel a.a.O. [Sp. 1141], S. 41, Abb. 40) die Züge Josephs II. besitzen, um auf diese Weise dem zeitgenössischen Herrscher zu huldigen. – Eine andere Spielart, die oft nur auf Grund genauer Kenntnis der Lokalgeschichte erkennbar ist, besteht in der Auswahl und Anordnung sowie Gruppierung der Attribute. So weist die über der Tiara angeordnete Reichskrone in der Europa-Darstellung in Zwiefalten (s. o. Sp. 1156) auf die während des Kirchenbaues erlangte Reichsfreiheit des Klosters hin (E. Kreuzer, Zwiefalten. Forschgn. zum Programm einer oberschwäb. Benediktinerkirche um 1750, Diss. Berlin 1964, S. 63 Anm. 118 [masch.]).

3. Sondertypen der E.-Personifikation, die als regionale Abwandlungen der E.-Ikonographie zu erklären sind, scheint es in größerer Zahl gegeben zu haben. Beim gegenwärtigen Stand der Forschung ist jedoch noch kein klares Bild zu gewinnen. Immerhin kann wohl gesagt werden, daß die Ausbildung von Sondertypen bei Darstellungen der E. Europa und Asien häufiger zu belegen ist als bei solchen der übrigen E.

Ein Beispiel für eine regionale ikonographische Eigenart ist die Wiedergabe Asiens mit Tulpen als Attribut: niederländische Künstler erfanden und gebrauchten das Motiv, um Asien als Herkunftsland dieser Pflanze zu schildern, die in Holland eine zweite Heimat fand (vgl. etwa Abb. 23 und J. W. Frederiks a.a.O. [Sp. 1165], Bd. 1 S. 278f., Abb. 181f.).

Eine ganze Reihe ikonographischer Sondertypen verdankt ihre Entstehung dem Bemühen, die Bedeutung Asiens für die christliche Religion anschaulich werden zu lassen. Die alte Vorstellung, das Paradies habe in Asien gelegen, die Asiaten seien die Nachkommen Sems und Asien habe zuerst den Messias gesehen, sei also das Ursprungsland des Christentums, lebte fort (vgl. van den Vondel, Zungschin, V. 901ff. [zw. 1663 und 1674 entstanden]; der Konzeptor des Bildprogrammes für das N.Ö. Landhaus [6, S. 2] ruft die Habsburger auf, sie sollten das ehem. christliche Asien aus der Sklaverei der Barbaren befreien). Johannes, der Briefe an die sieben asiatischen Christengemeinden schrieb (Apok. 2f.), konnte als Repräsentant Asiens erscheinen [7]; die Anzahl der Türme auf der Mauerkrone der Asien-Personifikation wurde bisweilen auf sieben festgelegt, wobei jeder für eine der Gemeinden eintritt. Auf Asien als Ursprungsland des Christentums ist vor allem durch Wiedergabe Jerusalems (Abb. 21) oder Golgathas hingewiesen worden (Tiepolo ergänzte seinen Entwurf für die Asia-Darstellung in Würzburg in der Ausführung durch den Berg Golgatha, worin man eine Andeutung auf „den Ursprung der Religionen“ [sic!] sehen wollte: [17] S. 90). Auf Asien als Ursprungsland der Marienverehrung spielte Jos. Spiegler in Zwiefalten an (Abb. 34; vgl. E. Kreuzer a.a.O. [Sp. 1185], S. 63f. Anm. 119): Putten sticken ein Marienbild, auf das der Asien personifizierende Mohammedaner schaut. Das Verhältnis zwischen den E. Asien und Europa wurde öfters unter christlich-heilsgeschichtlichen Gesichtspunkten begriffen, wobei Asien den Alten Bund und Europa den Neuen Bund vertritt: Asien wird durch einen Hohenpriester beim Brandopfer charakterisiert (so z. B. in S. M. de Victoria in Ingolstadt, Deckengem. von C. D. Asam, 1734–36; vielleicht ist auch die Zuordnung der Opferung Isaaks zu Asien im typologischen Sinne zu verstehen), Europa hingegen kennzeichnen ihre Attribute oder deren Personifikationen (Kirche, Fides u. ä.) als Vertreter des Neuen Bundes.

Die Ikonographie des E. Europa ist mehrfach unter dem Einfluß von Bildtypen der antiken Mythologie verändert worden. Von der Identifizierung der E.-Personifikation mit der mythologischen Europa abgesehen (s. Sp. 1113 und 1171; Abb. 16), ist der E. Europa als Athena-Minerva dargestellt worden (z. B. Abb. 47), als Diana (vgl. Joh. Elias Ridingers „Jägerin Europa“ (Gg. Aug. Wilh. Thienemann, Leben und Wirken des ... J. E. R., Lpz. 1856, S. 246 Nr. 1169) und als Herkules (Dom. Auliczek d. Ä., s. Sp. 1195; Herkules als Attribut des E. Europa: Gem. des Jan van Kessel in den Bayer. St. Gem.Slgn., Inv.Nr. 1910, zu Abb. 21 gehörig). – Die Beifügung von (z. T. ruinösen) Bauwerken der Antike zu E. Europa-Personifikationen gehört ebenfalls zu den Varianten der Europa-Ikonographie, die auf die heidnische Vergangenheit Europas hinweisen.

Bau- und Kunstwerke als E.-Attribute wiederzugeben, ist seit dem 17. Jh. gebräuchlich (vgl. etwa Abb. 21). Neben den für Afrika charakteristischen Pyramiden und Sphingen (vgl. z. B. William Theeds d. J. Figurengruppe am Albert Memorial im Londoner Hyde Park, nach 1864: T. S. R. Boase, Engl. Art 1800–1870, Oxford 1959, Taf. 90 b) sowie repräsentativen oder als Orte biblisch bezeugten Geschehens ehrwürdigen christlichen Bauten (Jerusalem: Tempel Salomons, Hl. Grab; Rom: St. Peter, Lateran) begegnet man einer Fülle kunstgewerblicher Arbeiten, die interessanten Aufschluß über die Kenntnis außereuropäischer Kunst geben.

4. Die in vieler Hinsicht interessanteste ikonographische Neuerung bestand in der Wiedergabe von E. -Personifikationen mit Gefolge. Dessen Größe und Zusammensetzung ist sehr verschieden, nicht weniger die Tätigkeit der E.-Begleiter. Schon deshalb verbietet sich die Annahme, das Aufkommen von E.-Gefolge sei auf eine einzige Quelle zurückzuführen. O. Metzger [16, S. 3 f.] wollte in Huldigungsdarstellungen die Wurzel der ikonographischen Bereicherung sehen, doch sind seine Gründe nicht zwingend und das Verhältnis des E.-Gefolges zur E.-Personifikation drückt nie Verehrung oder Huldigung aus.

