Fingerzahlen
englisch: Dactylogy; französisch: Nombres dactyles, calcul digital; italienisch: Conto sulle dita.
Karl-August Wirth (1986)
RDK VIII, 1225–1309
I. Begriff
Durch Fingerhaltungen ausgedrückte Zahlenwerte werden als F. bezeichnet.
II. Fingerzahlensysteme
A. Allgemein
Neben gleichsam „natürlicher“ Verwendung der Finger zum Zählen, wie sie zur Wiedergabe der Zahlen „1“-„10“ durch Ausstrecken einer bestimmten Zahl von Fingern zunächst einer Hand, dann, bei Zahlenwerten über fünf, beider Hände üblich ist (vgl. die mit solchen F. versehenen Darstellungen der Zehn Gebote, etwa Frankfurt a. M., Hist. Mus., Epitaph des Johs. Lupi, † 1468: Künstle Bd. 1 S. 184f., Abb. 49) - und im Folgenden unbeachtet bleibt -, gab es künstlich erdachte F.systeme sehr unterschiedlicher Art. Eines, das mit der linken Hand die Zahlwerte „1“-„9“ und „0“ wiederzugeben erlaubt und bei Zuhilfenahme der anderen Hand das Zählen bis „99“ gestattet, teilt Petrus Apianus mit; dem Titel der Schrift ist zu entnehmen, wann und wozu man diese F. gebrauchte: „Eyn Newe Unnd wolgegründte underweysung aller kauffmanß Rechnung in dreyen buͤchern, mit schoͤnen Regeln unnd fragstucken begriffen, Sunderlich was forti und behendigkait in der Welschen Practica unnd Tolletn gebraucht wirdt, des gleychen fürmalß weder in Teützscher noch in Welscher sprach nie gedrückt“, Ingolstadt 1527 (Taf. IV, A; s. auch Sp. 1279). - Ein anderes F.system, vermittels dessen Taubstumme Zahlenwerte erfahren, geht zurück auf P. Pedro Ponce Mexia (Mejía) de Leòn O.S.B. (1520-1584) aus der Abtei S. Salvador de Oña (Burgos) und wurde von Juan Pablo Bonet systematisch beschrieben (Reduction de las letras, y arte para enseñar a ablar los mudos, Madrid 1620, S. 280-288; Taf. IV, E, vgl. Enc. univ. Bd. 46, Madrid 1922, S. 246f.; s. auch Sp. 1279). Es wird in diesem Artikel ebensowenig berücksichtigt wie das figurale Abbilden der römischen Zahlbuchstaben durch Finger- und Handgebärden, das hierzulande vor allem durch Gg. Ph. Harsdörffer [13, S. 295f.] weithin bekannt wurde (vgl. Taf. IV, C; eine Kopie aus dem 18. Jh.: Taf. IV, D).
Hier allein von Interesse ist ein ausgeklügeltes F.system, das die Zahlenwerte „1“-„9999“, von späterer Zeit an sogar die der Zehntausender und der Hunderttausender sowie der Million auszudrücken gestattet und „das man eine Art Fingerschrift nennen könnte“ [33, Sp. 915]. Dieses F.system (Taf. I) ist antiken Ursprungs, sein Alter und sein Ursprungsort unbekannt (ebenso ist es auch mit dem Gebrauch der F. zum Zählen bestellt: für frühe Belege aus Ägypten s. ebd.).
B. Das F.system für Zahlwerte von „1“ – „1000000“
Nach diesem F.system werden Einer und Zehner mit der linken Hand wiedergegeben, Hunderter und Tausender mit der rechten; dabei wird die Hand erhoben, die Handfläche dem Betrachter zugekehrt. Die höheren Zahlenwerte, Zehntausender und Hunderttausender, werden durch verschiedene Handhaltungen der linken bzw. rechten Hand angezeigt. Die höchste Zahl, eine Million, wird vorgestellt durch Zusammenlegen beider Hände „insertis invicem digitis“ (s. Sp. 1260 und 1271f. sowie Taf. III, B; Abb. 4 b, 5 b, 9, 11 b, 13 b, 14 b, 16, 18 b, 24 b, 25 und 36 b).
Die einzelnen F. werden wie folgt gebildet:
Einer (vgl. Taf. I): Für diese werden der kleine Finger, der Ringfinger und der Mittelfinger der linken Hand gebraucht.
Bei den Zahlen „1“–„6“ werden die beiden oberen Fingerglieder so eingebogen, daß die Fingerspitzen die Hand nicht berühren: bei der „1“ die Glieder des kleinen Fingers; bei der „2“ die des kleinen und des Ringfingers; bei der „3“ die des kleinen, des Ring- und des Mittelfingers; bei der „4“ die des Ring- und des Mittelfingers; bei der „5“ nur die des Mittelfingers und bei der „6“ nur die des Ringfingers.
Die Zahlen „7“-„9“ werden wie „1“-„3“ gebildet mit dem Unterschied, daß bei jenen auch das dritte Fingerglied eingebogen wird und die Fingerspitzen die Handwurzel berühren.
Zehner kommen durch verschiedene Arten der Berührung von Daumen und Zeigefinger der linken Hand zustande (vgl. Taf. I):
Der kreisartig zur Mitte des Daumens gebogene Zeigefinger bezeichnet die „10“, der zwischen Zeige- und Mittelfinger gesteckte Daumen die „20“; bei der „30“ berühren sich die Spitzen von Daumen und Zeigefinger; bei der „40“ wird der Daumen von außen an die Mitte des Zeigefingers gelegt, bei der „50“ wird er im rechten Winkel abgebogen und an den Ansatz des Zeigefingers gelegt; der Zeigefinger, der über den gebogenen Daumen gelegt ist, bezeichnet die „60“, der über den Nagelrand des gestreckten Daumens gelegte Zeigefinger die „70“ und der über das erste Glied des Daumens gelegte Zeigefinger die „80“; bei der „90“ wird der Zeigefinger in den Ansatz des Daumens gebogen.
Hunderter werden mit der rechten Hand gebildet; bis zum ausgehenden MA entsprechen die Fingerhaltungen denen der Zehner, später teilweise auch denen der Einer (s. Sp. 1280).
Tausender werden ebenfalls mit der rechten Hand gebildet; bis zum ausgehenden MA entsprechen die Fingerhaltungen denen der Einer, später hingegen bisweilen denen der Zehner (s. Sp. 1280).
So konnten alle Zahlen von „1“-„9999“ an den Händen dargestellt werden. Nach der bis zum Spät-MA überall dort, wo man von links nach rechts schrieb, allein gebräuchlichen F.systematik sieht also der Betrachter der F. in der nach rechts fallenden Größenordnung Tausender - Hunderter - Zehner - Einer, d. h. so, wie man heute schreibt (zu den bei weitgehend gleichen F.darstellungen der Linksrichtung der Schrift angepaßten F.systemen Persiens und der arabischen Länder s. Sp. 1240ff.).
Zehntausender werden durch verschiedene Haltungen der linken Hand vor dem Körper bezeichnet (vgl. Abb. 5a und b, 6, 11b, 12, 13 a, 14b, 18a, 24b, 25, 34 und 36b).
„10000“: die Hand liegt mit dem Handrücken auf der Mitte der Brust, die Finger sind zum Hals hin gestreckt; „20000“: die Hand liegt breit ausgestreckt auf der Brust; „30000“: die ausgestreckte, schräg gehaltene Hand liegt so auf der Brust, daß der Daumen auf den Brustbeinknorpel zu liegen kommt; „40000“: die ausgestreckte Hand liegt rückwärts gebeugt auf dem Nabel; „50000“: bei ausgestreckter, schräg gehaltener Hand liegt der Daumen auf dem Nabel; „60000“: die Fingerspitzen der schräg gehaltenen ausgestreckten Hand berühren von oben her den Oberschenkel; „70000“: die Hand liegt mit dem Handrücken auf dem linken Oberschenkel; „80000“: die Hand liegt schräg auf dem Oberschenkel; „90000“: die Hand liegt auf den Schamteilen, wobei der Daumen in die Leistengegend zeigt.
Hunderttausender werden durch Gebärden der Rechten markiert, die den bei den Zehntausendern von der linken Hand verrichteten entsprechen (vgl Abb. 5b, 11b, 12, 13a und b, 14b, 16, 18a und b, 24b, 25, 34 und 36b).
Beda Venerabilis führt gegen Ende des ersten Kapitels im „De temporum ratione liber“ (s. unten Sp. 1237) die zur Zahlbezeichnung dienenden Buchstaben des griechischen Alphabets auf und bietet eine Konkordanz mit den römischen Zahlenwerten, die zuvor in ihrer Wiedergabe durch F. beschrieben worden waren. In dem griechischen Alphabet stehen drei altertümliche, in der Schrift außer Gebrauch gekommene Buchstaben, die Episema Vau (ς), Koppa (Ч) und San (Sampi; http://rdk.zikg.net/rdkdaten/Grafiken/sampi_fingerzahlen.gif), welche die Zahlen „6“, „90“ und „900“ bezeichnen (ed. Ch. W. Jones a. a. O. 1977 [Sp. 1237] S. 273.96-102). Seit spätestens dem 10. Jh. sind Versuche bezeugt, ein entsprechendes Zahlensystem mit den Buchstaben des lateinischen Alphabets wiederzugeben, wobei man die Episema übernahm und an den ihnen zukommenden Plätzen beließ (vgl. Paris, Bibl. nat., ms. lat. 4860: Paul Lejay, Alphabets numériques latins, Revue de philol., de littérature et d’hist. anciennes, N.S. 22, 1898, S. 154ff.). In Verbindung mit Texten über das Fingerrechnen sind solche lateinischen Zahlenalphabete vom 10./11. Jh. an nachgewiesen (Belege ebd. S. 156-158). Wie den Texten, welche diese Übersichten einleiten, zu entnehmen ist, waren Bedas Ausführungen der Ausgangspunkt für solche Kombinationen („Ceteri vero numeros non per artus neque per partes corporis, sed per litteras latinas explicant ita: ...“: vgl. ebd. S. 158). Wann das Einfluß auf die Überlieferung von Texten erlangte, in denen die F.darstellungen beschrieben sind, steht hier nicht zur Diskussion; lateinische Buchstabenbeischriften zu bildlichen Wiedergaben der F. in ma. Handschriften haben größten Seltenheitswert (vgl. Sp. 1276 und Taf. II). Erst vom 16. Jh. an ist die Verquickung von Buchstaben des Alphabets (meistens des lateinischen), Zahlwert (in römischen oder arabischen Ziffern) und F.abbildung öfters anzutreffen (vgl. Taf. II).
III. Antike
A. Schriftquellen
Aus Schriftquellen geht hervor, daß der Gebrauch von F. mindestens seit der hellenistischen Zeit in Griechenland und Rom geläufig war. Wer diese Art des Zählens wann und wo aufbrachte - „erfand“ -, bleibt ungesagt; es wird auf das hohe Alter des F.gebrauchs hingewiesen (Plinius, s. Sp. 1233), auch, einer von Plutarch überlieferten Bemerkung von Artaxerxes’ Schwiegersohn Orontes eingedenk (Moralia III, 174 B: ed. Frank Cole Babbit, Bd. 3, Ld. und New York 1931, S. 20f.), die Herkunft aus dem Orient erwogen.
Wenn ausnahmsweise ein „Erfinder“ postuliert wird – Nonnos von Pannopolis im 5. Jh. n. Chr. läßt die F. von Kadmos erfunden sein (Dionysiaka VI, 60-64: ed. W. H. D. Rouse u.a., Ld. und Cambr./Ma. 31962 [The Loeb Classical Libr., 213], S. 218) -, so handelt es sich um interpretationsbedürftige mythische Verkleidungen, die in der Neuzeit gern nachgeschrieben wurden. Die Annahme, das F.system stamme aus dem Orient und sei durch Griechen dem Abendland vermittelt, hat einige Plausibilität für sich [33, Sp. 915f.].
Die literarischen Zeugnisse der Antike sind in den Jhh. der Neuzeit immer wieder, wenn auch mit unterschiedlicher Vollständigkeit zusammengestellt worden (die meisten registrierte bereits Valeriano [7]; für diejenigen Zeugnisse, in denen das Wort „digitus“ vorkommt, vgl. Thes. ling. lat. Bd. 5 Sp. 1125.12ff.; sonst [38] S. 230f. und 555-557 Anm. 10, ergänzt von [35 a] S. 80 Anm. 26, sowie [33] Sp. 916, 919f.), so daß sich die erneute Mitteilung jener Nachrichten hier erübrigt, sofern sie lediglich das Operieren mit F. bezeugen. Von Interesse sind nur diejenigen Texte, die auch darüber informieren, bei welchen Gelegenheiten dies geschah (a); die, sei es in allgemeiner, sei es hinsichtlich bestimmter F. in konkreter Weise, über die Prinzipien des gebrauchten F.systems oder die Wiedergabe bestimmter F. unterrichten (b); die über die Abbildung von F. in Werken antiker Künstler berichten (c; eine Übersicht über erhaltene Werke, in denen F. dargestellt sind oder in denen die moderne Fachliteratur F. wiedergegeben glaubt, s. Sp. 1234ff.). Zur allegorischen Bezugnahme auf F. in der Patristik s. Sp. 1232f.
a. Oftmals wird der Geizhals und Wucherer geschildert, dessen Finger und Gelenke durch vielfältigen Gebrauch beim Rechnen besonders beweglich sind (vgl. die Textbelege bei [44] S. 253 Anm. 1, ferner Ovid, Epist. ex Ponto II, 13, 18: ed. Wilh. Willige, Zh. und Stg. 1963, S. 371); mehrfach wird das habgierige Verhalten derer kritisiert, deren Brautwahl vor allem durch die (die Mitgift berechnenden) Finger bestimmt wird (vgl. Tertullian, Apologeticum 19, 5: ed. Eligius Dekkers, CCSL 1, 1953, S. 121; Ambrosius, De Tobia 7, 25: ed. Louis M. Zucker in: Ders., Patristic Stud., Wash. 1933 [The Catholic Univ. of America, Bd. 35], S. 40-42; Hieronymus, Adversus Iovinianum 1, 46: Migne, P.L. 23, Sp. 288). Das Gestikulieren mit F. (Belege bei [44] S. 253 Anm. 4) und deren Gebrauch im Dienste der Rhetorik (vgl. Quintilian, Institutio Oratoria I, 10, 35: ed. Michael Winterbottom, Oxf. 1970, S. 65) ist ebenso überliefert wie die Bezeichnung der Lebensjahre mit F. (vgl. Anthologia graeca XI, 72 [= Lollius Bassus von Smyrna]: ed. Herm. Beckby, Anth. gr., Bd. 3, Mchn. 1958, S. 582; Juvenalis, Satura X, 249: ed. Wendell V. Clausen, Oxf. 1959, S. 130; Macrobius, Saturnalia I, 1, 6: ed. Iac. Willis, Lpz. 1970, S. 5). Das Erlernen der F. war Bestandteil des Unterrichts in Arithmetik (vgl. Seneca, De ira III, 33: ed. Leighton D. Reynolds, Oxf. 1977, S. 121; ders., Epist. 88, 10: ed. den., Oxf. 21966, S. 314f.; s. a. Sp. 1243); F. richtig anzuwenden, wurde als Voraussetzung fehlerfreien Rechnens empfohlen (vgl. Apuleius, Apologia 89: ed. Rud. Helms, Lpz. 21912, Ndr. 1969 [Apuleii Platonici Madaurensis opera quae supersunt, Bd. II, fasc. 1], S. 98f.; ähnlich Macrobius, Commentarii in somnium Scipionis II, 11, 17: ed. I. Willis, Lpz. 1970, S. 130). Bei der Beobachtung von Gestirnbahnen und bei der Erdvermessung gewonnene Zahlenwerte wurden mit F. dargestellt (vgl. Plinius, Nat. hist. II,1 [§87]: ed. König Bd. 2 S. 72; Plinius, Epist. II, 20, 3: ed. Mauritius Schuster und Rud. Hanslik, Lpz. 31958, S. 70; Nonnos von Pannopolis, Dionysiaka IV, 277f.: W. H. D. Rouse u.a. a. a. O. [Sp. 1229] S. 154). Ihren Gebrauch bei astronomischen Berechnungen belegt auch Augustinus, der die Verwendung von F. bei astrologischen Zwecken dienenden Rechenoperationen als Zeichen heidnischen Unglaubens anklagt (Enarrationes in ps. 31, 2, 16: ed. E. Dekkers und Johs. Fraipont, CCSL 38, 1956, S. 230f.). Verschiedentlich erfährt man, daß bestimmte Zahlenwerte durch F. ausgedrückt wurden (vgl. Augustinus, Sermo 248, 5: Migne, P. L. 38, Sp. 1161; Sermo 270, 7 - ebd. Sp. 1243 - wird bei der Ausdeutung des nachösterlichen Fischfangs [Io 21,11] die Berechnung der Zahl „153“ mit F. erklärt; Martianus Capella ließ die Arithmetica mit ihren Fingern die Zahl „717“ zum Gruß Jupiters bilden, da bestimmte Zahlen, deren Addition diesen Wert ergab, als Buchstaben gelesen, den griechischen Namen Jupiters bezeichneten: De nuptiis Philologiae et Mercurii VII, 729: ed. Adolfus Dick und Jean Préaux, Stg. 1969, S. 365.19-22).
b. Kein Kennzeichen des F.systems ist von antiken Autoren so oft apostrophiert worden wie der Wechsel der F. bildenden Hände beim Übergang von niedrigeren Zahlenwerten zu dreistelligen: von der „100“ an werden F. mit der rechten Hand dargestellt. Öfters ersetzt der Hinweis, mit welcher Hand ein Zahlwert wiederzugeben ist, eine genaue Angabe der Zahl (vgl. Plautus, Miles Gloriosus 204: ed. Paul Nixon, Plautus III, Ld. und New York 1924 [The Loeb Classical Libr., 226], S. 124; Sueton, Claudius 21: ed. John Carew Rolfe, Suetonius II, Ld. und New York 1920 [The Loeb Classical Libr., 241], S. 42; zu Juvenal, Satura X, 249, und Anthologia graeca XI, 72, vgl. Sp. 1231). Die meisten Texte besagen, daß bei kontinuierlich fortschreitender Zählung mit der „100“ die F. bildende Hand wechsle, enthalten jedoch keine Angaben über die Fingerhaltung (so mehrfach bei Auslegung des Gleichnisses vom verlorenen Schaf, Mt 18,12 und Lc 15,4: Irenäus, Adversus haereses I, 16, 2 und II, 34, 6: Migne, P. G. 7, Sp. 633 A und 797 A; Augustinus, Sermo 175, 1: Migne, P. L. 38, Sp. 945; Cassian, Conlationes patrum 24, 26, 7: ed. Mich. Petschenig, CSEL 13, Wien 1886, S. 707; Petrus Chrysologus, Sermo 168, 5: ed. Alex. Olivar, CCSL 24 B, 1982, S. 1033; Cassiodor, Expositiones in psalmos, in ps. 100, conclusio psalmi: ed. Marcus Adriaen, CCSL 98, 1968, S. 896). Wie man die „100“ bildete, erfährt man erst aus vergleichsweise „späten“ Schriftquellen, solchen, in denen der Fingerhaltung oftmals allegorische Bedeutung abgewonnen wurde. Hieronymus deutete als erster den hundert-, sechzig- und dreißigfachen Ertrag des aufgegangenen Samens im Gleichnis vom Sämann (Mt 13,8 und 23; Mc 4,8 und 20) auf das Leben der Jungfrauen, Witwen und Verheirateten und erklärte die Fingerhaltung für die entsprechenden F., wobei das dabei erkennbare F.system für die Darstellung zumindest der „100“ und der „30“ zweifelsfrei dem von Beda systematisch dargestellten (s. Sp. 1226ff.) entspricht, während die F. für die „60“ weniger genau beschrieben ist (Adversus Iovinianum 1, 3: Migne, P.L. 23, Sp. 213f.). Zu den sehr zahlreichen, im wesentlichen von der des Hieronymus abhängigen Deutungen patristischer Autoren vgl. A. Quacquarelli, Il triplice frutto della vita cristiana: 100, 60 e 30 (Matteo XIII-8, nelle diverse interpretazioni), Rom o. J. (1953), S. 48-65.
c. Wiedergabe von F. Zeigenden in Werken der antiken Kunst werden durch Schriftquellen der Antike bezeugt. Selbst wenn die betreffenden Nachrichten, die sich auf bestimmte Darstellungen beziehen, nicht bestätigt werden können, so darf doch unterstellt werden, daß solche Mitteilungen kaum gemacht worden wären, wenn den Zeitgenossen der Hinweis auf F.darstellungen in der bildenden Kunst nicht einleuchtend gewesen wäre, das Faktum vielleicht geläufig war.
