Faldistorium

Aus RDK Labor
Zur Navigation springen Zur Suche springen

englisch: Faldstool, folding stool; französisch: Faldistorium (siège épiscopal), faldistoire; italienisch: Faldistorio.


Alfred A. Schmid (1973)

RDK VI, 1219–1237


RDK III, 1, Abb. 1.-3. Welfenschatz, Plenar Ottos des Milden, 1339.
RDK IV, 929, Abb. 2. Maastricht, Ende 12. Jh.
RDK VI, 1219, Abb. 1 a und b. London, 6. Jh. (?).
RDK VI, 1219, Abb. 2. Paris, 9. Jh. (?).
RDK VI, 1221, Abb. 3. Nonantola, Prov. Modena, nach 1121.
RDK VI, 1223, Abb. 4. Basel, 2. H. 12. Jh.
RDK VI, 1225, Abb. 5. Wien, 14. Jh.
RDK VI, 1225, Abb. 6. Salzburg, 1. H. 15. Jh.
RDK VI, 1227, Abb. 7. Basel, 1460.
RDK VI, 1227, Abb. 8. Raffael, 1512, Rom.
RDK VI, 1229, Abb. 9. Graz, 17. Jh.
RDK VI, 1231, Abb. 10. Amorbach, 1714.
RDK VI, 1231, Abb. 11. München, um 1725.
RDK VI, 1233, Abb. 12. Antonio Canal gen. Canaletto, vor 1743, London.
RDK VI, 1235, Abb. 13. London (1971), 1786.

I. Begriff

Das F. ist ein zusammenklappbarer, daher leicht transportierbarer Stuhl, dessen paarweise gekreuzte Beine um einen Drehpunkt beweglich sind. Es diente geistlichen und weltlichen Würdenträgern als Thron und wird in der Liturgie der katholischen Kirche und im Zeremoniell des englischen Hofes bis heute benutzt.

Das Wort F. (faldistolium, falcistorium, facidorium, faudestola [6 und 8]; mfr. faudestuef, faudesteuil, faux esteuil, faldistoire, fauteuil; ahd. faldistuol, faltstuhl), der mlat. Ausdruck für sella plicatilis, sedile complicatorium, wurde von Ludovico Muratori im 18. Jh. erstmals etymologisch richtig von falden und stuol abgeleitet (Rerum italicarum scriptores ..., Bd. 3, 1, Mailand 1723, Sp. 646 Anm. 18). Es findet sich nicht vor dem 11. Jh. [16, Bd. 1 S. 333] für sella (ferrea vel lignea) plicatilis (so im 6. Jh.: [6] Bd. 3 S. 193), für faldo oder faldao (9. Jh.: ebd.), cliothedrum (10. Jh.: [16] Bd. 1 S. 333 Anm. 4) oder kliotetra (11. Jh.: ebd.). Syn.: sedile complicatorium (12. Jh.: s. Sp. 1232), sella (13. Jh.: s. Sp. 1232), cathedra (12. Jh.: s. Sp. 1224; 13. Jh.: s. Sp. 1226; 14. Jh.: [9] S. 412).

II. Antike

Faltstühle gab es bereits in den Hochkulturen der alten Welt (vgl. Gisela M. A. Richter, The Furniture of the Greeks, Etruscans, and Romans, London 1966; Ole Wanscher, The Art of Furniture, London 1968, Abb. S. 36f., 41ff., 70ff.), auch im bronzezeitlichen Skandinavien (Ebert, Reallexikon, Bd. 12 S. 462f.). In Rom waren sie Amtssitze höherer Beamter (sella curulis bzw. sella castrensis). Im Unterschied zum unverrückbaren solium (Lehnenthron) war die sella curulis – wie das den niederen Beamten zustehende subsellium – mobil; sie wurde dem Amtsinhaber nachgetragen bzw. -gefahren und in Gericht, Volksversammlung und Senat erhöht auf einem Tribunal oder suggestus aufgestellt. Sie ist viereckig und lehnenlos oder mit niedriger Rücklehne, die Beine sind gekreuzt (Ch. Daremberg und Edm. Saglio, Dict. des antiquités grecques et romaines, Paris 1877–1914, Bd. 4, 2 Sp. 1179 s. v. „sella curulis“ und Bd. 1, 2 Sp. 1477 s. v. „consul“; Pauly-Wissowa, 2. Reihe Bd. 2 Sp. 1310).

Drei Arten sind belegbar: a) der Sitz mit zangenförmig geschwungenen Beinen (G. M. A. Richter a.a.O. Abb. 525; O. Wanscher a.a.O. Abb. 74f.); b) der Sitz mit zwei Reihen sich überkreuzender Beine (G. M. A. Richter a.a.O. Abb. 526); c) der Sitz mit Beinen in Form von überkreuzten Löwenpranken, darauf Löwenköpfe (Richard Delbrück, Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler [= Stud. zur spätantiken Kg. im Auftrage des Dt. Arch. Inst., hrsg. von R. Delbrück und Hans Lietzmann, 2], Bln. und Lpz. 1929, Bd. 1 S. 63f., Bd. 2 Nr. 19 u.a.m.). Schriftquellen besagen, daß die sella curulis entweder ganz aus Elfenbein oder stark mit diesem verziert war (Belege bei Pauly-Wissowa a.a.O. Sp. 1313). Caesar wurde 44 v. Chr. vom Senat das Recht auf Benutzung eines goldenen Sessels verliehen, und auch spätere Kaiser hatten z. T. vergoldete Stühle. Als sellae curules gelten die marmornen Klappstühle aus Rom und Pompeji in Neapel (G. M. A. Richter a.a.O. Abb. 527). Die auf Konsulardiptychen dargestellten prunkvollen sellae curules der Spätantike waren wahrscheinlich nicht mehr zusammenklappbar (R. Delbrück a.a.O.).

Außerdem gibt es noch eine Anzahl spätantiker Faltstühle, die wohl keine sellae curules waren: von den provinzialrömischen Beispielen sei der Klappstuhl in Nijmwegen erwähnt (Rijksmus. van G. M. Kam: G. M. A. Richter a.a.O. S. 103). In den Königsgräbern von Ballana (Nubien) kamen insgesamt neun eiserne Faltstühle aus dem 3.–6. Jh. – z. T. mit Bronzefüßen – zum Vorschein (Walter Bryan Emery, The Royal Tombs of Ballana and Qustul, Kairo 1938, S. 359–61, Taf. 95). Silberbeschlag über eisernem bzw. hölzernem Kern haben die spätantiken Faltstühle aus Ostia in Paris (André de Ridder, Cat. sommaire des bijoux antiques [= Mus. nat. du Louvre], Paris 1924, Nr. 2156, Taf. 28) und aus Concesti in Leningrad (Leonid Matzulewitsch, Byz. Antike, Stud. auf Grund der Silbergefäße der Ermitage [= Arch. Mitt. aus russischen Slgn., 2], Bln. und Lpz. 1929, S. 136 Nr. 14, Abb. 50f. und Taf. 50); ersterer zeigt Widderköpfe und -hufe, der zweite Löwenköpfe und geschuppte Füße.