Die Anwesenheit von Gefolge wurde vielfältig motiviert: sie ist ikonographisch begründet, wenn der E.-Personifikation solche von Eigenschaften und (oder) Institutionen, die als Charakteristica des betreffenden E. galten, beigesellt sind (a); das Gefolge kann aus einem oder mehreren Dienern (oder Dienerinnen) bestehen und dazu dienen, der E.-Personifikation fürstlichen Rang zu geben oder auch eine Rangfolge unter den E. anzudeuten (b); die E.-Begleitung kann aus anonymen Repräsentanten der Bewohner des jeweiligen E. bestehen (c) oder aus historischen Persönlichkeiten (d); außerdem kann das Gefolge – unter den Augen der E.-Personifikation oder unter ihrer Beteiligung – bei Verrichtungen geschildert werden, die für die betreffenden E.-Bewohner charakteristisch sind (e); schließlich kann an Stelle des tätigen Gefolges eine Schilderung historischer Ereignisse treten, die in dem E. geschahen, damit ist der E.-Personifikation – in Analogie zur Geschichte anderer Personifikationen – ein „Fatto“ zuerteilt, der aber nur scheinbar den E.-Begriff erläutert, in Wirklichkeit die E.-Personifikation zu einer topographischen Angabe degradiert (f).

Das Gefolge, das die E. charakterisiert oder exemplifiziert, findet sich sowohl bei selbständigen als auch bei E.-Darstellungen innerhalb größerer Bildprogramme. Sofern es völkerkundlicher oder genremäßiger Illustration dient, konnte es wesentlich zur Bereicherung des E.-Bildthemas beitragen; andererseits erlaubte die Wiedergabe von Gefolge, eine Fülle von Anspielungen auszubreiten, die speziell auf das Thema des Bildprogramms oder den Anbringungsort der E.-Darstellung hinweisen. Mit zunehmender Größe des Gefolges und steigender Beliebtheit seiner Schilderung als szenisch abgerundetes Bild wurde die Verselbständigung des Details vorbereitet, das seit dem 18. Jh. mehr und mehr als pars pro toto den E.-Begriff repräsentieren kann (s. u. VI).

a. Die Personifikation von Eigenschaften und Institutionen eines E. erfolgte vor allem bei Europa-, in geringerem Maße auch bei Asien-Darstellungen, während Afrika und Amerika eher zur Wiedergabe von Exoten anregten. Als Beispiele seien die Deckenmalereien J. B. Zimmermanns in der Wallfahrtskirche Steinhausen, 1731 (?; s. Sp. 1156), und Tiepolos in der Würzburger Residenz genannt. Jener stellte der knienden Königin Europa, begleitet von einem Adler, der in seinen Fängen einen Reichsapfel hält, die Personifikation der Kirche als Hinweis auf ihre Religiosität und die Art ihres Kultes zur Seite, ferner als Anspielung auf ihre Weisheit das Bild der Athena-Minerva mit einem Schild, auf dem das Monogramm Mariä steht; eine gekrönte Frau mit Ordenskette personifiziert die Monarchie oder das Imperium, Form und Macht der Regierung (A. Kasper u. W. Strache a.a.O. [Sp. 1156], Abb. S. 47). Tiepolo ließ zwei Diener der (hier als die geraubte Tochter des Königs Agenor vorgestellten) Europa kirchliche Würdezeichen überreichen; die Aufgeschlossenheit Europas für die Künste dokumentiert eine Personifikation der Malerei (und die Bildnisse der an Bau und Ausstattung beteiligten Künstler) sowie eine Musikkapelle; auf die Kriegskunst weisen ein Tambour, ein Leutnant mit Pferd und eine Kanone hin [17, Taf. 114f.]. Ein für diese ikonographische Praxis typischer Sonderfall ist die Identifizierung der Europa mit der Habsburgischen Monarchie, ausgedrückt durch Personifikationen der Habsburgischen Besitzungen (Gem. des Frans Franck [en] II: Abb. 20).

b. Die Dienerschaft einer E.-Personifikation ist in der Regel nicht zahlreich. Vielfach tritt zu der weiblichen Personifikation nur ein (jüngerer) Diener in der Kleidung der betreffenden E.-Bewohner; seine Dienstleistung besteht darin, seiner Herrin die Attribute tragen zu helfen oder – bei mehr genremäßiger Schilderung – auf irgendeine Weise zu ihrem Wohlbefinden beizutragen, indem er ihre Schleppe trägt, ihren Fächer oder einen Sonnenschirm usw. (Abb. 41). Hierbei kann sich das Bild der E.-Personifikation mit Diener dem eines den E. repräsentierenden Paares (s. u. Sp. 1196f.) annähern. Gleiche Dienste können auch mehrere Diener (Abb. 35), kleinfigurig geschilderte E.-Bewohner oder Putten (Abb. 33; [9] Taf. n. S. 264) leisten. Bisweilen ist die Personifikation des E. Europa vor den übrigen dadurch ausgezeichnet, daß nur sie Diener besitzt (Abb. 43, wo aber der erst nach der Rest. von 1936–37 wieder an seinen Platz verbrachte Page fehlt, der Krone, Zepter und Marschallstab auf einem Kissen trägt; vgl. Abb. 45; ferner Jos. Degenharts Deckenmal. in Hägerau im Lechtal, Tirol, 1787, sowie die Pagen der Europa in den Deckengem. Chr. Thom. Schefflers in Witzighausen [s. o. Sp. 1157] und Felix Ant. Schefflers in Baumburg a. d. Alz [s. Sp. 1150]) oder daß ihre Dienerschaft größer ist (z. B. in Otto Gebhard(t)s Altargem. [s. Sp. 1159] und Joh. Bapt. Enderles Deckenmal. in Herbertshofen [s. Sp. 1154f.]).