Die berühmteste aller Nachrichten ist die des Plinius, der in einer unter Numa (715-672 v. Chr.) geweihten Janusstatue, die mit den Fingern die Zahl „365“ darstellte, einen Beweis für das Alter der Kunst in Italien sah (Nat. hist. XXXIV, 33: ed. Mayhoff Bd. 5 S. 174.11-18). Zweifel an dieser Information sind angebracht (vgl. [44] S. 253 Anm. 1; Kurt Latte, Röm. Religionsgesch., Mchn.
1960 [Hdb. der Alt.wiss. V, 4], S. 135 Anm. 4). Das ändert nichts daran, daß die Auskunft des Plinius, bestätigt von Macrobius (Saturnalia I, 9, 10: ed. I. Willis a. a. O. [Sp. 1231] S. 37), immer und immer wieder zitiert wurde und noch in der Kunsttheorie der Neuzeit zu Buche schlug, nicht zu reden von durch sie angeregten analogen Interpretationen (vgl. Sp. 1286). - Kaum weniger beschäftigte die Späteren der Hinweis des Plinius auf ein Bildwerk des Eubulides (Nat. hist. XXXIV, 88: „Eubulides digitis computans [laudatur]“: ed. Mayhoff a. a. O. S. 194.4f.), Ciceros Bemerkung über eine Statue des Chrysippos in Athen (diese zeigte den sitzenden Philosophen „porrecta manu, quas manus significet illum in hac esse rogatiuncula delectatum: ‚Numquidnam manus tua, sic affecta nunc est, desiderat?‘“: De finibus bonorum et malorum lib. I, 39: ed. H. Rackham, Ld. und New York 1914, S. 42) und die Erwähnung von Darstellungen berühmter Gelehrter in griechischen Gymnasien, unter ihnen „Chrysippus digitis propter numerorum indicia constrictis“ bei Apollinarius Sidonius (Epist. IX, 14: ed. Chrn. Luetjohann, MG Auct. ant., Bd. 8, Bln. 1961, S. 158.21-27; s. auch desselben Autors Carmen XXIII vv. 117-120: ebd. S. 253). Vgl. hierüber Arthur Milchhoefer, Zu griech. Künstlern, 1. Eubulides, in: Adolf Furtwängler, Gustav Körte und A. Milchhoefer (Hgg.), Arch. Stud. Ihrem Lehrer Heinr. Brunn zur Feier seines 50-jähr. Doctorjubiläums am 20. März 1893 ... dargebracht, Bln. 1893, S. 37-42.
B. Darstellungen
Die bestbekannten Beispiele für die bildliche Wiedergabe von F. in antiker Zeit sind sog. „tesserae“, runde Elfenbeinplättchen, die auf der Vorderseite in flachem Relief eine F. zeigen und auf deren Rückseite der betreffende Zahlenwert in römischen Ziffern eingeritzt ist (Abb. 1 a und b sowie 2). Auf den bislang bekannten Stücken (in einer nach Zahlwerten geordneten Liste verzeichnet bei [22] S. 5f., Taf. I Abb. 1 - II Abb. 17 und III Abb. 19-30) sind die Zahlen „1“-„10“ und „12“-„15“ wiedergegeben (für die „11“ ist bisher kein Beispiel nachgewiesen), bis auf die höchste dieser Zahlen durch eine Hand mit der entsprechenden F.; das Bild für die „15“ zeigt die Büste eines Mannes im Profil, in seiner erhobenen Linken diese F. Die Fingerhaltungen für die einzelnen Zahlen stimmen mit den in der „Romana computatio“ und von Beda beschriebenen überein (s. Sp. 1237 und 1226ff.), allein die „6“ wird anders vorgestellt (vgl. Abb. 2 mit Wiedergaben gemäß „Beda“, z. B. Taf. I); ob dieser Unterschied als Hinweis auf die Existenz eines von Beda partiell verschiedenen F.systems angesehen werden darf, steht dahin (hierüber vgl. [22] S. 7; eine analoge Abweichung bei der F. für die „60“ rekonstruierte A. Quacquarelli a. a. O. [Sp. 1233] S. 35 in seinem Schema „Il modo degli antichi di contare con le dita“: Abb. 3).
Über Entstehungszeit und -ort der „tesserae“ und deren Zweck bestanden lange kontroverse Meinungen (s. den Lit.bericht bei [22] S. 1f.). Zuletzt wurde die Ansicht vertreten, die „tesserae“ seien frühestens zur Zeit Caesars, mit größerer Wahrscheinlichkeit aber in der frühen Kaiserzeit in Alexandria hergestellt worden (ebd. S. 2 und frdl. Mitt. von Elis. Alföldi-Rosenbaum) und hätten als Spielmarken gedient (so zuerst W. Fröhner, Le Comput digital, Annuaire de la Soc. franç. de numismatique et d’arch. 8, 1884, S. 232-238; vgl. im übrigen [22] S. 1f.). Daß sie didaktische Hilfsmittel im Elementarunterricht gewesen wären, analog den Buchstaben aus Elfenbein oder anderen Materialien (vgl. Quintilian, Institutio Oratoria I, 1, 26: ed. Ludwig Radermacher und Vinz. Buchheit, Lpz. 1965, Bd. 1 S. 12; Hieronymus, Epist. 107, 4, 2: ed. Isidorus Hilberg, CSEL 55, New York und Ld. 1961, S. 294.4f.), ist deshalb weniger wahrscheinlich, weil sie nur die Darstellungen der Zahlwerte bis „15“ bieten (vgl. [40] S. 14f.).
In der Fachliteratur der letzten hundert Jahre wurden einigemale die Fingerhaltungen lebhaft oder in vermeintlich auffälliger Weise Gestikulierender als Demonstration von F. interpretiert.
Wiewohl manche dieser »Beispiele« mehrfach erwähnt und als Beleg für die Wiedergabe von F. in der bildenden Kunst der Antike in Anspruch genommen wurden (gern zumal in Zeiten, wo der Nachweis sog. „realistischer Abbildung“ als wesentliches Argument für die günstigere Einschätzung der künstlerischen Qualität eines Werkes erachtet wurde), bedürften jene Interpretationen doch kritischer Überprüfung.
Oft genannt und mit dem von den fünf Fingern hergeleiteten Wort für „Zählen“, πεμπάζεσϑαι, bei Homer, Odyssee IV, 412, in Verbindung gebracht wurde eine schwarzfigurige Amphora im Gregorianischen Mus. im Vatikan (Carl Robert, Arch. Hermeneutik, Bln. 1919, S. 117 Abb. 91). - Auf einer schlecht erhaltenen Pelike aus Athen, M. 6. Jh. v. Chr., im Mus. Tarquiniese in Corneto (Erich Pernice, Σίϕων, Jb. des kaiserl. dt. Arch. Inst. 8, 1893, S. 180-184, Abb. S. 181; Ferd. J. M. De Waele, La représentation de la vente de l’huile à Athènes, Rev. arch. Vième sér. 23, 1926, S. 286, Abb. 3) glaubt man einen mit der Linken rechnenden Mann erkennen zu dürfen, dessen Handgebärde möglicherweise die „31 “ wiedergibt ([44] S. 256; [33] Sp. 919, die Richtigkeit der Deutung bezweifelnd). - Zu einem vielfach besprochenen Relief aus Isernia vgl. W. Froehner a. a. O. S. 238, August Baumeister (Hg.), Dkm. des klass. Alt., Bd. 3, Mchn. und Lpz. 1888, S. 2119f., Abb. 2373, C. Sittl ([44] S. 253 Anm. 3, mit weiterer Lit.) sowie jetzt Pierre Flobert, À propos de l’inscription d’Isernia (CIL IX, 2689), in: Mél. de lit. et d’épigraphie lat., d’hist. ancienne et d’arch. Hommage à la mém. de Pierre Wuilleumier, Paris 1985 (Coll. d’Etudes Lat., sér. scientifique, fasc. 35), S. 121-128.
IV. Mittelalter
A. Schriftliche Fixierungen des Fingerzahlensystems
Schriftliche Fixierungen des F.systems schufen die Voraussetzung, es in seinem gesamten Umfang im Bild zu vergegenwärtigen. Wann und wo man zuerst aufschrieb, wie man die F. „flexibus digitorum“ ausdrücke, ist nicht bekannt. Die Annahme, in der Antike sei die Kenntnis des F.systems mündlich vermittelt worden (so [40] S. 4), ist vielleicht nur ein aus dem Fehlen einschlägiger Überlieferungszeugen gezogener Schluß. Erst vom späten 7. Jh. an sind solche nachgewiesen, und es scheint von da an noch geraume Zeit gedauert zu haben, bis die F.beschreibungen auch in Abbildungen wiedergegeben wurden. Diese sind mit verschiedenen Textversionen verbunden, die allerdings in der Sache weitestgehend übereinstimmen, z. T. auf weite Strecken hin sogar auch in der Wortwahl (s. unten).
1. Abendland. Den frühesten Textzeugen enthält das ins Jahr 688 datierbare, in Nordfrankreich entstandene Ms. Cotton Caligula A XV, fol. 77r-78v, der Brit. Libr. in London (zur Dat. vgl. [30] S. 212f. und [41] S. 220f.).
Diese Textversion wird nach ihrem Incipit als „Romana computatio“ bezeichnet (Text bei Charles Williams Jones, Bedae pseudepigrapha: Scientific Writings Falsely Attributed to Bede, Ithaca/N.Y., Ld. und Oxf. 1939, S. 106-108 und 53f. [Hss.verz.]; Ders. in: CCSL 123 B, 1977, S. 67f. [Text] und 670 [Hss.verz.]).
Ins Jahr 725 fällt die Niederschrift des „De temporum ratione liber“ von Beda Venerabilis (vgl. Ders., Bedae opera de temporibus, Cambr./Ma. 1933 [Mediaeval Acad. of America, 41], S. 179f., jetzt Ders. in: CCSL 123 B, S. 268-271 [Text] und 242-256 [Hss.verz.] - überholt Migne, P.L. 90, Sp. 295-297).
Das Werk, dessen erstes Kapitel (Inc.: „De tempore ratione, Domino iuvante, dicturi necessarium duximus ...“) „De loquela digitorum“ handelt (die F.beschreibungen beginnen mit „Cum ergo dicis unum, ...“), ist mit weitem Abstand das für die Überlieferung des F.systems wichtigste und folgenreichste. Es machte mit der Aufnahme der F.beschreibung in einen komputistischen Traktat Schule, ist häufiger und länger abgeschrieben worden als jede andere thematisch entsprechende Schrift; das erste Kapitel wurde, im ganzen oder auf die F.beschreibung als solche reduziert, gesondert überliefert (so bereits im 8. Jh. [779?]: Paris, Bibl. nat., ms. lat. 7530, fol. 280v–281r, in Beneventanischer Schrift) und anderen Werken inseriert (s. unten). Beda machte in hohem Maße von der „Romana computatio“ Gebrauch (vgl. den Paralleldruck beider Texte bei [30] S. 214-217).
Eine dritte Textversion wird, da man sie zeitweise - grundlos - für älter als Bedas Schrift hielt, als „Secunda (Alia) Romana computatio“ bezeichnet (Inc.: „Tres digiti in sinistra manu...“; Text bei Migne, P.L. 90, Sp. 693 [in tabellarischer Form gedruckt], und ebd. Bd. 129, Sp. 1350 [als „Bridferti Glossa“; hierzu Ch. W. Jones, CCSL 123 B, S. 257-260]).
Die handschriftliche Überlieferung setzt im frühen 9. Jh. ein, was dieser Textversion den zeitlichen Primat sichert gegenüber dem 820 verfaßten „Liber de computo“ des Hrabanus Maurus, der den F. ein eigenes Kapitel einräumte (cap. 6 [F.beschreibung textgleich Beda]: Migne, P.L. 107, Sp. 673-675, überholt durch Wesley M. Stevens in: CCCM 44, S. 210-213 [Text] und 190-196 [Hss.verz.]).
Noch keine Klarheit besteht über den zuerst von Ludovico Ant. Muratori edierten „Liber de computo sancti Cyrilli Alexandrini“ (Anecdota, Bd. IV, 2, Neapel 1776, S. 135f; [34] S. 11f. Anm. 1), der weder von Cyrillus stammt noch das Werk eines Griechen ist und ein Kapitel „De flexibus digitorum“, inc.: „Ita digitorum flexus servantur“ (cap. 138) enthält (Migne, P.L. 129, Sp. 1349f.; zum Diskussionsstand vgl. [41] S. 223).
In dem vielleicht noch vor 970 geschriebenen „In calculum Victorii commentarius“ des Abbo von Fleury wird Bedas Text über F. in z. T. verbesserter Form wiederholt (vgl. Nik. Bubnov [Hg.], Gerberti, postea Silvestri II papae, opera mathematica, Bln. 1899, S. 199-203, bes. 200.31-201.10, auch ebd. S. 197 Anm. 1 und A van de Vyver, Les Œuvres inédites d’Abbon de Fleury, Rev. bénédictine 141, 1935, S. 150-154).
An einschlägigen Texten, die nach der Jahrtausendwende entstanden, ist kein Mangel. Sie hier zu registrieren - soweit das beim gegenwärtigen Stand der Forschung überhaupt möglich ist -, besteht kein Anlaß; denn bislang ist nicht erkennbar, daß einer von ihnen nachhaltigen Einfluß auf die bildliche Überlieferung des F.systems gewonnen hätte.
2. Gebrauch von F. im byzantinischen Kulturkreis wie im Nahen und Mittleren Osten steht außer Frage, er wird durch viele Bemerkungen in Dichtungen und systematische Darstellungen des F.systems bezeugt. Letztere sind zwar ausnahmslos jüngeren Datums als die schriftlichen und bildlichen Überlieferungszeugen im lateinischen Abendland, stimmen jedoch mit dem hier interessierenden F.system weitestgehend überein (allerdings sind in den arabischen Traktaten, der Leserichtung der Schrift entsprechend, die Einer und Zehner der rechten Hand, die Hunderter und Tausender der linken zugeteilt, vgl. Solomon Gandz, The Origin of the Ghūbar Numerals, Isis 16, 1931, S. 401f.), so daß man ziemlich sicher eine allen Bekundungen des F.systems gemeinsame Wurzel annehmen darf.
Ob es Wechselwirkungen zwischen arabischen und abendländischen Schriftquellen über F. gab, ist unbekannt. (Sollte die Bezugnahme auf die F. für „73“ im Falkenbuch Friedrichs II. bei der Beschreibung der Handhaltung des den Beizvogel weidgerecht haltenden Falkners aus arabischen Quellen stammen ? Vgl. „De arte venandi cum avibus“, lib. 2, cap. 42, ed. Carolus Arnoldus Willemsen, Bd. 1, Lpz. 1942, S. 154. Ein arabischer Text bringt den Vergleich, daß man die Bogensehne so anziehen soll, wie man die Finger für „30“ beugt: [40] S. 20).
Im griechisch schreibenden Kulturkreis nehmen die um 1430 zwei Briefen anvertrauten Bemerkungen des Nikolaos Rhabdas von Smyrna eine Sonderstellung ein. Sie sind im Abendland bereits seit dem frühen 17. Jh. bekannt: Die „Παράδοσις εἰς τὴν εὕρησιν τῶν τετραγώνων άριϑμῶν“ wurde von Fed. Morellus 1614 in Paris ediert - zusammen mit „Bedae de indigitatione et manuali loquela liber“ -, von einer lateinischen Übersetzung begleitet und mit Anmerkungen versehen (Nicolai Smyrnaei Artabasdae ... ἔϰϕρασις numerorum notationis per gesta digitorum. ...; über die Benutzer dieser Ausgabe und der späteren des Petrus Possinus S.J. [15] vgl. Emil Rödiger, Ueber die im Orient gebräuchliche Fingersprache für den Ausdruck der Zahlen, Jb. der Dt. morgenländischen Ges. für das Jahr 1845, Lpz. 1846, S. 118, und unten Sp. 1285f.; derzeit beste Ausg., mit franz. Übers.: Paul Tannery, Notice sur les deux lettres arithmétiques de Nicolas Rhabdas, in: Ders., Mém. scientifiques IV: Sciences exactes chez les byzantins, hg. von J.-L. Heiberg, Toulouse und Paris 1920, S. 91-97). Hier entspricht die Zuteilung der F. auf die beiden Hände der abendländischen Praxis: Einer und Zehner werden mit der linken Hand gebildet, Hunderter und Tausender mit der Rechten, und alle so, wie Beda sie beschrieb.
Zu orientalischen Werken über F. vgl. S. de Sacy, De la manière de compter au moyen des jointures des doigts, usitée dans l’Orient, Journ. Asiatique [Ie sér.] 3, 1823, S. 65-71; E. Rödiger a. a. O. S. 112-118 und 125-129; Aristide Marre, Manière de compter des anciens avec les doigts des mains, d’après un petit poëme inédite arabe, de Chems-Eddin el Mossouli, et le ‚Tratado de Mathematicas‘ de Juan Perez de Moya, imprimé à Alcala de Henares, en 1573, Bull. di bibliografia e di storia delle scienze matematiche e fisiche 1, 1868, S. 309-318; Jul. Ruska, Arabische Texte über das Fingerrechnen, Der Islam 10, 1920, S. 87-119; J. G. Lemoine, Les anciens procédés de calcul sur les doigts en Orient et Occident, Rev. des études islamiques 6, 1932, S. 1-60.
B. Gebrauch von F.
Über den Gebrauch von F. während des MA ist bislang keine genauere Vorstellung zu gewinnen. Ob das nur am Fehlen einer repräsentativen Sammlung und Würdigung der weit verstreuten einschlägigen Schriftquellen des MA liegt (Ansätze hierzu bei [40] S. 18-20), bleibe dahingestellt; dringend erwünscht wäre jedenfalls eine Zusammenstellung solcher Texte, wie sie für Bemerkungen antiker Autoren über F. seit Jhh. selbstverständlich ist (vgl. Sp. 1229).
Gewiß ist, daß (zumindest im Früh- und Hoch-MA) das Erlernen der F. zum elementaren Rechenunterricht gehörte (man liest wiederholt, Walahfrid Strabo hätte sie im Sommer 822 in der Klosterschule auf der Reichenau erlernt, nachdem sein Lehrer Tatto ihm Arten, Einteilungen und Bedeutungen der Zahlen erklärt hatte, so als „autobiographische Auskunft“ anscheinend zuerst - ohne Beleg - bei [P. Martin Marty O.S.B.,] Jber. über die Erziehungsanstalt des Benediktiner-Stiftes Maria Einsiedeln... 1856/57, S. 3-18, hier S. 12, dann u.a. bei [40] S. 18 und, den Quellenwert bezweifelnd, [26] S. 273). Vielleicht war es sogar einer ihrer Hauptgegenstände (so [35 a] S. 77; s. auch [46] S. 75f. und 131). Es ist jedoch unklar, in welchem Umfange man diese Kenntnisse vermittelte und sie sich aneignete, und ebensowenig läßt sich verläßliche Auskunft darüber geben, ob und inwieweit das Vermitteln dieses Lehrstoffes und der F.gebrauch von dem (Wieder-)Aufkommen des Rechnens mit dem Abacus in der 2. H. 10. Jh. und demjenigen mit arabischen Ziffern beeinflußt wurde (letzteres kam in Deutschland E. 12. Jh. auf; vgl. [40] S. 225f.).