Aus der Völkerwanderungszeit ist in den von Germanen eingenommenen Gebieten eine beträchtliche Anzahl eiserner Faltstühle mit Silbertauschierung überkommen, zumeist als Grabbeigaben. Sechs wurden allein in der langobardischen Nekropole von Nocera Umbra gefunden (Roberto Paribeni, Necropoli barbarica di Nocera Umbra, Mon. antichi ... dei Lincei 25, 1918–19, Sp. 136–352); Exemplare aus Frankreich gelangten nach St-Germain-en-Laye (Mus. des Antiquités Nat.: Edouard Salin und Albert France-Lanord, Le fer à l’époque mérovingienne, Paris 1943, S. 226ff.) und Annecy [17], alle aus dem 6. Jh. Der gleichen Zeit dürfte der Faltstuhl im Brit. Mus. angehören, der – wie ein spätröm. F. in Budapest – auch in der Längsachse zusammenklappbar ist; die oberen Enden sind als Menschenköpfe, die Füße als Hufe gebildet (ebd.; Abb. 1 a und b).

III. Byzanz

Im Zeremoniell der byzantinischen Herrscher und in der Liturgie der Ostkirche scheint der Faltstuhl als Thronform keine Rolle gespielt zu haben (vgl. Grabar, Empereur; Otto Treitinger, Die oström. Kaiser- und Reichsidee nach ihrer Gestaltung im höfischen Zeremoniell ..., Darmstadt 19562; zur byz. Liturgie s. die Lit.-Hinweise bei Franz Dölger und Alfons Maria Schneider, Byzanz [= Wiss. Forschgsber., Geisteswiss. Reihe, 5], Bern 1952, S. 154–158).

Faltstühle in Darstellungen von Evangelisten (Albert Mathias Friend Jr., The Portraits of the Evangelists in Greek and Latin Mss., Art Stud. 5, 1927, Taf. 14 Abb. 134, 146; ebd. 7, 1929, Taf. 1 Abb. 1, Taf. 11 Abb. 34) und Heiligen (Kurt Weitzmann, Die byz. Buchmal. des 9. und 10. Jh., Bln. 1935, Taf. 35 Abb. 198) sind nicht als Throne aufzufassen. Die Faltstühle, auf denen die hll. Georg und Demetrius auf den Reliefs des 13. Jh. an der Fassade von S. Marco in Venedig thronen, sind vielleicht die sellae castrenses der Feldherren (Otto Demus, The Church of S. Marco in Venice, Washington, D. C. 1960, Abb. 40f.; Reallex. z. byz. K. Bd. 2, Sp. 1059 s. v. „Heilige“ [Anna Chatzinikolaou]; vgl. auch André Grabar, Le trône des martyrs, Cah. arch. 6, 1952, 31).

IV. MA und Neuzeit

A. Beispiele

(Die im folgenden aufgezählten ma. Beispiele stammen bis auf das zweite und das letzte, deren ursprüngliche Aufstellungsorte unbekannt sind, aus kirchlichem oder klösterlichem Besitz und sind daher als F. zu bezeichnen.)

Mittelalter.

Paris, Bibl. Nat., Cab. des Médailles, sog. Dagobert-Thron aus St-Denis, 9. Jh. (?: Abb. 2; [15]; [16] Bd. 1 S. 326ff.; Martin Weinberger, The Chair of Dagobert, in: „Essays in Memory of Karl Lehmann“, New York 1964, S. 375–382). – Pavia, Mus. civ., 9.–10. Jh. (?: [16] Bd. 1 S. 331ff.; Adriano Peroni, Oreficerie e metalli lavorati tardoantichi e altomedioevali del territorio di Pavia [= Centro ital. di studi sull’alto medioevo], Spoleto 1967, S. 154–172 Nr. 129). – Roda de Isábena, Mus. der Kath., F. angeblich des hl. Ramon, 11.–12. Jh. (August L. Mayer, Pantheon 4, 1929, 571; Ausst. Barcelona, Arte román., S. 501 Nr. 1708). – Wien, Österr. Mus. für angewandte K., aus Kloster Admont (= Admont I), 1. H. 13. Jh. [14]. – Salzburg, Abtei Nonnberg, F. der Äbtissinnen, um 1242 (?: Inv. Österr. Bd. 7, S. 99–105; [19] S. 12–14, Taf. 1 und Abb. 6; vgl. Abb. 6). – Perugia, Dommus., 13. Jh. (Giorgio Castelfranco, Il faldistorio in legno intagliato del duomo di Perugia, L’arte 40, 1937, 79–89; [16] Bd. 1 S. 333). – Bayeux, Kath., 14. Jh. (Jean Vallery-Radot, La cath. de Bayeux, Paris 1915, S. 97; Guillaume Janneau und Madeleine Jarry, Le siège en France du moyen âge à nos jours, Paris 1948, Taf. 7). – Wien, Österr. Mus. für angewandte K., aus Kloster Admont (= Admont II), 14. Jh. (Abb. 5). – Wiesbaden, Städt. Mus., aus der Stiftskirche in Limburg a. d. L., um 1400 [12, Taf. 5 unten]. – New York, Metrop. Mus., The Cloisters, Inv. Nr. 47.101.77 ab, 15. Jh.

Der sog. Dagobert-Thron, das mit Recht berühmteste Stück aus dem Früh-MA, ist aus vergoldeter Bronze (Abb. 2). Wie Throne auf Konsulardiptychen und antike Möbelstücke hat es Beine in Gestalt von Raubtierpranken, die mit Raubtierköpfen besetzt sind, und, ebenfalls analog zu antiken Klappmöbeln, eine gesondert eingesetzte Klappvorrichtung (M. Weinberger a.a.O.). Der Dagobert-Thron erfuhr Veränderungen unter Abt Suger von St-Denis, der ihn in seinem Rechenschaftsbericht erwähnt („gloriosi regis Dagoberti cathedra“: Erwin Panofsky, Abbot Suger ..., Princeton, N.J. 1946, S. 72 und 192), und unter Napoleon I., der ihn im Lager von Boulogne benutzte [16, Bd. 1 S. 326]; die Anbringung von Armstützen und namentlich der Rücklehne gaben ihm eine thronartig-starre Gestalt.