c. Wenn anonyme E. -Bewohner als Gefolge erscheinen und der E.-Personifikation nicht zu Diensten sind, pflegen sie, dicht um jene geschart oder hinter ihr schreitend, bei gleichem oder ähnlichem Tun wie die Personifikation geschildert zu werden. Sie gehen klagend hinter der trauernden Europa her, die die unseligen Folgen des Machiavellismus in der Staatsführung beweint (Gem. des 17. Jh. in Lippstädter Priv.bes. und im Suermondt-Mus. Aachen [Neuerwerbung 1965]), oder verehren Herrscher sowie Personen oder Gegenstände der Religionen (Charles Le Brun, Wandmal., ehem. im Großen Treppenhaus des Schlosses Versailles, zw. 1676 und 1678, Reste jetzt im Mus. du Château Versailles; Schule des Giovanni Ant. Pellegrini, Wandmal. in der Pfarrkirche zu Frankenthal; Abb. 31). Gelegentlich sind die Begleiter des E. Europa als Vertreter bestimmter Stände oder Berufe charakterisiert; bemerkenswert häufig sind porträthaft wirkende Darstellungen im E.-Gefolge anzutreffen, auch unter den E.-Begleitern niederen Standes (z. B. in Frauenzell Lkrs. Regensburg, 1752 von Otto Gebhard(t): Jos. Siller, F. [= Kl. Kirchenführer Nr. 563], Mchn. und Zürich 19602, S. 5f.). Ob – wie mancherorts nachweisbar – die Begleiter Bildniszüge besitzen, ist nur fallweise zu ermitteln. Auch diese Art des E.-Gefolges ist bei Europa am differenziertesten, während man sich bei den übrigen E. begnügte, „Gevolg ... in fremdter schöner Bewaffnung, Kleidung, Ziehrung und Stellung“ zu schildern [8, S. 227].

d. Historische Persönlichkeiten als (im) E.-Gefolge sind vielerorts wiedergegeben worden. In der Regel sind es Bauherren, Stifter sowie die mit dem betreffenden Bauvorhaben befaßten Künstler (Würzburg: [17] Taf. 115, 121–24; Altenhohenau a. Inn: s. Sp. 1158) und Administratoren oder aber Herrscher, zu deren Huldigung das Bildprogramm dient. Im Gefolge der Europa stellte C. D. Asam in Ingolstadt, S. M. de Victoria, Wittelsbacher Fürsten dar (Franz Koislmaier, Maria de Victoria Ingolstadt [= Kl. Kirchenführer Nr. 582], Mchn. 1953, S. 8f., allerdings mit unzutreffender Benennung).

e. Völkerkundliche Schilderungen, die sich auf (Ill. in) Reisebeschreibungen sowie aus den verschiedensten literarischen Quellen gespeiste exotische Vorstellungen stützen, nehmen auch weiterhin in der E.-Ikonographie einen breiten Raum ein. Wie schon im 16. Jh. sind auch in den folgenden Jhh. im Hintergrund der E.-Bilder häufig Episoden aus dem Volksleben geschildert. Eines der charakteristischsten Beispiele ist die Amerika-Darstellung in Hertels Ausgabe der „Iconologia“ des Ces. Ripa (Abb. 41); sie ist zugleich ein beredtes Zeugnis für die Wirkung von Reisebeschreibungen auf die E.-Ikonographie: G. Eichler d. J. beutete für seinen Kupferstich ein 1591 erschienenes Stichwerk aus (vgl. Abb. 41 a–e sowie Stefan Lorant, The New World, The First Pictures of America, New York 1946, Abb. a. S. 41, 45, 51, 73, 119 und 278 a); der Einfluß dieses Werkes auf die E.-Ikonographie ist auch in anderen Fällen nachzuweisen: vgl. [25], S. 18 Nr. 78. Zur Erklärung von E.-Darstellungen berief man sich im 18. Jh. der Kürze halber auf Reisebeschreibungen: weil über Amerika „gantze Bücher beschrieben worden sind, ..., Als wollen wir den Leser dieselben Scribenten, derer sehr viel sind, hiemit verwiesen haben“ (J. F. Göbel a.a.O. [Sp. 1114], S. 11). Die Nebenszenen, die zunächst nur im Hintergrund erscheinen, wurden seit dem 17. Jh. immer häufiger in den Vordergrund gerückt, dabei die Nebenfiguren auch größenmäßig der E.-Personifikation angenähert oder sogar angeglichen. Auch jetzt blieb anfangs das rührige Gefolge noch additiv der jeweiligen E.-Personifikation zugesellt (Abb. 23). Im Verlaufe des 18. Jh. aber schließen sich die E.-Bewohner und die E.-Personifikation immer häufiger zu gemeinsamem Tun zusammen. Am wenigsten fanden bei Europa-Darstellungen Motive aus dem Volksleben Verwendung.

f. Den einzelnen E.-Personifikationen beigesellte Fatti aus der Geschichte sind fast immer von der Absicht diktiert, Geltung und Wirken eines Herrschers, einer Religion oder einer Ordensgemeinschaft in aller Welt vor Augen zu stellen.

VI. Sonstige E.-Darstellungen

Neben der E.-Personifikation gab es in allen Epochen der Neuzeit, jedoch in vergleichsweise viel geringerer Zahl, Darstellungen der E., bei denen der E.-Begriff nicht personifiziert wurde. Diese Beispiele können in drei Gruppen eingeteilt werden: die der ersten stehen in der Tradition der umschreibenden („indirekten“) E.-Bilder des MA (1); die hier einer zweiten Gruppe zugerechneten Darstellungen unterscheiden sich von ihnen dadurch, daß der Concetto für die Umschreibung erst in der Neuzeit geprägt wurde (2); eine dritte Gruppe bilden all jene E.-Bilder, die aus E.-Personifikationen abgeleitet sind und zumeist deren Attribute zu einer inhaltlich selbständigen E.-Wiedergabe zusammenstellen (3). Während die umschreibenden E.-Darstellungen bereits im 16. Jh. mehrfach zu belegen sind, kommen Beispiele der dritten Gruppe erst seit dem vorgeschrittenen 17. Jh. vor und erreichen erst im 18. Jh. eine gewisse Häufigkeit.

1. Die beiden geläufigsten E.-Umschreibungen des MA haben über das Ende dieser Epoche hinaus fortgewirkt. Die Aufteilung der Erde an die drei Söhne Noahs (s. Sp. 1127f.) hat z. B. Francesco Brizio in einem Kupferstich um 1621 geschildert (Abb. 19 ; Heinr. Brauer, Berliner Mus. N. F. 6, 1957, 31f.). – Besonders lebhaft war noch im 18. Jh. die Vorstellung, die Drei Könige seien E.-Repräsentanten (s. Sp. 1130).

In Dillinger Priv.bes. befindet sich eine Gruppe von drei Ölgem., die Brustbilder der Drei Könige über Landschaften zeigen: in der Mitte erscheint Melchior mit einer Zackenkrone und einer Geldkassette, zu seiner Linken der Mohr mit Turban und Gewürzgefäß (hier „C“[aspar] benannt); „B“[althasar] mit dem Weihrauchschiffchen ist als Herrscher des Fernen Ostens vorgestellt. Die – wie so oft – vertauschten Namen und Attribute treten gegenüber der markanten E.-Charakterisierung durch Rassemerkmale und Gewandung wenig in Erscheinung (Fot. ZM 78 360). Als Beispiele für die Harmonisierung mit der Vorstellung von vier E. seien die Ill. zur Lectio des Epiphaniasfestes (Jes. 60, 1–6) in Joh. Ulr. Kraus’ Stichwerk von 1706 (Personifikationen der vier E.) und tirolische Krippenfiguren im Innsbrucker Volkskunstmus. genannt, wo zu den Drei Königen, die als Asien, Afrika und Amerika gekennzeichnet sind, die huldigende Frauengestalt der Europa hinzutritt (Abb. 44; vgl. [14]).

