Fechtbuch

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englisch: Fencing book, duelling book; französisch: Livre d'escrime, traité d'escrime; italienisch: Libro di scherma.


Friedrich Kobler, unter Mitarbeit von Alexander von Reitzenstein (1979)

RDK VII, 905–916


RDK VII, 903, Abb. 1. New York, frühes 15. Jh.
RDK VII, 907, Abb. 2. München, 3. V. 15. Jh.
RDK VII, 907, Abb. 3. München, 1467.
RDK VII, 909, Abb. 4. Albr. Dürer (eigenhändig oder Gehilfe?), 1512, Wien.
RDK VII, 911, Abb. 5. Modena 1536.
RDK VII, 911, Abb. 6. Dresden, 3. V. 16. Jh.
RDK VII, 913, Abb. 7. Tob. Stimmer (Entw.), Straßburg 1570.
RDK VII, 913, Abb. 8. Adriaen Matham, Leiden 1628.

F. = Fecht-; Fb. = Fechtbuch.

I. Fechten

Das Wort fechten (Grimm Bd. 3 Sp. 1387 bis 1391) deckt sich ursprünglich mit kämpfen, streiten (zu Pferd und zu Fuß), auch ringen. Seit dem Spät-MA ist es eingeengt auf Zweikampf mit den gebräuchlichen Schutz- und Trutzwaffen, vom 16. Jh. an mit den leichten Blankwaffen (*Degen mit Rapier und Florett: RDK III 1218 bis 1230).

Als F.waffe dienten im 15.–16. Jh. so ziemlich alle gebräuchlichen Kriegswaffen des Nahkampfes, von Dolch, Messer und Schwert bis zu Kolben, Helmbarte und Stange. Der Degen, italienischer oder spanischer Herkunft, wurde erst allmählich zur Konkurrenz, seit Mitte 16. Jh. im Süden, drei bis fünf Jzz. später auch im Norden. Leichtgewichtig, „blitzschnelle“ Führung gestattend, setzte er sich im 17. Jh. als die ideale F.waffe durch und wurde das eigentliche Instrument des Fechtens als einer reglementierten, theoretisch unterbauten Kunst.

Fechten war Bestandteil der ritterlichen Erziehung. In den großen Städten herrschte gegen Ende des 15. Jh. die von renommierten Meistern gelehrte F.kunst (besonders das „bürgerliche“ Messerfechten). Die Fechtergesellschaften organisierten sich nach dem Vorbild der Zünfte, die F.lehrer erhielten kaiserliche Schutzbriefe (der älteste 1487: [24] S. 545). Die „Marxbrüder“ mit dem Sitz in Frankfurt a. M. und die von ihnen abgezweigten Frei- oder Federfechter in Prag (ebd. S. 545f.), um nur diese vielleicht wichtigsten Gesellschaften zu nennen, traten im 16. Jh. als Veranstalter öffentlicher Schaukämpfe in Erscheinung; vor den Mitgliedern dieser Gesellschaften waren die „Meisterprüfungen“ abzulegen (vgl. Karl Waßmannsdorff, Sechs F.schulen der Marxbrüder und Federfechter aus den Jahren 1573–1614, Hdbg. 1870). Üblich war eine Mehrzahl von Waffen; man bevorzugte das lange Schwert, den Zweihänder, der zur Schau- (vorausgreifend gesagt: zur Sport-)waffe entwickelt werden sollte. Die Gesellschaften behaupteten sich noch in den ersten Jzz. des 17. Jh., verloren dann aber ihre gesellschaftliche Rolle gänzlich; der Fecht- gleich Bettelbruder erinnert noch an ihre Existenz (vgl. Lutz Röhrig, Lex. der sprichwörtlichen Redensarten, Bd. 1, Freiburg i. Br., Basel und Wien 19743, S. 258). Doch florierten allenthalben örtliche F.schulen.