Das F. in Pavia, 1950 aus dem Ticino gebaggert, nimmt mit seinen oben und unten gabelförmig auseinanderstrebenden Beinen eine Sonderstellung ein. Wie eiserne Faltstühle der Völkerwanderungszeit ([17]; s. auch Sp. 1221) zeigt es reiche Tauschierarbeit in Silber und Goldbronze mit geometrischen Ornamenten und Ranken; die oberen Enden sind als Knäufe, die Füße wie Pranken gebildet.

Die Stücke aus dem 12.–14. Jh. stimmen in ihrer Grundform überein: sie bestehen aus geraden oder, seltener, geschweiften (Admont I und II [Abb. 5], Perugia, Limburg) überkreuzten Beinen, deren obere Enden überwiegend als Raubtierköpfe und deren Füße als Pranken gebildet sind. Bei den hölzernen F. (Roda de Isábena: Buchs; Admont I: Birnbaum; Perugia: Dalbergia; Nonnberg und Admont II: Ahorn; Limburg: Eiche; zur Technik und Holzverarbeitung [12], S. 10) tritt gelegentlich weiterer plastischer Schmuck auf. Das F. in Roda de Isábena ist mit Masken und Monstren in Flechtwerk überzogen, in den Löwenmäulern der Knäufe sind Tiere. Das Peruginer F. zeigt außer reich geschnitztem Ornament je ein Löwenpaar als Knäufe und an den Füßen verschiedene Tiere. Eingeschnitzte Palmetten und Halbpalmetten in Wellenranken, Rosetten, zwei Wappen und Tiere in Medaillons hat das F. Admont I; das Nonnberger F. hat Reliefs mit Szenen aus dem Leben des hl. Eustachius, die Löwenmäuler der Knäufe nehmen Figuren auf (dasselbe Motiv an einem elfenbeinernen Löwenkopf des 12.–13. Jh. im Bayer. Nat. Mus. München, der wohl von einem F. stammt: Inv. Nr. 64/23; Münchner Jb. III. F. 16, 1965, 235f.; [19] S. 14; vgl. auch die bronzene Löwentatze aus dem 12. Jh. in den Staatl. Mus. Berlin: Peter Metz [Hrsg.], Bildwerke der christl. Epochen von der Spätantike bis zum Klassizismus, Mchn. 1966, S. 39 Nr. 76). – Durch verschiedene Materialien erfuhren manche der F. bereichernde Ausschmückung: beim Nonnberger F. sind Löwenköpfe und reliefierte Einlagen aus Bein, die Klauenfüße, die beinerne Beutetiere übergreifen, aus Bronze. Einige F. zeigen Polychromie (Nonnberg mit Malerei des 15. Jh.: Abb. 6; Reste erhalten bei Admont I und II).

Die erhaltenen eisernen F. (Bayeux, New York) sind ohne jeden figürlichen Schmuck; zwischen den hochgezogenen oberen Enden der Kreuzbeine sind niedrige Armlehnen in Form durchbrochener Streifen mit Pässen angebracht.

Die Sitzfläche der F. bestand wohl generell aus Leder; erhalten ist der gepreßte Ledersitz auf Traggurten des Nonnberger F. (vgl. auch Sp. 1226).

Bild- und Schriftquellen bereichern die Kenntnis von Aussehen und Material der F.

Karolingische Darstellungen zeigen F. verschiedener Form. Außer dem raubtierfüßigen F. in der Art des Dagobert-Throns (Abb. 2; s. Sp. 1224) erscheint das F. mit geraden, gedrechselten Beinen (Beispiele: Kaiser Lothar im Martyrologium des hl. Wandalbert von Prüm, Rom, Bibl. Apost. Vat., cod. Reg. lat. 438, fol. 1v, 2. H. 9. Jh.: Schramm-Mütherich Taf. 218; Evangelist Matthäus im Krönungsevangeliar, Wien, Weltliche Schatzkammer der Hofburg, fol. 159, E. 8. Jh.: ebd. Taf. 241, vergleichbar roman. gedrechselten Möbeln: [19] S. 10ff.), ferner ein dünngliedriger schmuckloser Klappstuhl (Evangelist Lukas im Evangeliar aus Weingarten, Stg., Württ. L.bibl., HB. II. 40, fol. 95v, um 830: Köhler Taf. Bd. 1, Taf. 22 a).

Seit der 2. H. 10. Jh. tritt, hauptsächlich in Miniaturen, auf Siegeln und Münzen, die Form des F. auf, die den erhaltenen F. des 12.–14. Jh. in den Grundzügen entspricht: gerade, seltener geschwungene Kreuzbeine, Tierköpfe (Löwen-, Panther- oder Leoparden-, Wolfs- oder Hundeköpfe, Drachen-, Greifen-, Adler-, Gänse-, auch Menschenköpfe) und Tierfüße (Pranken, Hufe, Klauen, Gänsefüße). Beispiele: Abb. 3f., 6; Titelblatt des Cod. Egberti, Trier, Stadtbibl., Cod. 24, fol. 2, um 977–993; Faks.-Ed. „Cod. Egberti der Stadtbibl. Trier“, Basel o. J. [1960]; Augustinus, Enarrationes in psalmos, Douai, Bibl. munic., ms. 250, fol. 2, M. 12. Jh.: Hermann Fillitz (Hrsg.), Das MA I (= Propyläen Kg. Bd. 5), Bln. 1969, Taf. LIII; Siegel des Kölner Erzbischofs Adolf I. (1193–1205): RDK II 811, Abb. 4; Plenar Ottos des Milden, Vorderseite, 1339: RDK III 1, Abb. 1.