2. Die in der Neuzeit aufgekommenen Umschreibungen des E.-Themas basieren auf geographischen (a), historischen (b) oder völkerkundlich-genremäßigen Vorstellungen (c).

a. Der Bezug auf die Geographie tritt besonders deutlich in den Darstellungen hervor, in denen die E.-Schilderung mit einem Kartenbild verbunden ist. Giov. Sambuco zählt in seinen „Emblemata“ (Antwerpen 1564; [1]) nur die drei alten E. auf und fügt in die Landkarte für Europa ein Ochsengespann vor einem Pflug, für Asien Wildschwein und Bär, für Afrika Löwe und Gazelle ein (solche E.-Bilder sind nicht mit den bildmäßig behandelten Landkarten in Zusammenhang zu bringen, in denen die E. anthropomorph dargestellt werden, auch wenn sich – wie bei Abb. 12 – gelegentlich Übereinstimmungen mit der E.-Ikonographie ergeben, wie z. B. das Verlangen, Europa solle eine Krone sein, bei Jakob Böhme, Vom dreyfachen Leben des Menschen, Kap. 13 § 29; vgl. Rich. Salomon, Opicinus de Canistris [= Stud. of the Warburg Inst. I], London 1936, Textbd. S. 65 ff., ferner Landkarte).

Die folgenreichste Neuerung auf diesem Gebiet der E.-Ikonographie war die Repräsentation der E. durch ihre Hauptflüsse, die sich sowohl in der Malerei als auch bei Brunnen nachweisen läßt (da Fluß- und E.-Personifikationen an Brunnen mehrfach eine geschlossene Gruppe bilden – diese weisen auf jene hin und umgekehrt –, werden auch diese hier mitbehandelt).

Die ersten hier zu nennenden Beispiele sind noch nicht ausdrücklich als E.-Repräsentation gekennzeichnet. Zwischen 1570 und 1575 fügten Primaticcio und Niccolo dell’Abbate zu den meist mythologischen Darstellungen der Galerie d’Ulysse in Fontainebleau (unter Ludwig XIV. zerst.) Personifikationen der Donau, des Ganges, des Nils und des La Plata hinzu (Louis Dimier, Le Primatice, Paris 1900, S. 291–300; desgl. Paris 1928, Taf. 24f.). Beinahe gleichzeitig schuf Giambologna seinen Oceanus-Brunnen (Florenz, Boboligarten, voll. 1576), dessen drei Flußgötter schon 1584 als Nil und Ganges – diese hat man später mit einer gewissen Regelmäßigkeit als Hinweise auf Afrika und Asien verstanden – sowie Euphrat erklärt wurden (Raffaello Borghini, Il Riposo, Florenz 1584, S. 587; vgl. Patrizio Patrizi, Il Giambologna, Mailand 1905, S. 109–12, Abb. S. 96). Um 1615 nahm Rubens die Auswahl von vier Flüssen, wie sie Primaticcio und N. dell’Abbate getroffen hatten, auf (Wien, Kh.Mus.: Kat. Gem.Gal. 2. Teil [1958], S. 106 Nr. 304) und gesellte den Flußgöttern jeweils eine E.-Personifikation bei, die durch ihre Hautfarbe und Tierattribute gekennzeichnet ist (Oldenbourg Abb. 111). Die gleichen vier Flüsse vereinte Bernini an seinem Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona in Rom, 1648–51 (Hans Kauffmann, Romgedanken in der Kunst Berninis, Jahresber. der Max-Planck-Ges., Göttingen 1954, 68ff.). Auf einem Brunnen, der 1675 im Auftrag der Dominikaner in Reggio für eine Festdekoration zur Feier der Marienkrönung erstellt wurde, trugen die E. die mittlere Brunnenschale [10, Abb. S. 26]. Ein Kupferstich von 1692, der die „Relation du Voyage de Sa Majesté Britanique [= Wilhelm III.] en Hollande et de la réception qui luy a été faite“ überliefert (Den Haag 1692), zeigt vier Flußgötter, die durch rassische Charakterisierung und Beifügung von Attributen den E.-Personifikationen angeglichen sind: Europa (= Donau?) trägt eine Mauerkrone, Asien (= Ganges?) einen Turban und hält Füllhörner, Afrika (= Nil?) hat außer dem Füllhorn eine Korallenkette und Amerika (= La Plata?) erscheint im Federkleid und besitzt einen Schild [10, S. 25]. Der Fall, daß E.-Personifikationen auf Flüsse hinweisen, ist in dem bereits 1694 von Charles Phil. Dieussart geplanten, ein Jahrfünft später von Elias Räntz ausgeführten Brunnen (jetzt) vor dem Neuen Schloß in Bayreuth eingetreten: die vier E. weisen auf die vier im Fichtelgebirge entspringenden Flüsse Saale, Eger, Naab und Main hin (Aug. Gebessler, Stadt und Lkrs. Bayreuth, Mchn. 1959, S. 73; RDK III 1277/78, Abb. 9). 1764 modellierte Dominikus Auliczek d. Ä. einen Tafelaufsatz in Form eines Brunnens für die Nymphenburger Porzellanmanufaktur (jetzt im B.N.M.); er bezog seine Anregungen von Berninis Vierströmebrunnen, ersetzte aber dessen Flußgötter durch E.-Personifikationen: Europa hat die Gestalt des Herkules und sitzt über einem Pferd, Afrika ist ein Neger über einem Krokodil, Asien ein schnurrbärtiger Chinese über einem Fisch (Delphin?), Amerika ein rothäutiger Indianer mit einem Kamel (Frdr. H. Hofmann, Gesch. d. Bayer. Porzellanmanufaktur Nymphenburg, Lpz. 1923, Bd. 3 S. 473f., Taf. 21; möglicherweise wurden bei der Ausführung des Entwurfs einige Figuren falsch montiert: die Personifikationen Asiens und Amerikas vertauscht?: vgl. die E.-Gruppe, die um 1765 unter teilweiser Verwendung der selben Modelle geschaffen wurde, Abb. 37). Noch im 19. Jh. wurden die vier E. an Brunnen dargestellt (Paul Vitry, Carpeaux, Paris 1912, Taf. 39).