Die vornehmlich durch Martianus Capella geprägte Vorstellung von einem Junktim zwischen Rechnen (*Rechenkunst) und Operieren mit F. (s. Sp. 1293) hat zwar eine längere Tradition, sowohl eine literarische (ebd.; vgl. auch die St. Galler „Versiculi de VII liberalibus artibus“, vv. 67f.: MG Poetae lat. aevi Carolini, Bd. IV,1, Bln. 1899 [Ndr. Zh. und Bln. 1978], S. 364) als auch eine bildliche (vgl. Abb. 21 und *Rechenkunst); doch ist es ungewiß, welche Folgerungen man daraus hinsichtlich ihrer Relationen zur jeweils zeitgenössischen Praxis des F.gebrauchs ziehen darf. Gleiches gilt auch bezüglich der Bemerkungen ma. Schriftsteller, die auf solche antiker Autoren Bezug nahmen, solche wiederholten oder kommentierten (keine andere so häufig wie die auf F. rekurrierende des Hieronymus zu Mt 13, 8, vgl. Sp. 1232f. und 1298 sowie, 1036 oder 1037 verfaßt, des Mönchs Arnoldus von St. Emmeram in Regensburg „De translatione corporis sancti Dionysii Areopagitae“ [MGSS Bd. IV, S. 545.21-42], auch desselben „De miraculis sancti Emmerami“ lib. II, 188 [Migne, P. L. 141, Sp. 1054 B] und M. Bernards a. a. O. [Sp. 1299] S. 52; unter den vielen hier zu nennenden Kommentaren verdienen die zu Martianus Capellas Prosimetrum besondere Aufmerksamkeit, vgl. etwa den des Notker Labeo zu Martianus Capella II, 102; James C. King [Hg.], Notker der Deutsche, Martianus Capella, De nupt. Philol. et Mercurii, Tüb. 1979 [Die Werke Notkers des Deutschen, Neue Ausg., Bd. 4], S. 90.2-5); denn aus diesen Texten ist nicht mehr herauszulesen als das, was ohnedies auch anderweitig vielfach bezeugt wird: man konnte wissen, daß es möglich war, Zahlwerte durch F. vorzustellen, und daß es dafür ein standardisiertes System gab. Auf dieses nahm z. B. Petrus Pictaviensis Bezug, als er auf den Handwechsel beim Übergang von den niedrigeren Zahlwerten zu denen der Hunderter etc., den F. der rechten Hand, hinwies (Allegoriae super tabernaculum Moysi, cap. 2, 3 [De numero centenario]: ed. Phil. Sam. Moore und James Arthur Corvett, Notre Dame/Ind. 1938 [Publ. in Mediaeval Stud., The Univ. of N. D., 3], S. 131: „Centenarius, quia a leva transit ad dexteram, ...“). Äußerungen dieser Art sind jedoch ebensowenig zu verallgemeinern wie die der zeitgenössischen Wirklichkeit näher erscheinenden Bertholds von Regensburg, der den F.gebrauch als Praxis des Altertums ausgab (man zählte „in der alten ê an den vingern“), seinen offenbar nicht aus Geschulten bestehenden Zuhörern testiert „des kunnet ir ungelerten liute niht“, doch brauchen sie sich solcher Unkenntnis nicht zu bekümmern, „wan es ist der gelerten vil, die es niht kunnent“, und zu letzteren gehört er auch: die von ihm beschriebene F. ist nicht die für die „60“ (wie er behauptet), sondern die für die „50“ (vgl. Franz Pfeiffer [Hg.], B. v. R., Vollst. Ausg. seiner dt. Predigten, 2. Bd., hg. von Jos. Strobl, Wien 1880, S. 193.27f.; vgl. [40] S. 18). Kenntnis des F.systems besaß auch Kaiser Friedrich II. (s. Sp. 1241). Gehörte sie aber zum Durchschnittswissen des MA? War sie zur „Domäne der Gelehrsamkeit“ geworden [35 a, S. 78]?
Über den praktischen Gebrauch von F. im MA ist nur selten Genaueres zu erfahren. Die Empfehlung des an Friedrichs II. Hof wirkenden Mathematikers Leonardo (Fibonacci) von Pisa (ca. 1180-nach 1240 [um 1250?]), Zwischenergebnisse bei Rechenoperationen (mit arabischen Ziffern) mit F. festzuhalten, ist ein bisher singulärer Text (Baldassare Boncompagno [Hg.], Il Liber abbaci di L. P., pubblicato secondo la lezione del Cod. Magliab. C.I, 2161, Badia Fiorentina, n° 73, Rom 1857 [Scritti di L. P., vol. I], S. 5; zu seiner Interpretation vgl. [35 a] S. 78f.). Er gestattet keine positiven Rückschlüsse auf die tatsächliche Verbreitung des F.gebrauches im Spät-MA, aber auch keine negativen; denn daß es kaum schriftliche Nachrichten über F.gebrauch beim Kopfrechnen gibt, ist ein zu erwartender Befund: wieviele Belege wären für Rechenoperationen beizubringen, bei denen auf das „Eins im Sinn“ hingewiesen wird?
Ein weiteres Anwendungsfeld von F. waren offensichtlich komputistische Berechnungen. Darauf verweist der Kontext, in den Beda seine Beschreibung des F.systems stellte (s. Sp. 1237), ebenso wie der der zu Unrecht unter seinem Namen überlieferten, mit Scholien versehenen Schrift „De loquela digitorum et temporum ratione“ (Migne, P. L. 90, Sp. 685-698, vgl. Ch. W. Jones a. a. O. 1939 [Sp. 1237] S. 48) und auch derjenige, in dem eine Reihe von F.darstellungen in ma. Handschriften stehen ([y]: Abb. 6; [v]: Abb. 7).
Hier ist jedoch anzumerken, daß es nicht statthaft ist, jede Bemerkung über Finger- und F.gebrauch bei komputistischen Berechnungen sogleich auf das hier betrachtete F.system zu beziehen; denn es gab auch andere Verfahren, mit Hilfe „an der Hand getragener“ Zahlwerte -freilich nicht F. - solche Berechnungen anzustellen. Eines, im 12. Jh. gebraucht, wurde im Cod. bibl. 2° 60 der Württ. L.bibl. Stuttgart fol. 15rff. beschrieben: „Si manualem computum scire volueris disponas primo decennovalem ciclum per articulos sinistre manus, primum annum ponens in radice pollicis intrinsecus, secundum in media iunctura, tertium in culmine, quartum in radice indicis, quintum in eiusdem media iunctura, vi. in tertia iunctura indicis, vii. in radice medii, et sic secundum ordinem numeri procedas per loca digitorum secundum quod in preiacenti manu videris declaratum (die mit den römischen Zahlen beschriftete Hand ist als Bild dem Text vorangestellt). Post hec ...“.
C. Darstellungen des Fingerzahlensystems
Für den Lehrbetrieb erforderliche Darstellungen des F.systems dürfte es in sehr großer Zahl gegeben haben. Sie teilten das Schicksal aller Schulbücher und Lehrtafeln: Sie wurden im Gebrauch verschlissen oder gingen, als nutzlose Überbleibsel mißachtet, verloren, als man ihrer nicht mehr bedurfte, weil neue pädagogische Hilfsmittel verfügbar geworden waren. Es ist daher bei der Musterung der erhaltenen bildlichen Wiedergaben von F. stets in Rechnung zu stellen, daß die noch vorhandenen Zeugnisse wohl nur ein verschwindend geringer Teil des ehemals Vorhandenen sind.
Von den im MA entstandenen Wiedergaben von F. haben bisher fast ausschließlich solche das Interesse der Forschung gefunden, die das literarisch tradierte F.system veranschaulichen (die einzigen nennenswerten Ausnahmen sind die rebusartigen Darstellungen dreier F. im „Speculum virginum“, s. Sp. 1298f. und Abb. 15). Es fehlt bislang an Versuchen, anderweitige Anwendung der in diesem System festgeschriebenen F. in szenischen oder allegorischen Darstellungen zu erkunden (dazu Sp. 1292ff.).
1. Kriterien der Gruppierung
Von seiten der Kunstgeschichte pflegt man die Wiedergaben des F.systems in zwei [42, S. 1] oder drei ausschließlich nach bildlich-formalen Kriterien bestimmte Typengruppen zu sortieren [22, S. 6f.], in 1) die Wiedergabe von Händen, welche die F. in ihren richtigen Stellungen wiedergeben; 2) diejenige von Händen für die Zahlenwerte von „1“ bis „9000“ und von Halb- oder Dreiviertelfiguren für die höheren Zahlenwerte; 3) diejenige von Ganzfiguren für alle Zahlenwerte (so ebd.; bei der Einteilung in zwei Typengruppen hat man die beiden ersten der genannten zusammengenommen).
Diese Unterscheidungen - beide - sind nur hinsichtlich der zuletztgenannten Gruppe sinnvoll. Gegen die Dreiteilung spricht, daß formal in der Darstellung der Einer bis Tausender zwischen den beiden erstgenannten Gruppen kein Unterschied besteht; der kommt erst dadurch zustande, daß man im ersten Falle nur die Zahlenwerte bis einschließlich der Tausender ins Bild brachte, im zweiten auch die höheren Zahlenwerte (oft samt der fast immer als Ganzfigur vorgestellten F. für die Million - vgl. Sp. 1271ff. -, die nach der für die zweite Gruppe gegebenen Charakterisierung in jener nicht unterzubringen, auch nicht zur dritten Gruppe zu rechnen ist). Der Unterschied liegt in der Konzeption, nicht in der Ikonographie; zudem beschwört die Unterscheidung bisweilen die Gefahr unzutreffender Zuweisung herauf (z. B. können nicht vollständig ausgeführte Bildfolgen der zweiten Gruppe unversehens zu Zeugen der ersten werden, vgl. etwa Hs. [n], auch Abb. 8). Die Dreiteilung wird erst dann akzeptabel, wenn die Kriterien für die Zugehörigkeit vor allem zur ersten, aber auch zur zweiten Gruppe um solche vermehrt werden, die außerhalb des Bereichs bildlich formaler Unterscheidungen liegen.
Beim derzeitigen Stand der Forschung wird die Beschäftigung mit der Materie dadurch sehr erschwert, daß nur über wenige Handschriften die erforderlichen Informationen vorliegen.
Dazu gehören: Angaben, ob die F.darstellungen einen Text mit F.beschreibungen begleiten, und wenn ja: welchen (soweit sie dem Beda- oder dem Hrabanus Maurus-Text verbunden sind, können die Handschriftenverzeichnisse bei Ch. W. Jones a. a. O. [Sp. 1237] und W. M. Stevens a. a. O. [Sp. 1240] als nützliche Arbeitsinstrumente dienen, allerdings sind sie ergänzungsbedürftig: findet man im Folgenden aufgeführte Beispiele dort nicht registriert, so kann daraus nicht gefolgert werden, daß sie anderen Texten beigegeben sind); Angaben über den Kontext, in welchem die Ausführungen über F. samt den ihnen zugehörigen Darstellungen stehen; Angaben darüber, wie die F.beschreibungen und -abbildungen materiell der Handschrift verbunden sind.
Genaue kodikologische Auskünfte sind zumal deshalb erforderlich, weil es Darstellungen des F.systems auch als Einzel- oder Doppelblätter (und vermutlich auch in Form von „tabulae“ für den Gebrauch im Unterricht) gab, die in andernorts, unter Umständen auch in zu anderer Zeit geschaffene Handschriften eingefügt sein können.
Als Beispiel diene das einer aus der Abtei Liesborn in die Berliner Staatsbibliothek gelangten Handschrift von Augustinus, De civitate Dei, inserierte Einzelblatt ([a]: Abb. 14 a und b); es ist in der Mitte der Lage eingefügt, in deren zweiter Hälfte der Text steht, in dem F. erwähnt sind (lib. XVIII, 53; vgl. Val. Rose, Verz. der lat. Hss., 2. Bd., 1 Abt., Bln. 1901 [Die Hss.-Verz. der Kgl. Bibl. zu Berlin, 13. Bd.], S. 83f. Nr. 302).
Daß bei Darstellungen des F.systems auf Einzel- oder Doppelblättern Rücksichtnahme auf den zur Verfügung stehenden Platz Einfluß auf die Disposition der F. hatte, ist selbstverständlich.
2. Anordnung der F.darstellungen
Bei der Anordnung der F.darstellungen bediente man sich in den Beispielen, die zur ersten Gruppe Robert W. Schellers [42, S. 1] bzw. der ersten und zweiten E. Alföldi-Rosenbaums zählen [22, S. 6f.], zweier prinzipiell verschiedener Praktiken: der den geschriebenen Zeilen entsprechenden (fortan: zeilengemäßen) Wiedergabe der F. und derjenigen in Kolumnen. Beide Verfahren gewähren Spielraum für mancherlei Varianten.
a. in Zeilen
Bei der zahlenmäßig dominierenden zeilengemäßen Darstellung der Einer bis Tausender überwiegen die Beispiele, die eine durch drei teilbare Zahl der Hände in einer Zeile zeigen.
Drei Hände pro Zeile waren bisher nur dort anzutreffen, wo man den Abbildungen der F. der linken und denen der rechten Hand jeweils eine ganze Seite einräumte (so Paris [o]: Abb. 19 a und b). Die mit Abstand gängigste und bereits in der ältesten derzeit bekannten Handschrift mit F.darstellungen, in der in Mainz (?) um 813 (?) entstandenen Hs. [t] anzutreffende Anordnung ist die sechszeilige mit sechs Händen pro Zeile; sie ermöglicht es, alle 36 F.abbildungen für die Zahlenwerte von „1“-„9000“ auf einer Seite unterzubringen (vgl. Abb. 4 a, 8 und 14 a). Das parataktische Aufreihen freistehend abgebildeter Hände ist anscheinend nur für die frühen Beispiele bezeichnend (vgl. [t], [y] und Abb. 4 a).
Mit einiger Regelmäßigkeit kehrt auch die Anordnung von vier Zeilen mit je neun Händen wieder, bei der F. für die Einer, Zehner, Hunderter und Tausender jeweils in einer Zeile untergebracht sind; es scheint, als habe man auf diese Disposition zumal dann gern zurückgegriffen, wenn man, auf derselben Seite noch damit beginnend, F. höherer Zahlenwerte vorstellen wollte (vgl. etwa Abb. 18 a; [i]: 36 Hände in drei unterschiedlich dichten Zeilen; in der Hs. [x] sind die beiden Seiten des aufgeschlagenen Buches wie eine Bildtafel zu lesen: erste Zeile F. für „1“-„9“, „10“-„90“, zweite Zeile F. für „100“-900“, „1000“-„9000“; Abb. 17).
Ungewöhnliche Disposition der F.darstellungen zeigt die Hs. [u], die auf Grund eines irrigen Abbildungshinweises bei [22], S. 6, dort in die „erste Gruppe“ geriet, obwohl sie eine sich über sechs Seiten hinziehende Wiedergabe der F. für „1“-„1000000“ enthält: auf den beiden ersten Seiten (Vorder- und Rückseite eines Blattes !) sind in drei Zeilen jeweils fünf Hände abgebildet, in der vierten drei (fol. 58r-v). Vgl. auch Hs. [k] fol. 4v: 7/7/7/6/ 5/4 Hände.
In mehreren Beispielen findet man die F.bilder für die niedrigen Zahlenwerte jeweils in ein eigenes Bildfeld gesetzt, das ein Rahmen umschließt.
Die einfachste Form der Rahmung ist die gitterartige Parzellierung des Schriftspiegels durch horizontale und vertikale Striche oder Bänder. Jene gab es bereits in dem 2. V. 11. Jh. (vgl. Abb. 8, wo die Darstellungen der mit der linken Hand gebildeten F. von denen der rechten Hand durch ein textiertes Band getrennt sind [HAC-TENVS IN LEVA, NVNC IN DEXTERA] und die F.abbildungen von dem zugehörigen Text eingeschlossen sind, vgl. Sp. 1259 und 1267f.); als Beispiel für diese sei auf die Hs. [o] verwiesen (Abb. 19 a und b). Eine kunstvollere Version bietet die Hs. [f] fol. 4r, 1. H. 12. Jh.: Die senkrechten Bänder sind durch die waagerechten gesteckt, die Randlinien der senkrechten Bänder über dem mit „SINISTRA“ beschrifteten Querband, auf das die F.abbildungen für „1“-„6“ gestellt sind, werden mit der jeweils nächsten des folgenden senkrechten Bandes zu einer arkadenartigen Rahmung der Hände in der obersten Zeile zusammengebracht, und die mittleren Arkadenbögen erhielten ornamentale Bekrönungen; die senkrechten Bänder sind durch eine Mittellinie halbiert, die zwischen den Arkaden der obersten F.reihe in einem an eine Pfauenfeder gemahnenden „Auge“ endigt; die senkrechten Bänder liegen auf dem obersten waagerechten Band und sind mit diesem dadurch verbunden, daß sie durch Ringe geflochten sind (von der Rückseite durchschlagende Wiedergaben der Tondi mit den F. für „10“-„80“ verboten die Abbildung). Im Prinzip vergleichbar ist die an ein in sechs senkrechte Bahnen (bei hier je drei waagerechten Streifen) unterteiltes Paneel gemahnende Einteilung in Abb. 24 a. Demgegenüber ist in der Hs. [a] die zeilengemäße Disposition stärker betont: In sechs Streifen steht jeweils eine Reihe von rundbogigen Säulenarkaden (Abb. 14 a).
Neben den genannten Beispielen für die zeilengemäße Anordnung der F.abbildungen für „1“-„9000“ gibt es hin und wieder unregelmäßigere, die sich nicht in der dem F.system immanenten Gliederung in Dreiergruppen schicken (auch solche, bei denen nach zeilengemäßer Notierung der F. [Hände] das System der Disposition bei den höheren Zahlenwerten wechselt, s. Sp. 1290). Der Verdacht liegt nahe, daß es sich bei solchen Produkten um unbedachtes und unverstandenes Kopieren von sachgerechte Disposition zeigenden Vorlagen handelt.
Ein charakteristisches Beispiel hierfür ist die Hs. [g] fol. 251v - wo F. für „1“-„20000“ abgebildet sind (wiederum ein Zeugnis, bei dem auf einer Seite über die Tausender hinausgehende Zahlenwerte vorgestellt sind, wie auch bei Hs. [i], vgl. Sp. 1264): Im Figurativen richtig, doch das F.system nicht erkennen lassend, sind hier in den ersten drei Zeilen je vier F. abgebildet („1“-„4“, „5“-„8“, „9“-„30“), in der vierten Zeile sechs („40“-„90“); in den nächsten drei Zeilen dann in drei Zeilen die F., die mit der rechten Hand gebildet werden -aber: „100“-„300“, „1000“-„3000“; „400“-„600“, „4000“-„6000“; „700“-„900“, „7000“-„9000“. D.h.: hier folgte man der alten, am Entstehungsort von [g] anscheinend bekannten spaltenweisen Disposition von Dreiergruppen (vgl. Sp. 1260 und 1263).
b. in Kolummnen
Darstellungen des F.systems in Kolumnen, unter den erhaltenen ma. Bildzeugnissen eine relativ kleine Minderheit, sind seit dem frühen 11. Jh. nachweisbar. Die Reihe der Beispiele eröffnet die in Norditalien geschaffene Hs. [m], deren Entstehung vielleicht mit dem Datum 1007 in Zusammenhang gebracht werden darf (Abb. 5 a und b). In die Zeitspanne zwischen 1056 und 1086 fällt die Herstellung der Hs. [d] im Skriptorium des Benediktinerklosters S. Salvatore auf dem Monte Amiata (vgl. Sp. 1259). Die jüngeren Beispiele werden in Reims ([q], Abb. 11 a und b) und in Wien aufbewahrt ([z], Abb. 16); jenes ist französischen Ursprungs, dieses kommt aus Regensburg-Prüfening. In der Zeit um 1200 scheint kolumnengemäße Disposition der Rabbildungen aus der Übung gekommen zu sein. Die 1210 datierte spanische Handschrift in Lissabon [g] ist das jüngste mir bisher bekannt gewordene - und bereits nur noch in beschränktem Umfang als Zeuge dienende - Beispiel.
