Fadenglas
englisch: Filigree glass; französisch: Verre filé; italienisch: Vetro a reticella.
Hermann Jedding (1973)
RDK VI, 1048–1059
I. Bezeichnung
Als F. bezeichnet man Hohlglas mit Glasfadenverzierung. Vor allem die seit dem 16. Jh. entstandenen venezianischen Gläser und Gläser à la Façon de Venise mit eingelegten, meistens weißen Fadenmustern werden als F. verstanden; nicht selten wird der Begriff jedoch auch auf die ägyptischen Farbgläser mit eingepreßten Fäden und die seit römischer Zeit hergestellten Gläser mit Fadenauflage angewendet.
II. Eingepreßte Fäden in Ägypten
Eingepreßte Fäden aus farbigen, opaken Glasflüssen bildeten die verbreitetste Verzierungsart ägyptischer Glasgefäße mindestens seit der 18. Dynastie (um 1560–1350 v. Chr.).
Für die meist blauen, über einem Sandkern geformten, kleinen Glasgefäße bevorzugte man Fadeneinlagen in Rot, Violett, Smaragdgrün, zweierlei Gelb, opakem Weiß und Schwarz. Die dünn ausgezogenen Glasfäden in einer oder mehreren Farben legte man spiralig um die noch heiße, weiche Gefäßwand und preßte sie durch Rollen des Gefäßes auf einer glatten Unterlage (Marmorplatte) unlösbar in die Grundmasse ein. Mit häkchenartigen Werkzeugen konnten die Spiralfäden zu Mustern „gekämmt“ werden. Derart dekorierte Gefäße regten möglicherweise später die Venezianer zu den „gekämmten“ Mustern ihrer F. an (s. Sp. 1053).
Bei der Randverzierung von Schalen aus Mosaikglas (2. Jh. v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr.) wurde die später für Venedig charakteristische Technik des F. bereits vereinfacht angewendet: um einen Tonkern ordnete man opakweiße und farblos-durchsichtige Glasfäden, rollte sie zu Spiralen und zu sich kreuzenden Bahnen, zu sog. „Reticelli“ (Netzen), oder man flocht farbige Fäden um einen durchsichtigen und umgab diesen Stab wieder mit durchsichtigen Fäden, ehe man das Ganze zu einer kompakten Glasstange umschmolz. Solche Fadenglasstangen wurden auch zu Schmuck und Armringen verarbeitet [35, Bd. 2 S. 421].
III. Fadenauflage
A. Röm Kaiserzeit
Zu Beginn der römischen Kaiserzeit wurde die – in Kleinasien schon im Hellenismus geübte – Fadenauflage zum vorherrschenden Dekorationsprinzip bei Hohlglas. Den Faden gewann man gewöhnlich aus einem heißen Glaskügelchen (Träne), das an einer Stelle des fertigen Gefäßes angeschmolzen und beliebig dünn zu einem Faden ausgezogen wurde; mit ihm umspann man das wahrscheinlich auf einer rotierenden Scheibe sich drehende Gefäß.
Anfänglich beschränkte man sich darauf, Mündung und Fuß der meist farbigen, häufig dunkelblauen Gefäße mit einem weißen Spiralfaden zu umziehen. Später, seit 1. Jh. n. Chr., wurden fast waagrecht verlaufende Spiralfäden um Hals, Schaft und Henkel der Gläser, schließlich um den ganzen Glaskörper gelegt. – Den höchsten Grad der Vollkommenheit in dieser Technik zeigen die Schlangen-F.: auf die Gefäßwandung wurden bandartige, meist quer gekerbte (gekniffene) Glasfäden in unregelmäßigen Schlangenlinien aufgeschmolzen, zu Wellenlinien, Spiralen, Voluten und Doppelvoluten oder schriftähnlichen Mustern, mitunter auch zu stilisierten Blättern und Tieren (oft Vögeln) geformt. Schlangen-F. kommen sowohl naturfarben (blaugrün) und farblos als auch mit weißen oder blauen, seltener mit gelben, roten oder vergoldeten Auflagen vor.
Die Entwicklung erfolgte nahezu gleichzeitig in allen Glaszentren des röm. Reiches, vor allem in den Glashütten in Syrien, Gallien, Britannien und im Rheinland, wo im 2. und 3. Jh. nach Chr. Köln zum führenden Platz wurde.