b. Die einzelnen E. durch Schilderung von historischen Ereignissen, die sich auf ihrem Boden abspielten, vorzustellen, ist in der Neuzeit aufgekommen. Die Möglichkeiten der Exemplifikation sind jeweils von der besonderen Absicht der Programmgestaltung bestimmt, so daß diese Form der E.-Schilderung typenmäßig nicht genauer faßbar ist. Als Beispiele seien Tommaso Lauretis Deckengem. in der Sala di Costantino des Vatikans, 1586, genannt, wo Konstantins d. Gr. Sieg an der milvischen Brücke auf Europa, die Auffindung des Kreuzes Christi auf Asien und die Missionstätigkeit auf Afrika hinweisen [11, S. 399]. Die Errichtung einer Marienkirche durch den hl. Anchieta auf amerikanischem Boden tritt in Dillingen (s. o. Sp. 1148) für den E. Amerika ein (für die übrigen E. s. W. Braun a.a.O. [Sp. 1148], S. 62f.: Dillinger Annuae von 1751). Häufiger aber sind historische Ereignisse neben E.-Personifikationen geschildert oder alludiert (s. o. Sp. 1144 und Abb. 50). – In Kartenspielen sind häufig die vier Farben jeweils der Wiedergabe eines E. gewidmet, wobei historische Persönlichkeiten als König, Dame und Bube abgebildet sind, z. B. Konstantin d. Gr., seine Gemahlin Fausta und sein Günstling Ablabius für Europa, Cyrus, seine Mutter Mandane und Araspes für Asien (Henry René d’Allemagne, Les cartes à jouer du XIVe au XXe s., Paris 1906, S. 106f. m. Abb.; ferner ebd. S. 234 u. ö.).

c. Die Wiedergabe der E. durch völkerkundliche Motive ist eine charakteristische Spielart der E.-Ikonographie des 18. Jh.

Als Beispiel für die E.-Darstellung durch völkerkundliche Szenen sei eine Brüsseler Folge von Bildteppichen aus der Manufaktur des P. van der Borght, M. 18. Jh., erwähnt, wo der E. Europa durch eine Schilderung des römischen Karnevals (Abb. 36), Asien durch eine Karawane von Mekkapilgern, Afrika durch das Gastmahl eines Negerfürsten und Amerika durch einen Tribute empfangenden Indianerhäuptling vorgestellt ist (Kat. Ludw. Baldass 1920, Taf. 284–87; [21] I, 1, S. 217 und 400). Joh. Elias Ridinger hat in Schabkunstblättern die E. durch Jagdszenen geschildert: es werden jeweils die für einen E. typischen Tiere verfolgt (G. A. W. Thienemann a.a.O. [Sp. 1187], S. 241 Nr. 1131–34). Stellvertretend für die vielen E.-Wiedergaben durch Szenen aus dem Volksleben, über das Reisebeschreibungen u. dgl. unterrichten, seien die Kacheln des 18. Jh. aus der Slg. Hyde genannt [25, Nr. 75–78]. Auch in Balletten und Festaufzügen sind die E. öfters durch Genreszenen vorgestellt worden (z. B.: [10] S. 236).

Die knappste Art der genremäßigen E.-Darstellung ist die Repräsentation eines E. durch ein Ehepaar (auch mit Kind: Abb. 38), das die Kleidung der betreffenden E.-Bewohner trägt; es kann bei charakteristischen Tätigkeiten geschildert (Schlüters Amerika- und Afrika-Darstellungen im Landhaus Kamecke, Berlin) oder auch durch die Beigabe der für die entsprechende E.-Personifikation gebräuchlichen Attribute gekennzeichnet werden (wie Abb. 21). Diesem Bildtypus folgen alle zu einer E.-Gruppe vereinten E.-Bilder oder nur ein Teil von ihnen; die Neigung, sich seiner zu bedienen, ist bei Amerika- und Afrika-Darstellungen größer als bei solchen des E. Asien, bei denen des E. Europa ausgesprochen gering. Der Bildtyp konnte auf verschiedene Weise entstehen: im Falle der Amerika-Darstellung konnte man auf Vorbilder zurückgreifen, die zeitlich der Personifikation dieses E. vorausgehen (s. o. Sp. 1177f.), und derartigen Bildern analoge Lösungen für andere E. erfinden; man konnte im Hintergrund von E.-Personifikationen geschilderte Szenen (vgl. etwa Abb. 13) verselbständigen und zur Charakterisierung eines E. heranziehen; schließlich konnte der Diener einer E.-Personifikation (s. Sp. 1190) zum Partner aufrücken und das Paar gemeinsam einen E. repräsentieren (was bei vielen Beispielen auch jeder der Partner für sich allein vermöchte: vgl. etwa das Deckengem. in Schöntal, s. Sp. 1140). Als Beispiel für das Nebeneinander mehrerer ikonographischer Typen innerhalb einer E.-Gruppe sei das Deckengem. in Wemding (s. Sp. 1152f.) genannt: Asien ist durch eine Frau personifiziert, die Schleppe der Europa tragen zwei Pagen, Amerika ist als Ehepaar geschildert, ebenso Afrika, wobei hier der Sonnenschirm in der Hand des Mannes an Darstellungen eines E.-Dieners gemahnt.

3. Die Darstellung der E. durch Tiere, die als Charakteristica der einzelnen E. galten, und (oder) durch Realien, die auf Eigenschaften und Lebensweise der Bewohner eines E. hindeuten, ist in allen Bereichen der E.-Darstellung im 18. Jh. anzutreffen.