All diesen Wiedergaben des F.systems ist es gemeinsam, daß sie auf die eine oder andere Weise unvollständig oder lückenhaft sind. Bei der Lissabonner Hs. [g] beginnt die kolumnengemäße Anordnung erst mit der F. für „30000“, der ersten von vier auf der linken Spalte von fol. 252r wiedergegebenen Büsten bärtiger Männer, deren einige Täfelchen vorweisen, auf denen der Zahlwert der betreffenden F. steht (hier die „L“; in der nächsten, ebenso bebilderten Spalte halten drei der vier Männer solche Täfelchen, doch blieb das letzte leer und die beiden anderen sind unzutreffend beschriftet); außerdem ging in dieser Hs. verloren, was sonst der besondere Vorzug der kolumnengemäßen Notation gewesen war: das unmittelbare Nebeneinander von dem die F. beschreibenden Text und F.bild (vgl. Abb. 5 a und b, 11 a und b sowie 16). In der Wiener Hs. steht der alle für das F.system einschlägigen Texteinträge enthaltenden Aufzeichnung eine Bildlücke gegenüber, die von der F. für „2“ bis zu der für „9000“ reicht. Die F. für „1“ ist unmittelbar rechts neben den zugehörigen Text gestellt, der vom Beginn der F.beschreibung an dreispaltig geschrieben wurde - im vorausgehenden Text füllen dessen Zeilen die ganze Breite des Schriftspiegels (fol. 22r). Die F.bilder setzen erst mit dem ersten fünfstelligen Zahlenwert in der ersten der weiterhin drei Spalten auf fol. 22v ein. Sie zeigen in breit gerahmten Rundbildern Halbfiguren junger, bartloser Männer in gegürteten, blusig fallenden Ärmelröcken mit einer breiten Borte am Halsausschnitt; die Rahmung wird von den Köpfen der Männer, oft auch von deren Gebärden überschnitten (ebenso wie auf der folgenden Seite, vgl. Abb. 16). Die Besonderheit dieser Handschrift besteht darin, daß die Tondi jeweils von dem die betreffende F. beschreibenden Text oben und seitlich umgeben sind, eine außerordentlich seltene Anordnung, die vielleicht von der in St. Emmeram in Regensburg aufbewahrten Hs. [1], vgl. Abb. 8, angeregt worden ist. Der Text zu jeder F. wird durch einen vor den Spaltenrand gesetzten und farbig hervorgehobenen Anfangsbuchstaben markiert, eine Eigentümlichkeit, die bei den noch zu nennenden Beispielen dieses Typs in noch ausgeprägterem Maße zu beobachten und in der ältesten der Handschriften am aufwendigsten ist (vgl. Abb. 5 a und b).
Lücken sowohl in der Bebilderung wie im Text hat die Hs. vom Monte Amiata [d]: sie enthält, zwischen Hrabanus Maurus, De laudibus s. crucis, und des Beda Kommentar zur Apostelgeschichte eingefügt, auf der linken Spalte F. betreffende Texte und F.abbildungen, die mit einem lateinischen Alphabet kombiniert sind. Links neben dem die F.wiedergabe beschreibenden Text (F. für „1“-„100“ und für „1000“-„3000“) sind die F. wiedergegeben, neben denen die Buchstaben a-y stehen (vgl. Taf. II und Sp. 1276).
Bei den restlichen Handschriften ([m], Abb. 5 a und b; [q] , Abb. 11 a und b) hängt die „Unvollständigkeit“ der F.abbildungen mit der abbreviierenden Beschreibung des F.systems zusammen. Hier handelt es sich in der Tat um Illustration zum Text.
Beda beschreibt die F. für alle Einer und Zehner, von den Hundertern jedoch nur die drei ersten; nachdem damit das System erkennbar gemacht worden ist, genügt der Hinweis „eodem modo et caetera usque ad ·dcccc·“. Entsprechend verfährt er bei den Angaben über die Tausender. Auf die Angaben über die F. für die neun Zehntausender folgen diejenigen für „100000“ und „200000“ und die übrigen bis „900000“, schließlich die Beschreibung der F. für die Million. Aus der unmittelbaren Verbindung von Wort und Bild bei diesen Handschriften resultiert, daß die Serie der F.abbildungen an all den Stellen unvollständig wird, wo Beda über ein „et caetera“ auf die F. der nächsthöheren Dezimaleinheit zu sprechen kommt. Es gibt, nach den F.darstellungen für alle Einer und Zehner sowie für „100“-„300“ einen Sprung auf diejenigen für „1000“-„3000“ sodann wird die „9000“ als letzte der durch Wiedergabe von Händen darstellbaren F. abgebildet. Die neun F. für die Zehntausender sind als Brustbilder (so [q] und die F. für „10000“ und „50000“ in [f]) oder Dreiviertelfiguren (junger, bartloser Männer: [f]) in gerahmten Tondi vorgestellt, im Anschluß daran die für den ersten und zweiten Hunderttausender, dann sogleich die für die Million (in [f] der einzige Bärtige). - In der Hs. [q] trennt Flechtbandornament die F. für die „1“ von den folgenden; eine analoge Trennung der F. für die Zehner von denen für die Hunderter war intendiert, mißlang jedoch: Das Ornament steht vor der F. für „90“.
3. Ganzfigurige Darstellungen des F.systems
Drei Handschriften enthalten im Anschluß an den Text von Beda, De temporum ratione liber, cap. 1, Wiedergaben der F. für „1“ bis zur Million, in denen sämtliche F. von Jünglingen und Männern vorgewiesen werden, die in ganzer Figur vorgestellt und alle mit einem gegürteten Schurz sowie einem lose über die Schultern gelegten Umhang bekleidet sind. Diese Handschriften führt R. W. Scheller als „zweite“ [42, S. 1], E. Alföldi-Rosenbaum als „dritte“ Gruppe auf [22, S. 6f.].
Die älteste der Handschriften wurde im Montecassinensischen Kunstkreis geschaffen (zur Lokalisierung vgl. Elias Avery Lowe, The Beneventan Script, Oxf. 1914, S. 69 und 337, sowie zuletzt M. Rotili a. a. O. [Sp. 1302] S. 24-26) und wird in der Klosterbibliothek von Cava dei Tirreni, vielleicht dem Ort ihrer Entstehung, aufbewahrt ([c]; Taf. III, A und B; vgl. ferner Ausst. Rom, Min., S. 67 Nr. 91). Ihre Illustrationen stammen von verschiedenen Zeichnern. Einer, unverkennbar von byzantinischen Vorlagen stark beeinflußt, steuerte die Wiedergaben der F. bei, von denen es in dieser Handschrift nur die vier ersten und die letzte des F.systems gibt; letztere ist zwar seit langem bekannt (Nachzeichnung bei Bernardo Gaetani d’Aragona, Cod. diplomaticus Cavensis, Mail. und Rom 1873-1893, Bd. 5, App. S. X und 91, Taf. 6), war jedoch bisher ikonographisch nie bestimmt worden.
Die beiden anderen Handschriften enthalten Abbildungen aller F. Die ältere von ihnen - Madrid ([j]; Taf. III, C)- glaubt man in der 1. H. 12. Jh. entstanden; wo, ist noch strittig: wenn in Spanien, dann an einem Ort, wo italienische Vorlagen zugänglich waren (S. M. in Ripoll?; die ältere Lit. genannt im Ausst.kat. „Min. esp. et flamandes ...“ a. a. O. [Sp. 1303] S. 13 Nr. 19; vgl. auch A. Cordoliani [31] bes. S. 8-11, Abb. nach S. 16 [fol. 3r], und E. Alföldi-Rosenbaum [22] S. 6 und 8). - Paris [p], die jüngste der Handschriften, wurde im frühen 14. Jh. in Italien geschaffen (so A. Cordoliani [28]; vgl. auch E. Alföldi-Rosenbaum [22] S. 6 und 8; Taf. III, D).
Es kann kaum Zweifel bestehen, daß alle genannten Handschriften (wie auch immer) auf einen Archetypus zurückgehen. Dessen F.wiedergabe kennzeichnete die dem F.system gemäße Darstellung der Männer als Serie von Dreifigurengruppen: die beiden die F. für die „1“ und die „3“ Zeigenden wenden sich dem frontal Abgebildeten zu, der die „2“ vorweist, und so gruppiert folgen „4“ → „5“ ← „6“ bis „700000“ → „800000“ ← „900000“. Diese Anordnung ist nur in der Madrider Handschrift [j] konsequent: die erste Dreiergruppe (fol. 2va) und die beiden folgenden (fol. 2vb) sind in Kolumnen wiedergegeben, ab den Zehnern sind die Gruppen zeilengemäß angeordnet, jeweils zwei in einer Zeile und auf jeder Seite zwei Zeilen. Ob dieser Wechsel von der kolumnenmäßigen zur seitengemäßen Disposition bereits dem Archetypus eigen war, steht dahin. Auf fol. 4v folgt auf die ebenso gefüllte erste Zeile eine zweite mit einer Dreiergruppe, dieser eine dritte mit der auf Mitte gestellten Wiedergabe der thronenden (!) Million. Die Plazierung der Männer, welche die F. der zehn höchsten Zahlwerte zeigen, gemahnt an ein auf die Spitze gestelltes Dreieck (und an ebenso gestaltete figurale Schriftflächen am Ende eines Kapitels, vgl. Figurensatz, Sp. 944f.). Die Million wird - kennzeichnendes Merkmal für die Illustrationen dieser Handschriftengruppe – durch vor der Brust zusammengesteckte Hände mit ausgestreckten Fingern ausgedrückt (eine sonst kaum vorkommende Auslegung des Beda-Textes, vgl. Sp. 1271f.).
Auch die Handschriften in Cava dei Tirreni [c] und Paris [p] schildern die F. in Gruppen zu dreien. In letzterer beginnt die F.abbildung sogar mit einer solchen, doch von der nächsten Zeile an sind – so wie in Cava dei Tirreni von Anfang an - jeweils vier F. wiedergegeben, ohne daß man der veränderten Disposition durch Änderung der Figurentypen Rechnung trug: Die Dreiergruppen sind auf verschiedene Zeilen verteilt (Taf. III, A: „1“ → „2“ ← „3“, „4“→; [p] fol. 4r: ← „30“, „40“ → „50“ ← „60“; „70“ → „80“ ← „90“, „100“ →, Taf. III, D; „200“ ← „300“, „400“ → „500“). Die Million wird beidemale stehend wiedergegeben, in Cava dei Tirreni auf einer eigenen Seite (Taf. III, B), in Paris - wie es sich so ergab - am Zeilenende, aber als frontal (isoliert) dargestellter Mann.
Entstehungsort und Alter des Archetypus sind noch nicht ermittelt. Bereits die älteste bekannt gewordene Handschrift (Cava dei Tirreni) zeigt, wiewohl künstlerisch die bedeutendste, die Disposition der F.männer in deformierter Weise; ob diese schon früher eingerissen war, steht dahin. Daß die Nachfolge stiftende Handschrift in Süditalien lag (Neapel?, Montecassino?, Benevent?), hat alle Wahrscheinlichkeit für sich; ob diese mit dem Archetypus identisch ist (wie R. W. Scheller es für möglich hält; trotz der Affinität zum byzantinischen Figurenstil komme Byzanz nicht in Betracht, weil es anscheinend keine griechische Literatur über F. gegeben habe: [42] S. 1), bleibt noch Gegenstand weiterer Untersuchungen. E. Alföldi-Rosenbaum erwägt aufgrund der Tatsache, daß andere Darstellungen in der Madrider Handschrift ([j]; astrologische Darstellungen, Arat und Muse) mit Sicherheit auf spätantike Vorlagen (wahrscheinlich des 4. Jh.) zurückgehen, solche auch für die der F. [22, S. 8]; es sei aber wegen der Gewandung der Männer eine Entstehung des Archetyps im byzantinischen Kulturkreis als wenig wahrscheinlich zu erachten.
4. F. für die Zehn- und Hunderttausender
Die Handschriften, die im Anschluß an die Abbildungen von Händen für die F. von Einern, Zehnern, Hundertern und Tausendern figürliche F.darstellungen für die Zehn- und Hunderttausender enthalten, gehören verschiedenen Zweigen der Überlieferung an.
Alle achtzehn F. findet man vornehmlich in den Handschriften mit zeilengemäß angeordneten F.abbildungen; in denen mit kolumnenmäßiger Disposition der F.bilder sind es meist nur elf (vgl. Sp. 1259). Zumeist begleiten die Darstellungen den Beda- oder den Hrabanus Maurus-Text (s. Sp. 1237), kommen jedoch auch als Inserate vor zu Isidors von Sevilla „Etymologiarum libri XX“, hier zu dem Geometrie und Arithmetik behandelnden Text gestellt (so [y], 10.[-11.] Jh., wohl nach wesentlich älterer - karolingischer? - Vorlage; s. unten), und zu Augustinus, De civitate Dei (so [a], vgl. Sp. 1250).
Diese F. werden von Männern (in der Regel unterschiedlichen Alters) vorgewiesen, die meist als Halb- oder Dreiviertelfiguren wiedergegeben und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in einen runden Rahmen gesetzt sind (vgl. Abb. 5 a und b, 6, 11 b, 12, 13 a, 14 b, 16 sowie Abb. 18 a und b, ferner die Hss. [i] und [u], auch [n], wo die Rahmen auf fol. 116v-117v unbebildert blieben). Nur hin und wieder begegnet man der Darstellung von Männerbüsten, so in den Hss. [b] und [g] sowie- Grenzfällen - in [q], vgl. Abb. 11 b, und bei einigen F.abbildungen in [m], vgl. Abb. 5 a (F. für „10000“ und „50000“); zwei dieser Beispiele weichen auch darin von der Norm ab, daß die F.bilder keine Tondi sind (vgl. [b]: Abb. 24 b, und [g], wo die Büsten ungerahmt blieben). Singulär ist - im Rahmen dieser Handschriftengruppe - die ganzfigurige Wiedergabe der F. für „800000“ und „900000“ als Begleiter der ihnen an Körpergröße weit überlegenen F. für die Million in der Leidener Handschrift ([f]: Abb. 13 b).
Nach Ausweis der älteren Zeugen war es zunächst üblich, in einer Zeile zwei Tondi nebeneinander zu stellen (so [n], [u] und [y]: Abb. 6, und später [f] fol. 4v und Abb. 13 a) und auf jeder Seite drei Zeilen unterzubringen (so z. B. Abb. 6). Doch war diese Disposition stets dann gefährdet, wenn man diesen F.bildern nicht so viel Platz - drei Seiten - zubilligen mochte oder das gesamte F.system auf einem einzigen Blatt unterzubringen beabsichtigte. So kam es bereits in der Hs. [y], fol. 136v, dazu, ursprünglich auf zwei Seiten verteilte F.darstellungen („400 000“-„900 000“; „1 000000“) auf einer Seite zusammenzustellen - mit dem Ergebnis, daß die sechs Tondi für die Hunderttausender in zwei Zeilen mit je drei Rundbildern zusammengezwungen wurden, ohne daß die charakteristische Wiedergabe jeweils zweier F. zeigender Männer als ein wie im Dialog begriffenes Paar konsequent korrigiert worden wäre. Drei Tondi in eine Zeile zu stellen, blieb immer ungewöhnlich (vgl. aber die Hss. [i] und [k]: Abb. 12 und fol. 5v, in der Disposition wie [y] fol. 136v). Hingegen kommt es wiederholt vor, daß in einer Zeile zwei Paare F. Vorweisender notiert sind, stets bei Beispielen, in denen das gesamte F.system auf zwei Seiten in Bildern vorgestellt ist: vgl. Abb. 14 b und 18 a und b. Daneben gibt es einige Lösungen, die vermutlich nicht der Konvention entsprachen. Das darf für die Hs. [f] angenommen werden, wo fol. 4v-5r jeweils vier Zeilen mit zwei Tondi stehen (vgl. Abb. 13 a), mit der Folge, daß die F. für den letzten Zehntausender als Überhang auf die Seite geriet, auf der - laut Beischrift - nur mit der rechten Hand zu bildende F. wiedergegeben sind (sic!), und ein weiterer Überhang die Abb. 13 b entnehmbare, oben beschriebene Disposition notwendig machte; auch in der Hs. [w] hat man am Ende der Abbildung des F.systems die F. für die letzten Hunderttausender (sechs!) um die dominierende für die Million komponiert (vgl. Abb. 18 b); zu dem Sonderfall [b] siehe unten.
Die Tondi auf einer Seite in einen rechteckigen Rahmen zu setzen, war anscheinend vor allem in Deutschland gebräuchlich (vgl. Abb. 12, 13 a sowie 14 b, doch auch [i]). Bisweilen wurden auch die Rahmen der Tondi miteinander verbunden, sei es, daß sie sich berühren (wie in [y]: Abb. 6), sich überschneiden (in der Waagerechten: [i]; in der Senkrechten: [f] fol. 5r, infolge ungenauer Disposition) oder - wiederum eine Besonderheit deutscher Handschriften - die Rahmung der Tondi aus in der Senkrechten und in der Waagerechten verschlungenen Bändern besteht (vgl. Abb. 12 und 14 b). Auch hinsichtlich der Rahmung ist die Hs. [b] ohne Parallele: sie gemahnt an die Felderteilung von Paneelen, pro Zeile sind je sechs Büsten untergebracht, von denen die ersten wie die letzten drei sich der Mitte zuwenden, und das wiederholt sich in drei Zeilen (Abb. 24 b).
Eine weitere Handhabe, in das Dunkel der Überlieferungsgeschichte hineinzuleuchten, bieten das Verhältnis zwischen Text (F.beschreibung, Bildbeischriften) und F.abbildungen betreffende Beobachtungen.
Während für die Handschriften mit kolumnenmäßiger Anordnung der F.darstellungen das unmittelbare Nebeneinander von dem eine F. beschreibenden Text und ihrer bildlichen Wiedergabe charakteristisch ist (s. Sp. 1258), wurde in denjenigen mit zeilengemäßer Disposition (auch denen mit ganzfigurigen Abbildungen aller F. des F.systems, s. Sp. 1259f.) F.beschreibung und -abbildung so gut wie immer en bloc notiert und erstere den F.bildern vorausgeschickt (die eine Ausnahme: [u], wo die F.beschreibung gleichsam als Überschrift zu dem betreffenden F.bild notiert ist). Das aber heißt nicht, daß zeilengemäß angeordnete F.abbildungen stets ohne Textbeischriften geblieben wären.
Fast immer sind die Zahlenwerte angegeben (meist in römischen Ziffern). Sie stehen bald innerhalb des gerahmten Bildfeldes (so [a]: Abb. 14 b, in Worten; [b]: Abb. 24 b, in arabischen Ziffern; [i], [u] und [y]: Abb. 6) oder über oder neben diesem (vgl. [g], [k]: Abb. 12, [w]: Abb. 18 a und b; Sonderfall wiederum [f], wo sie auf dem die gerahmten Tondi einfassenden rechteckigen Rahmen seitlich neben dem betreffenden Tondo stehen, vgl. Abb. 13 a). Nur in der Hs. [y] erfolgt diese Angabe in mit größter Sorgfalt geschriebener Capitalis, vielleicht ein weiteres Indiz für den hohen Stellenwert dieser Handschrift innerhalb der Überlieferungsgeschichte (Abb. 6). Einige Male stehen in oder bei den Tondi außerdem auf Stichworte reduzierte Angaben, wie die betreffende F. zu bilden sei, bei der F. für „10 000“ etwa „Decem milia pectori supina“ (so gleichlautend in [f] fol. 4v und [i]; ausführlicher [w], vgl. Abb. 18 a).
Wie die mehrfach erkennbaren Versuche, die Wiedergaben der die F. zeigenden Männer ikonographisch zu regeln, zu bewerten sind, kann hier nicht erörtert werden. Daß es solche Bemühungen gab, steht außer Zweifel.
In einigen Handschriften legten die Hersteller der F.bilder wert darauf, daß die Männer, die diese F. vorzeigen, gleichen Alters sind - entweder alle bärtig (wie z. B. in [g]) oder jugendlich-bartlos (wie in [k], [m] und [z]) - und/oder gleiche Kleidung tragen: die Jungen gegürtete Ärmelröcke mit geschmückten Borten am Halsausschnitt (so [k]: Abb. 12, [m]: Abb. 5 a und b, sowie [z] fol. 22v und Abb. 16) und in der Mitte ihres Rockes [k; m], die Alten außer dem Ärmelrock einen den Schultern aufliegenden Umhang (so [g] und [q]: Abb. 11 a und b).