Das seit Ausgang des MA um sich greifende, im 16. und 17. Jh. „grassierende“ Duell (in Deutschland und England, verspätet, erst im 17. Jh. à la mode), das auch durch schärfste Verbote (etwa durch Richelieu 1626) nicht beseitigt werden konnte, brachte eine starke Förderung der F.kunst und ihrer Meister. Das Aufkommen der leichtesten Stoßwaffe, des Floretts (fleuret), führte die F.kunst ihrer in die Ära Ludwigs XIV. fallenden Reife zu, im 18. Jh. perfektionierte man sie vollends zu dem, was die (im späten 19. und frühen 20. Jh. entwickelte) eigentlichen Sinnes moderne F.kunst auszeichnet: die Beschränkung auf die eine gewählte Stoßwaffe, die nun – bei der im 18. Jh. noch nicht praktizierten Neutralisierung der Linken – alles leistet, Angriff und Verteidigung.

Das studentische Fechten war vor allem in Deutschland hoch entwickelt [13]. Jede Universität hatten ihren F.meister; der berühmteste, Wilh. Kreussler (1592–1673), der aus der Schule Marozzos kam (s. Sp. 910) und fünf Jzz. in Jena wirkte, gilt als der Initiator des studentischen Stoßfechtens, das erst 1818 (Verbot) durch die Schläger- und Säbelmensuren abgelöst wurde.

Die Fechter trugen das Kostüm ihrer Zeit, wenn sie nicht – aber das ist außerhalb Italiens ein seltener Fall – nackt oder à l'antique gekleidet waren (vgl. [19a] Abb. S. 78–85, 104–120, 129–138; Enc. ital., Bd. 3, Rom 1936, s. v. „scherma“ Taf. II, 1.2.5.8, Taf. III, 1–5; [24] Abb. 260; [27] Bd. 2 Abb. 322, 326, 328). Eine eigene F.kleidung hat man nur in manchen Zeiten benutzt, im 15. Jh., aus dem sie durch Abbildungen überliefert ist: sie entsprach in etwa dem zum Harnisch getragenen Unterkleid (Abb. 3); seit dem ausgehenden 18. Jh. (in Italien vielleicht früher, vgl. [19a] Abb. S. 140–46): damals entschloß man sich zum eng anliegenden „dress“, der dann, mit dem Übergang der F.kunst zum F.sport, im 19. Jh. die Regel wurde (zu der Zeit also, als man im Duell Pistolen benutzte, s. Faustfeuerwaffen, Sp. 874).

II. Fechtbuch

Das Fechtbuch unterrichtet, nach Waffenarten geordnet, geübte Fechter, einen Zweikampf – auch im Ordal – erfolgreich zu bestehen; möglicherweise ist es zugleich Lehrbuch für F.meister (Johannes Lichtenauer z. B. wandte sich Ende 14. Jh. gegen „unstudierte“ F.meister, die nur auf Schaukämpfe aus sind; vgl. [26] S. 47ff. und 64). Mit dem Wechsel der Anlässe und F.gewohnheiten wandelte sich der Inhalt des Fb.: bei den gedruckten Fb. überwog bald die Vermittlung des reglementierten „richtigen“ Fechtens.

Mit dem als Empfänger angesprochenen „jüngk ritter“ ist die ständische Schicht bezeichnet, an die sich der Verfasser des Fb. wendet. Es ist in der Regel ein professioneller F.meister (Schirmmeister, von ahd. skirmen, Wurzelwort des italienischen „scherma“, des spanischen „esgrima“, des französischen „escrime“: Grimm Bd. 9 Sp. 215 und 221; Kluge-Mitzka S. 651; [26] S. 53 Anm. 35 und öfters).

A. Handschriften

Die Handschriften enthalten Faustregeln – Prosa oder Reime – zur Waffenführung. Sind sie illustriert, dann steht das Bild in der Regel – Schema illustrierter spät-ma. Fachbücher – unter dem Text; dieser kann sogar wegfallen.