Schriftquellen erweitern die Kenntnis von benutzten Materialien: sie berichten von goldenen und silbernen bzw. versilberten F. („faltestalium argentatum“: [16] Bd. 3 S. 1097; „cliotetrum auro argentoque constructum“: [6] Bd. 2 S. 398; „aureolo ... cliothedra“: [16] Bd. 1 S. 333 Anm. 4; „faudestuef d’or“: [4]). Hier war wohl entweder Vergoldung (Dagobert-Thron, Abb. 2) bzw. Versilberung oder Holz mit Edelmetallbeschlag gemeint – eine Technik, die schon für spätantike Klappstühle belegbar ist (s. Sp. 1221). Der „keyserliche stuol“, der E. 16. Jh. im Basler Münster erwähnt und vielleicht mit einem von Heinrich II. dorthin gestifteten F. identisch ist, war mit „Gold, Silber und Helffenbein herrlich zuogericht“ [16, Bd. 3 S. 1097]; im „Roman de Blanchandin“, 13. Jh., ist ein „faudestuel vermeil“ erwähnt [6, Bd. 3 Sp. 193]; die „cathedra sive faudistorium“ Kaiser Friedrichs II. war mit reichem Stein- und Perlenschmuck versehen, Niello- oder Emailplättchen (?) zeigten Darstellungen von Pfauen, Königen und Königinnen (P. E. Schramm, Kaiser Friedrichs II. Herrschaftszeichen, mit Beitr. von Josef Déer und Olle Källström, Göttingen 1955, S. 81ff.); päpstliche F. des 14. Jh. waren „de opere Venetico de ligno coopertum de argento ...“ [9, S. 30], „de opere Lemouicensi“ [9, S. 70] oder „argenti deaurati cum corio et 4 pomellis smaltatis ad Arma Clementis V“ [9, S. 412]. Einen Höhepunkt bildete das F. Johanns des Guten von Frankreich, 1353, laut Rechnungen aus Holz und Silber(-beschlag?) und mit 212 Miniaturen unter Kristall besetzt: 40 Wappen von Frankreich, 56 Propheten mit Spruchbändern, 112 Halbfiguren und „demiz bestes“, vier „grans hystoires de jugemens Salemon“; dazu kam eine Fülle von Perlen-, Goldemail- und Edelsteinschmuck [5, S. 696].

Im 14.–15. Jh. änderte sich die Form des F. Die einst gestreckten oder schwach gebogenen Beine wurden nun gern S-förmig geschweift und als Armstützen hochgezogen, ein Dorsale versteifte den Sitz, der damit starr wurde und zum Zusammenklappen, wo dies überhaupt noch möglich war, demontiert werden mußte. So erscheint es in Miniaturen des 14. und 15. Jh. ([4] S. 114f.; G. Janneau und M. Jarry a.a.O. [s. Sp. 1223], S. 20; Millard Meiss, French Painting in the Time of Jean de Berry [= Nat.Gall. of Art, Kress Foundation Stud. in the Hist. of Europ. Art, 2], London 1967, Bd. 2 Abb. 382). Stühle, die diesen ursprünglich wohl flämischen Typus bewahren (John Gloag, The Englishman’s Chair, London 1964, S. 45), sind in den Kath. von Winchester („coffermaker’s stool“, mit Ledersitz; spätes 15. Jh.?) und York erhalten (mit Samtpolsterung; 16. Jh.?: ebd. Abb. S. 45 und Taf. 22).

Neuzeit.

Im 16. Jh. beschreiben Paris de Grassis und der hl. Karl Borromäus das F. einigermaßen übereinstimmend.

Gewöhnlich soll es aus vier überkreuzten, geschwungenen Beinen aus Nuß- oder anderem Holz bestehen (Metall sei zu schwer); die Beine sollen vergoldet, die oberen mit Löwenköpfen besetzten Enden mit Silber beschlagen, die Sitzfläche aus Leder sein ([1]; [10] S. 280f.). Diese Grundform wurde im Folgenden der jeweiligen Stilepoche entsprechend abgewandelt (Abb. 10f.; F. des Abtes von Ottobeuren, 2. H. 17. Jh.: [19] Abb. 616; Bischofsstuhl in Eichstätt, 18. Jh.: Inv. Bayern, Mittelfranken Bd. 1, S. 598 ohne Abb.).

B. Zubehör

Wir wissen darüber nur aus Schrift- und Bildzeugnissen.

In der Spätantike waren Kissen und Schemel Zubehör der sella curulis (Darstellungen auf Konsulardiptychen: R. Delbrück a.a.O. [s. Sp. 1221]). Seit dem 9. Jh. berichten Quellen über „cussini“, „pulvinarii“ und „panni“, „pallioli“, die zu F. gehörten (Ma. Schatzverz. Bd. 1 [= Veröff. des ZM, 4], Mchn. 1967, S. 88 und 97). „Faldistorium cum scabello, cussinus faldistorio superponendo, pannus de sirico ad ipsum faldistorium et cussinum tegendum“ schreibt Durandus vor [8, Bd. 3 S. 631]. Die Zusammengehörigkeit von F. und Schemel kommt auch in der Deutung beider durch Durandus zum Ausdruck (s. Sp. 1229f.). Nach dem Inventar des päpstlichen Schatzes von 1369 konnte der Schemel passend zum F. gearbeitet sein; beide waren silbern und trugen die Wappen des Papstes [9, S. 412].

Kissen und Decken waren aus kostbarem Stoff. Das F. Papst Victors II. (1055–1057) hatte leuchtend rotes Tuch („pannus diarodanus“ [sic!]: [11]). Durandus verlangte die Tücher „de sirico“ (s. oben). F. im päpstlichen Schatz waren mit verschieden gemusterten und vielfach bordierten Brokat- und Seidenstoffen („de dyaspero“, „de serico“) in unterschiedlichen Farben versehen [5, S. 696]. Samt, Seide, Spitze, Perlen für die Säumung und Knöpfe für Behänge erscheinen in Rechnungen über F. von Mitgliedern der königlichen Familie Frankreichs im 14. und 15. Jh. (ebd.). Eine Bindung der Farben von Kissen und Decken der kirchlichen F. an die liturgischen Farben läßt sich im MA nur gelegentlich nachweisen [9, S. 329]. Erst das „Caeremoniale Episcoporum“ bestimmt, daß das rundum bis zum Boden reichende Seidentuch des F. der Farbe der übrigen Paramente zu entsprechen habe und daß die beiden Kissen, eines zum Sitzen, das andere zum Knien, aus Samt sein sollten ([3] S. 28f.; [10] S. 280). Wie Durandus schreibt das „Caeremoniale Episcoporum“ vor, daß das Kissen unter die Decke zu legen sei, wogegen der hl. Karl Borromäus vorsah, es darauf zu legen (ebd.). Wie im MA (1214: Lehmann-Brockhaus, Engl. Schriftquellen, Bd. 2 S. 440 Nr. 3896) steht das F. auf einem Teppich [10, S. 280]. – Vereinzelt werden auch Behältnisse für F. genannt [9, S. 30]. F.-Tücher bewahrte man in einer „caxa“ (ebd. S. 45). Ein F. mit Schemel, Kissen und Decke zeigt beispielhaft das Titelblatt des Registrum Sancti Gregorii (Trier, Stadtbibl., Einzelblatt fol. 2, um 983: Goldschmidt, Buchmal., Bd. 2 Taf. 7).

