Explicit

Aus RDK Labor
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englisch: Explicit; französisch: Explicit; italienisch: Explicit.


Elisabeth Alföldi-Rosenbaum (1971)

RDK VI, 712–714


RDK VI, 713, Abb. 1. Manchester, 2. H. 9. Jh.
RDK VI, 713, Abb. 2. Paris, A. 9. Jh.

Die sprachlich inkorrekte Wortform E. scheint vom Partizip explicitus gebildet, wohl in Anlehnung an *Incipit. Sie ist in ihrer ma. Verwendung schon bei Hieronymus (ad Marcell., Ep. 28, 4; Migne, P.L. 22, 434) belegt: „Scire autem debemus apud Hebraeos in fine librorum, unum e tribus solere subnecti, ut aut Amen scribant, aut Sela, aut Salom, quod exprimit pacem ... ut solemus nos completis opusculis ad distinctionem rei alterius sequentis medium interponere Explicit aut Feliciter, aut aliquid istiusmodi.“ Das Testamentum Corocottae Porcelli, das Hieronymus erwähnt (Contra Rufinum I, 17: Migne, P.L. Bd. 23, Sp. 430; Commentarii in Isaiam prophetam, praef. zu XII, 12: ebd. Bd. 24, Sp. 409) und in dem ein gewisser Celsinus als Zeuge gesiegelt hat, endet: „Explicit testamentum Corocottae Porcelli sub die XVI Kal. lucerninas Clibanato et Piperato consulibus feliciter“ (Franz Bücheler, Petronii saturae, Bln. und Zürich 19638, Anhang S. 347).

In mittelalterlichen Hss. findet sich die Form explicit sowohl als auch der Plural expliciunt am Ende größerer Abschnitte, einzelner Bücher oder des gesamten Werkes; z. B. „expliciunt capitula, incipit textus“, oder „explicit ordo evangelicus, incipit ordo apostolicus“, oder „explicit Evangelium secundum ...“, oder „explicit liber“. Statt des Wortes explicit kann auch finit stehen.

Wie beim Testamentum Porcelli wird das E. am Schlusse des gesamten Werkes zuweilen mit dem Datum und auch mit dem Schreibervermerk verbunden. Dies ist in einigen Beatus-Hss. der Fall, z. B. im Beatus von S. Isidoro zu León in der Bibl. Nacional in Madrid: „Explicit explanatio Danielis prophete. Deo gratias. Fakundus scripsit ...“ (folgt das Datum; vgl. Wilh. Neuß, Die Apokalypse des hl. Johannes in der altspanischen und altchristlichen Bibel-Illustration, Münster 1931, Bd. 1 S. 33). Aus diesem Brauch leitet sich das Kolophon der Frühdrucke und daraus unser heutiger Druckvermerk ab.

Eine künstlerische Ausgestaltung des E., etwa der der *Incipitseiten entsprechend, hat sich nicht entwickelt. Das E. ist meist hervorgehoben durch andere Schrift, etwa Capitalis Rustica, und rote Tinte. Öfter finden sich auch kleinere Verzierungen, wie sie von der Epigraphik her bekannt sind (Abb. 1). Die meisten Verzierungen, die vorkommen, gehören in die Kategorie, die Carl Nordenfalk als „Schreiberornamentik“ bezeichnet hat (Die spätantiken Zierbuchstaben, Stockholm 1970, bes. Kap. VII f., S. 97ff., m. Abb.). In griech. Hss. sind solche „Schlußtitelornamente“ recht häufig und zumeist analog den auch sonst üblichen Bordüren gestaltet (mit Motiven, die sich aus der antiken Mosaik-Kunst herleiten lassen). Die in lateinischen Hss. erhaltenen Ornamente wirken dagegen recht primitiv. Eine ornamentale Umrahmung des E., wie sie mehrfach in der Theodulf-Bibel in Paris vorkommt, ist eine Ausnahme (Bibl.Nat., ms. lt. 9380, fol. 46v, 136v, 210, 246v, 247v, 286v und Abb. 2).

Zu den Abbildungen

1. Manchester, John Rylands Libr., Lat. Ms. 9, fol. 133 (Evangeliar), E. 29,6 × 18,8 cm. Deutsch (?), 2. H. 9. Jh. Fot. Bibl.

2. Paris, Bibl.Nat., ms. lat. 9380 (Theodulf-Bibel), fol. 347, E. 32,2 × 22,4 cm. Orleans (?), A. 9. Jh. Fot. Bibl.