Darstellungen der F.kunst, luctatio, als Fechterpaar in spät-ma. Tacuina sanitatis (z. B. oberital. Hs., E. 14. Jh., aus Ambras in der Österr. Nat.bibl. Wien, cod. S. n. 2644: Jb. Kaiserh. 16, 1895, 154) kommen als „Vorstufe“ für Fb. wohl nicht in Frage.

1. Die frühesten illustrierten Fb. sind italienische. Ihre Texte samt Bildern stehen zu vieren oder zu zweien angeordnet (Abb. 1).

Als älteste (ob es Fb. ohne Illustrationen [?] im Trecento gegeben hat, ist unbekannt) gelten oberitalienische Abschriften der „flos duellatorum“, die Fiore dei Liberi da Premariacco 1410 für Niccolò III. d'Este geschrieben hatte (Abb. 1; Franc. Novali [ed.], F. d., Il Fior di Battaglia di Maestro F. d. L. da P., Bergamo 1902; Meta Harrsen und George K. Boyce, Ital. Mss. in the Pierpont Morgan Libr., New York 1953, Nr. 49, Taf. 35; Aukt.Kat. „Bibl. Philippica, Medieval Mss., New Ser., Second Part“, London, Sotheby & Co., 29. 11. 1966, Nr. 61, Taf. 15f. und vor Titel). Als späteres italienisches Beispiel sei eine toskanische Handschrift von Philippo di Vadi, De arte gladiatoria dimicandi, zwischen 1482 und 1487, erwähnt (mit 111 Fechterbildern: ebd. Third Part, 28. 11. 1967, Nr. 118, Taf. 28).

2. Die lange Reihe der in kopierenden Nachzüglern bis ins 17. Jh. reichenden deutschen Fb. (vgl. Abb. 6; nicht selten Bestandteil von Sammelhandschriften, vgl. [26] S. 2f.; ein Verz. der Fb. ebd. S. 12–40) beginnt mit Meister Johannes Li(e)chtenauers „kunst des langen schwerts“ (die älteste erhaltene Niederschrift, in der Sammelhs. Cod. 3227a des Germ. Nat.mus. Nürnberg, von der Hand des Pfaffen Hanko Döbringer, ist 1389 datiert: ebd. Verz. Nr. 30).

Anfänglich ist das deutschsprachige Fb. auf das bairische, fränkische und schwäbische Gebiet beschränkt. Später kommen Fb. vereinzelt auch aus den benachbarten südwestlichen und südöstlichen Gegenden, hier in ihrem Zweck zum Teil eingeschränkt auf ausschließlich gerichtlichen Zweikampf (z. B. der von Lichtenauers Fb. unabhängige Text des in die Gegend von Zürich zu lokalisierenden cod. germ. 558 der Bayer. Staatsbibl. München, geschrieben wahrscheinlich 1462: [26] Verz. Nr. 25; vgl. auch Thalhofers Fb., s. unten). Aus dem 16. und 17. Jh. gibt es auch Abschriften gedruckter Fb. Für die Illustrationen standen des öfters die verfassenden F.meister selbst Modell (z. B. für Hans Thalhofer bezeugt: ebd. S. 26).

Den Handschriften des Lichtenauertextes fehlt bis gegen Mitte des 15. Jh. die bei der bewußt verdeckten Formulierung so nötige Illustration. Erst die großformatigen Handschriften der Folgezeit haben kommentierende Illustrationen (so die im 3. Viertel des 15. Jh. von Paulus Kal redigierte Hs. der Bayer. Staatsbibl. München, cod. germ. 1507, mit 174 farbigen Pinselzchgn.: Abb. 2; [26] S. 28f.; Ausst.Kat. „Das Aquarell 1400–1950“, Mchn. 1973, Nr. 3, Abb. S. 18; vgl. auch [1] S. 243–45). Die breite handschriftliche Überlieferung von Lichtenauers Fb. reicht noch in das 16. Jh.