C. Verwendung

Seit dem 8. Jh. berichten Schriftquellen über den Gebrauch des F. im geistlichen und weltlichen Bereich (s. Sp. 1228, 1232; zu möglichen spätantiken Traditionen: [16] Bd. 1 S. 321ff.; für Deutschland vgl. auch [19], S. 12). Feste Regeln sind nur in geringem Maße erkennbar.

1. Geistliche Würdenträger

Zu den bischöflichen Pontifikalien gehörig, werden F. von Päpsten und Prälaten gebraucht, von Kardinälen, Bischöfen, infulierten Äbten (vgl. Dict. de droit canonique, Bd. 7, Paris 1956, Sp. 34–43 s. v. „Pontificalia“ [M. Noirot]; Wetzer-Welte Bd. 4, 1212; [7]; RDK II 808–816). Die früheste Nachricht stammt aus dem 8. Jh. (Michel Andrieu, Les Ordines Romani du Haut moyenâge, Bd. 4 [= Spicilegium sacrum Lovaniense, Études et documents, 28], Löwen 1956, S. 433 und Anm. 16; weitere ma. Belege: [4–6]; [8] Bd. 4, Register s. v. „faldistorium“; [9] Register s. v. „faldistorium“; [11]; [16]; L. Muratori a.a.O. [s. Sp. 1220], Bd. 2, 2 Sp. 520; Lehmann-Brockhaus, Schriftquellen, Register s. v. „faldistorium“ und „kliotetra“; ders. a.a.O. [Sp. 1228], Register s. v. „faldistolium“; Ma. Schatzverz. a.a.O. [Sp. 1227], Register s. v. „faldo“).

a. Papst. E. 8. Jh. „... domnus papa resedet suo faldone“ (Ordo XLIV: M. Andrieu a.a.O.). Ausführliche Auskunft über den Gebrauch des F. bei verschiedenartigen Pontifikalhandlungen geben das „Pontificale Romanae Curiae“ des 13. Jh. [8, Bd. 2 passim] und das Pontifikale des Durandus, 1295 [8, Bd. 3 passim]; der Aufstellungsort wechselte. Für Spät-MA und Neuzeit vgl. das „Caeremoniale Romanum“, gedruckt 1516 [1], und die verschiedenen Auslegungen des „Caeremoniale Episcoporum“ von 1600 ([3]; vgl. [10], S. 323ff.).

Ein F. wurde im MA beim Einsetzungzeremoniell des Papstes benutzt (Richard Zoepffel, Die Papstwahlen und die mit ihnen im nächsten Zusammenhang stehenden Zeremonien ..., Göttingen 1871, S. 215; für die Neuzeit vgl. [1], S. 2ff.). Der Papst saß auch auf dem F., wenn er Recht sprach (so 1014: L. Muratori a.a.O. [s. Sp. 1220], Bd. 2, 2 Sp. 520).

Beispiele: Abb. 3 und 8; Gregor I. im Registrum Sancti Gregorii (s. Sp. 1228); Bonifaz VIII. im Opus metricum des Kardinals Giacomo Gaetani Stefaneschi, um 1300 (s. Gerhart Burian Ladner, Die Papstbildnisse des Altertums und des MA, Bd. 2 [= Mon. di antichità cristiana, ser. 2], Vat. 1970, Teil 1 S. 285ff., Teil 2 Taf. LXV).

b. Erzbischöfe, Bischöfe. Das bischöfliche F. ist seit dem 9. Jh. schriftlich bezeugt (vgl. z. B. Theodulf von Orleans, „In faldaone episcopi“: Mon. Germ., Poetae Latini aevi Carolini, Bd. 1, Bln. 1881, S. 555f., LXII; weitere Quellen s. Sp. 1228f.); es kam möglicherweise in Gebrauch, als – wohl im 8. Jh. – der Platz des Bischofs aus der Apsis auf die Seite rechts vom Altar (die heutige Epistelseite) verlegt wurde (M. Andrieu a.a.O. [s. Sp. 1228f.], Bd. 2, Löwen 1948, S. 115: Ordo II, A. 8. Jh.). Diese Änderung führte zur Aufstellung eines Stuhles anstelle des festen Thrones (Cyrille Vogel, „Versus ad orientera“, L’orientation dans les Ordines Romani du Haut moyen-âge, La Maison-Dieu 70, 1962, 67–99; vgl. auch Sauer, S. 135f., und RDK II 808–16). Ob dieser Stuhl ein F. war, ist ungewiß. In den Ordines-Sammlungen kommen bis zum 13. Jh. für den tragbaren Bischofssitz im allgemeinen nur die Bezeichnungen „sella“ oder „sedes“ vor, die keinen zweifelsfreien Rückschluß auf die Form erlauben (vgl. den Ordo X, 1. H. 10. Jh.: M. Andrieu a.a.O. Bd. 2, S. 355). Erst das „Pontificale Romanae Curiae“ des 13. Jh. und das Pontifikale des Durandus von 1295 lassen schließen, daß sich die Pontifikalhandlungen zu dieser Zeit im allgemeinen „ad faldistorium“ abspielten; hier heißt der Bischofssitz durchwegs „F.“ ([8] Bd. 2 und 3 passim; [18] S. 42f.). Durandus spricht vom F. als dem Kennzeichen der geistlichen Gerichtsbarkeit, während der Schemel (scabellum) die weltliche Macht meine, die sich der geistlichen unterzuordnen habe (Rationale divinorum officiorum, Ed. Venedig 1577, lib. II Bl. 40v). Bei der Bischofsweihe saß der konsekrierende Bischof auf dem F. vor dem Altar; die Bischöfe neben ihm saßen auf niedriger stehenden F. (Ordo XIV des Durandus: [8] Bd. 3 S. 378). Der neugeweihte Bischof erhielt sein F. zusammen mit dem Missale und dem Pontifikale (Ordo XI, 13. Jh.: [8] Bd. 2 S. 354). Nach dem „Caeremoniale Romanum“ des Kardinals Giacomo Gaetani Stefaneschi, geschr. zw. 1304 und 1328, war der Platz des Pontifex nach örtlichen Gewohnheiten entweder auf dem F. zur Rechten des Altars oder hinter diesem (C. Vogel a.a.O. S. 99).