Eine ganze Reihe Handschriften, meist solche italienischer Herkunft, aber auch [f] und [i], gibt die F. für „10 000“ durch einen Tonsurierten wieder. Die seinem Stand gemäße Kleidung ist ihm in [y] gegeben (s. Abb. 6); in anderen Darstellungen bleibt es unersichtlich, wie sich Tonsur und Kleidung vereinbaren lassen (so in [f] fol. 4v). Zu oft ist der Geistliche, der die F. für „10000“ zeigt, frontal abgebildet, während der die F. für „20 000“ Bildende sich ihm entschieden zuwendet (und die folgenden F.bilder einander sich zukehrende Partner sind), als daß man bezweifeln könnte, daß hier ein ikonographischer Topos vorliege.
Die Wiedergabe von Tonsurierten (und Männern, denen man es ansieht, daß sie in der benutzten Bildvorlage eine Tonsur hatten: vgl. nur die Darstellungen in [u]) ist nicht auf die F. für „10000“ beschränkt. Eine Regel, welche F. von Tonsurierten vorzuweisen sind, hat es offenbar nicht gegeben, so daß man die beispiellose Häufung von so Dargestellten in [y] - F. für „10“-, „30“-, „50“-, „90“-, „100“-, „300“- bis „500“- und „700“-Tausend - wohl nur als Reverenz gegenüber dem Auftraggeber erachten möchte.
Wiederholtes Vorkommen bestimmter Körperhaltungen bei F.bildern für die selben Zahlenwerte indiziert überlieferungsgeschichtliche Zusammenhänge.
Insofern die Körperhaltungen mit der Disposition der F.bilder im ganzen etwas zu tun haben, ist das hier Nötige bereits gesagt (s. oben Sp. 1264).
Bei den Gebärden ist zu unterscheiden zwischen solchen, die durch das F.system vorgeschrieben werden, und solchen, die nicht durch dieses festgelegt und, wie auch immer geartet, akzidentiell sind.
Bei der Wiedergabe der für die jeweilige F.abbildung kennzeichnenden Gebärden kam es mehrfach zu Darstellungen, die das in den F.beschreibungen Geforderte fehlerhaft vorstellen. Die einzelnen F.bilder von Fall zu Fall auf ihre Richtigkeit hin – ihre Übereinstimmung mit der F.beschreibung - zu überprüfen, ist eine hier nicht zu leistende editorische Aufgabe. Daher bleibt es unerörtert, wo das Mißlingen der Wiedergabe einmalig ist und wo es Tradition hat.
Die Gebärden der jeweils „freien“ Hand unterliegen anscheinend keiner generellen Regelmäßigkeit; z.T. sind sie von der Attributvergabe bedingt (s. unten). Wohlbedachte Bilderfindung scheint es gewesen zu sein, den Mann, der die F. für „10000“ vorstellt, auf sein (vom Beschauer aus gesehen) linkes Auge oder seine linke Gesichtshälfte zeigen zu lassen, um darauf hinzuweisen, daß die Zehntausender mit der linken Hand gebildet werden (vgl. [f] fol. 4v, [i], [k]: Abb. 12, [m]: Abb. 5 a, [q]: Abb. 11 b, [u] fol. 59r, [y]: Abb. 6, [z] fol. 22). Für die Richtigkeit dieser Lesung spricht die Tatsache, daß in allen aufgeführten Handschriften (außer [i], wo die Darstellung fehlt) der Mann, der die F. für „100000“ zeigt, umgekehrt - mit unterschiedlicher Deutlichkeit - mit der Gebärde seiner Linken auf diese vom Beschauer aus rechte Seite hinweist, weil die Hunderttausender mit der Rechten gebildet werden. Auch bei der Wiedergabe der F. für „50 000“ und für „500 000“ scheinen entsprechende Intentionen die Gebärdensprache bestimmt zu haben.
Vielmals, doch ohne Regel wurden den die F. für die Zehn- und Hunderttausender vorweisenden Männern Attribute zugeteilt; es gibt jedoch keine bildliche Darstellung dieser F., in der alle F.bilder mit Attributen ausgestattet sind, und es ist auch nicht erkennbar, daß der eine oder andere Zahlenwert in höherem Maße zur Zuteilung von Attributen ermuntert hätte. In manchen Handschriften ist grundsätzlich darauf verzichtet, den F. bildenden Männern Attribute zu geben (so in [w]: Abb. 18 a und b).
Das bei weitem am häufigsten vorkommende Attribut ist ein Buch: F. für „20 000“-„40 000“ in den Hss. [u], [y] und [f], doch in [u] nie, in [y] manchmal und in [f] immer mit verhüllter Hand gehalten; Buch oder Rolle hat außer den F. für dieselben Zahlenwerte noch die für „200 000“ in der Hs. [m]: Abb. 5 a und b; unter den Hunderttausendern sind ferner vertreten: die F. für „200 000“ (in [y]), „300 000“ (in [y]), „400 000“ (in [f]: Abb. 13 a, und [z]: Abb. 16), „600000“ (in [y]) und „900 000“ (in [z]: Abb. 16). - Täfelchen, in welchen der jeweilige Zahlenwert der F. steht - oder stehen sollte -, halten die Alten in der Hs. [g], die F. für „50 000“ und „70 000“-„100 000“ vorstellen („L“, „XX“!, „XXX“!, „XC“, untextiert). Oft ist das Buch (Täfelchen) das einzige in den F.darstellungen in einer Handschrift vergebene Attribut. - Kein zweites Beispiel ist so reich an Attributen wie die Hs. [k]: Abb. 12 und fol. 5v.
Bisweilen sind einzelne Männer durch ihre Kleidung, insbesondere durch die Kopfbedeckungen gegenüber anderen in derselben Handschrift hervorgehoben. Die F. für „300 000“ ist in der Hs. [f] als Gekrönter vorgestellt (Abb. 13 a), mehrfach tragen die Männer Magisterhüte (z. B. die F. für „30 000“ und „40 000“ in der Hs. [q]: Abb. 11 b) oder Kopfbedeckungen, die nicht ohne weiteres auf Stand und Beruf zu schließen gestatten (so zumal in der Hs. [f], F. für „50 000“-„70 000“ [fol. 4v] und „800 000“: Abb. 13 b). - Ohne Parallele sind die F.bilder in der Hs. [w], sowohl die nur mit einem Schurz bekleideten jungen Männer (F. für „10 000“-„200 000“: Abb. 18 a) als auch die unbekleideten (F. für „300 000“-„900 000“: Abb. 18 a und b).
5. F. für die Million
Darstellungen der F. für die Million waren in etwa der Hälfte der mit F.abbildungen versehenen Handschriften anzutreffen (in wievielen der bebilderten Handschriften die F. für die Million zwar beschrieben, jedoch nicht abgebildet sind, wurde nicht überprüft). Die Beispiele datieren aus der Zeit vom 10. Jh. bis in die Frühzeit des 16. Jh.; die Mehrzahl von ihnen entstand im ausgehenden Hoch-MA. Sie können nach der Armhaltung in zwei Gruppen geschieden werden. Für die eine ist das Kreuzen der ausgestreckten Finger der vor die Brust genommenen Hände charakteristisch, für die andere das Kreuzen der ausgestreckten Finger der über den Kopf gehaltenen Hände.
Die Beispiele, die der erstgenannten Gruppe angehören, können wenigstens teilweise mit einem bestimmten Überlieferungsstrang verbunden werden: nur in den Handschriften, in denen alle F. in ganzer Figur wiedergegeben sind, zeigen die F.abbildungen für die Million regelmäßig diese kennzeichnende Gebärde (vgl. Sp. 1260 und Taf. III, B), jedoch sind diese Darstellungen sonst denkbar verschieden.
In der Hs. [c] ist dem F.bild eine ganze Seite eingeräumt, auf der es ungerahmt und unbeschriftet steht: es zeigt einen bärtigen Mann, der eine kegelförmige Kopfbedeckung trägt und mit einem Schurz und einem Umhang bekleidet ist. Der bärtige Alte, der in der Hs. [j] die F. für die Million vorstellt, sitzt auf einem ausladenden Thron, dem Rang der von ihm repräsentierten F. entsprechend; es ist die einzige bisher bekannt gewordene F.abbildung, die den eine F. Vorweisenden thronend zeigt (sitzend sonst nur noch der die F. für die „1“ zeigende Bartlose in der Hs. [s], vgl. Abb. 10 a und Sp. 1277). In der Hs. [p] unterscheidet sich der diese F. Demonstrierende von den übrigen F. Tragenden nur dadurch, daß er nicht zu einer Dreiergruppe gehört (vgl. Sp. 1263).
Ansonsten kommt der durch diese Armhaltung charakterisierte Typus nur noch sehr sporadisch vor.
In der Hs. [w] zeigt sie ein bartloser junger Mann, der sich von den ihm benachbarten Männern mit F. für „400 000“-„900 000“ dadurch unterscheidet, daß er in ganzer Figur wiedergegeben ist, in einer Mandorla steht und einen schlichten gegürteten Ärmelrock trägt, während jene als Dreiviertelfiguren in Tondi und nackt dargestellt sind (!; vgl. Abb. 18 b). Ebenso singulär ist die Darstellung für „1 000 000“ in der Hs. [b], die von einem Halbkreis gerahmte Büste eines Magisters (Abb. 24 b): in ma. Handschriften ist ganzfigurige Abbildung des die F. für die Million Zeigenden die fast nie unterbrochene Regel (die eine bekannte Ausnahme ist eine der zweiten Gruppe zugehörige Darstellung: Abb. 14 b).
Die häufiger belegbaren Beispiele der zweiten Gruppe sind in ihren Bildtypen noch disparater; nur mit Mühe sind einige Motive benennbar, die als Kriterien für eine Gruppierung dienen könnten. Unmittelbare Zusammenhänge zwischen den Darstellungen sind nirgends zu konstatieren, und so bestätigen auch die im folgenden aufzuführenden Zeugnisse nur erneut, daß die Denkmälerverluste zu groß sind, als daß man noch zusammenhängende Überlieferungen ausmachen könnte. Daher mögen Hinweise auf einige beachtenswerte Einzelmotive hier genügen.
Die Abbildung des die F. für „1 000 000“ Zeigenden ist zumeist von den Wiedergaben seiner Vorgänger formal deutlich abgesetzt, sei es, daß sie aus dem Kontinuum der F.abbildungen herausgelöst oder durch nur ihr zugebilligte Rahmung „spezialisiert“ wurde. Letzteres ist dort am augenfälligsten, wo der F.abbildung für die Million eine eigene Seite zugestanden ist (und diese gar in eine Mandorla gestellt ist, wie in dem ältesten Beispiel für diese Gruppe, das einen mit einer Albe bekleideten Tonsurierten die F. zeigen läßt; Abb. 4 b). In anderen Fällen ist die F.abbildung durch Plazierung (vgl. etwa Abb. 5 b) und nur ihr zugestandene Rahmung besonders hervorgehoben: Sie steht in einer Rundbogenarkade [k, fol. 5v], wird von einem runden Rahmen eingefaßt, der mit denen benachbarter F.abbildungen verkettet ist (vgl. Abb. 14 b); sie überragt ihre Nachbarn (F. für „800 000“ f.) durch ihre (Bedeutungs-)Größe (Abb. 13 b, vgl. auch Abb. 16; auch das zur erstgenannten Gruppe gehörende Brustbild eines Magisters in der Hs. [b] ist durch diese von seinen Vorgängern markant abgesetzt: Abb. 24 b).
Oft kommt der formalen Hervorhebung ikonographische Kennzeichnung zu Hilfe. In dieser Beziehung fällt die Darstellung Tonsurierter auf (vgl. Abb. 4 b, 9, 13 b und 14 b).
Gewöhnlich sind die so Dargestellten namenlos geblieben. In der Hs. [a] ist jedoch die gegen alle Regel als Dreiviertelfigur abgebildete Gestalt unter dem sie umschließenden Rund des Rahmens namentlich als „Beatus Beda presbyter“ bezeichnet (daneben steht „Decies centena milia“ - sonst sind die Angaben des betreffenden Zahlenwertes in dieser Handschrift stets den Darstellungen in den Tondi beigeschrieben). Der Grund, die höchste der F. mit dem Namen des Beda zu verbinden, kann den zu beiden Seiten des Rahmens stehenden Versen entnommen werden, in denen Beda als Bewahrer des in der Schrift Gesagten gerühmt wird, darin dem Hieronymus ähnlich, der sich gegen den Häretiker Iovinianus ebenfalls der lobwürdigen Kunst des F.gebrauchs bedient habe (vgl. V. Rose a. a. O. [Sp. 1250] S. 84 und Hans Walther, Initia carminum ac versuum medii aevi posterioris lat., Gött. 21969 Der Name des Attributs „[Sache“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. medii aevi posterioris lat. I/l], S. 207 Nr. 4130). Ob auch mit älteren Wiedergaben von Tonsurierten Beda gemeint ist, läßt sich nicht entscheiden. Einige der Geistlichen scheinen eine Art Glockenkasel zu tragen (vgl. Abb. 9 und 14 b). Ob dieses Detail als Indiz für ein gemeinsames Urbild genommen werden darf, bleibe dahingestellt; es gewönne erst dann an Gewicht, wenn auch andere Berührungspunkte zwischen den betreffenden Handschriften bestünden. Daß die Kleidung der Tonsurierten nicht immer der ihres Standes entspricht, zeigt die Darstellung in der Leidener Hrabanus Maurus-Handschrift [f]: Abb. 13 b.
Einigemale wird die F. für die Million durch einen breitbeinig dastehenden jüngeren Mann wiedergegeben, der einen gegürteten weiten, kurzen, die Knie unbedeckt lassenden Rock und einen ebenfalls weiten, doch ziemlich kurzen Umhang trägt und auffallend detailliert wiedergegebene Stiefel anhat (vgl. Abb. 5 b und 11 b). Zu dieser Ähnlichkeit kommt hier die den Handschriften [m] und [q] gemeinsame kolumnenmäßige Disposition der F. hinzu (vgl. Sp. 1257). Letztere besitzt freilich auch die Hs. [z], in der die F. für die Million ganz anders vorgestellt wird (Abb. 16). Ein Sonderfall ist die Abbildung dieser F. durch einen sehr jungen Mann, der sich in seiner Kleidung nicht von seinen Vorgängern unterscheidet [k, fol. 5v].
6. Sonderfälle
Einige Handschriften des MA enthalten Abbildungen von F. - zumeist derjenigen für „1“-„100“ -, die sich der gängigen groben Klassifizierung der F.darstellungen in drei Gruppen (vgl. Sp. 1248), auf die eine oder andere Weise entziehen. Ob es sich bei jenen Zeugnissen um Sonderfälle handelt, wie es beim derzeitigen Kenntnisstand den Anschein haben muß, oder ob sie Zeugen einer einstmals reicheren Überlieferung sind, von der sie, bedingt durch die Zufälligkeit der Denkmälererhaltung, allein noch Kunde geben, bleibe dahingestellt.
Die Abbildungen der F. im Cod. Ross. lat. 247 der Bibl. Vat. [v], 11. Jh., sind im ma. Handschriftenbestand singulär; sie gehören nicht zu den üblichen Darstellungen des F.systems, sondern vielmehr zu einem bislang ungedeuteten Inserat, das zwischen komputistische Merkverse eingefügt ist. Auf fol. 69v(Abb. 7) stehen, nach den Ziffern „I“-„VII“, in einer Zeile die griechischen Namen der Tage (schlimm verderbt), unter diesen „FERIA I.“ - „FERIA VII.“; unvermittelt folgt eine Zeile von sieben F. (6-6-5-1-6-5-1), aufgereckten, aus starkfarbig in Rot und Blau gefärbten Ärmelenden hervorkommenden Händen, bei denen bisweilen die Fingergelenke überdeutlich angegeben sind. In den nächsten Zeilen werden die Namen der einzelnen Finger unter Zuhilfenahme der Etymologie erklärt und Auskünfte gegeben, weshalb man sie insgesamt „digiti“ nenne. Anschließend sind acht Merkverse, die auf acht Kapitel von Beda, De temporum ratione liber, Bezug nehmen (auf die Kapitel 42, 43, 50, 53, 56, 58, 59 und 61) und hier unter dem Titel „Versus cicli anni versalis“ stehen (sonst auch „Carmen de cyclo paschali“ oder „De tramitibus XIXlis cycli“, inc. „Linea, Christe, tuos prima est quae continet annos“: vgl. H. Walther a. a. O. [Sp. 1273] S. 525 Nr. 10329 sowie A. Cordoliani, Contribution à la lit. du comput eccl. au moyen âge, Studi medievali 3a ser. 1, 1960, S. 113, und 3a ser. 2, 1961, S. 194, mit fehlerhaftem Incipit und ohne Hinweis auf Abb. 7).
Sonderfall ist Hs. [d] insofern, als es die einzige mir bisher bekannt gewordene ist, in der F.abbildungen von den Buchstaben des lateinischen Alphabets begleitet sind (leider erlaubt der Zustand der Handschrift keine befriedigende Reproduktion; vgl. Taf. II und Sp. 1259).
In der Hs. [s] begleiten marginal angeordnete F.abbildungen für „1“-„100“ den Text von Bedas „De temporum ratione liber“, cap. 1 (Abb. 10 a und b). Schon in der Disposition der F.bilder hat die in Lyon entstandene Handschrift des (11.-)12. Jh. nicht ihresgleichen (die Datierung ins 7. Jh. bei [22] S. 6 Anm. 21 dürfte ein Druckfehler sein). Hier führen teils in ganzer Gestalt wiedergegebene, unterschiedlich gekleidete Männer, teils im Brustbild dargestellte die F. vor. Die Bildreihe beginnt rechts oben auf einer verso-Seite und ist entgegen dem Uhrzeigersinn bis auf die folgende recto-Seite fortzulesen. Zwei bartlose Männer in langem Rock und vor der Brust zusammengehaltenem Mantel, dargestellt wie im Dialog begriffen, eröffnen sie: Der rechts „Sitzende“, der die „1“ an seiner Linken trägt, zeigt mit der Rechten auf seine F. Der vor ihm Stehende, der mit der Linken seinen „par numerus“ demonstriert, weist hingegen auf seinen Gesprächspartner. Durch die letzten Zeilen auf das Explicit der Capitulatio von dem Paar getrennt, folgt links oben der die „3“ zeigende Mann, eine Ganzfigur auch er, aber schlechter gekleidet, angetan nur mit einem knielangen gegürteten Rock - „mediocriter“, wie es dem „impar numerus“ angemessen ist. Plazierung und ikonographische Kennzeichnung durch Kleid und Gebärden haben eine deutliche Konsonanz zu den arithmetischen Klassifizierungen der Monas „1“ sowie derjenigen der „2“ (als erstem „par numerus“) und der „3“ (als erstem „impar numerus“). Unter der F.figur für die „3“ folgen dann Büsten zumeist bärtiger Männer, die mit unterschiedlicher Entschiedenheit auf die „1“ hinblicken und die F. für die restlichen Einer demonstrieren. Unten links beschließt die Ganzfigur des wie die „3“ gekleideten, die F. für „10“ zeigenden Mannes die Figurenkolumne am linken Rand; er ist durch ein untextiert gebliebenes Spruchband „ausgezeichnet“. Am unteren Rand dieser und der folgenden Seite schließen sich die (wegen Beschnitts nicht mehr ganzfigurigen) Zehner an, die sich alle der „10“ zuwenden und wie diese gekleidet sind. Am rechten Bildrand der recto-Seite, deutlich von den Zehnern abgesetzt, ist die „100“ wiedergegeben, an ikonographischer Ausstattung allen vorhergegangenen Darstellungen überlegen: würdiger gekleidet, so wie die „1“ und die „2“, aber außerdem mit einer Art phrygischer Mütze auf dem Haupt und mit einem Stock in der Linken, die zugleich auf die mit der Rechten gebildete F. „100“ zeigt. Damit endet die Folge der F.bilder, die gleichermaßen Darstellung des F.systems wie dessen Glossierung ist und außerdem Qualitäten sowie Charaktere der verschiedenen Zahlen andeutet. Hat man es bei dieser so kunstvoll durchdachten ikonographischen Konzeption mit einem einmaligen Versuch zu tun?