Wie viele andere Meister folgt auch der besonders namhafte Hans Thalhofer der Lehre Lichtenauers. Die drei Redaktionen seines Fb., die in reich und gut bebilderten Handschriften vorliegen, sind 1443–48, 1459 und 1467 datiert (Gotha, L.bibl., Ms. Chart. A 558: [26] Verz. Nr. 5, [15]; Wien, Khist. Mus., Cod. Nr. 55 Ambras: [26] Verz.Nr. 36, [16]; München, Bayer. Staatsbibl., cod. icon. 394a [ehem. Gothaer Ms. membr. I, Nr. 114]: Abb. 3; [26] Verz. Nr. 23, [14]).

Thalhofers Lehre vermehrt gegenüber Lichtenauers Fb. die Zahl der Waffen, die zu Pferd und zu Fuß, mit und ohne Schutz (Harnisch, Schild) und meist auch beidhändig und in Kombination geführt werden (außerdem bietet sie Kriegstechnisches). Die Bewehrung der Linken ist – vornehmlich bei der Blankwaffe, bei der der Hieb bevorzugt wird (der Stoß ist noch verpönt, nur im Krieg zulässig) – die Regel, auch der Einsatz des unbewaffneten Armes ist gültig, wie denn der Übergang vom Fechten zum Ringen, der keinem Reglement widerspricht, ja notwendig sein kann, zur Wiedergabe auch von Ringpositionen in Fb. führt: das Ringkampfbuch des Meisters Ott ist in Thalhofers Fb. „eingeschoben“; vgl. auch das Fb. Dürers, 1512, nach älterer, den 1470er Jahren angehörigen Vorlage, großenteils, auch in der Beschriftung, eigenhändig, das neben 13 Schwert-, 9 Dolch- und 58 Messerfechtern 120 Ringkämpfer zeigt: Abb. 4; [20]; dazu Matth. Mende, Dürerbibliogr. (= Bibliogr. der K. in Bayern, bearb. von Hans Wichmann, Sonderbd.), Wiesbaden 1971, Nr. 3593–3606; [26] Verz. Nr. 15.

B. Druckwerke

Unter den mit Holzschnitten, Kupferstichen oder Lithographien (Rosaroll e Grisetti, La scienza della scherma ..., Mailand 1803, gehört zu deren Inkunabeln: [1] S. 170) ausgestatteten Druckwerken ist das 1516 in Wien erschienene Fb. des Andre Paurnfeindt, Ergrundung ritterlicher Kunst der Fechterey ..., das älteste (mehrmals nachgedruckt, 1538 in Antw. auch in französischer Sprache; vgl. [3] S. 219f.: „exceedingly rare“). Die 34 Holzschnitt-Illustrationen schließen wie üblich eine Mehrzahl von F.waffen ein.

1536 erschien (nach einigen Vorläufern: [1] S. 215) in Modena ein Werk, das weiteste Verbreitung fand und die Vorherrschaft der italienischen F.schule begründete: Achille Marozzo, Opera nova chiamata duelli, o vero fiore dell' armi, mit 83 Holzschnitten (Abb. 5, letzte Ausg. Verona 1615).

Marozzo beschritt nicht eigentlich neue Wege. Hieb und Stoß hielten sich bei ihm die Waage, der Dolch spielte als F.waffe eine bedeutende Rolle (vgl. [27] Bd. 1 Abb. 172), auch als subsidiäre Linkswaffe, wie denn die Linke noch langhin, unbewaffnet oder – statt des Dolchs – mit Faustschild (rotella, brocchiere: [25] Abb. S. 5; [27] Bd. 1 Abb. 162) oder Mantel (ebd. Abb. 171) bewehrt, unentbehrlich war (weitere Abb.: [19a] S. 65–71).