Seit dem 14. Jh. scheint man außer oder neben dem F. zunehmend den festen Bischofsthron auf der Evangelienseite des Altars benutzt zu haben. Diese Änderung ist anfangs nur in Bildzeugnissen aufzeigbar ([18] S. 42f.; vgl. auch die Min. des Pontificale Gundecarianum, Eichstätt, Domkapitel: „Eichstätts K.“, geschildert von F. X. Herb, F. Mader, S. Mutze, J. Schlecht, F. X. Thurnhofer, Mchn. 1901, wo die älteren Bilder [Abb. S. 12 und Taf. nach S. 72 und 76] den Bischof auf dem F., die jüngeren [Taf. nach S. 80, 88, 92] ihn auf dem Thron zeigen; ähnlicher Sachverhalt: Wilhelm Ewald, Rhein. Siegel [= Publ. der Ges. für Rhein. Gesch.kde., 27], Bd. 1, Die Siegel der Erzbisch. von Köln, Bonn 1906, Taf. 11ff.). In den Pontifikalien wurden dagegen noch bis E. 16. Jh. Bischofssitz und F. gleichgesetzt (so z. B. 1578 bei Paris de Grassis: er bezeichnet das F. als Platz eines jeden Prälaten, der einen Pontifikalgottesdienst hält: [2]; [18] S. 34f.; vgl. Abb. 7).

Erst im „Caeremoniale Episcoporum“ von 1600 ist die Benutzung von zwei Arten des Bischofsthrons sicher bezeugt: es schreibt ausdrücklich einen festen Thron auf der Evangelienseite des Altars vor ([3]; [18] S. 42ff.; RDK II 813f.), dem F. aber ist kein eigener Abschnitt gewidmet. Neben Angaben über die Ausstattung und Aufstellung des F. (s. Sp. 1228) enthält es Vorschriften über Pontifikalhandlungen „ad faldistorium“. Diese lassen erkennen, daß man das F. nunmehr im Rang niedriger einstufte, vgl. [10], S. 323ff. – Auslegungen ergänzen die Angaben des „Caeremoniale Episcoporum“: es wird vom Koadjutor und Weihbischof stets gebraucht, vom Bischof nur bei bestimmten Gelegenheiten (Karfreitag, Totenoffizium, Priesterweihe, Firmung; vgl. auch Abb. 7) oder dann, wenn er in einer Kirche zelebriert, in der er keine Jurisdiktion hat, oder wenn ein höherer kirchlicher Würdenträger anwesend ist. Wie schon im 13. Jh. belegbar [8, Bd. 3 S. 582], wird es außerdem als Betschemel und Armstütze bei der Adoration und anderen Gebeten vor dem Sakraments- und Hochaltar benutzt (vgl. Abb. 8; [7]; Dict. de droit canonique a.a.O. [s. Sp. 1228]; s. auch Sp. 597).

Beispiele: Darstellungen von Bischöfen auf F. sind seit dem 10. Jh. überliefert (Titelblatt des Cod. Egberti, um 977–993 [s. Sp. 1225]) und häufen sich im 12. Jh. bis M. 14. Jh. (Siegel: W. Ewald a.a.O. [s. Sp. 1230]; Münzen: Arthur Suhle, Hohenstaufenzeit im Münzbild, Mchn. 1963, Abb. 23f.; Miniaturen: Charles Reginald Dodwell, The Canterbury School of Illum. 1066–1200, Cambridge 1954, Taf. 32 b, c, d; Tafelbilder: hl. Ludwig von Toulouse von Simone Martini, 1317: Robert Oertel, Die Frühzeit der ital. Mal., Stg. 19662, Abb. 79; Skulptur: hl. Zeno in S. Zeno, Verona, E. 13. Jh.: René Jullian, L’éveil de la sculpture italienne, Bd. 2, Paris 1949, Taf. CXII, 7).

c. Äbte, Äbtissinnen. Die Verleihung der Pontifikalien, ein zunächst nur wenigen Äbten verliehenes päpstliches Privileg, erfuhr seit dem 10. Jh. zunehmende Verbreitung. Vom damit verbundenen Recht auf einen Thron ist in den betreffenden Urkunden jedoch selten ausdrücklich die Rede (z. B. Nonnberger Urkunde von 1242: Erzbisch. Eberhard von Salzburg verleiht als päpstlicher Legat der Äbtissin Gertrudis von Stein das Recht der Pontifikalien, nämlich Hirtenstab und „sella sive cathedra“: vgl. Abb. 6; Inv. Österr. Bd. 7, S. 99; s. ferner [18], S. 32ff.; P. Philipp Hofmeister, Mitra und Stab der wirklichen Prälaten ohne bischöfl. Charakter [= Kirchenrechtl. Abhn., H. 104], Stg. 1928; Dom Augustinus M. Vila-Abadal, De iure pontificali abbatum regularium qui regimine gaudent, Liturgica 1 [= Scripta et documenta, 7], Monserrat 1956, S. 523–532). Schriftquellen bezeugen seit dem 9. Jh. das Vorhandensein von F. in klösterlichem Besitz, deren Bestimmung jedoch nicht geklärt ist: so befanden sich 870 in der Benediktinerabtei St. Truiden „faldones 2 cum cussinis“ und in der von St. Eucharius in Trier in der 1. H. 12. Jh. „sedilia duo complicatoria cum duobus pulvinariis et duobus palliolis“ (Ma. Schatzverz. a.a.O. [s. Sp. 1227], S. 88 und 97).

Seit dem 11. Jh. sind Darstellungen von Äbten auf F. häufiger nachweisbar (hl. Benedikt, Bln., Staatsbibl. der Stift. Preuß. Kulturbes., Hs. theol. lat. 4° Nr. 199 [Sammelband], fol. 67, fränkisch [?], um 1025–50: Joachim Prochno, Das Schreiber- und Dedikationsbild in der dt. Buchmal. [= Die Entwicklung des menschlichen Bildnisses, 2], Lpz. 1929, Abb. 84; Abt Hugo von Cluny in der „Vita Mathildis“ des Donizo, 1114–15, Rom, Bibl. Apost. Vat., cod. lat. 4922, lib. II c. 1: P. E. Schramm, Die dt. Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit [= Die Entwicklung des menschlichen Bildnisses, 1], Bln. und Lpz. 1928, Taf.bd. Abb. 113).

2. Weltliche Würdenträger

Die Verwendung des F. als Herrschersitz ist seit karolingischer Zeit in schriftlichen und Bildzeugnissen belegt.