B. Fränkische Gläser
Die röm. Dekorationsweise der Fadenauflage lebte in vereinfachter Form im Schmuck fränkischer Gläser fort, ja bildete neben Riefelung und Nuppen die einzige Glaszier jener Zeit vom 5. bis 8. Jh. Auch beim Hohlglas der karolingischen und romanischen Epoche kommt die Fadenauflage gelegentlich vor, wie die wenigen erhaltenen Beispiele zeigen (vgl. Peter Paulsen, Sakralgefäße in Ellwangen, in: „Ellwangen 764–1964“, Ellwangen 1964, Bd. 2 S. 775–803). Theophilus beschrieb in der 1. H. 12. Jh. die bei den Griechen geübte Praxis der Verzierung von Glasgefäßen durch umgelegte Glasfäden (II, 10 und 14: De diuersis artibus, ed. C. R. Dodwell, London ... 1961, S. 43 und 46; zu byzantinischen Gläsern in dieser Art aus dem 11.–12. Jh. vgl. Joseph Philippe, Le monde byzantin dans l’histoire de la verrerie [Ve– XVIe siècle], Bologna 1970, S. 114, 175 u. ö.).
C. Spät-MA und Neuzeit
Beim Dekor des spätma. Waldglases spielten Fadenauflagen nicht die entscheidende Rolle. Gekniffene Fäden wurden jedoch seit dem 15. Jh. häufiger zur Abgrenzung von Zonen auf der Gefäßwandung verwendet (z. B. bei den aus dem Maiglein entwickelten Bechern). Aufgeschmolzene Bänder betonen nicht selten auch die Schulter, bestimmte Einschnürungen oder den Fuß des Gefäßes. Solcher Zusatzdekor kommt bei allen Formgläsern bis zum 19. Jh. vor; vor allem Stangen- (Abb. 2) und Keulengläser wurden im 16. und 17. Jh. gern mit einem spiralig um die Wandung verlaufenden, gekniffenen Faden umlegt („Bandwurmgläser“). Bei sog. Paßgläsern (zylindrischen Stangengläsern oder Spechtern; Abb. 8) bezwecken die in gleichem Abstand umgelegten, gekniffenen Glasfäden eine Art Maßeinteilung; beim Trinken mußte jeweils eine solche Menge des Inhalts geleert werden, wie sie sich zwischen zwei Reifen – „Pässen“ – befand ([3] S. 149, ohne Beleg).
IV. Fadeneinlage
A. Technik
Das vollendetste und zugleich komplizierteste F. entwickelten im 16. Jh. die Glasbläser von Venedig. Die Technik ist ungemein kompliziert.
Zunächst müssen einzelne weiße Glasfäden hergestellt werden. Zu diesem Zweck nimmt der Glasbläser mit einem Eisenstab aus dem Schmelzofen oder -tiegel eine bestimmte Menge von Milchglas („lattimo“ oder „latticino“), einem durch Zinnoxyd weiß gefärbten Glasgemenge, und rollt sie auf der Werkbank, dem „Marmor“, so lange hin und her, bis sie an dem Eisen ringsum wie eine dünne Röhre haftet. Anschließend taucht er das Eisen in farblose Glasmasse, die darauf das Milchglasröhrchen mantelartig umschließt. Der so entstandene, innen weiße, außen farblose Glaszylinder wird erhitzt und so lange ausgezogen, bis er zu einem dünnen, weißen Faden geworden ist. Um ein Fadenmuster zu gewinnen, belegt man nun die Innenwand eines Tonzylinders, rhythmisch angeordnet, mit mehreren solchen weißen Fäden, zwischen die jeweils im Wechsel farblose Glasstäbchen eingeschoben sind. Zuletzt wird der in der Mitte verbliebene Hohlraum mit flüssiger, farbloser Glasmasse ausgefüllt. Den auf diese Weise gebildeten Glasstab kann man anschließend wieder lang und dünn ausziehen. Wird der Stab dabei zugleich in sich gedreht, so erscheinen die weißen Fäden spiralig gewunden. Dichte und Rhythmus der Spirale können durch die verschiedenartige Anordnung der Fäden in dem Tonzylinder beliebig variiert werden. Führt man in die Mitte des Zylinders einen zusätzlichen Faden ein, so windet sich die Spirale später um eine weiße Achse; verschiebt man diesen Achsenfaden etwas aus der Mitte, so wird er sich nach dem Ausziehen und Drehen des Glasstabes im Innern der Spirale korkenzieherartig winden. Durch differenzierende Anordnung der weißen Fäden ist es möglich, ungezählte Variationen zu erzielen (vgl. Abb. 7). Solche Glasstäbe mit Spiralfäden heißen „canne ritorte“.