Nächster berühmter Vertreter der italienischen Schule ist der Mailänder Ingenieur und Mathematiker Camillo Agrippa, dessen „Trattato di Scientia d'Arme con vn Dialogo di filosofia“ mit 55 Kupferstichillustrationen von Jan van der Straet 1553 in Rom mit Widmung an Herzog Cosimo de'Medici erschien (weitere Ausg. Venedig 1568 und 1604). Agrippa reduzierte die zahlreichen Ausgangsstellungen, „guardie“, auf die seither üblichen vier (Prima, Seconda, Terza, Quarta) und setzte sich für die bis dahin vernachläßigte Deckung (Parade) ein. – 1570 brachte Giacomo di Grassi, auf den die Einteilung der Klinge in die drei Sektoren Stärke, Mitte, Schwäche mit ihren Konsequenzen für die F.lehre zurückgeht ([19a] Abb. S. 86; vgl. [27] Bd. 2 Abb. 323), seine „Ragione di adoperar sicuramente l'arme di da offesa come di diffesa“ in Venedig heraus [19a, Abb. S. 86–95]. – Im gleichen Jahr erschien des Straßburger Freifechters Joachim Meyer einflußreiche „Gründtliche Beschreibung der freyen ritterlichen und adelichen kunst des Fechtens in allerley gebreuchlichen Wehren“, mit 61 Holzschnitten von Tobias Stimmer (Abb. 7; [27] Bd. 1 Abb. 169; weitere Ausg. Augsburg 1600, 1610 und 1660, Ulm o. J.). Die gebräuchlichen Wehren nehmen noch breiten Raum ein (ebd. Abb. 173–75; [29] Abb. 10f.), aber auch der Degen in seiner Variante Rapier [27, Bd. 1 Abb. 164f.]. Der Straßburger, kennt er auch Agrippas Buch, hielt sich besonders an Marozzo, dem auch Salvator Fabris folgte, der über Deutschland nach Dänemark ging und dort als Hoffechter wirkte. Die Vorzugswaffe seines 1606 in Kopenhagen gedruckten Werkes „Sienza (!) e pratica d'arme ...“ (2. Titelbl.: de la Schermo overo Scienza d'arme; 190 Kupferstiche; dt. Ausg. Nürnberg 1615 bis 1616, Leiden 1619, Lpz. 1677 und 1713) ist das Rapier ([27] Bd. 2 Abb. 322; [29] Abb. 15).

Die italienische Schule bestimmte die Entwicklung auch in Frankreich und England.

Das hervorstechendste Werk ist Karl IX., dem Stifter der „Academie royale d'armes“, der 1567 bis 1793 bestehenden „Compagnie des maîtres d'armes de France“ gewidmet: Henry de Sain(c)t-Didier, Traicté ..., Paris 1573, das noch ganz in der Abhängigkeit von den Italienern, besonders Agrippas, steht. Die Aufzählung im Titel: „espée, dague, cappe, targue, bouclier, rondelle, l'espée deux mans, les deux espée“ spiegelt nachhaltig die traditionelle Stellung (128 Holzschnittill.: [19a] Abb. S. 96f.; [27] Bd. 1 Abb. 166f.). – In England setzte sich in der 2. Hälfte des 16. Jh. die italienische Lehre durch. Kronzeuge ist das 1595 in London gedruckte, Degen und Rapier bevorzugende Fb. des Vincendo Saviolo, His Practice, in two books; the First intreating of the Use of the Rapier and Dagger, The Second of Honour and Honourable quarrels.

Auch in Spanien setzte sich die italienische Lehre durch (Jerónimo de Carranza, Philosophia de las Armas, Sanlucar de Barrameda 1569), trotz des (unbewiesenen, aber auch nicht widerlegten) Anspruchs, die F.kunst sei in Spanien „erfunden“ worden (wie ihre förderlichste Waffe, der Degen). Angeblich waren 1474 zwei Fb. (von Jayme Pons de Maiorca und Pedro de la Torre: [3] S. 228 und 314) erschienen. Die Spanien eigentümliche Sonderheit des auf dem F.boden aufgetragenen, einem Quadrat einbeschriebenen „circulo misterioso“, dessen Felder und Linien die Positionen des Fechters fixieren, ist auch in der mit 49 Kupferstichen illustrierten „Academie de l'espée“ des Girard Thibault, Leiden 1628 (und Brüssel 1668) enthalten, „ou se demonstrent par Reigles mathematiques sur le fondement d'un Circle mysterieux la Theorie e Pratique des vrais et iusqu'a present incognus secrets du maniement des armes a pied et a cheval“ (Abb. 8; unter anderem anatomische Darstellungen der Fechterhaltungen: [24] Abb. 275; weitere Abb.: ebd. Abb. 261 und 276, [27] Bd. 2 Abb. 325 und 327, [29] Abb. 12f.).