Schriftquellen: [4–6]; [8, Bd. 2 S. 104]; [11]; [16]; s. ferner Percy Ernst Schramm, Gesch. des engl. Königtums im Lichte seiner Krönung, Weimar 1937, S. 105ff.; ders. a.a.O. (s. Sp. 1226); ders., Der König von Frankr., Das Wesen der Monarchie vom 9.–16. Jh., Darmstadt 19602, S. 215; Louis Duchesne, Le Liber Pontificalis (– Bibl. des Écoles franç. d’Athènes et de Rome), Paris 19552, Bd. 2 S. 408. Das erst im 12. Jh. als Thron Dagoberts bezeichnete F. aus St-Denis (Abb. 2; s. Sp. 1224) ist dem Thron Lothars I. in einer Miniatur des Lothar-Psalters ähnlich (London, Brit. Mus., Add. Ms. 37768, fol. 4, kurz nach 842: [16] Taf. 28). Dieser läßt zwar keine Klappvorrichtung erkennen, doch unterstützt er die Vermutung, daß das F. aus St-Denis tatsächlich als Herrscherthron geschaffen wurde. Von Karl dem Einfältigen (893–929) berichtet eine Quelle aus dem 11. (?) Jh., daß er der Kirche des hl. Martial in Limoges Gaben aus der Kapelle des Gegenkönigs Robert I. zuwandte, darunter ein „faltestalium argentatum“ [16, Bd. 3 S. 1097]. Als Herrschersitz diente das F. im Folgenden nachweislich in Deutschland, Italien, Frankreich, England. Wahrscheinlich benutzte man es auf Reisen und, wie in der Antike, im Feldlager (Schramm-Mütherich S. 36). Ferner läßt sich erschließen, daß es im Zeremoniell der Kaiserkrönung eine Rolle spielte (Ordo XV B, 13. Jh.: [8] Bd. 2 S. 401); das gleiche gilt für die sizilianische, französische und englische Königskrönung (Sizilien: Krönungsordo für Robert den Weisen von 1309, s. [8], Bd. 3 S. 674; Frankreich: P. E. Schramm a.a.O. [s. Sp. 1232], S. 215; England: ders. a.a.O. [s. Sp. 1232], S. 105ff.). – Bestimmte Darstellungen lassen auch schließen, daß das F. bei der Rechtssprechung benutzt wurde (Relief mit Eidesleistung vor dem König, Maastricht, O. L. Vrouwekerk, 12. Jh.: RDK IV 929, Abb. 2).

In den zahlreichen Darstellungen von weltlichen Würdenträgern auf F. auf Siegeln und Münzen, in Miniaturen und Skulpturen des 10.–14. Jh. erscheint diese Thronform jedoch wohl meist zufällig. Nur die französischen Thronsiegel von Philipp I. (1060–1108) bis Karl V. (1337–1380) zeigen stets den thronenden König auf dem F. oder einem ähnlichen Sitz.

Beispiele: Siegel der französischen Könige: Nouveau Larousse ill., Bd. 6 S. 839; Richard Albert Lecoy de la Marche, Les sceaux, Paris 1889, Abb. 26, 40ff., 45f., 48; Brakteat Friedrichs I. Barbarossa: A. Suhle a.a.O. [Sp. 1231], Nr. und Abb. 44; Miniaturen deutscher Kaiser: P. E. Schramm a.a.O. [Sp. 1232], Abb. 9 b, 19, 74 b, 87, 120 a; Miniaturen der franz. Könige Philipp VI., 1336, und Karl VI., 1380: Ausst. Paris, Mss. XIIIe–XIIIe s., S. 54 Nr. 110 Taf. 13 und S. 60 Nr. 123 Taf. B; Reliefs zweier Könige (?) auf dem Petersberg bei Fulda, 12. Jh.: Richard Gaettens, Das Geld- und Münzwesen der Abtei Fulda im Hoch-MA, Fulda 1957, Taf. 24 a, b; Relief mit Krönung Ludwigs des Bayern im Dom von Monza, um 1350: Pietro Toesca, Il Trecento, Turin 1951, S. 380 Abb. 343.

Bildzeugnisse des 11.–13. Jh. in Süditalien und Deutschland zeigen, daß das F. auch Fürsten, Herzögen, Markgrafen und Grafen zukam; gelegentlich thronen sogar weltliche Frauen von Stand auf F. (Italien: „duces“ und „comites“ in Exsultet-Rollen, s. Avery Taf. 97 Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. 2, 11. Jh.], Taf. 202 [Cava 4, 11. Jh.] und Taf. 152 Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann., Bibl. Apost. Vat., cod. Barb. lat. 592, 12. Jh.]; Deutschland: „Ludolfus dux Saxoniae“ im Chronicon universale des Ekkehard von Urach, Stuttgart, Württ. L.bibl., cod. hist. fol. 411, fol. 162, 12. Jh.: Löffler, Schwäb. Buchmal., Taf. 35; Hedwig, Witwe des Markgrafen Otto von Meißen, 1197: Gustav A. Seyler, Gesch. der Siegel, Lpz. 1894, Abb. 23). Unter den Krönungsinsignien des Dogen von Venedig wird erstmals 887 eine „sella“ genannt. Im 12. und 13. Jh. wurde der Dogensitz als F. bezeichnet (Agostino Pertusi, Quaedam regalia insignia, Studi veneziani 7, 1956, 3–123, bes. S. 83). In deutlichem Anknüpfen an die Antike wurden dem Dogen bis zum Untergang der Serenissima 1796 in offiziellen Aufzügen Faltstuhl und Kissen vorangetragen (Abb. 12).

Im spät-ma. Frankreich war das F. Ehrensitz der französischen Könige und der Mitglieder des Herrscherhauses; es hatte reichere Formen (s. oben Sp. 1226), häufig stand es unter einem Baldachin (Bibel Karls V. von Frankreich, Den Haag, Mus. Meermanno-Westreenianum, ms. 10 b 23, fol. 2, um 1370: M. Meiss a.a.O. [s. Sp. 1226], Abb. 382). Es blieb ein privilegierter Sitz, wenngleich der König es auch benutzte „pour se faire barbayer“ und „pour se faire pigner le chef“ (G. Janneau und M. Jarry a.a.O. [s. Sp. 1223], S. 20).

Seit dem 15. Jh. wurde der Faltstuhl in seinen verschiedenen Ausformungen zunehmend Gebrauchsmöbel (vgl. Abb. 9), aus dem sich im 16. und 17. Jh. einerseits der Ployant (Abb. 13), andererseits der Fauteuil entwickelte ([12] S. LIV; [19] S. 37, 58). Der Ployant, ein lehnenloser, 41 cm hoher Sitz mit vier paarweise überkreuzten Beinen, hatte, wie der Placet (Taburett), im französischen Hofzeremoniell bis Ludwig XVI. seine Bedeutung als Sitzgelegenheit für Angehörige unterer sozialer Ränge (O. Wanscher a.a.O. [Sp. 1220], Abb. S. 232; [13] S. 335f.; G. Janneau und M. Jarry a.a.O. S. 27f.).