Auf einer Augsburger Sonnenuhr v. J. 1710 ist Europa durch ein Pferd, Asien durch ein Kamel, Afrika durch einen Löwen und Amerika durch einen Affen dargestellt [25, Nr. 105 Abb. S. 26]. Mit Ausnahme des Affen, an dessen Stelle ein Elefant trat, sind die gleichen Tiere als E.-Allegorie von Joh. Gg. Bergmüller in Ochsenhausen (s. o. Sp. 1154) wiedergegeben worden. Weitere Beispiele finden sich auf Spielkarten (H. R. d’Allemagne a.a.O. [Sp. 1196], Taf. n. S. 138); s. a. Hyde [9, S. 258]; Darstellungen der E. durch Tiergruppen auf vier Schalen: [25, Nr. 14–17]. Jean Charles Delafosse (Nouvelle Iconologie historique ou attributs hiéroglyphiques, qui ont pour objet ... les quatre parties du monde ..., Paris 1768 [17712]), der auf einem Kaminentwurf das Tierensemble durch Realien ergänzt, bringt im Kaminaufsatz die Kraft der Kirche zur Anschauung, darunter liegen auf dem Kaminsims Helm, Bücher, wissenschaftliche Instrumente und eine Palette mit Pinseln – alles Attribute des E. Europa – sowie Tierdarstellungen auf Tafeln: Kamel (Asien), Löwe (Afrika), Kaiman (Amerika); von zwei Füllhörnern (Europa-Attribut) gerahmt, ist in einem Medaillon über der Kaminöffnung das Pferd (Europa) abgebildet. Eine Kupferstichfolge Delafosses (ebd.) mit Dekorationen für Konsoltische („Tables grecques“) allegorisiert die E. auf die gleiche Weise: Afrika wird durch das Bild einer mumienartigen Gestalt in einer Wüstenlandschaft vorgestellt, neben ihr liegt ein Löwe; eine Schlange, die ein Schwert im Maul hält, ein Skorpion mit einem Morgenstern in der Schere, Pfeile und Elefantenexuvien ergänzen das Bild. Auf Amerika ist durch Köcher mit Pfeilen, eine Maske, Sonnenblumenkranz und brennende Fackeln hingewiesen, die allesamt unter einem Tafelbild liegen, das einen Indianer mit Trophäen zeigt, darunter ein Kaiman. Korallen, Früchte, ein aufgeschlagenes Buch mit drei Halbmonden und ein Bild, auf dem ein Kameltreiber im Schatten eines üppigen Baumes sowie eine Säule zu sehen sind, charakterisieren Asien. – Das Tierensemble Pferd, Kamel, Löwe und Kaiman hat Delafosse (ebd.) auf einem Wappenschild inmitten von Waffen, Kronen, Büchern, einer Waage u. a. wiedergegeben, um die Monarchie abzubilden: er verdeutlicht damit in exemplarischer Weise den inneren Zusammenhang zwischen höfisch-imperialen Vorstellungen und E.-Darstellung.

Zu den Abbildungen

1. Bern, Burgerbibl., Cod. 417 (Sammelhs. mit astronomisch-komputistischen Schriften), fol. 88v, Erdscheibe (orbiculus), Ill. zum Kap. „de partibus terrae“ in Isidor von Sevilla, De natura rerum. Frankreich (Loiregegend Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.?]), 1. H. 9. Jh. Nach Otto Homburger, Die ill. Hss. der Burgerbibl. Bern. Die vorkaroling. und karoling. Hss., Bern 1962, Abb. 66.

2. Florenz, Bibl. Laurenziana, Cod. S. Marco 190 (Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii), fol. 74, Erdkarte, Ill. zu Buch 6 (De geometria), 622ff. N-Frankreich, 11. Jh. Fot. Bibl.

3. Bamberg, St.Bibl., Cod. Bibl. 94 (Evangeliar), fol. 154v, Ill. zum Prolog des Johannesevangeliums. Köln, M. 11. Jh. Nach Goldschmidt, Buchmalerei Bd. 2, Taf. 92.

4. Gent, U.B., ms. 92 (Lambert von St-Omer, Liber floridus), fol. 138v, Darstellung des Kaisers Augustus. NO-Frankreich, um 1120. Nach Ad. Goldschmidt, Vortr. Bibl. Warburg 1923–24, Lpz. und Bln. 1926, Taf. 6 Abb. 8.

5. Leipzig, Stadtbibl., ms. CLXV (u. a. Beda, Hist. ecclesiastica), fol. 2, Majestas Domini. Köln, M. 12. Jh. Nach Rob. Bruck, Die Mal. in den Hss. des Kgr. Sachsen, Dresden 1906, S. 45 Abb. 37.

6. Hildesheim, Dom, E.-Personifikationen am Fuß eines Leuchters (Ausschnitt). Bronzeguß, 18 cm Gesamth. Lüttich, M. 12. Jh. (Meister des Tragaltares von Stavelot). Fot. Bayer. L.A. f. Dpfl., Mchn.

7. Wien, Österr. Nat.Bibl., cod. 13637 (Sammelhs. mit Werken Isidors von Sevilla), fol. 131, Erdscheibe (orbiculus), Ill. zu Isidor von Sevilla, Etymologiae XIV, 2. Oberitalien (wohl Lombardei), M. 14. Jh. Umzchg. nach Fot. Bibl.

8. Brüssel, Bibl. roy., ms. 15 652–56 (Wappenbuch des Herolds Gelre), Wappen der hl. Drei Könige. Hennegau, um 1360. Umzchg. nach Wilh. Ewald a.a.O. (Sp. 1131), S. 114 Abb. 160.

9. Mâcon, Bibl. municipale, ms. 2 (Augustinus, De civitate Dei), fol. 19, das Leben der ersten Menschen, Ausschnitt aus der Ill. zu Buch 12. Île-de-France oder Normandie, um 1480. Nach Comte Alexandre de Laborde, Les mss. à peintures de la Cité de Dieu de Saint Augustin, Paris 1909, Bd. 3 Taf. 118.

10 a und b. Giovanni de Vecchi, Personifikationen der E. Amerika (a) und Asien (b). Wandmal. Caprarola, Pal. Farnese, Sala del Mappamondo. Um 1572–74. Fot. unbekannter Herkunft (a) und Arti Grafiche, Bergamo (b).

11. Hendrick Goltzius, E.-Personifikationen huldigen der Roma, Kupferstich, 36,5 × 23,3 cm (ohne Plattenrand). Dat. 1586. Fot. St. Graph. Slg., Mchn.

12. Jonas Silber, Darstellung des E. Europa auf der sog. Weltschale. Silber, getrieben und gegossen, vergoldet, Dm. 20 cm. Berlin, K.G.M., Inv.Nr. K 3885. Nürnberg, 1589. Fot. Mus.

13. Dirck Barendsz. (Entw.) und Jan Sadeler d. Ä. (Ausf.), Personifikation des E. Afrika. Kupferstich, 17,9 × 23,0 cm. 1581. Nach [19], S. 212 Abb. 3.

14. Marten de Vos (Entw.) und Adriaen Collaert (Ausf.), Personifikation des E. Europa. Kupferstich, 20,6 × 25,7 cm. Um 1595. Nach [19], S. 215 Abb. 8.

15 a und b. Carlo Mariotti (Entw.) und Carlo Grandi (Ausf.), Personifikationen der E. Amerika (a) und Asien (b), Holzschnitte, a: 12,9 × 8,7 cm; b: 12,0 × 8,2 cm. Ill. zu [4], S. 338 und 335. Nach [19], S. 216 Abb. 10 und ebd. S. 217 Abb. 13.

16. Claes Jansz. Visscher (Verleger), Personifikation des E. Europa. Kupferstich, Maße nicht zu ermitteln. A. 17. Jh. Nach [10], Abb. S. 233.

17. Dresden, Mus. f. K.handwerk, Inv.Nr. 13327, Deckelkrug mit E.-Darstellungen. Zinn, 17,2 cm h. Nürnberg, um 1600. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, 147 346.