Kurz vor M. 17. Jh. übernahm die französische Schule die Führung und behauptete sie bis ins späte 18. Jh.; die italienische Schule blieb jedoch immer noch in Konkurrenz.

Aus der Fülle der französischen Fb. seien herausgegriffen: als besonders früh Charles Besnard, Le maistre d'armes libéral, traitant de la théorie de l'art et exercice de l'espée seule ou fleuret ..., Rennes 1635; ferner: Philibert de La Touche, Les Vrays principes de l'espée seule ..., Paris 1670 (35 Kupferstiche); Jean Baptiste Le Perche (du Coudray), L'Exercice des armes ou le Maniment (!) du fleuret ..., Paris o. J. (1676; 35 Kupferstiche, vgl. [27] Bd. 2 Abb. 334). Diesen Fb. sei noch das häufig zitierte Werk von Guillaume Danet, L'art des Armes ..., 2 Bde., Paris 1766–67, hinzugefügt (43 Kupferstiche, vgl. ebd. Abb. 336f.).

Zu den Abbildungen

1. New York, Pierpont Morgan Libr., Ms. M. 383 (Fiore dei Liberi da Premariacco, Il Fior di Battaglia), fol. 6v, Reiterpaare beim Fechten. Federzchgn. auf Pergament (27,6 × 19,4 cm), Schwerter silbern. Venedig, frühes 15. Jh. Fot. Bibl.

2. München, Bayer. Staatsbibl., cod. germ. 1507 (Fb. des Paulus Kal), fol. 6r, die Eigenschaften des guten Fechters. Farbige Pinselzeichnung auf Pergament, 29 × 28,5 cm. Altbayern, 3. V. 15. Jh. Fot. Bibl.

3. München, Bayer. Staatsbibl., cod. icon. 394 a (Fb. des Hans Thalhofer), fol. 68v, „Vß dem anlouffen So Tryt Ich den schilt von dir. vnd hab myn Stich volbracht an dir“. Lavierte Federzeichnung auf Pergament. Altbayern, dat. 1467. Fot. Bibl.

4. Albrecht Dürer (eigenhändig oder Gehilfe?), Fechterpaare mit Dolch als Fechtwaffe, Federzeichnung 31 × 22 cm) und Wasserfarben auf Papier, Ill. zu der von Dürer gefertigten Kopie eines älteren Fb. Wien, Graph. Slg. Albertina. Inv.nr. 26232. 1512 (so das Datum auf dem Einband aus dem späten 16. Jh.). Nach [20] Taf. 50.

5. Fechter mit Degen und Faustschild, Holzschnitt-Ill. (12,3 × 11,3 cm) in A. Marozzo a.a.O. (Sp. 910), Bl. 38. 1536. Fot. Bayer. Staatsbibl., Mchn.

6. Fechten mit beidhändigem Schwert, aquarellierte Federzeichnung (41 × 27,5 cm) in Paul Hector Mair, Fecht-, Ring- und Turnierbuch, Bl. 53. Dresden, Sächs. L.bibl., Msc. Dresden C. 93. Augsburg, 3. V. 16. Jh. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, Nr. 54096.

7. Tobias Stimmer (Entw.), „Fechten auß dem Bogen“, Holzschnitt-Ill. zu J. Meyer a.a.O. (Sp. 911). 1570. Fot. Dt. Fotothek, Dresden, Nr. 54094.

8. Adriaen Matham (Stecher), Fechterpaare auf dem „circulo misterioso“, Kupferstich-Ill. (48,9 × 69,3 cm) in G. Thibault a.a.O. (Sp. 912), Taf. 8. 1628. Fot. Bayer. Staatsbibl., Mchn.

Literatur

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