Die Herstellung der mit diesen F.-Stäben verzierten Glasgefäße („vasi a ritorti“) war ebenso kompliziert wie die Fertigung der einzelnen Glasfadenstäbe. Man ordnete zunächst Glasstäbe in der gewünschten Reihenfolge im Wechsel mit farblosen Glasstäben entlang der Innenwand eines Tonzylinders. Nach dem Anwärmen blies man in eine Öffnung des Zylinders eine Blase aus farblosem Glas, die sich nach Beseitigung des Zylinders und wiederholtem Anwärmen und Ausdehnen mit dem Mantel aus Glasstäben vollständig verband. Am unteren Ende wurde die Blase zusammengekniffen, so daß in diesem Punkt alle Stäbe zusammenlaufen. Bei weiterer Ausdehnung der Glasblase und dem dadurch verursachten Dünnerwerden ihrer Wandung verlieren die Stäbe ihr Volumen; die Muster erscheinen breitgequetscht, oft wie gestrickt, in der entstandenen Gefäßwandung, die nach entsprechender Weiterbehandlung (Blasen, Rollen, Ausziehen usw.) ihre endgültige Form erhält. Dreht man bei diesem Fertigungsprozeß die Glasblase zusätzlich in sich selbst, so ändert sich die vertikale Richtung der Fadenmuster zugunsten einer spiraligen Umwindung des Gefäßes.
Eine Sonderform des F. bilden die sog. Netzgläser („vasi a reticelli“): Milchglasstäbe „schweißt“ man in gleichmäßigem Abstand so auf die Glasblase, daß die Stäbe als leicht erhabene Rippen stehen bleiben. Beim Ausdehnen der Glasblase gibt man ihr zugleich eine geringe Drehung, welche die Milchglasfäden in spiralförmige Windungen versetzt. In gleicher Weise bearbeitet man eine zweite, gleichartige Glasblase, die beim Ausdehnen im Gegensinn gedreht wird, so daß die Spiralwindungen nach der anderen Richtung verlaufen. Beide Glasblasen werden nun aufgeschnitten, in der Form von offenen Zylindern ineinandergesetzt und durch Hitze vereinigt. Die spiralig verlaufenden Fäden kreuzen sich jetzt netzförmig. Die in den rhombischen Zwischenräumen („Maschen“) eingeschlossenen Luftbläschen geben im Verein mit den rhythmisch sich überschneidenden Spiralfäden dem Netzglas eine ungemein lebhafte Oberfläche. Netzgläser können auch dadurch hergestellt werden, daß man eine Glasblase mit spiraligen Milchglasfäden wie einen Gummiball in sich selbst stülpt; die so entstandene doppelwandige Schale wird dann wieder zur Glasblase umgeformt und weiterverarbeitet.
Eine Sonderentwicklung stellt der Dekor mit „gekämmtem“ Faden dar. Wie beim ägyptischen Glas, das möglicherweise auch die Anregung gab, weitete man den aufgelegten Diagonalfaden zu Vogelfeder- oder Farnkrautmustern aus. Da dieser Vorgang ständiges Wiederanwärmen und Nachformen der Glasblase erfordert, sinkt der Faden allmählich in die Glasmasse ein und bildet mit der Blase nahezu eine Fläche. Solche Gläser mit „gekämmtem“ Faden wurden nicht nur in der Frühphase des F., sondern noch im 17. Jh. hergestellt (und besonders in Deutschland, den Niederlanden und Spanien [Abb. 9] imitiert).
B. Venedig
Die ersten F. wurden wohl in Venedig gegen 1540 hergestellt. Am Beginn standen offenbar Pokale, Kelch- und Stangengläser mit plastisch aufgelegten weißen Fäden, die rippenartig die Gefäßwand vertikal gliedern oder diagonal bzw. über Kreuz umziehen (Beispiele: Abb. 1; [3] Abb. 67; [20] Abb. 186; [61] Taf. 31 u. 32). Nach diesen einfacheren Arten entwickelten die Venezianer immer kompliziertere Muster und Variationen, bei denen meistens engmaschige Kombinationen mit weitläufigen Spiralfeldern abwechseln oder breite Bänder von dünnen begleitet und von anderen kreuzförmig überschnitten werden. Gewöhnlich variieren an den einzelnen Objekten zwei oder drei verschieden dichte und unterschiedlich angelegte Glasfadenmuster, welche die Gefäßwand meist vertikal gliedern. Im allgemeinen beschränkte man sich auf weiße Glasfäden; nur selten wurden andersfarbige Fäden, etwa in Blau, Violett, Gelb, Grün oder Rot verwendet (häufiger dagegen bei Façon de Venise, s. Sp. 1055f., und bei *Flügelgläsern).