18. Marcus Geeraerts d. Ä. (Entw.) und Mich. Snyders (Ausf.), Personifikation des E. Afrika. Kupferstich, 19,1 × 12,9 cm (Bildfeld). Vor 1604. Fot. Kunstbibl. Bln.

19. Francesco Brizio, Noah teilt die Erde unter seine Söhne auf. Kupferstich, 39 × 32,5 cm. Um 1621. Fot. Kk. Bln.

20. Frans Franck(en) II, Allegorie auf die Abdankung Kaiser Karls V. Ölgem. a. Holz, 1,34 × 1,72 m.

Amsterdam, Rijksmus., Kat.Nr. 935. Um 1636. Fot. Bruckmann, Mchn.

21. Jan van Kessel, E. Asien, Ölgem. a. Kupfer, Mittelbild 49 × 67,5 cm, Bilder im Rahmen je 14,5 × 21 cm. München, St. Gem.Slgn., Inv.Nr. 1911. Dat. 1660. Fot. Mus. (53/217).

22. Dresden, Grünes Gew., Inv.Nr. VI. 247, Deckelpokal mit E.-Darstellungen. Rhinozeroshorn, Fassung aus vergoldetem Silber, 58 cm h. Augsburg, vor 1668 (Meistermarke HL [= Rosenberg I, 653]). Nach Sponsel Bd. 4, Taf. 57, a.

23. Hubert Quellinus, E. huldigen der personifizierten Stadt Amsterdam. Kupferstich, 0,45 × 1,70 m. Skulpturen im W-Giebel des Amsterdamer Rathauses, ausgeführt 1656–58 von Artus Quellinus d. Ä. Ill. aus H. Q., Van de voornaemste statuen ende ciraten van ’t konstrijck Stadhuys van Amstelredam, Amsterdam 1665–69. Nach Kath. Fremantle, The Baroque Town Hall of A., Utrecht 1959, Taf. 205 b.

24. Thomas Regnaudin und Étienne Le Hongre, Personifikationen der E. Afrika und Amerika. Steinskulpturen, aufgestellt vor der Dachbalustrade in der Cour de Marbre des Schlosses in Versailles. 1679. Nach G. Brière a.a.O. (Sp. 1182), Bd. 1 Taf. 8, 3.

25. W. H. Kocks, Prunkkamin aus dem Haus Königsstr. 60 in Münster i. W. Steinskulpturen. Münster, L.M. Dat. 1700. Fot. Mus.

26. Antonio Laghi (?), Personifikation des E. Amerika. Sandstein, etwa 2,45 m h. Herrenhausen bei Hannover, Gartenskulptur für das Große Parterre des Schlosses. Um 1705. Fot. Landesgal. Hannover.

27. Andreas Schlüter, Personifikation des E. Asien. Stuck. Ehem. Supraporte im Rittersaal des Schlosses zu Berlin (Bau zerst., Skulptur erhalten?). Um 1703. Nach Heinz Ladendorf a.a.O. (Sp. 1143), Abb. 92.

28. St. Gallen, Erker am Haus zum Pelikan, Schmiedgasse 15. Holzreliefs. Kurz nach 1707. Nach Fot. unbekannter Herkunft.

29. Johann Rudolph Byss, Europa. Deckenmal. im Treppenhaus des Schlosses Pommersfelden. 1717. Fot. Max Hirmer, Mchn.

30. Cosmas Damian Asam, Hochaltar-Gem. für St. Anna im Lehel in München (zerst. 1944). Öl a. Lwd. Zw. 1727 und 1730. Fot. Lore Hamacher, Konstanz, MAL 18.

31. Giovanni Antonio Pellegrini (Schule), Europa und Afrika. Wandmal. im Altarraum der kath. Pfarrkirche zu Frankenthal (zerst., nach dem Krieg wieder aufgebaut). Um 1736–37. Fot. unbekannter Herkunft.

32. Werkstatt des Ehrgott Bernh. Bendel (?), E.-Gruppe am Fuß des Kanzelkorbes in der Wallfahrtskirche Klosterlechfeld b. Augsburg. Holz, farbig gefaßt. Um 1735. Fot. Walter Glock, Mchn.

33. Franz Ignaz Berdolt, Personifikation des E. Asien am Fuß einer Monstranz. Silber, getrieben und vergoldet. Landshut, Jesuitenkirche. Augsburg, 1739. Fot. Bayer. L.A. f. Dpfl., Mchn.

34. Franz Jos. Spiegler, Personifikation des E. Asien. Freskomal. im sö. Pendentif der Vierungskuppel in der ehem. Klosterkirche Zwiefalten. 1749. Fot. Hans Klaiber, Stg.

35. Joh. Wolfg. Baumgartner, Personifikation des E. Afrika, Öl a. Lwd., 25 × 38 cm. Augsburg, Stadt.

Kslgn., Inv.Nr. 103. Um 1755. Fot. Carl Lamb, Mchn.

36. Pieter van der Borght (Ausf.), E. Europa. Bildwirkerei, 3,34 × 4,65 m. Wien, Kh. Mus. Brüssel, M. 18. Jh. Nach Ludw. Baldass, Die Wiener Gobelinslg., Wien 1920, Bd. 3 Taf. 284.

37. Dominikus Auliczek d. Ä. Personifikation des E. Afrika. Porzellan, 20 cm h. Hamburg, Mus. für K. u. Gewerbe, Inv.Nr. 1910.100. Nymphenburg, um 1765. Fot. Mus. (24 89).

38. Joh. Göz (zugeschr.), Negerpaar. Porzellan, 37,5 cm h. Stuttgart, Württ. L.M., Inv.Nr. 5812. Ludwigsburg, 1760–62. Fot. unbekannter Herkunft.

39. Joh. Wilh. Lanz, Personifikation des E. Afrika. Porzellan, 23 cm h. Mannheim, Städt. Mus. Frankenthal, um 1760. Fot. Mus.

40. Köln, K.G.M., Inv.Nr. D 1287, Tischdecke. Roter Seidendamast, 0,93 × 1,08 m. Deutsch, M. 18. Jh. Fot. Rhein. Bildarchiv, Köln, 58 391.

41. Gottfried Eichler d. J. (Entw.) und Jeremias Wachsmuth (Ausf.), Personifikation des E. Amerika, Ausschnitt. Kupferstich, 19,5 × 12,1 cm (Gesamtgröße). Ill. zu Joh. Gg. Hertel [Band 2] des ... Caesaris Ripae allerley ... Sinnbildern und Gedancken, Augsburg o. J. (um 1760), Kupfer 105. Fot. Walter Glock, Mchn.