Eine gegen oder um 1400 in der Toskana entstandene Handschrift der Bibl. Laur. in Florenz [e], die wissenschaftliche Miscellanea in lateinischer und italienischer Sprache enthält, zeigt auf fol. 5v(Abb. 20) in drei Zeilen Abbildungen der F. für „1“-„100“. Die Reihe der F. – Hände, die stets unter der Handwurzel mit dem jeweils dargestellten Zahlenwert in arabischen Ziffern bezeichnet sind (gibt es ältere – andere – Beispiele für die Beischrift solcher Ziffern in ma. Handschriften mit F.wiedergaben?) – wird vor der letzten unterbrochen durch die Darstellung eines auf einem niedrigen Kissen sitzenden, der mit beredter Gestik signalisiert, daß nach den mit der Linken zu bildenden Einern und Zehnern mit der Hundert das Vorstellen von F. an die rechte Hand überzugehen habe. Darunter sieht man einen Magister, der einem vor ihm stehenden Schüler die Aufgabe stellt, die Wurzel aus Zehn zu ziehen („Truovami radice di 10“); der Schüler antwortet: „Radice di 10 sie 3 37/228“. Bei diesem Dialog ist ein langhaariger Hund mit erhobenem Kopf und Schwanz zugegen, der bellend (oder heulend?) sich ins Geschehen einmischt. Da auch sonst F.darstellungen ein Zotteltier zugesellt wurde (so in [z] ein Bär: Abb. 16), bleibt zu erkunden, was für eine Bewandtnis es mit dieser Beigabe hat oder gehabt haben könnte.
V. Neuzeit
A. Revision und Tradition des Fingerzahlensystems
Vom späteren 15. Jh. an und besonders im 16. Jh. ist ein verstärktes Interesse an F. zu beobachten. Neben dem tradierten F.system, das, wenngleich bisweilen modifiziert, auch weiterhin das bestbekannte, am häufigsten zitierte und abgebildete war und dessen Kenntnis in allen Jahrhunderten der Neuzeit erhalten blieb, tauchen andere, nicht so vollständige und weniger ambitionierte Methoden der Wiedergabe von Zahlenwerten durch F. auf. Fast alle der hier unberücksichtigt gebliebenen F.systeme (vgl. Sp. 1225f.) werden in dem genannten Zeitraum für uns erstmals faßbar: das Vorstellen von Zahlenwerten durch die ausgestreckten Finger einer Hand, bei Zahlen über „5“ beider Hände (s. Sp. 1225); das nur zehn F. umfassende „F.system“ für Kaufleute, das Petrus Apianus (a. a. O. [Sp. 1225]) bekannt machte (Taf. IV, A) und das auch im 18. Jh. noch im Bild wiedergegeben wurde (Taf. IV, B); das F.system, vermittels dessen sich Taubstumme über Zahlen verständigen (Taf. IV, E). Ein Spätling jenes Interesses scheint die eher spielerisch anmutende, doch auch in Betrachtungen über Zahlzeichen und Rechnen in der Antike als Argument bemühte Abbildung der römischen Buchstaben mit Zahlenwert durch Fingerhaltungen zu sein, die zumal durch Gg. Ph. Harsdörffer bekannt ([13] S. 294-297; Taf. IV, C) und ebenfalls noch im 18. Jh. der Wiedergabe für wert erachtet wurde (Taf. IV, D).
Die Überlieferung des alten F.systems vom MA in die Neuzeit liegt am deutlichsten in Italien zutage, wo kein Geringerer als Leonardo Fibonacci den F.gebrauch empfohlen hatte (s. Sp. 1246). Dort kam es auch zu den für die Folgezeit entscheidenden Neuerungen, die mit den Namen Luca Pacioli (Lucas de Burgo Sancti Sepulcri, Lucas Minoritanus, um 1445-um 1510) und Giov. Pierio Valeriano (1477-nach 1558) verbunden sind.
Luca Pacioli revidierte das tradierte F.system, das er hinsichtlich der Wiedergabe der Hunderter und der Tausender für inkonsequent erachtete, weil bei den Fingerhaltungen der rechten Hand die niedrigeren Zahlenwerte denen der linken Hand, d. h. denen für die Einer, nicht entsprächen [2]. Pacioli behielt die F. der linken Hand, diejenigen für Einer und Zehner, bei, wollte aber, daß mit der rechten Hand die Hunderter entsprechend den Einern, die Tausender entsprechend den Zehnern dargestellt würden; die fünfstelligen und noch höheren Zahlenwerte ließ er unberücksichtigt (vgl. Abb. 23 und 36 a). Die Modifikationen des alten F.systems durch Pacioli wurden in der Praxis, nimmt man ihre Aufnahme in Handbücher der Rechenkunst als Maßstab, rasch aufgegriffen und mindestens seit dem 2. Dr. 16. Jh. von anderen einflußreichen Autoren als Verbesserung eingeschätzt (s. unten).
Valeriano [7] gehört zur Gruppe der letzteren. Er war anscheinend der Erste, der ausführlich auf die Geschichte des F.gebrauchs einging, die sich ihm vorwiegend als aus Schriftquellen ablesbare darstellte. Diese trug er mit erstaunlicher Vollständigkeit zusammen (s. Sp. 1229). Seine wichtigste Innovation ist jedoch die Art der Verquickung von F. und Zahlenallegorie; sie machte F.darstellung zur Wiedergabe von an die betreffende Zahl geknüpften Allegorien geeignet und eröffnete damit jener bisher auf die Fixierung realer Zahlenwerte beschränkten Darstellungsweise ein schier unübersehbar weites Feld, das der Hieroglyphik und Emblematik (über seinen Beitrag zur Veranschaulichung des F.systems nach Pacioli s. Sp. 1284).
Seit Pacioli gab es zwei verschiedene Überlieferungsstränge des zuvor so gut wie einheitlich tradierten F.systems. Es war fortan eine Frage des Ermessens (und der intendierten Absicht), ob man dem „alten“ F.system, das zunehmend mehr als das des „Beda“ ausgegeben wurde, oder dem (wohl auch von den meisten Zeitgenossen praktizierten) „neuen“ nach Pacioli folgen wollte. Demgemäß nehmen Erörterungen über Vorzüge und Nachteile der einen oder der anderen Eversion in der Literatur des 16.-18. Jh. relativ breiten Raum ein, wobei Praxis und literarische, oft von bildlichen Wiedergaben des F.systems begleitete Erörterung immer weiter auseinanderklafft. Das F.system „des Beda“ wurde mehr und mehr zu einem Gegenstand vorwiegend antiquarischen Interesses. Wie sich diese Entwicklung im einzelnen abspielte und welchen Zeitraum sie beanspruchte, ist beim Fehlen aller Untersuchungen derzeit noch nicht erkennbar. Im 18. Jh. unterschied J. Leupold [17] zwischen „Der Finger Rechnung“ (nach Pacioli; Abb. 36 a) und „Der Alten Finger = Rechnung“, „wie solche bey dem Beda entlehnet“ (Abb. 36 b). Nach und nach wurde das F.system „nach Beda“ zum Begriff für das Alte (und wohl auch kaum mehr Praktizierte). Die Abkehr von dem abbildhaften F.system „nach Beda“ zugunsten des systematisch-korrekteren „neuen“ nach Pacioli, das der unmittelbar anschaulichen Vermittelbarkeit (vgl. Sp. 1228) entbehrt, leitete die letzte Phase einer damals Jahrtausende alten Tradition ein; spätestens seit der M. 19. Jh. fristet auch das F.system nach Pacioli - wie der F.gebrauch nach beiden Systemen - als Thema der Gelehrtenliteratur ein nur mehr literarisches Dasein; „berichtigende“ Abstraktion brachte zunächst den letzten Rest einer aus der Antike stammenden Tradition, dann den Gebrauch jener Fingergesten zur Kennzeichnung von Zahlenwerten zum Versiegen.
Die durch und seit Pacioli aufgespaltene Überlieferung des hier interessierenden F.systems hatte gravierende Folgen. In Darstellungen des „alten“ F.systems „nach Beda“ schlichen sich Fehler ein (vgl. Abb. 36 b), die aus dem Widerspruch zwischen literarischer Tradition und zeitgenössischer Praxis resultieren. Das Erkennen von F. für Hunderter und Tausender in bildlichen Darstellungen, die nicht Abbildungen des F.systems im Ganzen sind, ist mit einem Unsicherheitsfaktor behaftet: soll die Abbildung nach „Beda“ oder nach Pacioli gelesen und ggf. dann nach Valeriano - wie? - interpretiert werden? Ist z. B. die F., die der Arithmetik-Repräsentant Arcimboldos zeigt (Abb. 30) nach „Beda“ als die für „2000“ zu bestimmen oder, was ich für wahrscheinlicher halte, nach Pacioli als die für „200“? Sicher ist nur, daß hier keine „3“ abgebildet ist, wie behauptet wurde (Andreas Beyer, Gius. Arcimboldo, Figurinen. Kostüme für höfische Feste, Ffm. 1983 [insel taschenbuch, 680], S. 74 Nr. 4).
Für die Kenntnis (und die Überlieferung) der F.systeme „nach Beda“ und nach Pacioli sorgten in der Neuzeit Veröffentlichungen sehr unterschiedlicher Art.
Da gibt es zunächst die Handbücher der Rechenkunst, die im Hinblick auf den Gebrauch von F. bei Rechenoperationen über diese informieren (vgl. z. B. [1], [2], [4] und [5]; nach dem 2. Dr. 16. Jh. erschienene Lehrbücher der Arithmetik wurden nicht überprüft). Über Zahlen, Zählen, Zahlzeichen und das Rechnen „bei den Alten“ unter Einschluß von Bemerkungen über F. handelnde Publikationen sind kaum auf einen Nenner zu bringen, da ihre Verfasser, wie manchmal bereits dem Titel abzulesen ist, sehr verschiedene Ziele verfolgten; hier seien - für viele weitere Titel genannt: „De numeris libri duo“ des J. Bronchorst ([4]; Abb. 26) sowie das „Theatrum Arithmetico-Geometricum“ des J. Leupold ([17]; Abb. 36 a und b, Taf. IV, B und D).
In anderen Betrachtungen sind die Grenzen zur Hieroglyphik fließend (vgl. etwa J. B. Portas Ausführungen über F. [10; 11]), in die Valeriano die F. eingebracht hatte ([7; 7 a-i]; Abb. 27). Als Beispiele aus der Literatur zur Hieroglyphik und Emblematik sind zu nennen: die „Hieroglyphica“ des J. Goropius ([9]; s. Sp. 1288) sowie O. Scarlatinis allegorische Erklärungen des Menschen und all seiner Körperteile, der s. v. „Digiti“ den F. ein längeres Kapitel einräumt und darin, obwohl unbebildert, bemerkenswerte Hinweise für die F.darstellung gibt: Die F. für die Einer sollen frontal gezeigt werden, die für die Zehner im Profil, und das gelte entsprechend für die F. der rechten Hand ([12]; [12a] S. 237).
Mehr auf das Praktische zielt das Interesse an F. bei den Verfassern von Lehrbüchern für Redner; so haben z. B., Quintilians Rat eingedenk (s. Sp. 1231), J. Bulwer in seiner „Chironomia“ ([14]; vgl. Abb. 36 a) und V. Requeno in seiner „Scoperta della chironomia“ ([19]; Abb. 37 a-c) den Rednern die F. in Wort und Bild nahegebracht und deren Gebrauch empfohlen. Jener legte dabei das F.system des Pacioli zugrunde, dieser das des „Beda“, dessen Text er abdruckte.
Aus wissenschaftlichem Interesse waren F. unter den Aspekten verschiedener Disziplinen beachtenswert. Für Philologen bot zum einen die Edition von Texten, in denen ein F.system im einzelnen beschrieben ist, Anlaß, auf sie einzugehen: vgl. die Beda-Ausgaben des Aventinus ([3]; Abb. 25), von V. Requeno [19] sowie N. H. Gundlings Edition von Aventinus’ „Abacus“ ([3a]; Abb. 34) und die Ausgaben bzw. Übersetzungen von dem Traktat des Nikolaus von Smyrna (s. Sp. 1241f.) durch P. Possinus [15] und J. A. Fabricius ([16]; Abb. 35); letztere gingen in die theologische Literatur ein (vgl. E. Rödiger a. a. O. [Sp. 1242] S. 18f.). Zum andern gab die Kommentierung von Werken (meist antiker Autoren), in denen des F.gebrauchs gedacht worden war, Anlaß, sich über F. zu verbreiten. Um nur ein Beispiel aufzuführen: Petrus Colvus, der seiner Ausg. von „L. Apuleii opera omnia quae exstant“ (Leiden 1588) Erläuterungen hinzufügte (In L. Apuleii opera omnia, Notae uberiores, Leiden 1588; vgl. über F. ebd. S. 266f., zu Apuleius, Apologia 89: ed. P. Colvus a. a. O. S. 375.2f. und R. Helms a. a. O. [Sp. 1231] S. 99.4f.).
Oft gab die Nachricht über die angeblich von Numa gestiftete Janusstatue (s. Sp. 1233f.) den Anstoß, über F. zu handeln. Dabei stand zumeist mythographisches Interesse im Vordergrund. Man vgl. etwa Giraldi 1548 ([6]; der dort gegebene Hinweis auf eine frühere Beschäftigung mit dem Thema F. in seinen „Historiae poetarum“, Dialogus V [in: Ders., Operum quae extant omnia, T. 2, Basel 1580, S. 221f.] ist unergiebig); Gg. Pictorius 1558 (s. Sp. 1296 und Abb. 28); Cartari 1571 (s. Sp. 1296f. und Abb. 31); Porta [10] S. 22; ders. [11] S. 46 (!, r. S. 47); Alciati ed. Johs. Thuilius, Padua 1621 u. ö., S. 109; Pomey 1659 (Ausg. Utrecht 1697, S. 123); usw. - Bernard de Montfaucon O.S.B. kam aus antiquarisch-archäologischem Interesse auf die Janusstatue und ihre F. zu sprechen (Antiquité expliquée et representée en figures. Tome premier: Les Dieux des Grecs et Romains. Premiere partie: Les Dieux du premier, du second et du troisieme rang, selon l’ordre du tems, Paris 1719, S. 30; vgl. die Übers. ins Englische von David Humphreys, Bd. 1, Ld. 1721 [Ndr., ed. Stephen Orgel, Ld. und New York 1976; The Renss. and the Gods, 36], S. 16f.; eliminiert in der Übers. ins Deutsche von Joh. Jak. Schatz, versehen mit Anm. von Joh. Salomon Semler, Nbg. 1757: vgl. S. 18f.): dieses stand auch im Zentrum der Aufmerksamkeit von C. A. Böttiger, doch ist es bei ihm verquickt mit ikonographischen und auch (cum grano salis) kunsttheoretischen Erwägungen [20 a].
Der Hinweis auf die Statue bei Plinius und Macrobius hatte- gleich dem des Plutarch a. a. O. (Sp. 1229) - einen festen Platz in all den seit Valeriano häufigen Erörterungen über Alter und Ursprung (manchmal auch der Überlieferung) des F.gebrauchs, den man, bisweilen von jeweils zeitgenössischen Moden nicht unbeeinflußt, in der Zeit der Ägyptenmode (s. RDK III 754-757) gern den „schweigsamen Ägyptern“ zuschrieb (vgl. etwa [8], dazu A. Marre a. a. O. [Sp. 1242] und S. Günther [34] S. 9 Anm. 4), sonst auch Chaldäern (z. B.: [7]), Persern (z. B.: [10] S. 22; [11] S. 46 [!, r. S. 47]; [12a] S. 236) oder Indern (so u.a. F. Calandri [1] Bl. 3r). Im übrigen sei hierzu verwiesen auf Scarlatini (-Honcamp) und die dort mitgeteilten Bemerkungen über die „Origo numerandi in digitis“ ([12 a] S. 236, mit weiteren Literaturhinweisen).
Die Vielfalt der Informationsquellen versiegte im 19. Jh. Der Beitrag dieses Jahrhunderts zur Aufklärung der Ursprünge und der Überlieferungsgeschichte des althergebrachten F.systems besteht nur aus - relativ - wenigen über das seit Jahrhunderten gängige Registrieren der antiken Schriftquellen samt Hinweis auf Beda hinausgehenden Veröffentlichungen. In diesen wurden F. als „volkstümliche“ Gewohnheit ausgegeben (oder doch zu dieser in Relation gesetzt: vgl. A. Jorio [20]; was moderne volkskundliche Publikationen - falls es sie gibt - zu der im Eifer romantischer Geschichtsbetrachtung vorgetragenen Meinung sagen, wurde nicht ermittelt). Speziellere Untersuchungen galten den als Sammelobjekten begehrten Elfenbein-Tesserae, die man für eine Art Eintrittskarte für die Theateraufführungen oder Gladiatorenspiele hielt (vgl. die Lit. hierüber bei [22] S. 1), bis diese Ansicht durch die Ergebnisse der in den letzten Jzz. des 19. Jh. intensivierten wissenschaftlichen Ermittlungen widerlegt wurde (vgl. ebd.).
B. Darstellungen der Fingerzahlensysteme
1. F.system nach Luca Pacioli
Bildliche Wiedergaben des F.systems nach Luca Pacioli sind seit dem späten 15. Jh. nachweisbar, zuerst in italienischen Frühdrucken; ob die Holzschnitt-Illustrationen zu vielbenutzten Lehrbüchern der Arithmetik, die in Florenz und Venedig gedruckt wurden, Vorgänger in bebilderten Handschriften hatten, bleibt zu ermitteln. Formal knüpfen sie an die numerisch fortlaufend in Kolumnen dargestellten F. wie z. B. Abb. 5 a und b an.
Auf zwei Seiten des aufgeschlagenen Buches von F. Calandris „Arithmetica“ [1] sieht man in jeweils drei Kolumnen mit je sechs Händen auf Bl. 3v die F. der Einer und Zehner, die der linken Hand (Abb. 22 b), und auf der folgenden Seite die mit der rechten vorgestellten Hunderter und Tausender (Max Sander, Le livre à figures italien depuis 1467 jusqu’à 1530, Mail. 1942 [Ndr. Nendeln 1969], Bd. 6 Abb. 515). Die Gegenüberstellung der F. der linken und der rechten Hand auf zwei Seiten des aufgeschlagenen Buches folgt ma. Tradition (vgl. Abb. 19 a und b, 24 a und b, wo die F. jedoch zeilengemäß notiert sind). In der Ausg. Ven. 1494 der „Suma“ Luca Paciolis ist das ganze F.system in vier Kolumnen eines einzigen Holzschnitts untergebracht (Abb. 23). Diese Anordnung, bei der die F. für die Einer, Zehner, Hunderter und Tausender – in dieser Reihenfolge - jeweils in einer Kolumne untereinanderstehen, kehrt bei zahlreichen Ausgaben desselben Werkes wieder (z. B. Ausg. Toscolano 1523: Marco Agosti, La tradizione pedagogica fino al Settecento, in: Storia di Brescia, Bd. 3, Brescia 1961, Abb. S. 301), wurde aber auch in anderen Werken der Rechenkunst aufgegriffen (so von Rob. Recorde [5]). Ein abweichendes Schema ist den Illustrationen zu Valeriano [7; 7 a-i] zugrundegelegt: in vier Kolumnen sind jeweils die Hände mit gleicher Fingerstellung nebeneinander gestellt, so daß, das „neue“ F.system verdeutlichend, der Einer-Kolumne die ihr spiegelbildlich entsprechende der Hunderter, analog dazu die der Zehner und Tausender folgt; die kontinuierlich fortlaufende Numeration ist preisgegeben (Abb. 27). Bei der weiten Verbreitung und den vielen Ausgaben der „Hieroglyphica“ nimmt es nicht Wunder, daß dieses Illustrationsschema öfters als Vorbild diente. Es wurde z. B. für die Bebilderung des gleichnamigen Werkes von Johs. Goropius adaptiert [9] und kehrt auch in J. Bulwers „Chironomia“ wieder [14 a, Taf. E], dessen Kupferstichtafel ihrerseits als Vorlage für die Wiedergabe von „Der Finger Rechnung“ bei J. Leupold diente (Abb. 36 a).