Als F. oder Netzglas entstanden alle damals üblichen Gefäßtypen: Pokale, Kelch- und Stangengläser, Becher (Abb. 5), Teller und Platten (Abb. 6), Schalen, Schüsseln mit und ohne Fuß, Kannen (Abb. 3), Flaschen, Leuchter, sogar Messer, Gabeln und Löffel. Eine genauere Datierung der einzelnen Exemplare ist oft schwierig, da die gleichen Formen und Muster wie im 16. Jh. auch noch im 18. Jh. hergestellt wurden.
C. Façon de Venise
In nahezu allen außervenezianischen Glashütten, die Glaswaren „à la façon de Venise“ herstellten (Façon de Venise), machte man wahrscheinlich auch Fadengläser.
Meistens kann man sie von den original-venezianischen Glasschöpfungen nicht oder nur schwer unterscheiden. Mitunter lassen eine ungewöhnliche, oft recht große, gelegentlich auch plumpe Gefäßform, eine andersartige, nicht besonders gute, vielfach rauchfarbene oder grünliche Glasmasse sowie die Dürftigkeit und Unregelmäßigkeit der Muster aus weißen, bis ins Blaßgraue verunreinigten Fäden eine nicht-venezianische Provenienz vermuten. Unter den erhaltenen Beispielen werden die meisten den südlichen Niederlanden (Antwerpen, Lüttich) und Kassel zugeschrieben, einige auch nach Sachsen lokalisiert. Einigermaßen gesicherte Fadengläser aus ital., franz. und holländ. Hütten sind nicht bekannt, doch ist eine ganze Anzahl von Pokalen, Humpen, Kannen, Kelch- und Sturzgläsern mit weißen Fadeneinlagen, die sich vorwiegend in belgischen Sammlungen befinden, durch Vergleich mit den Formskizzen in dem Typenkatalog von Colinet – zwischen 1550 und 1555 angelegt – als niederländische Erzeugnisse ausgewiesen ([62, Abb. 44–56; vgl. Sp. 1025f., Abb. 2 a–c).
In Deutschland berichtet Mathesius 1562 von F. in Schlesien: „Jetzt werden die weyssen gleser gemeyn / drauff gleich weysse feden von weysser Farbe getragen / die man in der Slesing machen solle“ (Die Predig von dem Glaßmachen [Die fünfzehende Predigt / Vom Glaß vnd Glaßmachen / vnnd der gefeß / so die heilig Schrifft gedenckt /...], Nürnberg 1562 [Neudr. der Ausg. 1578: Mchn. 1927], Bl. XX). In der Münchner Hütte des Venezianischen Glasbläsers Giovanni Scarpoggiato wurden 1586 u. a. Trinkgläser mit „weißen Streimen“ gemacht [3, S. 127]. 1602 und 1608 sind auch in Böhmen „gestreiffte“ und „weiss geschniertte Glöser“ bezeugt [3, S. 143]. Und noch zur Produktion der 1679–1786 in Dessau von Venezianern betriebenen Glashütte gehörten „fillagrame“, d. h. Fadengläser [3, S. 131].
F. in Venezianer Art ist nur aus Kassel und Sachsen noch mit einiger Sicherheit zu belegen.
Das erste in der Kasseler Hütte am 22. Juni 1583 gefertigte Glas, einen Deckelpokal „uff Venedische Ahrtt weiss gestreifft“, ließ der Landgraf von Hessen in die Silberkammer stellen (Abb. 4). Im Februar 1584 wurden unter den Erzeugnissen derselben Hütte noch „becherlein von gestreifftem glass mit vergulten lewenkopfen“, „weiße becher von doppeltrot“ (von doppeltem Draht), „mit starcken streiffen“, „mit rautechten streifen“, „mit blauen und weißen streifen“ aufgeführt, sicherlich alles Faden- und Netzgläser. Zweifellos gehören die in den Staatl. Kunstsammlungen in Kassel aus diesem alten Bestand erhaltenen Fadengläser zu der Produktion der Kasseler Hütte des Francisco Warisco, die nur in den Jahren 1583 und 1584 existierte. Die Formen aus rundem Fuß, Hohlkugelschaft und kelchartiger Kuppa sind relativ einfach, der Fadendekor variiert breite schmucklose Bänder mit gepreßten Spiralbündeln [74, Abb. 7–9].