Zu den Abbildungen

1 a und b. London, Brit. Mus., Reg. No. 1957, 4–5, I, Faltstuhl. Eisen mit Silbertauschierung, Länge der Beine 61,4–61,8 cm. 6. Jh. (?). Fot. L. H. Hildyard, Nr. 18375 und 22708.

2. Paris, Bibl. Nat., Cabinet des Médailles, sog. Dagobert-Thron aus St-Denis. Bronze, vergoldet, Maße unbek. 9. Jh. (?). Fot. Paris, Bibl. Nat., Nr. 70 C 34218.

3. Nonantola, Prov. Modena, Abteikirche, Relief am Hauptportal, der hl. Anselm erbittet von Papst Hadrian I. die Reliquien des hl. Silvester. Stein, Maße unbek. Nach 1121. Nach Arturo Carlo Ouintavalle, Romanico padano, civiltà d’Occidente, Florenz 1969, Abb. 19.

4. Basel, Münster, Galluspforte, thronender Christus vom Bogenfeld. Sandstein, ca. 75 cm hoch. 2. H. 12. Jh. (Gesamtabb. RDK I 947f., Abb. 6). Nach Maurice Moullet, Die Galluspforte des Basler Münsters, Basel und Lpz. 1938, Abb. 66.

5. Wien, Österr. Mus. für angewandte K., Inv.Nr. H 1706/28465, F. aus Kloster Admont („Admont II“). Ahornholz, mit Resten von Bemalung, 55 × 63 × 43 cm. 14. Jh. Fot. Mus.

6. Salzburg, Benediktinerinnen-Abtei Nonnberg, der hl. Rupert (?) übergibt einer Benediktinernonne ein F., Detail vom F. der Äbtissinnen. Tempera auf Holz, Maße unbek. Salzburg, 1. H. 15. Jh. (Gesamtabb. bei [19], S. 13 Taf. 1). Nach Inv. Österr. Bd. 7, Abb. 132.

7. Basel, Univ. Bibl., Ms. A. N. II. 3 (Basler Univ.matrikel), fol. 2v, Fürstbisch. Joh. von Venningen präsidiert im Münster von Basel die Gründungsfeier der Univ. Federzchg., farbig lav. 1460. Nach Paul Leonhard Ganz, Die Min. der Basler Univ.matrikel, Stg. 1960, Abb. 1.

8. Raffael, die Messe von Bolsena, Ausschnitt mit Papst Julius II. Fresko, Gesamtbreite ca. 6,60 m. Rom, Vatikan. Palast, Stanza di Eliodoro. 1512. Fot. Alinari, Florenz, Anderson Nr. 1130.

9. Graz, Landesmus. Joanneum, Inv.Nr. 01043, Faltstuhl. Eisen und Messing, 100 × 64 × 45 cm. Italien (?), 17. Jh. Fot. Mus.

10. Amorbach, Nebenraum der Bibl. der ehem. Abtei, F. des Abtes (?). Eichenholz, Polimentvergoldung und Fassung in Blau und Rot, 74 × 74 × 52 cm. Dat. 1714. Fot. Gundermann, Würzburg, Nr. 14131.

11. München, Bayer. Nat.Mus., Inv.Nr. R 3916, F. des Kurfürsten und Erzbisch. Clemens August von Wittelsbach. Nußbaumholz, 75 × 94 × 45 cm. Köln, um 1725. Fot. Mus.

12. Antonio Canal gen. Canaletto, der Doge mit Gefolge vor der Scuola di San Rocco (Ausschnitt). Öl auf Lwd., 147 × 199 cm. London, Nat. Gall., Nr. 937. Vor 1743 (Gesamtabb. bei William George Constable, Canaletto, Giovanni Antonio Canal, Oxford 1962, Bd. 1 Taf. 63 Abb. 331). Fot. Mus.

13. London, Kunsthandel (1971), Ployant. Holz, vergoldet (?). Breite 71 cm, Tiefe 48 cm. Paris, 1786. Fot. Christie’s, London.

Literatur

Quellen und Nachschlagwerk e: 1. Augustinus Patricius Piccolomini, Rituum ecclesiasticorum sive sacrarum cerimoniarum S. S. Romanae Ecclesiae libri tres, Venedig 1516 (Nachdruck: Caeremoniale Romanum of Agostino Patrizi, Piccolomini, Ridgewood, N.J. 1965). – 2. Paris de Grassis, De caeremoniis cardinalium et episcoporum in eorum diocesibus libri duo, Rom 1578, S. 75–77. – 3. Caeremoniale episcoporum iussu Clementis VIII. Pontificis maximi novissime reformatum, Ed. Venedig 1600, S. 28f. und S. 36f. – 4. Viollet-le-Duc, Mobilier, Bd. 1 S. 114f. – 5. Gay Bd. 1 S. 695–697. – 6. Du Cange Bd. 2 S. 398, Bd. 3 S. 193. – 7. Buchberger Bd. 3 Sp. 942f.; Bd. 43 Sp. 4. – 8. Michel Andrieu, Le pontifical romain au moyenâge, Bd. 2–4 (= Studi e testi, Bd. 87f., 99), Vat. 1940f. – 9. Hermann Hoberg, Die Inventare des päpstlichen Schatzes in Avignon 1314–1376 (= Studi e testi, Bd. 111), Vat. 1944. –10. Joachim Nabuco, Jus pontificalium. Introductio in caeremoniale episcoporum, Paris, Tournai, Rom und New York 1956, S. 280ff. und S. 323ff.

Abhandlungen: 11. Wilhelm Vöge, Eine dt. Malerschule um die Wende des ersten Jt., Trier 1891, S. 18f., Anm. 2. – 12. Otto von Falke, Dt. Möbel des MA und der Renss. (= Bauformen-Bibl. XX), Stg. 1924. – 13. Feulner, Möbel. – 14. Otto von Falke, Ein romanischer Faltstuhl aus Admont, Pantheon 16, 1935, 374–377. – 15. Jean Hubert, Le fauteuil du roi Dagobert, Demareteion 1, 1935, 17–27. – 16. Schramm, Herrschaftszeichen, Bd. 1 S. 326–334, Bd. 3 S. 1095–1097. – 17. David M. Wilson, An Inlaid Iron Folding Stool in the Brit. Mus., Medieval Arch. 1, 1957, 39–56. – 18. Pierre Salmon, Mitra und Stab, Die Pontifikalinsignien im römischen Ritus, Mainz 1960 (Originalausg.: Études sur les insignes du pontife dans le rit romain, Rom 1955). – 19. Heinrich Kreisel, Die K. des dt. Möbels Bd. 1, Mchn. 1968.

Verweise