2. F.system nach „Beda“
Abbildungen des F.systems „nach Beda“ sind weder in der ed. princ. des „De temporum ratione liber“ enthalten (Basel 1529: [44] S. 256) noch in derjenigen des gesondert gedruckten ersten Kapitels von diesem Werk (im Anhang von Val. Probus, De notis Romanorum, Ven. 1525, Bl. LVr-LVIv; Gleiches gilt für Ausgaben des Werkes im Rahmen der Beda-Editionen von Joh. Bronchorst Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. 1537] und von Joh. Hervagius Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. 1563]). Der erste bebilderte Druck erschien 1532 bei Joh. Khol in Regensburg ([3]; s. unten und Abb. 25).
In der „Beda-Tradition“ stehende F.abbildungen erkennt man an den Fingerstellungen für die Hunderter und Tausender; außerdem sind höhere Zahlenwerte in der Neuzeit anscheinend nur noch in Verbindung mit dem Beda-Text (oder im Hinblick auf diesen) wiedergegeben worden (es ist aber das Abbilden über die Tausender hinausgehender Zahlenwerte keine „conditio sine qua non“ für die Zugehörigkeit zur „Beda-Tradition“). Als weitere Indizien für die Zugehörigkeit zu dieser können (bei Darstellungen aus dem 17. und 18. Jh.) vielleicht auch die insgesamt oder teilweise zeilengemäße Anordnung der F. sowie die Bezeichnung der F. mit Ziffern und Buchstaben erachtet werden; zwar ist beides keineswegs allen einschlägigen Überlieferungszeugen eigen, jedoch sind mir zeilengemäße Wiedergaben des F.systems nach Pacioli bisher nicht und die Beischrift von Buchstaben bei solchen nur in einem Falle bekannt geworden (bei J. Bulwer [14], hier in einer durch Nichtbeachten der andersartigen Anordnung der F. hervorgerufenen seltsamen Sprunghaftigkeit des Alphabets, vgl. Taf. II).
Am Beginn der in Drucken enthaltenen bildlichen Darstellungen des F.systems nach „Beda“ steht die Bebilderung der von Johs. Aventinus (Thurmair) besorgten Ausgabe von Beda, Kap. 1, die 1532 in Regensburg erschien [3], versehen mit Mich. Ostendorfer zugeschriebenen Holzschnitten [35, S. 280-284].
Aventinus bekundet, seiner Edition liege eine damals in St. Emmeram in Regensburg befindliche Handschrift zugrunde [3, Bl. 1r]. Daß es die heute in München liegende Handschrift [1] gewesen sein dürfte, zeigte B. Bischoff [24]. Sie konnte freilich Ostendorfer nur in sehr beschränktem Umfang als Bildvorlage dienen; denn die F.abbildungen reichen in ihr nur von der für die „1 “ bis zu der für „600“, dann brach der Zeichner seine (nach den Texteinträgen aufgenommene) Arbeit unvermittelt ab (Abb. 8; vgl. auch Sp. 1249). Demnach wären Ostendorfer die Bilderfindungen für die Wiedergabe aller F. von höheren Zahlenwerten zu verdanken, die ja meist auch mit Dreiviertelfiguren von Männern in der Kleidung des 1. Dr. 16. Jh. bestritten werden. Auf sein Konto ginge auch die „moderne“ Disposition der niedrigen und mittleren Zahlenwerte in vier Kolumnen (vgl. die Wiedergaben des F.systems nach Pacioli in den Handbüchern der Arithmetik: Abb. 23), die sich über drei Seiten hinzieht und der die Abbildung der Zehn- und Hunderttausender in zwei Kolumnen folgt; auch sie beansprucht mehrere Seiten. Das abschließende Bild für die Million ist auf Mitte gestellt und, entgegen aller ma. Gewohnheit, keine Ganzfigur (vgl. aber Abb. 24 b). Jeder F. ist ein Buchstabe des lateinischen Alphabets beigeschrieben (hier insgesamt drei jeweils unvollständige und in ihren Lücken unterschiedliche Alphabete, vgl. Taf. II). Falls es dafür ma. Vorlagen gegeben haben sollte, so sind diese entweder noch nicht aufgefunden worden oder verloren.
Ostendorfers Holzschnitte sind der Ausgangspunkt für eine Bildtradition, die bis ins 18. Jh. reicht.
Sie wurden 1544 in Paris von (oder auf Betreiben von) Jean Bogard im Kupferstich kopiert (so J. P. Niceron [18] S. 293; dt. Ausg.: Joh. Peter Nicerons Nachrichten von den Begebenheiten und Schr. berühmter Gelehrten. Hg. von Friedr. Eberh. Brambach, Bd. 18, Halle 1758, S. 52f. Über Bogard war nichts Näheres zu ermitteln, sein Kupferstich ist bislang nicht nachgewiesen worden). Recht genau wiederholen sie die Holzschnitte zu dem von N. H. Gundling [3 a] im Anhang seiner Edition von Aventinus’ „Annales Boiorum“ gedruckten „Abacus“ des Aventinus [3], sowohl in der Anordnung als auch in motivischen Details, selbst noch in den beigeschriebenen Buchstaben – sofern sie richtig gelesen sind („900 000“: „O“ statt des in der Tat undeutlichen „T“, vgl. Abb. 25); in der ersten, zweiten und vierten Position der Zehn- und Hunderttausender sind die Plätze vertauscht (Abb. 34). Dieselben Unstimmigkeiten kehren auf dem Kupferstich wieder, den J. Leupold seinem „Theatrum Arithmetico-Geometricum“ beigab (Abb. 36 b), um „Der Alten Finger = Rechnung“ vorzustellen. Er möchte die F. „wie solche bey dem Beda entlehnet“ abbilden und hält sich dabei in der Anordnung der F. von „l“-„9000“ formal genau an die Vorlage (vier, nach der fünften Position unterteilte Kolumnen): die F. jeweils zweier Kolumnen sind Spiegelbild der beiden vorausgehenden, doch die den F. beigeschriebenen Zahlenwerte der Hunderter und der Tausender sind nach dem F.system Paciolis verteilt, so daß die vier Kolumnen (in dieser Reihenfolge) Einer - Zehner – Hunderter – Tausender zeigen (wie bei Abb. 23). Mit den figürlichen F. der Zehn- und Hunderttausender wechselt die Anordnung: von da an wird zeilengemäßes Aufreihen der zu Paaren zusammengestellten Zehn- und Hunderttausender bevorzugt - mit der Folge, daß zueinandergehörige Partner in verschiedene Zeilen gerieten und durch die (beibehaltene!) Zuordnung der Buchstaben die alphabetische Abfolge nur mühsam auszumachen ist (Taf. II).
Zu den Darstellungen von „Bedas“ F.system gehören nicht nur dessen Text begleitende Illustrationen, sondern auch einige, die, darin Paciolis F.system angeglichen, nur die F. von „1“ bis „9000“ schildern, und solche wie die zu „De numeris libri duo“ des Beda-Herausgebers Johs. Bronchorst ([4]; Abb. 26), die nur jene F.abbildungen zeigen, die zwischen „Beda“ und Pacioli nicht strittig sind. Sie zeigen Bl. C6v-C7r in drei Kolumnen jeweils drei F. für die Einer und in einer vierten die beiden ersten der Zehnerreihe, zwischen ihnen - singulär in allen Darstellungen von F.systemen - die „11“ als Beispiel für die Einer und Zehner verquickende Gestik der F. (Abb. 26).
Eine eigene Überlieferungskette bilden die Illustrationen zu den Editionen des Traktates von Nik. von Smyrna (vgl. Sp. 1241f.) und die auf sie Bezug nehmenden Veröffentlichungen (vgl. Sp. 1285f.).
Als Beispiel für diese sei auf den Kupferstich in J. A. Fabricius’ „Observationes“ [16] verwiesen, der in vier Kolumnen Einer und Tausender sowie Zehner und Hunderter spiegelbildlich gegenüberstellt (Abb. 35, vgl. Abb. 27 und 36 a); auf die Beischrift von den Buchstaben des Alphabetes ist verzichtet, vielleicht eine weitere Konzession an die aktuelleren Abbildungen des F.systems nach L. Pacioli.
Für eine andere Gruppe von Wiedergaben des F.systems ist zeilenmäßige Anordnung der F.abbildungen und Beschriftung mit Buchstaben des griech. oder lat. Alphabets kennzeichnend (vgl. Taf. II; anders das System Abb. 38 a und b).
Für Gg. Ph. Harsdörffer steht es fest, „daß die Alten mit den Händen und an den Fingern zu zehlen pfleg(t)en“, er meint aber bei all seiner Belesenheit: „wie aber ist noch nicht verglichen“ [13, S. 31]; wie es sich „mit der Veränderung der Hand mit jhrer Zahldeutung verhält“, erklärt er mit F.abbildungen von Einern, Zehnern, der „100“ und der „1000“ (Abb. 33 a und b): „was in der rechten Hand 1, ist in der lincken Hand 1000“ (ebd. S. 34). D.h.: er folgt in den Entsprechungen von Links und Rechts Beda, wenngleich in Umkehrung der Seiten, wobei er, vielleicht ein in den Betrachtungen über F. zuvor nicht in Anspruch genommenes Zitat einbringend, auf Iob 9,3 verweist („Hat Gott lust mit dem Menschen zu hadern oder zu rechnen, so kan er jhm auf 1000, mit der lincken nicht 1 an der rechten antworten“). Da F. zugleich auch Buchstaben bezeichnen können, dienen „Handzahlen und Buchstaben ... zu einer stummen Rede, indem man alle Buchstaben deuten kan, und dann zu einer Bilderschrift, einem etwas geheimes zu verstehen zu geben“ (ebd.) - was am Beispiel der Aufforderung „Fliehe!“ demonstriert wird (Abb. 33 c). Die drei der Veröffentlichung von V. Requeno [19] beigefügten Kupferstichtafeln stellen die F. „1 “-„10“, die übrigen Zehner und alle Hunderter vor (Abb. 37 a-c), und bei jeder F.abbildung steht ein griechischer Buchstabe. Die Abbildung der „10“ und die der „100“ ist dadurch besonders markiert, daß die F. in jeweils anderer Optik als die vorausgegangenen F. vorgestellt wird (anders jedoch, als es Scarlatini [12] empfohlen hatte, vgl. Sp. 1284).
VI. Wiedergaben des Fingerrechnens und einzelner F.
Wiedergaben des Fingerrechnens und einzelner Fingerzahlen in Darstellungen des MA und der Neuzeit.
Wann, bei welchen Themen, in welcher Weise und in welchem Umfang man bei Darstellungen von Szenen und einzelnen Personen oder Personifikationen von den in dem (den) F.system(en) angebotenen Fingerstellungen und Gebärden Gebrauch machte, wurde bisher kaum untersucht. Versäumtes ist hier nicht nachzuholen. Man wird vernünftigerweise zunächst nur solche Darstellungen auf das Vorhandensein von F.wiedergaben befragen, deren Schilderung vom Thema her das Vorkommen solcher Details nahelegen könnte (etwa: Verkauf Josephs an die Ismaeliten [Gen 37,28] oder Judas verkauft Christus [Mt 26,14f.]), und nicht Jagd auf mit den F.gesten übereinstimmende Abbildungen von Fingergebärden machen (wie Bernard Dorival, Philippe de Champaigne et Les Hiéroglyphes de Pierius, Rev. de l’art 11, 1971, S. 31-41); freilich können nach dem „connubium“ von F. und Zahlenallegorie durch Valeriano [7] auch seit alters tradierte Gesten symbolschwerer Interpretation unterworfen werden, doch wiegt der Nachweis der weiter zurückreichenden Bildtradition schwerer als die demgegenüber für die Bildkonzeption stets sekundäre zusätzliche, weil nachgetragene erklärerische Bildlektüre (auch dann, wenn der betreffende Maler eine der Valeriano-Ausgaben nachweislich besaß).
Es gibt, jenseits der Bildthemen, bei deren Darstellung mit F.abbildungen grundsätzlich zu rechnen ist, einige weitere, die aus unterschiedlichen Gründen zur Wiedergabe des Fingerrechnens oder von F. veranlassen konnten, und auf einige von diesen sei im Folgenden, Gesagtes an wenigen charakteristischen Beispielen verdeutlichend, hingewiesen.
1. Arithmetik, Rechenlehrer und -schüler
Bereits in der ältesten bekannten Hypographie der „Arithmetica“ (s. *Rechenkunst; s. auch *Künste, freie) ist das Fingerrechnen als für sie charakteristische Tätigkeit eingeschätzt: „Digiti uero uirginis (scil. Arithmeticae) recursantes et quadam incomprehensae mobilitatis scaturrigine uermiculati“ (Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii VII, 729: ed. A. Dick und J. Préaux a. a. O. [Sp. 1231] S. 365.19f.) - Dieses Bild von der Arithmetik machten sich zahlreiche Autoren des MA und der Neuzeit zu eigen.
Für weitere seien hier genannt: Baudri de Bourgueil (ca. 1047-1130), carmen 134, vv. 1007-1010: „Hec (scil. Arithmetica) etiam digitos manuum sic articulabat, / Vt tanquam numeros efficeret digitis / Et numeris numeros collatos sepe uideres / Et, qui multiplicent uel generent alios“ (ed. Karlheinz Hilbert, Baldricus Burgulianus, Carmina, Hdbg. 1979 Der Name des Attributs „[Sache“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. Heidelbergenses, 19], S. 175); Alanus ab Insulis, Anticlaudianus III, vv. 290–293: „...pugnas manus altera monstrat (sc. Arithmetica), / Agmina disponit numerorum, prelia fingit, / Indicat insultus uarios numerosque rebelles, / Tandem subtili concludit bella triumpho“ (Alain de Lille, Anticlaudianus ..., ed. R. Bossuat, Paris 1955 [Textes philos. du moyen âge, I], S. 97); usw.
Darstellungen der mit den Fingern zählenden und rechnenden Arithmetik sind von unterschiedlicher Art: die einen zeigen sie beim Vorweisen einer in ihrem Zahlenwert genau bestimmbaren F.; bei anderen wird nur durch lebhaftes Gestikulieren, etwa durch ausfahrende Armbewegung(en) und „unnatürliche“ Fingerstellungen (die man sogar stilkritisch auswerten zu können für angezeigt hielt!), ein allgemeiner Hinweis auf das Operieren mit F. gegeben.
Zur ersten Gruppe gehört z. B. die „Arithmetica“-Darstellung, die in der Martianus-Capella-Hs. cod. Urb. lat. 329 der Bibl. Vat. dem siebten, der Arithmetik gewidmeten Buch des Prosimetrum vorangestellt ist (Abb. 21): in Florenz zu einer Zeit entstanden, in der man vielleicht schon die F. der rechten Hand nach Pacioli maß, zeigt sie in der linken eine „10“, in der Rechten eine „200“ (nach Pacioli) oder „2000“ (nach „Beda“). - Zur zweiten Gruppe gehört die zu A. 12. Jh. in Nordostfrankreich geschaffene, in demselben Kontext stehende Darstellung im Cod. S. Marco 190 der Bibl. Laur. in Florenz, fol. 84v (Städel Jb. N.F. 2, 1969, S. 65 Abb. 27).
Das für Wiedergaben der Arithmetik Gesagte gilt gleichermaßen für solche von Repräsentanten der Arithmetik, ob sie als „Erfinder“, „auctores“ oder Lehrer dieser freien Kunst namentlich bezeichnet oder anonym geblieben seien.
Durch eine F. mit identifizierbarem Zahlenwert ist in der „Arithmetik“ vorstellenden Personengruppe, die im Aufzug zum Ringelstechen in Wien 1571 ging, ein griechischer und/oder römischer Repräsentant der Rechenkunst, Pythagoras und/oder Euklid, charakterisiert: „Aritmetica condotta da Pitagora italiano et Euclide Greco Vesta uerde“. Der in Grün Gekleidete (zur Farbe des Kleids von Arithmetik s. K.-A. Wirth, Neue Schriftquellen zur dt. K. des 15. Jh. ..., Städel Jb. N.F. 6, 1977, S. 361f.) zeigt in seiner erhobenen Rechten die F. für „200“ (nach Pacioli) oder die für „2000“ (nach „Beda“; Abb. 30; vgl. Sp. 1283).
Schließlich gehört die bildliche Demonstration des Abbildens von F. auch zur ikonographischen Kennzeichnung des Rechenunterrichts (s. Sp. 1243ff.). An ihm Teilnehmende erlernen F. oder machen von ihnen Gebrauch. Seit wann das in bildlicher Wiedergabe faßbar ist, bleibt genauer zu erkunden (sicher sind Schilderungen des Unterrichts im Rechnen viel seltener als solche des Grammatik-Unterrichts).
Ein relativ frühes Zeugnis für das Vorhandensein solcher Schilderungen des Rechenunterrichts ist - vielleicht- die zwischen 1199 und 1203 entstandene Beschreibung der Apostelkirche in Konstantinopel von Nik. Mesarites. Ihm erschien eine unter den Darstellungen in den Unterrichtsanstalten bei dieser Kirche als Wiedergabe des Rechenunterrichts: „Und wenn man etwas weitergeht, sieht man alsbald andere (Schüler), die mit der Kunst des Rechnens beschäftigt sind. Wie knicken sie so oft die Finger und richten sie noch öfter wieder auf, die schnell aufeinander reiten, schneller aber noch absteigen und an den Händen gleichsam die Tanzkunst lernen und vor der Rute zittern; denn gar zu leicht könnte diese, wenn mit dem Kopfe die Hand einen Fehler macht, auf ihren Handflächen weilen, die sich nicht gerne glätten und heimlich sich zur Höhlung krümmen, wenn die Rute wie ein Raubvogel mit lautem Zischen auf sie niedersaust und sie von rückwärts trifft, manchmal sogar Haut und Fleisch mit fortnimmt und von den Knochen nicht ohne zu fressen abläßt. Heftig ist nämlich dies Geschlecht der Prügelpädagogen...« (Aug. Heisenberg, Grabeskirche und Apostelkirche, zwei Basiliken Konstantins. Unters. zu K. und Lit. des ausgehenden Alt., T. 2, Lpz. 1908, S. 21, mit Ed. des griech. Textes). Was hier konkret abgebildet war, was vom Beschreibenden supponiert wurde, ist nicht mehr zu entscheiden; aber die Praxis des F.gebrauchs (oder -erlernens) ist in solcher Rezeption des Dargestellten deutlich bekundet. Sie ist auch in dem Holzschnitt in Erinnerung gebracht, welcher der Titelseite von Calandris Handbuch vorangesellt ist: einer der Schüler fängt klein an und beginnt sein Studium unter den Augen des hier als „inventor“ der Rechenkunst gefeierten Pythagoras mit der Abbildung der F. für die „2“ (Abb. 22 a).
2. Mythologische Darstellungen
a. Janus
Nachdem die Nachrichten antiker Autoren über die angeblich von Numa gestiftete Statue des F. vorweisenden Janus (s. Sp. 1233f. und 1286) in die mythographische Literatur Eingang gefunden hatten (über den Zeitpunkt, zu dem das geschah, s. Janus; vorläufig sei verwiesen auf Giraldi [6]), war die Voraussetzung geschaffen, sich an bildlichen Rekonstruktionen dieser Statue zu versuchen oder Janus bei der Wiedergabe von F. abzubilden.