Die 1599 für den sächsischen Hof von einem einheimischen Händler erworbenen „2 Schock weiss streiffigten Weingleser“ wurden mit größter Wahrscheinlichkeit in Sachsen selbst hergestellt. Mehrere Becher mit einfacher Fadeneinlage und emailliertem sächsischen Wappen aus dem 17. Jh. sind sowohl in Dresdener Sammlungen als in den Museen zu London und Prag erhalten [3, S. 143f.].
Sicherlich wurden auch Gefäße mit „gekämmtem“ Faden in Deutschland hergestellt, doch gelten die kleinen, bauchigen Kannen mit Tülle und Henkel, deren meist lang ausgezogener Hals vielfach kuppelartig fest verschlossen ist, im allgemeinen als spanische Erzeugnisse des 16. und 17. Jh. (Abb. 9). Durch ihre ins Gelbliche spielende Masse und die oft breit und schleimig ausgekämmten, fast grau wirkenden weißen Fäden unterscheiden sie sich von venezianischen Vorbildern.
In England, wo schon gegen 1550 venezianische Glasbläser bezeugt sind (s. Sp. 1044), hat sich das F. offensichtlich nicht durchgesetzt. Eine Spezialität englischer Trinkgläser wurde im 18. Jh. der lange, zylindrische, glatte Schaft mit spiraligen Fadeneinlagen in Weiß oder verschiedenen Farben.
Schäfte mit Fadeneinlagen – häufig in Rubinrot – kommen auch bei böhmischen Trinkgläsern des 18. Jh. nicht selten vor. Die Technik des F. reizte die böhmischen Glasbläser noch in der Biedermeierzeit zu Nachbildungen venezianischer Glasschöpfungen ([56]; [57] S. 282–292). 1842 bis 1843 gelang Franz Pohl, dem Gründer der Josephinenhütte bei Schreiberhau, die Nacherfindung des Herstellungsverfahrens von Netzglas.
Zu den Abbildungen
1. Wien, Österr. Mus. für angewandte K., Inv.Nr. Gl 31, Pokal. 14 cm h. Venedig, 16. Jh. Fot. Mus.
2. Bremen, Slg. Dr. Otto Dettmers, Stangenglas. 28 cm h. Deutschland, 16. Jh. Fot. Mus. für K. und Gewerbe Hamburg (H.-J. Heyden), Nr. 15012.
3. Hamburg, Mus. für K. und Gewerbe. Inv.-Nr. 1893.436, Kanne. 25 cm h. Venedig, 16. Jh. Fot. Mus. (H.-J. Heyden).
4. Kassel, Staatl. K.slgn., Inv.Nr. B IX. 156, Deckelpokal. 28,4 cm h. Kassel 1583. Fot. Mus.
5. Bremen, Slg. Dr. Otto Dettmers, Deckelbecher, Silbermontierung von Matthäus Wallbaum, A. 17. Jh. 21 cm h. Venedig, E. 16. Jh. Fot. Mus. für K. und Gewerbe Hamburg (H.-J. Heyden), Nr. 15019.
6. Frankfurt am Main, Mus. für K.handwerk, Kredenzplatte. 44,3 cm Dm. Venedig, E. 16. Jh. Fot. Mus.
7. Ehem. Klagenfurt, L.mus. für Kärnten, Pokal (1945 zerst.). Maße unbekannt. Façon de Venise, gegen 1600 (?). Fot. Lala Aufsberg, Sonthofen i. A., Nr. 27 114.
8. München, Bayer. Nat.mus., Inv.Nr. 13/276, Paßglas. 23 cm h. Süddeutschland, 17. Jh. Fot. Mus.
9. Hamburg, Mus. für K. und Gewerbe, Inv.Nr. 1919.269, Kännchen. 17 cm h. Spanien, 17. Jh. Fot. Mus., Nr. 3808.
Literatur
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Für weitere einschlägige Literatur s. Façon de Venise (Sp. 1047f.).
Verweise
Empfohlene Zitierweise: Jedding, Hermann , Fadenglas, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VI (1973), Sp. 1048–1059; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=88768> [04.04.2022]
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