41 a–e. Theodor de Bry, Darstellungen aus dem Leben der Indianer, Kupferstich-Ill. aus Jacques Le Moyne, Brevis Narratio eorum quae in Florida Americae Provincia Gallis acciderunt, Ffm. 1591; a: Kupfer 25; b: Kupfer 26; c: Kupfer 39, Ausschnitt; d: Kupfer 35, Ausschnitt; e: Kupfer 16, Ausschnitt. Nach Stefan Lorant a.a.O. (Sp. 1192), Abb. S. 85, 87, 113, 105 u. 67.

42. Charles de Groff, Personifikation des E. Asien. Mehrere Marmorarten, etwa 85 cm h (mit Sockel). München, Residenz. 1768. Fot. Schlösserverwaltung Nymphenburg.

43. Anton Landes, Personifikation des E. Europa. Stuckplastik, farbig gefaßt. Regensburg, Stiftskirche U.L.F. zur Alten Kapelle. Nicht vor 1761. Fot. Oscar Poss, Regensburg, AS 40 567.

44. Innsbruck, Volkskunstmus., Inv.Nr. 9034, Krippenfiguren der Drei Könige und der Europa. Holz, farbig gefaßt, etwa 20 cm h. Tirol, 18. Jh. Fot. Mus.

45. Joh. Nieberlein, E. verehren den Gekreuzigten. Deckenmal. in der Evang. Spitalkirche zu Dinkelsbühl. 1774. Fot. Lala Aufsberg, Sonthofen, 72 115.

46. Conrad Huber, E. verehren die Gottesmutter. Deckenmal. in der Pfarrkirche zu Ingstetten Lkrs. Neu-Ulm. 1791. Fot. Lala Aufsberg, Sonthofen, 78 972.

47. Bernh. Rode, Darstellung der E. Kupferstich, 14,5 × 12 cm (Gesamtgröße). Ill. zu Karl Wilh. Ramler, Allegorische Personen zum Gebrauch der bild. Künstler, Bln. 1788, Abb. 12. Fot. W. Glock, Mchn.

48. Giov. Maria Cassini, Darstellung der E., Ausschnitt aus dem Vorsatzkupfer zu G.M.C., Nuovo Atlante Geografico Universale, Rom 1792, Teil 1. 25 × 36,3 cm (Gesamtgröße). Nach Repr. des Bruckmann-Verlages, Mchn.

49. Deutscher Priv.bes., Personifikation des E. Amerika führt eine Auswanderin nach Amerika. Relief aus braunem Wachs auf grünblauem Grund, 27 × 27 cm. Beischrift: „Meiner lieben Schwester zur Erinnerung“. Deutsch, 1. Dr. 19. Jh. Nach Reinhard Bülls, Vom Wachs, Bd. 1, Beitr. 7, 2, Ffm.-Hoechst 1963, Abb. 275. 50. Domingos Antonio de Sequeira (Entw.) und Joaquim Machado de Castro (Modelle für die Figuren), Mittelstück eines Tafelservice. Silber, z. T. vergoldet, 1,08 m h. (ohne die Standplatte). Geschenk des späteren Königs Johann VI. von Portugal an Hzg. Wellington. London, Apsley House. Portugal, vor 1816. Fot. V.A.M. London.

Literatur

Quellen: 1. Johannes Sambucus, Emblemata, Antwerpen 1564, S. 113. – 2. Giampietro Valeriano, Hieroglyphica, Lyon 1579, S. 119 (e). – 3. Ameto Orti, La Caprarola (Ende 16. Jh.), ed. Fritz Baumgart, Studj romanzi 25, 1935, 77ff. – 4. Cesare Ripa, Iconologia, Rom 16033, S. 332–39. – 5. Markus Heiden, Beschreibung eines von Helffenbein gedrehten Kunststücks ... beneben desselben geistliche Bedeutung (1640), ed. Kirsten Aschengreen-Piacenti, Anz. G.N.M. 1964, 82–98. – 6. Conte Giov. Comazzi (1654–1711), Programm für die Deckenmal. im Sitzungssaal des Niederösterr. Landhauses in Wien, in dt. Übers. ed. von Rupert Feuchtmüller, Alte und moderne K. 2, 1957, 2f. – 7. P. Deinhard S.J., Programmentw. für die Deckenmal. der Wallfahrtskirche Gößweinstein, 1734, ed. Inv. Bayern VIII, 2, S. 213. – 7a. J. J. M. Küchel, desgl., 1769, ed. ebd. S. 214. – 8. P. Xaver Gumpp S.J., Programm für die Mal. in der Ursulinenkirche in Straubing, 1738, vgl. Herm. Bauer, Zum ikonologischen Stil der süddt. Rokokokirche, Münchner Jb. III. F. 12, 1961, 226f.

Zu IV – VI: 9. James Hazen Hyde, L’iconographie des Quatre Parties du Monde dans les Tapisseries, Gaz. des B.-A. 66 (2), 1924, 253–272. – 10. Ders., The Four Parts of the World as Represented in Old Time Pageants and Ballets, Apollo 4, 2, 1926, 232–38 und ebd. 5, 1, 1927, 19–27. – 11. Mâle IV S. 399–402. – 12. van Marle, Iconographie Bd. 2 S. 281–360. – 13. Knipping Bd. 2 S. 158–66. – 14. P. Balthasar Gritsch O.F.M., Die vier Weltteile in Tirol, Tiroler Heimatbll. 23, 1–3, 1948, 28–31. – 15. Pigler II, S. 500ff. – 16. Othmar Metzger, Über Darstellungen der E. unter bes. Berücksichtigung der Fresken Tiepolos in der Würzburger Residenz, Ms.; ausgewertet bei: – 17. Max H. von Freeden und Carl Lamb, Das Meisterwerk des Giov. Batt. Tiepolo. Die Fresken der Würzburger Residenz, Mchn. 1956, S. 82–98. – 18. Tervarent. – 19. Clare Le Corbeiller, Miss America and Her Sisters. Personifications of the Four Parts of the World, The Metrop. Mus. Bull. N.S. 19/20, 1960, 209–23. – 20. Arno Schönberger, Die „Weltallschale“ Kaiser Rudolfs II. in: Stud. z. Gesch. der europäischen Plastik, Fs. Theodor Müller, Mchn. 1965, S. 253–62.

Mehrfach zitierte Lit.: 21. Göbel. – 22. Kat. der Ornamentstichslg. der St. Kunstbibl. Berlin, Bln. u. Lpz. 1939. – 23. Hollstein, Dutch Fl. Engr. – 24. Ausst. Kat. „Mostra Vespucciana“, Florenz 1954. – 25. Ausst. Kat. „The Four Continents from the Coll. of James Hazen Hyde“, New York, Cooper Union Mus. for the Arts of Decoration, 1961.

Verweise