Das erforderte, Janus seine angestammten Attribute (Schlüssel, Stab) abzuerkennen; da man sich hierzu so leicht nicht bereitfand, ist die auf die F. Bezug nehmende Janusdarstellung erst auf Umwegen im Bild konkret anschaulich geworden. Spätestens mit der Illustration zu Gg. Pictorius, Apotheosos tam exterarum gentium quam Romanorum deorum libri tres, Basel 1558 (Abb. 28), wurde an Numas Janusstatue erinnert: die zweiköpfige „IMAGOI ANI“ (!; mit zwei bärtigen Köpfen) hält zwar die Attribute in den Händen, doch auf die beiden Unterarme sind Zahlen tätowiert, auf den rechten „CCC“, auf den linken „LXV“; die Aufsplitterung der die Zahl der Tage im Jahr nennenden Zahlenangabe und die Plazierung der Ziffern richtet sich nach dem F.system: Hunderter werden mit der Rechten, niedrigere Zahlenwerte mit der Linken gebildet. In der ersten illustrierten Ausgabe von Cartaris Mythographie (Ven. 1571; Abb. 31) sieht man zwei Janusbilder; das eine ist durch die herkömmlichen Attribute charakterisiert, das zweite apostrophiert Numas Statue, freilich recht unzulänglich. Die beigeschriebenen Zahlen sind seitenverkehrt notiert, desgleichen die F., von denen die „300“ - im Widerspruch zu Cartaris Text - nach der Version von Luca Pacioli wiedergegeben und die „65“ in einer Weise gebildet ist, die sehr ausführliche, hier nicht mögliche Erörterungen verlangte (das Problem bezeichnet die Abbildung der „60“ bei A. Quacquarelli a. a. O. [Sp. 1233], vgl. Abb. 3). Die Verdoppelung des Angebots an Janusbildern machte Schule. Die offenkundigen Fehler und Ungereimtheiten in der Radierung des Bolognino Zaltieri (Abb. 31) wurden mit den Holzschnitten zu den von Lorenzo Pignoria verantworteten Paduaner Cartari-Ausgaben seit 1615 aus der Welt geschafft (Abb. 32): Janus’ F. werden nach Beda und so exakt vorgestellt, daß sich Beischriften der Zahlenwerte erübrigen, mit der Rechten wird die „300“, mit der Linken die „65“ gezeigt. Dieser Holzschnitt ist in mehreren Paduaner und Venezianer Cartari-Ausgaben wiederholt (Ven. 1647, S. 22), auch zur Bebilderung von Ausgaben der Mythographie von Natale Conti herangezogen, wiewohl in dieser auf die F. der Janusstatue Numas nicht hingewiesen ist (vgl. Ruth Mortimer, Harvard College Libr., Dep. of Printing and Graphic Arts, Cat. of Books and Mss., Part II: Ital. 16th C. Books, Bd. 1, Cambr./ Ma. 1974, S. 157).
b. Nundina
In dem Festaufzug anläßlich der Hochzeit Giovannis de’Medici und der Johanna von Österreich, Florenz 1565 (st. flor.), war im Gefolge der Luna die römische Göttin Nundina zu sehen ([Buccio Baldini,] Discorso sopra la Mascherata della Geneologia degl’ Iddei de’ Gentili, Flor. 1565, S. 63f., wo die Göttin unter Hinweis auf Plutarch, Quaestiones Roman., 102, und mit einem Zitat aus den Saturnalien des Macrobius erklärt wird: I, 16, 36: ed. I. Willis a. a. O. [Sp. 1231] S. 80.1-4). Der Konzeptor des Programmes, Vincenzo Borghini, entwarf folgendes Bild von ihr: „vna femmina d’aspetto venerando con vna acconciatura in capo che ui era su dal lato manco vna mano che haueua il dito grosso, et quel che gli era appresso ritti et gli altri tre serrati, nel qual modo gli antichi segniauon’ con le mani il numero del noue, et gli dette in mano vn’ ramo d’alloro et vn vaso da sacrifizij per cio che quel giorno era appresso agli antichi gentili Lustrico cioè purgatiuo, come si legge appresso agli scrittori di sopra“ ([B. Baldini] a. a. O.). Das Aussehen der Nundina überliefern zwei Zeichnungen, Abb. 29 und Florenz, cod. II. I. 142, no. 80 (vgl. Ausst.Kat. „Disegni Vasariani. Carri trionfali e costumi per la Genealogia degli Dei [1565]“, bearb. von Anna Maria Vetrioli, Flor. 1966 [Gab. Disegni e Stampe degli Uffizi, XXII], S. 85).
VII. F. in allegorischen Darstellungen
In welchem Ausmaße die Wiedergabe von F. in allegorischen Darstellungen eine Rolle spielte, ist beim derzeitigen Kenntnisstand nicht einmal zu vermuten; denn es ist einstweilen völlig offen, ob und welche Folgen die bis in die Spätantike zurückreichende Verknüpfung von Zahlensymbolik und F. zeitigte. Sie ermöglichte es, die einer Zahl beigelegte symbolische Bedeutung durch die Darstellung des betreffenden Zahlwertes als F. zu vergegenwärtigen. Von solchen, gleichsam auf geliehenen Interpretationen gegründeten F.abbildungen abgesehen, gibt es andere, die auf allegorischer Auslegung der jeweiligen Fingerhaltungen beim Vorweisen bestimmter Zahlwerte beruhen, und nur diese interessieren hier (zu jenen vgl.: Zahlensymbolik).
Das älteste Zeugnis derartiger Allegorisierung von F. ist des Hieronymus Erklärung der F. für die „30“, die „60“ und die „100“ (s. Sp. 1232f. und 1244f.):
„Triginta referuntur ad nuptias. Nam et ipsa digitorum coniunctio, quasi molli se complexans osculo, et foederans, maritum pingit et coniugem. Sexaginta vero ad viduas, eo quod in angustia et tribulatione sunt positae. Unde et superiori digito deprimuntur: quantoque maior est difficultas expertae quondam voluptatis illecebris abstinere, tanto maius est praemium. Porro centesimus numerus (diligenter, quaeso, lector, attende) de sinistra transfertur ad dexteram, et iisdem quidem digitis, sed non eadem manu, quibus in laeva nuptae significantur et viduae, circulum faciens, exprimit virginitatis coronam“.
Auf diese F.allegorie wurde fortan bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit Bezug genommen (seinerseits wieder folgenreich das Zitat bei Beda, De temporum ratione liber I, cap. 1: Ch. W. Jones a. a. O. 1977 [Sp. 1237] S. 269.15-24), auch in Traktaten über Zahlensymbolik und zumal in denjenigen des 12. Jh., in denen die Methoden beschrieben sind, nach welchen die Symbolik von bestimmten Zahlen ermittelt werden kann (vgl. Vinc. Foster Hopper, Medieval Number Symbolism. Its Sources, Meaning and Influence on Thought and Expression, New York 1938 Der Name des Attributs „[Ort“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann. Univ. Stud. in Engl. and Comparative Lit., 132], Heinz Meyer, Die Zahlenallegorese im MA. Methode und Gebrauch, Mchn. 1975 [Münstersche MA-Schr., Bd. 25], S. 46-53, auch Guy Beaujouan, Le symbolisme des nombres à l’époque romain, Cah. de civilisation médiévale 4, 1961, bes. S. 162-169).
So unterschied z. B. Thibaud de Langres „quatuor modi quibus significationes numerorum aperiuntur“ - „secundum generationem, secundum se, secundum compositionem, secundum habitudinem“ -, gedachte des F.systems (und der griechischen Zahlbuchstaben, vgl. Sp. 1228 und Taf. II) bei Darlegungen über den als zweiten genannten Modus (unter „I° Secundum signa“); im Anschluß an Eudes de Morimond, Analytica numerorum (vgl. ebd. S. 163-165), klassifizierte er die von den Fingerhaltungen abgeleiteten allegorischen Auslegungen als Erklärung „secundum positionem“ (ebd. S. 168) und wiederholte die des Hieronymus. Diese wurde von Kommentatoren des MA bisweilen zusätzlich begründet, z. B. von einem Anonymus des 12. Jh. (zur F. für die „60“: „Que figura numeri bene coaptatur viduitati. Consuetudo namque fuerat apud Romanos viduas ante frontem vel faciem semper portare velamen quod erat signum viduitatis et humiliationis. Quod significatur per pollicem incurvatum et indicem ante frontem pollicis“, nach ebd. S. 164 Anm. 27).
Im gleichen 12. Jh. kam es anscheinend erstmals zu F.abbildungen im Kontext der F.allegorien für jene drei Zahlenwerte: In Handschriften des „Speculum virginum“ (Hss.verz. bei Matth. Bernards, Die hss. Überlieferung und die theol. Anschauungen des Spec. V., Diss. kath.-theol. Bonn 1950; ders., Spec. V. ..., Köln 1955 [Forschgn. zur Volkskde., 36/38], S. 7-9 und 225-229) wurden sie rebusartig an passender Stelle den Textzeilen inseriert (Abb. 15).
Für die Darstellung von F. in der Emblematik sei hier nur ein Beispiel aufgeführt.
Auf dem Kupferstich von Samuel Kothenowsky zu dem 1597 (nicht 1579, wie bei Praz, S. 553, angegeben) in Olmütz anonym erschienenen Emblembuch „Emblemata VII Artes Liberales a [sic!] galmatice declarantia“ finden sich zwei F. unter den vielen „Geheimnissen“, die zu enträtseln dem Betrachter aufgegeben ist. Sie zeigen die F. für „1“ und „100“; daß man letztere nach Pacioli zu lesen hat, wird schon durch die Tatsache nahegelegt, daß der Erfinder des Kupferstiches die Tondi u. a. mit den „chaldäischen Zahlzeichen“ numerierte, also Valeriano benutzte, welcher die F.lesart Paciolis bevorzugte; vollends bestätigen das die in dem Rundbild über den F.darstellungen unten, an etwas versteckter Stelle stehenden römischen Ziffern „I.“ und „C.“ (in dieser Reihenfolge, die „I.“ also oberhalb der Hand mit der F. für „100“ und entsprechend „C.“ über der F. für „1“ - Irrtum oder eine weitere Verrätselung?).
Zu den Tafeln
I. (Sp. 1227): F. für die Einer und Zehner nach dem F.system des Beda Venerabilis. Umzchg. des Verf.
II. (Sp. 1230): Den F. beigeschriebene Buchstaben.
III. (Sp. 1261f.): Ganzfigurige Darstellungen des F.systems: A. Cava dei Tirreni [c], fol. 3v, F. für „1“-„4“. Montecassino (?), 2. H. 11. Jh. Foto Bibl. - B. Dgl., fol. 4v, F. für „1 000 000“. Nach M. Rotili a. a. O. (Sp. 1302: s. [c]). - C. Madrid [j], fol. 2v, F. für „1“-„9“. Spanien (?), 1. H. 12. Jh. Foto Bibl. - D. Paris [p], fol. 3v, F. für „70“-„500“. Italien, 14. Jh. Foto Bibl.
IV. (Sp. 1305f.): A. Darstellungen der F. für „1“-„9“ und „0“ nach P. Apianus a. a. O. (Sp. 1225) Bl. 7r. 1527. - B. „Petri Apiani Anweisung wie die Zahlen durch die Finger zubemercken“ nach J. Leupold [17] Taf. III Fig. II. 1727. - C. Darstellungen der römischen Zahlenbuchstaben durch abbildhafte Finger- und Handgebärden nach Gg. Ph. Harsdörffer [13] S. 295f. 1644. - D. „Wie die Finger die Lateinischen Zahl Buchstaben vorstellen“ nach J. Leupold [17] Taf. III Fig. I b. 1727 - E. Die F. für „1“-„10“ nach der Zählweise der Taubstummen (nach P. Pedro Ponce Mexia Der Name des Attributs „[Person“ enthält das ungültige Zeichen „[“, das nicht hierfür verwendet werden kann.] de León O.S.B.; vgl. Sp. 1225).
Zu den Abbildungen
1 a und b. Paris, Mus. du Louvre, Cab. des Medailles, Spielmarken mit F.; a: „4“ und „7“; b: „12“ und „15“. Elfenbein. Wohl Alexandria, frühe röm. Kaiserzeit. Nach H.-I. Marrou [38] Taf. 25.
2. Mailand, Scala, Spielmarke mit der F. für „6“. Elfenbein. Wohl Alexandria, frühe röm. Kaiserzeit. Nach Willibald Froehner, Le Comput digital, Ann. de la Soc. Franç. de Numismatique et d’Arch. 8, 1884, Taf. III (Ausschnitt).
3. Röm. F. für „60“. Nach A. Quacquarelli a. a. O. (Sp. 1233) Taf. auf S. (35).
4 a und b. Padua, Bibl. Antoniana, ms. 27 [n], fol. 116r, F. für „1“-„9000“ (a), und fol. 118r, F. für „1 000 000“. Oberitalien, 10./11. Jh. Foto Bibl.
5 a und b. New York, Morgan Libr., Ms. 925 [m], fol. 38v, F. für „50“-„300“, „900“, „1000“-„3000“, „9000“-„60 000“ (a), und fol. 39r, F. für „70 000“-„100 000“, „200 000“, „1 000 000“. Norditalien, 1007 (?). Foto Bibl.
6. Turin, Bibl. Naz., cod. D. III. 19 [y], fol. 135v, F. für „10 000“-„60 000“. (Nord-?)Italien, 10./11. Jh. Foto Bibl.
7. Rom, Bibl. Vat., cod. Ross. 247 [v], fol. 69r, F. in einer computistischen Hs. Mainz, 1018 (?). Foto Bibl.
8. München, Bayer. St.bibl., cod. lat. 14436 [1], fol. 113v, F. für „l“-„600“ (Darstellungen; Text: bis F. für „3000“). Regensburg (Hartwic von St. Emmeram oder dessen Umkreis), 2. V. 11. Jh. Foto Bibl.
9. Rom, Bibl. Vat., cod. Reg. lat. 1263 [u], fol. 60v, F. für „1 000 000“. Italien, 11. Jh. Foto Bibl.
10 a und b. Rom, Bibl. Vat., cod. lat. 642 [s], fol. 16v, F. für „1“-„50“ (a), und fol. 17r, F. für „60“-„100“. Lyon (?), 11./12. Jh. Foto Bibl.
11 a und b. Reims, Bibl. mun., ms. 431 [q], fol. 44r, F. für „1“-„6“, „7“-„40“ (a), und fol. 44v, F. für „50“-„100“, „900“ („cccc“ Hs.), „1000“-„3000“, „9000“, „10 000“-„70 000“, „80 000“-„100 000“, „200000“ (?) sowie „1000000“. Nordostfrankreich, (11.-)12. Jh. Foto Bibl.
12. München, Bayer. St.bibl., cod. lat. 10270 [k], fol. 5r, F. für „10 000“-„300 000“. Dt., 11./12. Jh. Foto Bibl.
13 a und b. Leiden, Univ.bibl, ms. Bpl. 191 BD [f], fol. 5r, F. für „90 000“-„700 000“ (a), und fol. 5v, F. für „800 000“-„1 000 000“. Mittelrhein, 1. H. 12. Jh. Foto Bibl.
14 a und b. Berlin, St.bibl. StPK, Ms. theol. lat. fol. 337 [a], fol. 124r, F. für „1“-„9000“ (a), und fol. 124v, F. für „10 000“-„1 000 000“. Dt. (aus der Abtei Liesborn), E. 12. Jh. Foto Bibl.
15. Baltimore, The Walters Art Gall., W. 72 (Cunradus [von Hirsau?], Speculum virginum), fol. 71v, F. als „Rebus“. Westdt. (aus der Abtei Himmerod), gegen oder um 1200. Foto Mus.
16. Wien, Österr. Nat.bibl., cod. 12600 [z], fol. 23r, F. für „300 000“-„900 000“ und „1 000 000“. Regensburg-Prüfening, gegen oder um 1200. Foto Bibl. (Nr. 8957).
17. Rouen, Bibl. mun., ms. Leber 1157 (3055; [x]), fol. 3v-4r, F. für „1“-„9000“. Nordostfrankreich, 13. Jh. Foto Bibl.
18 a und b. Rom, Bibl. Vat., cod. Urb. lat. 290 [w], fol. 31r, F. für „1“-„300 000“ (a), und fol. 31v, F. für „400 000“-„l 000 000“. Niederrhein (Brauweiler?), 12. Jh. Foto Bibl.
19 a und b. Paris, Bibl. nat., ms. lat. 3352 B [o], fol. 1v, F. für die Einer und Zehner (a), und fol. 2r, F. für die Hunderter und Tausender. Frankreich, 12. Jh. (?). Foto Bibl.
20. Florenz, Bibl. Laur., ms. Plut. 30.26 [e], fol. 5v, F. für „1“–„100“ sowie Rechenlehrer und Schüler. Toskana, gegen oder um 1400. Foto Pineider, Flor.
21. Rom, Bibl. Vat., cod. Urb. lat. 329 (Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii), fol. 113r, „Arithmetica“. Florenz, 4. V. 15. Jh. Foto Bibl.
22 a und b. Pythagoras unterrichtet zwei Schüler im Rechnen (a), F. der linken Hand („1“-„90“). Holzschnitt-Ill. zu F. Calandri [1] Bl. 1v (a) und 3v. 1491. Foto Bayer. St.bibl., Mchn.
23. F. für „1“-„9000“. Holzschnitt-Ill. aus L. Pacioli [2] Bl. 36v. 1494. Foto Bayer. St.bibl., Mchn.
24 a und b. Berlin, St.bibl. StPK, Ms. lat. fol. 436 [b], fol. 1v-2r, F. von „1“-„9000“ (a), und fol. 2v, F. für „10 000“-„1 000 000“. 1. V. 16. Jh. Foto Bibl.
25. Mich. Ostendorfer (zugeschr.), F. für „90 000“, „900 000“ und „1 000 000“. Holzschnitt-Ill. aus J. Aventinus [3] Bl. 7r. 1532. Nach [35] S. 283 Abb. 6.
26. F. für „1“-„9“, „10“, „11“ und „20“. Holzschnitt-Ill. aus J. Bronchorst [4] Bl. C6v-C7r. 1539. Foto Bayer. St.bibl., Mchn.
27. F. für „1“-„9000“. Holzschnitt-Ill. aus Valeriano [7] Bl. X4r. 1556. Nach dem Original.
28. Janus. Holzschnitt-Ill. (6,6 × 5,3 cm) aus G. Pictorius a. a. O. (Sp. 1296) S. 74. 1558. Nach dem Original.
29. Giorgio Vasari (Werkstatt), Nundina. Lavierte Federzchg., ca. 43,5 × 29,5 cm. Florenz, Uffizien, Gab. Disegni e Stampe, Inv.nr. 2796 F. 1566. Foto Mus.
30. Gius. Arcimboldo, Repräsentant der „Arithmetica“ (Pythagoras oder Euklid). Blaulavierte Federzchg., 40,0 × 20,0 cm. 1571. Florenz, Uffizien, Gab. Disegni e Stampe, Inv.nr. 3153. Nach A. Beyer a. a. O. (Sp. 1283) Abb. 4.
31. Bolognino Zaltieri, Darstellungen des Janus. Radierung (18,1 × 12,2 cm) aus Cartari 1571, Taf. nach S. 46. Nach dem Original.
32. Filippo Ferroverde, Darstellungen des Janus. Holzschnitt-Ill. (10,7 × 7,9 cm) aus Cartari, ed. Lorenzo Pignoria, Padua 1615. Nach dem Ndr. New York und Ld. 1979 (The Philos. of Images, 12), S. 35.
33 a-c. F. für „1“-„10“ (a), F. für „20“-„100“, „1000“ (b) sowie als Buchstaben benutzte F. (c). Kupferstich-Ill. aus Gg. Ph. Harsdörffer [13] S. 72f. und 75. 1644. Nach dem Ndr.
34. F. für „20 000“-„50 000“ und „200 000“-„500 000“. Holzschnitt-Ill. aus J. Aventinus ed. N. H. Gundling [3 a] Bl. b2. 1710. Foto Bayer. St.bibl., Mchn.
35. F. für „1“-„9000“. Kupferstich-Ill. aus J. A. Fabricius [16] Taf. nach S. 159. 1712. Foto Hzg. Aug. Bibl., Wolfenbüttel.
36 a und b. F.system des Luca Pacioli (a) und des „Beda“ (sic!, recte F. für „1“-„9000“ nach Pacioli, für „10 000“-„1 000 000“ nach „Beda“). Kupferstich-Ill., „B. fe.“ signiert, aus J. Leupold [17] Taf. I (b) und Taf. II, Ausschnitt (a). 1727. Foto Bayer. St.bibl., Mchn.
37 a-c. F. für „1“-„10“ (a), für „20“-„90“ (b) und für „100“-„900“ (c). Kupferstich-Ill. aus V. Requeno [19]. 1797. Foto Verf.
38 a und b. José García Hidalgo, F. und Alphabet für Taubstumme. Radierungen (21 × 16,6 cm) zu Ders., Principios para estudiar el nobilísimo y real arte de la pintura. Sign. und dat. 1692. Nach J. G. H., Principios ..., hg. vom Inst. de España, Madrid 1965, Taf. 78f.
Literatur
Quellen:
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Empfohlene Zitierweise: Wirth, Karl-August , Fingerzahlen, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VIII (1986), Sp. 1225–1309; in: RDK Labor, URL: <https://www.rdklabor.de/w/?oldid=88931> [04.04.2022]
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